| Titel: | Beschreibung eines neuen Zwillingsdampfbootes. Von Hrn. W. Aldersey in Homerton bei Hackney. | 
| Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. XLIII., S. 230 | 
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                        XLIII.
                        Beschreibung eines neuen Zwillingsdampfbootes.
                           Von Hrn. W. Aldersey in
                           Homerton bei Hackney.
                        Aus dem Mechanics' Magazine No. 577, S.
                              353.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.Die Abbildung ist nach einem Holzschnitte angefertigt. A. d. R.
                           
                        Aldersey's Beschreibung eines Zwillingsdampfbootes.
                        
                     
                        
                           Das angeblich von Hrn. Burden erfundene amerikanische
                              Dampffloß, uͤber welches neuerlich leider keine weiteren Nachrichten
                              einliefenWir haben erst kuͤrzlich das Resultat der ersten Probefahrt des neuen
                                    von Hrn. Burden erbauten Dampffahrzeuges Helena
                                    bekannt gemacht. A. d. R., brachte mich auf ein Zwillingsdampfboot, welches ich hiemit dem Urtheile
                              der Sachverstaͤndigen unterlege, indem es, wie mir scheint, nicht nur wegen
                              der Wohlfeilheit seines Baues und seiner Ausruͤstung, sondern auch wegen der
                              Geschwindigkeit, mit welcher es im Wasser gehen duͤrfte, vor jedem anderen
                              Boote von derselben oder von doppelt groͤßerer Tonnenladung den Vorzug zu
                              verdienen scheint.
                           Fig. 10 zeigt
                              das Zwillingsboot ohne Verdek. A ist die 8 Fuß breite
                              Wasserbahn zwischen beiden Booten; B, B sind die Kammern
                              oder Faͤcher; C, C die Steuerrudergriffe am
                              Vorder- und Hintertheile mit den Verbindungsstangen, und D, D die Seite des Fahrzeuges uͤber der
                              Wasserlinie.
                           In Fig. 11
                              sieht man die Kiele des Fahrzeuges mit dem Gebaͤlke, durch welches dieselben
                              mit einander verbunden sind. Die Verbindungsstange am Buge ist an dem unteren Theile
                              beilaͤufig einen Fuß uͤber dem Kiele befestigt. e, e sind die Augen, in welche sowohl vorne als ruͤkwaͤrts
                              die unteren Rudernagel eingesenkt werden.
                           Fig. 12 ist
                              ein Laͤngendurchschnitt des ganzen Fahrzeuges, aus welchem man das Verdek,
                              die Wasserhahn a, a, das Verbindungsgestell b, b, das Brustbrett c, c,
                              die Kiele und die Ruder mit den zum Befestigen und Einhaͤngen derselben
                              erforderlichen Spannbalken und Schraubenbolzen ersieht.
                           Die Verhaͤltnisse der Dimensionen koͤnnen verschieden
                              abgeaͤndert werden; doch halte ich folgendes Verhaͤltniß fuͤr
                              besser, als irgend ein anderes. Die Boote sollen bei einer Laͤnge von 60 Fuß
                              6 Fuß breit und eben so tief seyn; sie sollen aus starkem Eisen gebaut werden, ohne
                              deßhalb ein zu großes Gewicht zu erhalten; der Boden soll einen Kiel haben, aber
                              flach gebaut und an den unteren Kanten abgerundet seyn. Die Seitenwaͤnde der Boote sollen
                              aufrecht und ganz gerade seyn, und mit einander parallel laufen; die Hintertheile
                              sollen vierekig geformt seyn, waͤhrend die Vordertheile oder der Bug die aus
                              Fig. 10
                              und 11
                              ersichtlichen Formen haben sollen. Die zwischen beiden vollkommen mit einander
                              parallel laufenden Booten frei bleibende Wasserbahn muß 8 Fuß breit seyn; das
                              Ruderrad darf nicht unter 16 Fuß im Durchmesser haben, und soll 45 Umdrehungen in
                              einer Minute machen. Dieses Ruderrad soll am Hintertheile des Bootes angebracht
                              werden, und sich bis zu den aͤußeren Seitenwaͤnden des Bootes
                              erstreken, so daß an der Welle des Wasserrades hinlaͤnglicher Raum
                              fuͤr die zum Betriebe desselben dienenden Krummhebel bleibt. Man
                              erhaͤlt auf diese Weise so viel Raum, daß die Ruderbretter 18 Fuß lang und 20
                              Zoll oder 2 Fuß tief seyn koͤnnen. Die beiden Boote und die Wasserbahn
                              zusammen geben ein Verdek von 20 Fuß Breite. Wenn das Ruderrad 45 Umgaͤnge
                              per Minute macht, so wird das Fahrzeug in ruhigem
                              Wasser eine Geschwindigkeit von 24 engl. Meilen in der Stunde erhalten; und steuert
                              es mit der Fluch, so wird diese Geschwindigkeit noch um 4 bis 5 Meilen in der Stunde
                              groͤßer seyn.
                           Die Form dieses Zwillingsbootes scheint mir am besten fuͤr die Beseitigung
                              aller Hindernisse, die sich der Geschwindigkeit entgegensezen duͤrften,
                              berechnet, so daß dasselbe mit aller Leichtigkeit fortgetrieben werden kann. Die
                              Kiele muͤssen durch ein Verbindungsgebaͤlke, mittelst flacher eiserner
                              Bogen von gehoͤriger Staͤrke, welche, wie Fig. 11 zeigt, an die
                              Außenseite der Boote geschraubt werden, mit einander verbunden seyn. Ein zweites,
                              dem eben beschriebenen aͤhnliches, sehr starkes Verbindungsgebaͤlke,
                              welches man aus Fig. 12 ersieht, muß beilaͤufig einen Fuß hoch uͤber der
                              Wasserlinie angebracht seyn. Dieses Gebaͤlke muß sehr stark befestigt werden,
                              und die Bolzen muͤssen bis an die aͤußeren Seitenwaͤnde der
                              Boote durchgehen. An dem vorderen Winkel so nahe als moͤglich an dem Buge muß
                              auch ein sogenanntes Brustbrett, welches man aus Fig. 12 ersieht,
                              befestigt werden. Dieses Brett ist an den Seiten der Boote, und mit dem unteren Ende
                              an dem Verbindungsgebaͤlke, mit dem oberen hingegen an den Balken des
                              Verdekes festzumachen. Der Zwek dieser Vorrichtung ist, das Bugende des Schiffes bei
                              einer ihm entgegenwogenden See emporzuheben, so daß es die Wellen nicht zu
                              durchschneiden braucht; je spiziger daher der Winkel, unter welchem sie angebracht
                              wird, um so weniger Erschuͤtterung wird man fuͤhlen. Die sogenannte
                              Kanonenlage der Boote hat die Balken zu tragen, welche, wenn sie mit Dielen
                              uͤberzogen sind, das Verdek bilden; und dieses Verdek kann auf irgend eine
                              dem Zweke und Geschmake entsprechende Weise ausgestattet werden. An die Seiten des
                              Verbindunsgebaͤlkes muß eine gehoͤrige Anzahl von Balken gebolzt
                              werden, damit, wenn sich das Fahrzeug uͤber dem Winde befindet, die Gewalt
                              uͤber das ganze Gebaͤlke desselben gleichmaͤßig vertheilt
                              werde. Alle diese Theile muͤssen so fest und so sorgfaͤltig mit
                              einander verbunden seyn, als es nur immer moͤglich ist, damit die Boote in
                              jeder Hinsicht von einander unzertrennlich sind.
                           Ein Ruderbrett von 18 Fuß kommt mit einer sehr großen Wassermenge in
                              Beruͤhrung und trifft daher auf einen sehr großen Widerstand; doch bildet das
                              Vorderwasser, welches der fortschreitenden Bewegung der aus einem Koͤrper
                              bestehenden Boote ein maͤchtiges Hinderniß in den Weg legt, indem es hier
                              durch die zwischen leiden Booten befindliche Wasserbahn stroͤmt, ein
                              außerordentliches und sehr wohlthaͤtig wirkendes Huͤlfsmittel. Da das
                              Zwillingsboot, wenn es beladen ist, nicht uͤber 30 Zoll im Wasser geht, und
                              da es vorne nicht den Widerstand findet, so ist zum Vorwaͤrtstreiben
                              desselben eine weit geringere Kraft erforderlich, als noͤthig waͤre,
                              wenn eine so große Wassermasse, wie sie mit den Ruderbrettchen in Beruͤhrung
                              kommt, zuruͤkgetrieben werden muͤßte, so daß also hier die ganze Kraft
                              der Maschine zur Befoͤrderung der Geschwindigkeit des Fahrzeuges verwendet
                              wird. An allen einfachen Dampfbooten wird die Maschinenkraft beinahe zu gleichen
                              Theilen zum Vorwaͤrtstreiben des Fahrzeuges, und zum
                              Ruͤkwaͤrtstreiben des Wassers verwendet; die zu lezterem Zweke
                              verwendete Kraft geht jedoch rein verloren.
                           Ein anderer unberechenbarer Vortheil der Zwillingsboote besteht darin, daß sie mit
                              vollkommener Sicherheit eine weit groͤßere Menge von Segeln, ja
                              wahrscheinlich drei bis vier Mal mehr zu tragen im Stande sind, als einfache Boote
                              von gleicher Tonnenladung; denn das Zwillingsboot hat durchaus keine Neigung zu
                              einer rotirenden Bewegung, und kann folglich nie umschlagen. Wenn auch das
                              leewaͤrts gelegene Boot durch einen heftigen Druk des Windes auf die Segel
                              mit aller Kraft unter das Wasser gedruͤkt wird, so muß, bevor dieß auf mehr
                              dann einige Zoll geschehen kann, das windwaͤrts gelegene Boot dadurch
                              nothwendig so emporgehoben werden, daß es weniger tief im Wasser geht, wodurch es
                              dann nothwendig dem leewaͤrts gelegenen Boote wieder das Gleichgewicht
                              haͤlt.
                           Da die Zwillingsboote nicht tief im Wasser gehen, so wuͤrden sie uͤber
                              dem Winde leicht leewaͤrts laufen, ausgenommen sie werden durch die einfache
                              Vorrichtung, welche unter dem Namen des Schwertes (lee-board) bekannt ist, windwaͤrts erhalten. Jedes
                              Zwillingsboot muß daher reichlich mit solchen Schwertern versehen seyn.
                           Da sich ein Zwillingsboot bei gleicher, darauf einwirkender Kraft, dieselbe mag aus Wind,
                              aus Dampf, oder aus beiden zugleich bestehen, weit rascher bewegt, als ein Boot mit
                              einfachen, Koͤrper, so erhellt schon hieraus, daß man hier die Steuerung des
                              Fahrzeuges noch mehr in seiner vollen Gewalt haben muß, theils um der eigenen
                              Gefahr, die man sonst laufen wuͤrde, willen, theils wegen der Gefahr, die
                              fuͤr andere Fahrzeuge daraus erwachsen muͤßte. Aus diesem Grunde halte
                              ich es daher auch fuͤr unumgaͤnglich nothwendig, daß an dem
                              Vordertheile des Fahrzeuges ein zweites Steuerruder angebracht werde. Ein
                              kraͤftiges, in der Mitte zwischen den beiden Bugen des Schiffes angebrachtes
                              Ruder, welches im Einklang mit dem Ruder am Hintertheile arbeitete, wuͤrde
                              die Kraft der Steuerung wahrscheinlich um das Vierfache erhoͤhen. Es ist
                              uͤbrigens natuͤrlich, daß dieses Ruder in jedem Falle, es mag an
                              Zwillings- oder an einfachen Booten angebracht werden, genau auf dieselbe
                              Weise und nach demselben Principe geschwungen und gesteuert werden muͤßte,
                              wie das Steuerruder am Hintertheile. Beide Ruder sollen durchaus nicht mit einander
                              in Verbindung stehen, und muͤssen entweder einzeln oder im Einklange von zwei
                              Personen in Bewegung gesezt werden.
                           Ich gebe der aus Fig. 10 und 11 ersichtlichen Form des
                              Buges des Zwillingsbootes den Vorzug, weil eine Wasserbahn von 8 Fuß
                              moͤglicher Weise nicht wohl ohne großen Nachtheil eine Wassersaͤule
                              von 14 Fuß unterbringen oder verbrauchen kann, und weil das Fahr: zeug also durch
                              eine bedeutende abprellende Wassermasse in seinem Laufe ein wesentliches Hinderniß
                              erfahren wuͤrde. Eine Wassermasse von 14 Fuß wuͤrde, wenn sie sich
                              ihren Weg bestaͤndig durch einen 8 Fuß breiten Raum bahnen muͤßte,
                              fortwaͤhrend die Neigung haben, beide Boote aus einander zu treiben; ist das
                              Zwillingsboot hingegen nach meinem Plane gebaut, so wird die entgegengesezte Wirkung
                              eintreten, und beide Boote werden vielmehr fortwaͤhrend
                              zusammengedruͤkt werden.
                           Man darf durchaus nicht befuͤrchten, daß durch die Tiefe, mit der die
                              Ruderbrettchen im Wasser gehen, irgend ein Hinderniß oder ein Nachtheil erwachsen
                              duͤrfte; denn da der Durchmesser des Rades bedeutend ist, und das Fahrzeug
                              sich mit groͤßerer Geschwindigkeit bewegt, so wird sich der Mittelpunkt der
                              Bewegung schnell von einer senkrecht auf die Spize des Ruderbrettchens fallenden
                              Linie entfernen, so daß das Ruder also aus diesem Grunde unter dem gehoͤrigen
                              Winket aus dem Wasser austritt.
                           Ein solches Zwillingsboot wuͤrde, wenn es wie ein Schoner aufgetakelt, und
                              außerdem noch mit einer Anzahl Segeln versehen waͤre, und wenn auf dem
                              Verdeke oder am Boden eines jeden Bootes eine leichte, feste und kraͤftige Dampfmaschine (wozu
                              man vielleicht solche waͤhlen koͤnnte, wie man sie gegenwaͤrtig
                              zum Treiben der Dampft wagen auf gewoͤhnlichen Straßen verwendet) angebracht
                              waͤre, gewiß eine drei Mal groͤßere Geschwindigkeit erlangen, als ein
                              Boot mit einfachem Koͤrper. Es waͤre beinahe unmoͤglich, daß
                              ein Boot dieser Art durch die Kraft des Windes so aus dem Niveau gebracht werden
                              koͤnnte, daß die Thaͤtigkeit der Maschine dadurch
                              beeintraͤchtigt wuͤrde. Man darf hier nicht vergessen, daß die
                              Staͤtigkeit des Fahrzeuges bei Winden um so groͤßer ist, je weiter die
                              Wasserbahn zwischen den beiden Booten ist, und daß der Widerstand des Wassers um so
                              groͤßer wird, je laͤnger die Ruderbrettchen sind.
                           Ich beabsichtige keineswegs Zwillingsboote, welche nach dem von mir angegebenen
                              Principe erbaut sind, zum Transporte von schweren Ladungen oder zu langen und
                              gefaͤhrlichen Fahrten auf hoher See zu empfehlen; sondern ich muß
                              ausdruͤklich bemerken, daß mein Boot hauptsaͤchlich fuͤr Seen,
                              Fluͤsse (nicht Canaͤle), und fuͤr kleine Kuͤstenfahrten
                              berechnet ist. Ich sehe z.B. keinen Grund, warum ein Boot dieser Art nicht in 6
                              Stunden die Fahrt vom Tower in London oder von Greenwich bis Calais
                              zuruͤklegen sollte.
                           Der Verbindungsbalken uͤber dem Buge und die entsprechenden Ballen unter
                              demselben, welche mit Augen versehen sind, die zur Aufnahme der Rudernaͤgel
                              dienen, so wie der zwischen den beiden Booten befindliche Raum von 8 Fuß gestatten
                              hinlaͤnglichen Raum zur Befestigung und Bewegung eines Ruders von solchen
                              Dimensionen, daß die Steuerung vollkommen gesichert ist.
                           Die Abtheilung der beiden Koͤrper oder Boote meines Fahrzeuges nach Art der
                              Steinkohlenboote in die aus Fig. 10 ersichtlichen
                              Faͤcher wuͤrde gewiß sehr zur Sicherheit solcher Zwillingsboote
                              beitragen; denn wenn irgend ein Bruch Statt findet, so fuͤllt sich deßhalb
                              immer nur eine Kammer oder ein Fach mit Wasser, und selbst dieß nur so weit, als die
                              Wasserflaͤche reicht. Wollte man die Boote auch nicht in ihrer ganzen
                              Laͤnge in solche Kammern abtheilen, so koͤnnte dieß doch wenigstens an
                              den Vordertheilen geschehen, welche mehr Beschaͤdigungen ausgesezt sind.
                           Das von mir hier entwikelte Bausystem laͤßt sich bis auf Boote ausdehnen, die
                              nicht groͤßer sind, als die kleinen, auf der Themse gebraͤuchlichen
                              Nachen; dieselben koͤnnten, wenn sie lang und schmal gebaut wuͤrden,
                              und wenn das Rad gehoͤrig berechnet waͤre, sehr leicht von zwei
                              Menschen, so wie auch durch den Wind in Bewegung gesezt werden. Man scheint bis jezt
                              die Vortheile der kreisenden Bewegung der Ruder vor der Hin- und Herbewegung
                              noch lange nicht genug zu kennen und zu wuͤrdigen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
