| Titel: | Ueber Stahl-Legierungen. Von J. Stodart und M. Faraday. Vorgelesen in der Sizung der königl. Gesellschaft zu London dd 21. März 1822. | 
| Fundstelle: | Band 10, Jahrgang 1823, Nr. XIV., S. 75 | 
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                        XIV.
                        Ueber Stahl-Legierungen. Von J. Stodart und M. Faraday. Vorgelesen in der Sizung der königl. Gesellschaft zu London dd 21. März 1822.
                        Auszug aus den Philosophical Transactions fuͤr das Jahr 1822 in den Annales de Chimie. September 1822. S. 62.
                        Stodart und Faraday über Stahl-Legierungen.
                        
                     
                        
                           Nachdem die in dem Laboratorium des koͤnigl. Institutes
                              im Kleinen angestellten Versuche uͤber Stahl-Legierungen erwuͤnschte
                              Resultate gaben, und sowohl in England als im Auslande allgemeines Interesse
                              erregtenDiese Versuche uͤber Stahllegierungen mit Ruͤksicht auf
                                    Stahlverbesserung theilten wir im 2ten Bande dieses Journals S. 91 mit.
                                    Hiemit vergleiche man auch den Bericht des Hrn. Héricart de Thury der
                                    folgenden Abhandlung. D., so wurden wir dadurch aufgemuntert, diese Versuche mehr im Großen
                              anzustellen, und wir haben das Vergnuͤgen zu versichern, daß die dadurch
                              erhaltenen und zu Kunstarbeiten verwendeten Produkte nicht nur den fruͤheren
                              im Kleinen gewonnenen nicht nachstehen, sondern dieselben vielleicht noch
                              uͤbertreffen. Ehe wir indessen im Großen zu arbeiten anfingen, wiederholten
                              wir die ersten Versuche mit aller moͤglichen Sorgfalt, und stellten sogar
                              neue Verbindungen dar, wie Stahl mit Palladium, Stahl mit Iridium und Osmium, und
                              endlich auch noch Stahl mit Chromium. In dieser lezteren Reihe von Versuchen waren
                              wir vorzuͤglich gluͤklich, indem wir aus Erfahrung das Feuer
                              gehoͤrig zu regieren gelernt hatten. Indessen stießen wir doch auch hier
                              oͤfters auf viele Schwierigkeiten, unter welchen das Springen der Tiegel die
                              groͤßte war. Wir haben noch keinen Tiegel finden koͤnnen, der im
                              Stande gewesen waͤre, der zur vollkommenen Reduction des Titanerzes
                              noͤthigen Hize zu widerstehen, und wir glauben, fragen zu duͤrfen, ob
                              man jemals das Titanerz auf diese Weise reducirt hat. Unsere Oefen sind vielleicht
                              mehr als irgend andere hiezu geeignet: bis jezt konnten wir jedoch keine hiezu
                              brauchbaren Tiegel findenEs gelang uns, in diesen Oefen Rhodium, und selbst Platinna, obgleich
                                    unvollkommen, in Tiegeln zu schmelzen. A. d. O..
                           
                           Die Metalle, welche mit dem Stahle die beßten Legierungen geben, sind: Silber,
                              Platinna, Rhodium, Iridium, Osmium und Palladium. Alle diese Legierungen wurden
                              jezt, mit Ausnahme der lezteren, im Großen verfertigt. Indessen hat man auch von
                              lezterer vier Pfund Stahl mit 1/100 Palladium auf einmal geschmolzen, und diese
                              Legierung ist wirklich sehr gut, zumal fuͤr Instrumente, die die
                              hoͤchste Zartheit in ihrer Schneide fodern.
                           Unsere Versuche im Großen wurden in einem Stahl-Ofen zu Sheffield angestellt, und da
                              wir dieselben nicht selbst leiten konnten, uͤberließen wir die Aufsicht
                              hieruͤber einem sehr geschikten Werkmeister, auf welchen wir uns verlassen
                              konnten. Wir uͤberschikten ihm den Stahl mit dem Metalle, mit welchem die
                              Legierung vorgenommen werden sollte, in dem genauesten Verhaͤltnisse, und er
                              hatte den Auftrag, beide in den Ofen zu sezen, und unter seiner Aufsicht lange Zeit
                              in dem vollkommensten Fluße zu erhalten, ehe sie gegossen wurden. Er mußte bei dem
                              Gusse die Aufsicht fuͤhren, und das gegossene Stuͤk wurde bei einer
                              Hize, die eben hinreichte, dasselbe unter dem Hammer haͤmmerbar zu machen, in
                              Stangen von gehoͤriger Groͤße geschmiedet. Bei der Ruͤksendung
                              wurde das Product chemisch und mechanisch untersucht, und mit den fruͤheren
                              aͤhnlichen Producten des Laboratoriums verglichen. Nach dem aͤußeren
                              Ansehen sowohl, als nach dem Gefuͤge des Bruches, konnten wir so ziemlich die
                              Eigenschaften desselben im Allgemeinen, erkennen; seine Haͤrte, Feinheit und
                              uͤbrigen Eigenschaften wurden, nachdem es gehoͤrig verarbeitet,
                              gehaͤrtet und angelassen wurde, auf verschiedene Weise gepruͤft.
                           Das beßte Verhaͤltnis, Silber mit dem Stahle zu verbinden, ist zu 1/500; nimmt
                              man mehr, so bleibt ein Theil des Silbers mechanisch mit dem Stahle verbunden, wie
                              man sich durch Behandlung dieser Legierung mit verduͤnnter
                              Schwefelsaͤure uͤberzeugen kann.
                           Mit Platinna und Rhodium laͤßt der Stahl sich aber in den verschiedensten
                              Verhaͤltnissen verbinden, und eben dieß scheint auch mit Iridium und Osmium
                              der Fall zu seyn. Man hat die Platinna von Einem Hundertel bis zu 80 Hunderteln mit
                              dem Stahle zu einem Korne von 500 bis 2000 Granen, und das Rhodium von Einem Hundertel bis
                              zu 50 vollkommen verbunden. Gleiche Theile Stahl und Rhodium gaben ein Korn,
                              welches, poliert, eine Oberflaͤche von seltener Schoͤnheit darboth.
                              Diese Farbe ist die schoͤnste, die man sich an einem Metall-Spiegel denken
                              kann; es wird, auch wenn man es noch so lang der Luft aussezt, nicht matt. Die
                              Dichtheit dieser schoͤnen Legierung ist 9,176. Platinna und Stahl gaben, in
                              demselben Verhaͤltnisse, ein sehr schoͤnes Korn; seine sehr stark
                              krystallinische Oberflaͤche macht es aber zu Metall-Spiegeln untauglich. Wir
                              haben uns in dem Laboratorium uͤberzeugt, daß, mit Ausnahme des Silbers, das
                              beßte Verhaͤltniß, in welchem man das Metall einem Stahle, der zu
                              schneidenden Instrumenten bestimmt ist, und durch Legierung besser werden soll,
                              zusezen kann, ungefaͤhr ein Hundertel ist. In diesem Verhaͤltnisse
                              wurden auch alle verschiedenen Metalle dem Stahle im Großen zugesezt. Wir
                              muͤßen hier bemerken, daß man bei dem Schmelzen der Legierungen im
                              Laboratorium keinen Fluß zusezte, und daß nie ein solcher noͤthig schien.
                           Eine Legierung von 8 Pfund guten indischen Stahles mit 1/500 Silber, die zu Sheffield
                              verfertigt wurde, zeigte an ihrer Oberflaͤche und auf dem Bruche ein sehr
                              schoͤnes Ansehen. Sie war haͤrter, als der beßte Gußstahl, selbst als
                              das indische Wuz (wootz),
                              und ohne alle Neigung unter dem Hammer und bei dem Haͤrten Risse zu bekommen.
                              Man ließ mehrere Gegenstaͤnde zu allerlei Gebrauch daraus verfertigen, und
                              alle waren von vorzuͤglicher Guͤte. Wahrscheinlich wird man diese
                              Legierung nicht nur zu allen Messerschmied-Arbeiten, sondern auch zur Verfertigung
                              von Griffeln oder Meißeln verwenden koͤnnen: der unbedeutend hoͤhere
                              Preis wird der Einfuͤhrung derselben nicht im Wege stehen koͤnnen. Man
                              kann sich dieser Legierung uͤberall, wo man guten Gußstahl noͤthig
                              hat, mit Vortheil bedienen.
                           Eine Legierung von 10 Pfund desselben Stahles mit 1/100 Platinna, zu Sheffield in
                              Stangen gearbeitet, zeichnete sich durch die glatte Oberflaͤche und die
                              Schoͤnheit des Bruches aus. Unserer Beobachtung zu Folge, so wie jener der
                              Arbeiter, die verschiedene Messerschmied-Waaren daraus verfertigten, war diese
                              Legierung zwar weniger hart, hatte aber viel mehr Koͤrper; eine Eigenschaft,
                              die sie in allen jenen Faͤllen, wo Zaͤhheit eben so nothwendig ist als
                              Haͤrte, sehr schaͤzbar macht. Der hoͤhere Preis, den die
                              Platinna verursacht, wird die Anwendung dieser Legierung in den Kuͤnsten
                              nicht hindern; denn die hoͤheren Kosten werden durch die Vortheile, die sie
                              gewaͤhrt, reichlich ersezt.
                           Die Legierungen des Stahles mit Rhodium sind vielleicht die trefflichsten unter
                              allen; allein die Seltenheit des Rhodiums erlaubt keinen sehr allgemeinen Gebrauch
                              derselben. Auch die Legierung mit Osmium und Iridium ist sehr brauchbar; allein aus
                              demselben Grunde im Großen nicht anwendbar. Vielleicht kann man sich aber einst eine
                              hinlaͤngliche Menge dieser Metalle verschaffen, um feine Instrumente oder
                              Gegenstaͤnde des Luxus daraus zu verfertigen.
                           Ein Gegenstand von der hoͤchsten Wichtigkeit fuͤr uns war, bei diesen
                              Versuchen uns zu uͤberzeugen, ob die erhaltenen Produkte vollkommen dieselben
                              waren, die wir zu erlangen wuͤnschten. Wir mußten in dieser Hinsicht Analysen
                              anstellen, und obschon das Verfahren, welches wir hiebei befolgten, an sich sehr
                              einfach war, wird es nicht uͤberfluͤßig seyn, dasselbe hier
                              anzufuͤhren.
                           Um zu sehen, ob der Stahl sich mit der Platinna gehoͤrig verbunden hat,
                              loͤst man einen kleinen Theil dieser Legierung in verduͤnnter
                              Schwefelsaͤure auf. Die Aufloͤsung geschieht mit Heftigkeit, und es
                              bleibt ein schwarzer Bodensaz, der aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Eisen und Platinna
                              besteht. Durch Ausgluͤhen verschwindet der Kohlenstoff und Wasserstoff; man
                              entfernt das gebildete Eisen-Oxid mittelst Kochsalzsaͤure, und loͤst
                              den Ruͤkstand in etwas Koͤnigs-Wasser auf. Wenn man mit dieser
                              Aufloͤsung ein Stuͤk Glas befeuchtet, und dieses dann mittelst einer
                              Weingeist-Lampe und eines Loͤthrohres erhizt, so reducirt sich das
                              Platinna-Oxid zu einem metallischen Ueberzuge auf dem Glase.
                           Die Stahl- und Silber-Legierung wird mittelst sehr verduͤnnter
                              Schwefelsaͤure analysirt, in welcher man das uͤber bleibende Pulver
                              kochen muß, und nachdem sich dieses zu Boden gesezt hat, kocht man es in
                              concentrirter Hydrochlor Saͤure. Das Eisen und das Silber sind nun
                              aufgeloͤst, und, wenn man diese Aufloͤsung mit Wasser
                              verduͤnnt, so schlaͤgt lezteres sich als Silber-Chloruͤr
                              nieder. Man kann auch das Pulver in Salpetersaͤure aufloͤsen, und dann mit
                              Hydro-Chlorsaͤure und Ammonium niederschlagen.
                           Die Legierung aus Stahl und Palladium laͤßt, nach ihrer Behandlung in
                              schwacher Schwefelsaͤure, und in dieser gekocht, ein Pulver zuruͤk,
                              welches, nachdem der Kohlenstoff durch Verbrennung, und das Eisen zum Theile durch
                              kalte Hydrochlorsaͤure abgeschieden wurde, in lezterer warm aufgeloͤst
                              oder im Koͤnigswasser, ein Palladium-Chloruͤr gibt. Diese
                              Aufloͤsung durch Queksilber-Cyanuͤr niedergeschlagen gibt ein
                              Palladium-Cyanuͤr, welches, auf eine Glasplatte aufgetragen und erhizt,
                              dieselbe mit einem Metall-Ueberzuge bedekt.
                           Der Ruͤkstand, welchen die Legierung mit Rhodium nach dem Kochem mit schwacher
                              Schwefelsaͤure zuruͤk laͤßt, laͤßt sich eben so leicht
                              analysiren.
                           Wenn man die Stahl- und Iridium- oder Osmium-Legierung mit schwaͤcher
                              Schwefelsaͤure behandelt, den Ruͤkstand in derselben Saͤure
                              gekocht, und dann mit Soda in einem silbernen Tiegel bis zur Rothgluͤhhize
                              erhizt hat, verduͤnnt man die Masse in Wasser, und, nachdem man
                              Schwefelsaͤure im Ueberschusse zusezte, destillirt man sie. Das Osmium geht
                              in den Recipienten uͤber, wo man es an seinem Geruche und an dem blauen
                              Niederschlage erkennt, den es mit der Gallaͤpfel-Tinctur gibt. Um das Iridium
                              zu erhalten, behandelt man den Ruͤkstand der Destillation mit Wasser,
                              scheidet das Eisen mit Hydrochlorsaͤure, und loͤst dann das Iridium im
                              Koͤnigs-Wasser auf.
                           Diese verschiedenen Legierungen werden nicht alle von Saͤuren gleich
                              angegriffen. In Hinsicht auf geringere Empfindlichkeit gegen Schwefelsaͤure
                              folgen sie in folgender Ordnung auf einander: Stahl, Chromium-, Silber-, Gold-,
                              Nikel-, Rhodium-, Iridium-, Osmium-, Palladium- und Platinna-Legierung. Auf den
                              Stahl ist die Einwirkung kaum merklich; die Silber-Legierung entwikelt nur wenig
                              Gas, und die Gold-Legierung wird schwach angegriffen. Alle uͤbrigen entwikeln
                              Gas im Ueberflusse, die Platinna-Legierung aber das meiste.
                           Wenn man diese verschiedenen Legierungen analysirt, wird man waͤhrend der
                              Einwirkung der Saͤuren auf dieselben interessante Erscheinungen bemerken, und
                              es gibt vielleicht keine auffallenderen. Wenn man diese Legierungen in schwache
                              Saͤuren taucht, so
                              unterscheiden sich einige derselben nicht bloß durch ihre besonderen Eigenschaften
                              von einander und von dem Stahle, sondern sie fuͤhren auch zu Betrachtungen
                              uͤber den Zustand der Theilchen dieser Stoffe in den innigen Mischungen oder
                              Verbindungen, welche deutlichere und richtigere Ideen uͤber diesen Gegenstand
                              veranlassen koͤnnen.
                           Wenn man ein Stuͤk Stahl, und ein Stuͤk desselben Stahles, der mit
                              Platinna legiert ist, in schwache Schwefelsaͤure taucht, so wird das legierte
                              Stuͤk unmittelbar mit großer Heftigkeit angegriffen, entwikelt viel Gas, und
                              wird in kurzer Zeit aufgeloͤst, waͤhrend dieselbe Saͤure kaum
                              auf den Stahl wirken wird. Der Unterschied zwischen diesen beiden Wirkungen ist so
                              groß, daß waͤhrend dieser Zeit das legierte Stuͤk hundertmal mehr Gas
                              entwikelt, als der Stahl.
                           Eine sehr geringe Menge Platinna vermag dem Stahle diese Eigenschaft zu ertheilen.
                              1/400 vermehrt die Einwirkung der Saͤure bedeutend; sie ist bei 1/200 und bei
                              1/100 noch sehr stark. Bei 10 p. C. Platinna wird die Platinna nur schwach
                              angegriffen; bei 50 p. C. ist die Einwirkung der Saͤure nicht mehr
                              staͤrker, als auf den Stahl selbst, und eine Legierung von 90 Theilen
                              Platinna und 20 Theilen Stahl wird von der Saͤure gar nicht mehr
                              angegriffen.
                           Die Einwirkung der uͤbrigen Saͤuren auf diese Legierungen gleicht jener
                              der Schwefelsaͤure, und ist so, wie man sie erwarten konnte. Schwache
                              Hydrochlorsaͤure, Phosphorsaͤure und selbst Sauerkleesaͤure
                              greift die Platinna-Legierung leichter an, als den Zink, und Weinsteinsaͤure
                              und Essigsaͤure loͤsen sie schnell auf. Man erhaͤlt auf diese
                              Weise leicht Aufloͤsungen, welche eine geringe Menge von Eisen-Protoxid
                              enthalten.
                           Die Ursache dieser verstaͤrkten Wirkung der Saͤuren auf die Legierungen
                              ist wahrscheinlich, wie sie H. Davy vermuthet, elektrischen Ursprunges. Man kann sie
                              als das Product des legierenden Metalles betrachten, welches in der Legierung selbst
                              so gelagert ist, daß seine Theilchen mit jenen des Stahles volta'sche Verbindungen
                              bilden, und zwar entweder unmittelbar, oder durch Erzeugung einer bestimmten
                              Legierung, welche in dem uͤbrigen Stahle zerstreut ist, und dann waͤre
                              die ganze Masse eine Reihe solcher volta'schen Verbindungen. Oder man koͤnnte
                              sich auch denken, daß, so
                              bald die erste Einwirkung der Saͤure auf jede Oberflaͤche der
                              Legierung geschehen ist, sich Theilchen absondern, welche, wenn sie nicht reine
                              Platinna sind, dieselbe wenigstens in sehr maͤchtigem Verhaͤltnisse
                              enthalten, und, in so fern sie in innigster Beruͤhrung mit der
                              uͤbrigen Masse sind, mit derselben sehr kraͤftige volta'sche
                              Verbindungen bilden. Man kann auch, nach einer dritten Ansicht, sagen, daß die
                              verstaͤrkte Wirkung der Saͤure aus einer mechanischen Theilung des
                              Stahles durch die Platinna entsteht, so daß dadurch, wie am Proto-Schwefeleisen, die
                              Theilchen von der Saͤure schneller angegriffen werden.
                           Obschon wir uns nicht im Stande glauben, entscheiden zu koͤnnen, welcher von
                              diesen drei Ursachen die Verstaͤrkung der Wirkung zuzuschreiben ist, oder in
                              wie fern jede derselben dazu beitraͤgt, so nehmen wir doch keinen Anstand,
                              die zweite als diejenige zu betrachten, welcher man, wo nicht ausschließlich, doch
                              beinahe gaͤnzlich dieselbe zuzuschreiben hat. Die Ursachen, welche uns zu
                              dieser Ansicht bestimmen, sind: daß diese beiden Metalle sich in allen
                              Verhaͤltnissen, welche wir versuchten, verbinden, und daß sie, in keinem
                              Falle, deutliche Spuren von Trennung von einander zeigen, wie dieß z.B. an dem
                              Silber und Stahle der Fall ist, daß, wenn man statt der Saͤuren, schwache
                              Reagentien waͤhlt, die Legierung nicht so auf diese zu wirken scheint, als
                              wenn sie aus einer unendlichen Menge kleiner volta'scher Verbindungen von Stahl und
                              Platinna, sondern als ob sie aus Stahl allein bestuͤnde; daß die Masse einen
                              Platinna-Draht nicht mehr negativ macht, als den Stahl, was wahrscheinlich geschehen
                              muͤßte, wenn die dritte Ansicht Statt haͤtte; daß sie in einer
                              feuchten Atmosphaͤre nicht fruͤher rostig wird: und daß endlich, wenn
                              man sie in Salz-Aufloͤsungen, wie in Kochsalz Aufloͤsung etc. taucht,
                              keine Wirkung zwischen denselben hervorgeht. In diesem Falle wirkt die Legierung
                              gerade so, wie der Stahl, und unter den von uns bisher versuchten Mitteln fand sich
                              keines, welches eine volta'sche Wirkung hervorzubringen im Stande gewesen
                              waͤre, und welches nicht auch alsogleich, waͤhrend es das Eisen
                              aufloͤste, einen Theil Platinna davon abzuschneiden vermocht
                              haͤtte.
                           Ein anderes interessantes Phaͤnomen, welches die Einwirkung der Saͤure
                              auf diese Stahlarten hervorbringt, ist der Unterschied, der dann Statt hat, wenn sie
                              noch weich, und wenn sie gehaͤrtet sind. Wenn man in dieselbe
                              verduͤnnte Schwefelsaͤure zwei Stuͤke Platinna-Legirung legt,
                              wovon das eine noch weich, das andere gehaͤrtet ist, und man untersucht beide
                              nach einigen Stunden, so findet man auf dem lezteren eine Lage eines kohlenartigen,
                              metallischen, schwarzen Pulvers, die an ihrer Oberflaͤche etwas faserig ist.
                              Das erstere aber bedekt sich mit einer dichten Schickte einer grauen metallischen
                              Substanz, die dem Graphite gleicht, sanft sich anfuͤllt, mit einem Messer
                              sich schneiden laͤßt, und, der Menge nach, sieben- bis achtmal mehr
                              betraͤgt, als das Pulver an dem gehaͤrteten Stuͤke. Dieses
                              Pulver scheint keine Kohle zu enthalten, und aͤhnelt sehr demjenigen, das Hr.
                              Daniell beschrieb, und durch Behandlung des
                              Gus-Eisens mit Saͤure erhielt.
                           Derselbe Unterschied hat auch am Stahle an und fuͤr sich Statt, ist aber nicht
                              so auffallend, weil der Stahl weit weniger schnell von der Saͤure
                              aufgeloͤst wird, laͤnger darin bleibt, und das erzeugte Pulver
                              angegriffen wird.
                           Wenn man das, entweder vom weichen Stahle oder von seiner Legierung gebildete, Pulver
                              nicht lang in der Saͤure laͤßt, so gleicht es genau sehr fein
                              vertheiltem Reißbleie, und scheint kohlenstoffiges Eisen, und wahrscheinlich auch
                              legiertes Metall, zu seyn. Wasser veraͤndert es nicht; Luft aber zersezt es
                              und oxidirt das Eisen. Laͤßt man es lang in der Saͤure, oder kocht man
                              es in derselben, so geht es in denselben Zustand uͤber, wie das aus dem
                              harten Stahle oder aus seiner Legierung erhaltene Pulver.
                           Wenn man diese Ruͤkstande in schwacher Schwefel- oder Hydrochlorsaͤure
                              kocht, so loͤst das Eisen sich auf, und es bleibt ein schwarzes Pulver
                              zuruͤk, welches der fortgesezten Einwirkung der Saͤure widersteht. Es
                              scheint, daß man von den Legierungen mehr, als vom reinen Stahle, an diesem Pulver
                              erhaͤlt. Nachdem es gewachsen und getroknet wurde, entzuͤndet es sich
                              an der Luft bei einer Temperatur von 150 bis 200 Graden, (300–400 Fahrenh.)
                              und brennt, wie ein Pyrophor, mit vielem Rauche; wenn man es aber anzuͤndet,
                              brennt es wie Erdharz, mit glaͤnzender Flamme. Der Ruͤkstand ist
                              Eisen-Protoxid und das legierende Metall. Es tritt also, waͤhrend der
                              Einwirkung der
                              Saͤure auf den Stahl, ein Theil Wasserstoff mit einem Theile Metalles und
                              Kohle in Verbindung, und bildet eine entzuͤndbare Mischung, die von der
                              Saͤure nicht angegriffen wird.
                           Die Einwirkung der Salpetersaͤure bringt auf diese Pulver einige auffallende
                              Wirkungen hervor. Das von reinem Stahle gebildete Pulver wird ganz
                              aufgeloͤst, und eben dieß hat auch dann an der Legierung Statt, wenn das mit
                              dem Stahle verbundene Metall in der Salpetersaͤure eben so leicht
                              aufloͤsbar ist. Wenn das Pulver aber durch eine Legierung entsteht, deren
                              Metall in der Salpetersaͤure nicht aufloͤsbar ist, so erhaͤlt
                              man dann einen schwarzen Ruͤkstand, der von der Saͤure nicht
                              angegriffen wird, und der, nachdem er sorgfaͤltig gewaschen und getroknet
                              wurde, verbrennt, so bald man ihn erhizt. Von einigen der angefuͤhrten
                              Metalle detonirt er selbst, wenn er sorgfaͤltig bereitet wurde.
                           Das Knallpulver, welches man aus der Platinna-Legierung erhaͤlt, wenn man sie
                              mit Koͤnigs-Wasser behandelt, gibt eine Aufloͤsung, welche viele
                              Platinna und sehr wenig Eisen enthaͤlt. Eine sehr geringe Quantitaͤt
                              von diesem Pulver in Papier eingehuͤllt, und erhizt, detonirte mit vieler
                              Staͤrke und mit schwachem Lichte. Auf die Oberflaͤche von erhiztem
                              Queksilber geworfen, machte es bei 200° (400° Fahr.) bald seine
                              Explosion, aber nur unvollkommen bei 188° (370° Fahr.); wenn man
                              hingegen die Hize langsam verstaͤrkt, so zersezt sie sich ruhig, ohne zu
                              detoniren.
                           Die Legierungen des Stahles mit Gold, Zinn, Kupfer und Chromium wurden im Großen
                              nicht versucht; wir haben im Laboratorium das Gold in verschiedenem
                              Verhaͤltnisse dem Stahle zugesezt, nie aber ein so guͤnstiges
                              Resultat, wie bei den oben erwaͤhnten Legierungen, erhalten, und, so viel wir
                              zu beurtheilen im Stande sind, verbessern Kupfer und Zinn wegen der Unvollkommenheit
                              der Tiegel den Stahl durchaus nicht. Mit dem Titan gelang es uns nie den Stahl zu
                              verbinden.
                           Hr. Berthier, der den Stahl zuerst mit dem Chromium
                              verband, spricht von dieser Verbindung sehr guͤnstig. Wir haben nur zwei
                              Versuche angestellt. 1600 Gran Stahl wurden mit 16 Gran reinem Chromium in einem der
                              besten Tiegel geschmolzen und der Hize eines der beßten Windoͤfen ausgesezt; die Metalle flossen, und
                              man hielt sie einige Zeit uͤber im Flusse. Man fand das Korn gut, und es ließ
                              sich gut haͤmmern; es war zwar hart, zeigte aber keine Neigung zu Rissen;
                              seine Oberflaͤche boht, nachdem sie poliert und etwas von schwacher
                              Schwefelsaͤure angegriffen wurde, ein krystallinisches Ansehen dar. Nachdem
                              die Krystalle unter dem Hammer verlaͤngert und die Oberflaͤche wieder
                              frisch poliert wurde, erhielt man durch Anwendung von Saͤuren eine sehr
                              schoͤne Damascirung. Bei einem zweiten Versuche, wo man 1600 Gran Stahl mit
                              40 Gran Chrom legierte, erhielt man ein viel haͤrteres Korn, als das vorige;
                              es war indessen haͤmmerbar, wie Eisen, und gab gleichfalls eine sehr
                              schoͤne Damascirung.
                           Es ist eine merkwuͤrdige Erscheinung, daß, wenn man statt des Stahles reines
                              Eisen nimmt, die Legierungen sich nicht so leicht oxidiren. Drei Hundertel Iridium
                              und Osmium gaben, mit reinem Eisen geschmolzen, ein Korn, welches man nach dem
                              Schmieden und Polieren mit anderen Stuͤk Eisen, Stahl und verschiedenen
                              Legierungen, einer feuchten Atmosphaͤre aussezte, und unter allen war es das
                              lezte, das Rost an sich zeigte. Die Farbe desselben war deutlich blau, und es ward
                              durch das Haͤrten viel haͤrter. Indem wir diese Eigenschaft an dieser
                              Legierung wahrnahmen, vermutheten wir die Gegenwart des Kohlenstoffes in demselben;
                              allein es war uns, ungeachtet aller angewendeten Muͤhe, unmoͤglich,
                              eine Spur davon zu entdeken. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß es außer der Kohle
                              noch andere Koͤrper gibt, die dem Eisen die Eigenschaft des Stahles ertheilen
                              koͤnnen, und obschon wir nicht mit Hrn. Boussingault, der den Kohlenstoff
                              durch Kieselerde oder ihre Basis in dem Stahle ersezt, uͤbereinstimmen
                              koͤnnen, halten wir doch seine Versuche in dieser Hinsicht fuͤr sehr
                              interessant, und einer neuen Untersuchung wuͤrdig.
                           Wir muͤßen hier noch bemerken, daß die beßte Weise, den Stahl in diesen
                              Legierungen anzulassen, in der Anwendung eines heißen Metall-Bades besteht, das
                              ungefaͤhr 20 bis 40 Grade (70–100 Fahrh.) uͤber der fuͤr
                              den beßten Gußstahl noͤthigen Temperatur erhizt ist. Wir muͤßen
                              uͤberdieß noch wiederholtes Anlassen empfehlen, d.h., das erste, wie
                              gewoͤhnlich, vor der ersten Operation zum Polieren; das zweite unmittelbar nach
                              der lezten Politur. Dieses zweite Anlassen wird vielleicht Manchem
                              uͤberfluͤßig scheinen; allein die Erfahrung hat sehr bald gezeigt, daß
                              es hoͤchst nuͤzlich ist. Wir haben dieses Verfahren nach der Analogie
                              bei Verfertigung der Uhrfedern gewaͤhlt.