| Titel: | Kunst-Ausstellungen, Preis-Vertheilungen und neue Preis-Aufgaben der Société d'Encouragement pour l'Industrie nationale am 30. October 1822. | 
| Fundstelle: | Band 10, Jahrgang 1823, Nr. XLII., S. 241 | 
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                        XLII.
                        Kunst-Ausstellungen, Preis-Vertheilungen und neue Preis-Aufgaben der Société d'Encouragement pour l'Industrie nationale am 30. October 1822.
                        Aus dem Bulletin dieser Gesellschaft. Nr. 220. Im Auszuge.
                        Kunst-Ausstellungen, Preis-Vertheilungen etc.
                        
                     
                        
                           Die Gesellschaft versammelte sich am 30. October, um die von
                              ihr ausgeschriebenen Preise zu vertheilen. In dem weiten und schoͤnen Locale
                              der Gesellschaft waren die Kunstarbeiten verdienstvoller Techniker geschmakvoll
                              aufgestellt. Der Bulletin erwaͤhnt nur dreißig derselben, und auch von diesen
                              sind einige bereits durch die fruͤheren Hefte des Bulletin bekannt geworden,
                              und manche andere scheinen nur unter den gegenwaͤrtigen Verhaͤltnissen
                              zunaͤchst fuͤr Paris oder fuͤr Frankreich einiges Interesse zu
                              besizen, z.B. Nr. 2, das Mausoleum des Herzogs von Berry
                              aus geschlagenem Eisen von Hrn. Pottié; Nr. 3,
                              Stahlrollen zu Gaͤngelwagen, um Gichtbruͤchige darauf umher zu rollen,
                              von Hrn. Dumas; Nr. 9, eine Fußdeke zum Bedeken der
                              Fuͤße der Podagristen, woran Hr. Sureaut 3 Jahre
                              lang arbeitete; Nr. 10, Chorhemden fuͤr die Missionaͤre und Pfaffen
                              (die bisher aus England eingefuͤhrt werden mußten, wo man bis jezt auch die
                              rothen Huͤte fuͤr die Cardinaͤle allein zu verfertigen
                              verstand) aus der Fabrik des Hrn. Chauvel-Joua zu Grand-Couronne bei Ronen u. dgl. So sehr
                              haͤngt Industrie von Zeitumstaͤnden und Ortsverhaͤltnissen
                              ab!
                           Die Gesellschaft hatte fuͤr 56,400 Franken Preise ausgeschrieben. Fuͤr
                              neun der ausgeschriebenen Preise fand sich auch nicht
                              ein einziger Preiswerber. Um acht Preise wurde geworben, ohne daß einer der
                              Preiswerber den Preis erhalten haͤtte. 
                              Drei andere Preise wurden zwar nicht gewonnen; die
                              Preiswerber verdienten aber goldene und silberne Ermunterungs-Medaillen.
                              Fuͤnf Preise wurden gewonnen, und dafuͤr die Summe von 8144 Francs
                              bezahlt.
                           Die Gesellschaft schrieb fuͤr das Jahr 1823 neuerdings folgende, nicht
                              gewonnene, Preise ausWir haben das Programm uͤber diese Preis-Aufgaben B. 7. S. 89 und 241 des polytechnischen Journals
                                    mitgetheilt, und bedauern, daß wir uͤber die lezten und neuesten
                                    Preise nicht umstaͤndlicher seyn koͤnnen. Es heißt zwar:
                                    „Les programmes de ces prix sont
                                          joints à ceux qui accompagnent le prèsent No du
                                          Bulletin“ wir fanden sie aber leider an unserem
                                    Exemplare nicht. A. d. Ueb.:
                           
                              1. fuͤr eine Maschine zur Verfertigung von Glaͤsern
                                 fuͤr optische Instrumente: 2500 Franken.
                              2. fuͤr eine Mahl- und Schrot-Muͤhle fuͤr
                                 alle Arten von Landwirthschaften: 4000 Frank.
                              3. fuͤr Fabrikation von Naͤh-Nadeln: 3000
                                 Frank.
                              4. fuͤr Anwendung der Dampf-Maschine auf
                                 Buchdruker-Pressen: 2000 Franken.
                              5. fuͤr Anwendung der sogenannten hydraulischen Presse auf
                                 Oel- und Wein-Pressen, und auf Auspressen der Pflanzensafte uͤberhaupt:
                                 2000 Franken.
                              6. fuͤr eine Maschine zum Abschaben der Haare an den
                                 Fellen fuͤr Hutmacher: 1000 Franken.
                              7. fuͤr Wolle zur Verfertigung der gemeinen
                                 Filzhuͤte: 600 Frank.
                              8. fuͤr eine zwekmaͤßigere Spiegel-Belegung als die
                                 gewoͤhnliche: 2400 Franken.
                              9. fuͤr Verbesserung der in der Kupferstecher-Kunst
                                 nothwendigen Materialien: 1500 Franken.
                              10. fuͤr Entdekung eines Metalles oder einer
                                 Metall-Legierung, die weniger vom Rost angegriffen wird, als Stahl und Eisen, um
                                 dieselbe bei Maschinen zur Zerkleinung weicher Nahrungs-Mittel anzuwenden: 3000
                                 Franken.
                              11. fuͤr Hausenblase-Erzeugung: 2000 Franken.
                              12. fuͤr eine Handmuͤhle zum Aushuͤlsen der
                                 Huͤlsenfruͤchte: 1000 Franken.
                              13. fuͤr eine Masse, die sich wie Gyps formen
                                 laͤßt, und der Witterung so gut wie Stein zu widerstehen vermag: 2000
                                 Frank.
                              14. fuͤr eine Muͤhle zur Reinigung des Heidekornes:
                                 600 Franken.
                              
                           
                              Neue Preise fuͤr 1823:
                              
                           
                              1. fuͤr ein Mittel, armen Blinden die nuͤzlichste
                                 und zwekmaͤßigste Beschaͤftigung zu verschaffen: 1000 FrankenDie nuͤzlichste und zwekmaͤßigste Beschaͤftigung
                                       fuͤr Blinde ist – Handel mit auslaͤndischen Staatspapieren. A. d. Ueb..
                              2. fuͤr Verbesserung der Darmsaiten-Fabrikation
                                 fuͤr musikalische Instrumente: 2000 Franken.
                              3. fuͤr Verbesserung von Eisen-Gußwerken: 6000
                                 Frank.
                              4. fuͤr Verbesserung der Formen von Gußarbeiten, die noch
                                 zur weiteren Bearbeitung bestimmt sind: 6000 Frank.
                              
                           Die drei lezten Preise werden im Jahr 1824 ausgetheilt.
                           Die kuͤnftigen Preiswerber uͤber die obigen Preisfragen: Nr. 1. 3. 4.
                              10. 13. 14 werden sehr wohl thun, wenn sie die hier angegebenen Gruͤnde,
                              warum die Preisfrage nicht als geloͤset betrachtet werden konnte, in dem hier angefuͤhlten
                              Bulletin nachsehen. Die Beschraͤnktheit des Raumes unserer Blaͤtter
                              erlaubt uns nicht, all' das Kleinliche, fuͤr die Preiswerber mehr als
                              fuͤr das Publicum interessante, Detail hier aufzufuͤhren: wir sind
                              aber erboͤthig, jedem, der Belieben traͤgt, den Bulletin einzusehen,
                              denselben mitzutheilen.
                           Was die geloͤsten Preis-Aufgaben betrifft, so wuͤrden wir herzlich gern
                              hier aus diesem Bulletin etwas mittheilen, wenn wir koͤnnten: allein der
                              Preistraͤger der Aufgabe: „uͤber die
                                    vortheilhafteste Bereitung und Wiederbelebung der thierischen
                                    Kohle,“ Hr. de Cavailhon, ist ein
                              Privilegirter, und vor Expiration seines (wieder belebbaren) Patentes ist kein Heil
                              zu erwarten, und nicht bloß die auslaͤndischen, sondern auch die
                              franzoͤsischen Fabriken, wovon manche jaͤhrlich fuͤr mehr dann
                              30,000 Franken thierische Kohle verbraucht, moͤgen sich gedulden, bis der
                              Termin des Privilegiums voruͤber ist. Die Gesellschaft selbst zieht sich
                              durch ein „man weiß nicht woran man mit der thierischen Kohle
                                 ist“ sehr diplomatisch aus der Schlinge, fuͤr 2000 Franken
                              eine Aufklaͤrung zu geben: vermuthlich, weil die Englaͤnder zu
                              gleichem Zweke jezt bereits Knochen in Deutschland, den Centner zu 7 Shilling,
                              kaufen.
                           Ueber die zweite gekroͤnte Preisfrage: die Verbesserung
                                 der Darmsaiten-Fabrikation, wuͤrden wir gleichfalls unseren Lesern
                              sehr gern etwas mittheilen, wenn der Herr Preistraͤger, Apotheker Labarraque, es nicht fuͤr gut gefunden
                              haͤtte „dem Wohle der Menschheit fuͤr foͤrderlich zu
                                 erachten, seine Verfahrungs-Weise nicht bekannt zu machen.“ Die
                              Gesellschaft scheint den schaͤndlichen Jesuitismus, der in einer solchen
                              Aeußerung liegtligt, selbst gefuͤhlt zu haben; denn sie erkannte ihm den Preis (in so
                              fern seine Methode der Nachbarschaft den Gestank erspart und der Faͤulniß
                              Schranken sezt, nicht aber in so fern sie die beßten Saiten liefert, weßwegen sie
                              noch einmal einen Preis von 2000 Franken ausschrieb) nur „unter der
                                 Bedingung zu, sein Verfahren deutlich zu beschreiben, und aller Welt vor Augen
                                 zu legen.“ Wir muͤßen also warten, bis dieß geschehen
                              wird.
                           Der Bericht des Hrn. Merimée uͤber die
                              dritte geloͤste Preisfrage: Bereitung des Leders nach
                                 russischer Art, ist zwar etwas lehrreicher; indessen koͤnnen wir die
                              Aufgabe so wenig, als die Gesellschaft selbst, fuͤr vollkommen geloͤst
                              betrachten, und muͤßen, mit dieser, noch ein Jahr zuwarten, um zu sehen, ob
                              das Leder auch dann noch dieselben Eigenschaften besizt, die es gegenwaͤrtig
                              so sehr auszeichnen. Von den Preistraͤgern (HHn. Duval-Duval und Grouvelle) ist der eine ein
                              junger Chemiker, der andere ein alter Gaͤrber: beide vereinten ihre
                              Wissenschaft und Kunst um etwas Gediegenes uͤber diesen Gegenstand zu
                              liefern. Wahrscheinlich wird ersterer sein Verfahren uns mittheilen; denn nach diesem
                              Berichte, aus welchem man bloß erfahrt, daß Birken-Theer (Betuline) die Haupt-Rolle bei dieser Art von Leder-Bereitung bildet, kann
                              man noch keinen Juften bereiten.
                           Der vierte Preis, Aussaat des Pinus Laricio und Pinus rubra betreffend, kann bloß fuͤr das
                              hoͤchst holzarme Frankreich von Interesse seyn: wir in Deutschland, zumal im
                              suͤdlichen, haben leider der Nadelwaͤlder nur zu vielDen Preis auf das Verfahren Scharlachroth mit Krapp zu erzeugen hat die
                                    Gesellschaft zuruͤkgenommen. Daruͤber einige Worte nebst der
                                    Verfahrungsweise mit Krapp Scharlachroth zu faͤrben, im
                                    naͤchsten Hefte dieses Journals. D..