| Titel: | Miszellen. | 
| Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. XXII., S. 73 | 
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                        XXII.
                        Miszellen.
                        Miszellen.
                        
                     
                        
                           Ueber Eisendrahtseile zum Gebrauch in Bergwerken etc.
                           Man benuzt den Eisendraht zu Seilen und Tauen schon seit mehreren Jahren; da man aber
                              bei deren Verfertigung anfangs genoͤthigt war, vorher angelassenen Eisendraht
                              anzuwenden, was ihre Zaͤhigkeit verminderte, fielen die Resultate nicht ganz
                              befriedigend aus und in einigen Gruben kam sogar das Brechen der Seile vor. Als man sich bald
                              darauf unangelassenen Eisendrahts bediente, leisteten die daraus gefertigten Seile
                              sehr gute Dienste, brachen nicht, dauerten laͤnger und waren bei gleichem
                              Widerstand von geringerm Gewicht als die Hanfseile; auch verbreitete sich die
                              Anwendung derselben in vielen Steinkohlengruben und andern Bergwerken Deutschlands
                              und Englands. Uebrigens hat man auch ein Mittel gefunden, der Unbiegsamkeit dieser
                              Seile dadurch zu begegnen, daß man eine Fuͤllschnur von getheertem Hanf
                              mitten durch sie gehen laͤßt, wodurch sie beinahe so biegsam wie Hanfseile
                              und innerlich vor Oxydation geschuͤzt werden. Auf leztere Verbesserung wurde
                              am 14. Nov. 1840 dem Hrn. Vegni in Frankreich ein
                              Einfuͤhrungspatent fuͤr 10 Jahre verliehen. Man bedient sich solcher
                              mittelst Maschinen gefertigter sowohl runder als flacher Strike in den HHrn. Colliau und Comp. gehoͤrigen Werken zu
                              Toutes-Veies. Sie sind dauerhaft und regelmaͤßig und koͤnnen
                              von weit staͤrkerm Eisendraht gemacht werden, als dieß bisher geschah, daher
                              sie durch Oxydation weniger leiden. – Da sie viel staͤrker sind als
                              die Hanfseile, waͤhrend sie dem Gewichte nach beinahe gleich viel kosten, so
                              sind sie im Ankauf viel wohlfeiler, welche Wohlfeilheit durch ihre lange Dauer und
                              den Werth, welchen sie auch nach ihrer Abnuͤzung haben, noch erhoͤht
                              wird. Die in England von der Admiralitaͤt mit solchen Seilen, mit oder ohne
                              Hanffuͤllschnur angestellten Versuche sielen zu ihren Gunsten aus. Die
                              Bergleute wollten anfangs nicht an ihren Gebrauch, endlich aber wurden sie doch
                              eingefuͤhrt, weil sie, bei gleicher Staͤrke, leichter als die
                              Hanfseile sind und daher viel Triebkraft erspart wird. Die HHrn. Vegni und Comp. lieferten vor Kurzem fuͤr die
                              Eisenbahn von St. Etienne nach Roanne ein Eisendrahtseil von 900 Meter Laͤnge
                              in einem Stuͤk, welches sehr gute Dienste leistet. Dasselbe wurde mittelst
                              einer Maschine verfertigt, die auch zur Verfertigung von Hanfseilen taugt, und nicht
                              mehr als 8–9 Meter Raum im Quadrat einnimmt; ihre Anwendung gewahrt große
                              Regelmaͤßigkeit in der Verfertigung solcher Seile, so daß der Draht durch die
                              Drehung nicht geschwaͤcht wird und seine ganze Kraft behaͤlt. (Aus dem
                              Recueil de la Société polytechn., Aug.
                              1844, Nr. 20.)
                           
                        
                           Ledru's
                              kalt gestrekte Röhren von Eisenblech.
                           Wie die Roͤhren von Eisenblech und Messing heutzutage gemacht werden, ist
                              bekannt. Entweder loͤthet man sie oder man salzt sie ineinander nach Art der
                              Klempner. In lezterm Fall nimmt man ein Stuͤk Blech, krempt es rechts und
                              links um, fuͤgt die Raͤnder zusammen, schiebt oder hakt sie ineinander
                              und schlaͤgt sie dann mittelst des Hammers zusammen.
                           Hr. Ledru verfaͤhrt anders. Man denke sich ein zu
                              einer Roͤhre zusammengebogenes Blech mit zwei nach
                                 Innen gekehrten Umkrempungen an den Seiten, welche zusammengefuͤgt
                              werden sollen. Nun denke man sich noch einen zweiten, sehr schmalen,
                              bandfoͤrmigen Blechstreifen, ungefaͤhr von der Form ⌣. Dieses Band muß die beiden Krempen des
                              zusammengebogenen Blechs, gleichsam wie eine Klammer, innerlich zusammenzwiken. Mit
                              dem Hammer wuͤrde diese Arbeit nichts besonderes darbieten, aber ganz
                              vorzuͤglich leicht, genau und dauerhaft wird sie mittelst des Zieheisens
                              bewerkstelligt. Man laͤßt die Eisen- oder Messingbleche durch zwei
                              Ziehringe, einen groͤßeren und einen kleineren, laufen, damit sie sich
                              zusammenbiegen und ineinanderfuͤgen. Ist dieß geschehen, so ist die
                              Roͤhre aͤußerlich ganz flach, innerlich aber etwas ausgebaucht durch
                              die drei Metalldiken, die jedoch nicht bloß neben- oder aneinander gelegt
                              sind, sondern aneinander gepreßt und gleichsam hartgeschlagen ein Ganzes bilden.
                              Diese Roͤhren koͤnnen auch sehr starken Druk aushalten. Es versteht
                              sich, daß sie von jedem Durchmesser, jeder Laͤnge und Dike verfertigt werden
                              koͤnnen. (Moniteur industriel, 1844 No. 882.)
                           
                        
                           Gußeiserne Billiards.
                           Schon im Jahr 1843 wurde von Hrn. Lelogé in Paris
                              der Société d'Encouragement ein
                              gußeisernes Billiard mit Tafeln aus poroͤsem Stein statt aus Holz eingesandt)
                              seitdem lieferte Hr. Sauraux ein solches auf die Pariser
                              Industrieausstellung (im Jahr 1844) und ließ spaͤter noch ein zweites gießen.
                              – Diese Billiards sind wie folgt construirt: vier, mehr oder weniger
                              verzierte gußeiserne Pfeiler dienen als Fuͤße und nehmen in Falzen die Enden der vier ebenfalls
                              gußeisernen Seitentheile auf. Diese verschiedenen Stuͤke sind mittelst
                              starker im Innern der Winkel angebrachter Stellschrauben, und einiger durch
                              Verzierungen verstekter quer durchgehender Schrauben fest mit einander verbunden.
                              Auf einen schmiedeisernen Rahmen, welcher allen Bestandtheilen des Billiards als
                              Verbindungsmittel dient, werden hoͤlzerne Bande ausgeschraubt, die
                              aͤußerlich mit einer gußeisernen Verkleidung versehen sind, welche mit dem
                              Ganzen aus einem Stuͤk zu seyn scheint. Gußeiserne Bande, mit Tuch
                              uͤberzogen, wuͤrden natuͤrlich dem Ball nicht genug
                              Elasticitaͤt entgegensezen; sie mußten daher von Holz gemacht werden. Die zur
                              Tafel verwendeten poroͤsen Steine haben sich als sehr zwekmaͤßig
                              bewahrt. Um das Eisen vor Rost zu schuͤzen, wurde es theils vergoldet, theils
                              mit einem bronzeaͤhnlichen Ueberzug versehen. Den Preis dieser Billiards
                              anbelangend, kostete das erste von Hrn. Sauraux
                              verfertigte 3500 Frs., das zweite leichtere, jedoch nicht minder solid gearbeitete,
                              aber nur 1200 bis 1500 Frcs. (Bulletin de la
                                 Société d'Encouragement, Nov. 1844, S. 476.)
                           
                        
                           Ueber Bereitung und Aufbewahrung des Ciders oder
                              Aepfelweins.
                           Allerdings ist, wie Hr. Dubern (polytechn. Journal Bd. XCIV S. 327) bemerkt, die Reinhaltung der
                              Faͤsser, worin der Cider aufbewahrt werden soll, von großem Einfluß; von viel
                              hoͤherem Belange aber ist die Qualitaͤt der
                              Fruͤchte. Diese haͤngt zwar nicht immer von dem Willen der Landwirthe
                              ab; doch koͤnnen sie dieses Getraͤnk durch die Auswahl und Mengung der
                              Fruͤchte und die Art der Bereitung sehr verbessern und den Übeln
                              Einfluß eines Bodens oder der Witterung eines Jahrgangs mehr oder weniger aufheben.
                              Man sammelt zu diesem Zwek bei der Ernte die verschiedenen Sorten von
                              Fruͤchten, die suͤßen, die bittern und die sauren besonders. Da man
                              einmal weiß, daß die suͤßen Fruͤchte einen an schleimigen Substanzen
                              zu reichen, gern spinnenden, die bittern einen an Alkohol reichern, aber schwer zu
                              schoͤnenden Cider, die sauren aber ein sehr mittelmaͤßiges, leicht in
                              saure Gaͤhrung uͤbergehendes Getraͤnk geben, so hat man es
                              ziemlich in der Gewalt, welche Eigenschaften man dem Cider (durch geeignetes
                              Vermengen der Aepfelsorten) verleihen will (namentlich bei der Quantitaͤt von
                              Fruͤchten, welche man in der Normandie gewoͤhnlich dazu verwendet,
                              naͤmlich 6 Maaß Fruͤchte auf 1 Maaß Cider, wenn sich derselbe 2 bis 3
                              Jahre halten und nur 4 Maaß Fruͤchte, wenn er in den ersten 2 Jahren
                              vertrunken werden soll). Wird nun (wie in der Normandie) Obst von verschiedenen
                              Sorten theils durch Zufall, theils aus wohlberechneter Absicht vermengt, so ist von
                              diesem Gemenge ein guter Cider zu erwarten. Leider liefert aber nicht jedes Jahr so
                              viel von jeder Sorte, als in das Gemenge eingehen sollte, daher, wenn der Cider
                              schlecht ausfaͤllt, die Schuld immer dem Jahrgang beigemessen wird, obgleich
                              man leicht die erzielte Qualitaͤt desselben um vieles haͤtte
                              verbessern koͤnnen. Wenn daher (wie in der Gegend von Meaux) der Cider bald
                              sauer wird, so werden wahrscheinlich zu viele suͤße und saure Fruͤchte
                              dazu genommen. Nur bedeutende Zusaͤze bitterer Fruͤchte, ja sogar
                              Birnen, koͤnnten diesem Uebelstand auf natuͤrlichem Wege abhelfen; die
                              kuͤnstliche Verbesserung des Ciders durch Zusaz von Alkohol, Melasse und
                              Katechu ist eine chemische und auf dem Lande nicht wohl anwendbar. J. Odolant-Denos. (Moniteur
                                 industriel, 1844 No. 868.)
                           
                        
                           Ueber Verfälschung des grünen Thees.
                           Es wurde in neuerer Zeit oͤfters behauptet, daß die Chinesen sich des
                              Berlinerblaues und Gypses bedienen, um dem Thee Farbe zu geben. (Man vergl. Warington's Abhandlung im polytechn. Journal Bd. XCIII S. 272.) Hr. Lepage uͤberzeugte sich jedoch in Uebereinstimmung mit Guibourt, daß dieß wenigstens hinsichtlich eines
                              Kalksalzes, nicht bei allem nach Europa kommenden Thee der Fall ist. Als Probe auf
                              Berlinerblau glaubt er, die Benuͤzung der vor einigen Jahren von Dr. Mohr entdekten
                              Eigenschaft desselben, sich in Oralsaͤure aufzuloͤsen, empfehlen zu
                              duͤrfen. Man wasche zu diesem Behufe die Blaͤtter mit destillirtem
                              Wasser aus, um das faͤrbende Pulver zu trennen, lasse auf einem nicht zu
                              feinen Sieb abtropfen, dann das Waschwasser in einem Cylinderglase sich absezen, decantire und
                              verseze den Bodensaz mit 2–3 kleinen Oxalsaͤure-Krystallen und
                              einer hinlaͤnglichen Menge reinen Wassers und ruͤhre um, damit die
                              Ausloͤsung der Saͤure und ihre Einwirkung auf das Berlinerblau
                              erfolgen kann. Bei einem Thee, welcher mit dem 5000sten Theil eines Gemenges von 3
                              Theilen Gyps und 1 Theil Berlinerblau kuͤnstlich gefaͤrbt war, gelang
                              der Versuch vollkommen, indem auf Zusaz von Oralsaure und etwa 100 Theilen Wasser
                              die Fluͤssigkeit gruͤnlichblau gefaͤrbt wurde. Der
                              gruͤnliche Ton ruͤhrte von dem gelben Farbstoff des Thees her, welcher
                              im Waschwasser enthalten war. Mit kuͤnstlich gefaͤrbtem
                              kaͤuflichem Thee wurde jedoch diese Probe noch nicht angestellt. (Journal de Chimie médicale, Nov. 1844, S.
                              652.)
                           
                        
                           Ueber das neue Pflanzenschwarz.
                           Wir berichteten im polytechn. Journal Bd. XCI S.
                                 167 von einem durch den schotttischen Capitaͤn Landers im Koͤnigreich Schande entdekten
                              indigoaͤhnlichen Pflanzenschwarz; nach der seitdem von Hrn. Solly angestellten Untersuchung desselben ist diese
                              Substanz im Wasser und allen gewoͤhnlichen Loͤsungsmitteln unaufloͤslichunaufloͤsiich, wird aber durch Eisenvitriol und Kalk aufloͤslich wie der Indigo.
                              Die Farbe des Pflanzenschwarz wird wie die des Indigs von Chlor zerstoͤrt; es
                              unterscheidet sich aber vom Indigo dadurch, daß es sich nicht sublimiren
                              laͤßt; es wird stets schon zerstoͤrt, ehe es in Dampfform
                              uͤbergeht. Beim Erhizen schmilzt und erweicht es nicht, sondern brennt mit
                              heller Flamme, die einen starken und unangenehmen Geruch verbreitet, wodurch es sich
                              von den Harzstoffen der Melanorrhoe und anderer aͤhnlicher Baͤume
                              vollkommen unterscheidet. Die Asche, welche es beim Verbrennen
                              zuruͤklaͤßt, betraͤgt so wenig, daß daraus augenscheinlich
                              hervorgeht, daß dieser Farbstoff eine reine organische Materie und dessen Farbe
                              gaͤnzlich unabhaͤngig ist vom Eisen oder sonst einer anorganischen
                              Substanz. Hr. Solly schließt aus allem diesem, daß dieser
                              neue Farbstoff sehr schaͤzbare Eigenschaften besizt und, wenn man ihn in
                              großer Menge beziehen kann, fuͤr die Faͤrberei sehr wichtig werden
                              muß. (Aus dem Technologiste, Septbr. 1844, S. 535.)
                           
                        
                           Verfahren die Verfälschung aͤtherischer Oehle mit
                              Terpenthinöhl zu entdeken.
                           Der Destillateur Méro zu Grasse (Depart. Var)
                              machte schon im J. 1838 ein Mittel ausfindig, um die Verfaͤlschung des
                              Pfeffermuͤnz-, Majoran-, Wermuth-, Lavendel-,
                              Spik-, Salbei- und anderer aͤtherischen Oehle mit
                              Terpenthinoͤhl zu entdeken. Dasselbe beruht auf der Eigenschaft des
                              Terpenthinoͤhls, fette Koͤrper aufzuloͤsen, welche die andern
                              aͤtherischen Oehle nicht besizen. Nach vielen Versuchen fand er, daß das
                              Mohnoͤhl unter diesen Fettkoͤrpern wegen seiner bei jeder Temperatur
                              gleichbleibenden Consistenz sich hiezu am besten eignet. Er dringt zu diesem Behufe
                              3 Gramme Mohnoͤhl in eine graduirte Glasroͤhre, sezt ebensoviel von
                              dem zu probirenden Oehl hinzu und schuͤttelt. Ist das Oehl rein, so wird es
                              milchweiß, waͤhrend es, wenn auch nur mit so viel Terpenthinoͤhl
                              verfaͤlscht, daß der Verkaͤufer in der Verfaͤlschung noch einen
                              Vortheil finden kann, durchsichtig bleibt und sich gar nicht veraͤndert. Man
                              kann zur Gegenprobe den Versuch auch mit einem als rein bekannten
                              aͤtherischen Oehl anstellen. Das gemischte Oehl wird durch Erwaͤrmen
                              der anfangs truͤben Mischung von aͤtherischem Oehl und
                              Terpenthinoͤhl) im Wasserbade, wodurch es hell wird, oder auch durch Zusaz
                              von Terpenthinoͤhl beim Destilliren der Pflanze, bereitet. Bei beiden
                              Verfahrungsarten bewahrt sich die Probe. (Bulletin de la
                                 Société d'Encouragement, Okt. 1844, S. 441.)
                           
                        
                           Das Leidenfrost'sche Phänomen auch auf Flüssigkeiten beobachtet.
                           Hr. Choron macht seine neue Beobachtung bekannt, daß eine
                              Fluͤssigkeit, auf der Oberflaͤche einer andern hinlaͤnglich
                              erhizten, wie auf einer festen Platte, sphaͤrische Gestalt anzunehmen vermag. Er
                              beobachtete dabei sogar dieselben Temperaturen, wie Hr. Boutigny (polytechn. Journal Bd. LXXXIII
                                 S. 457). So nimmt Schwefelaͤther Kugelgestalt an, wenn man ihn auf
                              erhiztes Wasser, Quersilber, Brennoͤhl, rauchende Salpetersaͤure etc.
                              wirft, so lange dieses Bad, wie Boutigny dieß auch fand,
                              eine Temperatur von 54 Centesimalgraden (43 1/2° R.) hat. Uebrigens ist er
                              nicht Boutigny's Ansicht, daß das Gesez des
                              Gleichgewichts der Temperaturen nicht ausreiche, um diese sogenannte Calefaction der Fluͤssigkeiten (man vergl. wegen
                              dieses Ausdruks polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S.
                                 453 Anmerk.) zu erklaͤren. (Comptes
                                 rendus, 1844 2me semest. No. 12.)
                           
                        
                           Ueber Pompejische Malerei.
                           Hieruͤber enthaͤlt die Beilage zur Allgemeinen
                                 Zeitung vom 6. und 7. Januar d. J. einen Bericht von Dr. Schafhaͤutl folgenden wesentlichen
                              Inhalts:
                           Die Erwekung Herculanums und Pompeji's aus ihrem anderthalbtausendjaͤhrigen
                              Grabe von Bimssteinpulver und Bimssteinstuͤkchen hat uns einen tiefern Blik
                              in die Leistungen der Roͤmer in allen speciellen Zweigen der Technik zu
                              werfen verstattet, als dieß alle uͤbrig gebliebenen Schriften und
                              Truͤmmer der Kunstleistungen des Alterthums uͤberhaupt zu thun im
                              Stande waren. Ihre Meisterwerke der Architektur und Sculptur sind in ihrer geistigen
                              Auffassung sowohl als in ihrer technischen Vollendung so unuͤbertreffbar, daß
                              sich jedem unbefangenen Beobachter wohl von selbst die Ueberzeugung ausdringen wird,
                              bei einem physisch und geistig so uͤberreich begabten Volk koͤnnen
                              alle unter sich und mit der eigenthuͤmlich geistigen Entwiklung desselben
                              verwandten Zweige der schoͤnen Kuͤnste nicht anders als auf einer
                              gleich hohen Stufe der Ausbildung gestanden haben.
                           Man hat indeß nie recht glauben wollen, daß die Malerei mit der Sculptur im Alterthum
                              aus gleich hohem Standpunkt sich befunden, indem man einwendete: die Hervorbringung
                              eines polychromatischen Gemaͤldes in seiner groͤßten Vollendung
                              erfordere ganz andere und zum Theil viel groͤßere Fertigkeiten, und die
                              Assistenz verschiedener Zweige der Technik, deren der Plastiker gar nie
                              benoͤthigt waͤre, indem es bei diesem bloß darauf abgesehen sey das
                              Raumerfuͤllende im Raͤume darzustellen, waͤhrend der Maler sich
                              gezwungen finde auf einer Flaͤche durch alle
                              Huͤlfsmittel von Perspective, von farbigem Licht und Schatten
                              seine Schoͤpfungen als raumerfuͤllend dem Beschauer gleichsam
                              vorzuluͤgen, was auch anfangs die Chinesen an allen europaͤischen
                              Gemaͤlden mit großem Mißfallen zu bemerken pflegten. Kenntniß der Behandlung
                              der Farben, der Perspective und des Helldunkels wurde den alten Malern von unsern
                              Archaͤologen noch vor kurzer Zeit abgesprochen, aus dem einfachen Grunde weil
                              man fruͤher keine Ueberreste alter Malerwerke kannte, in welchen sich
                              Anwendung von Perspective, Helldunkel etc. gefunden.
                           Die Aufdekung von Herculanum und Pompeji lehrte indeß durch den Augenschein, daß die
                              alten Maler die Perspective gar wohl kannten. Zur Anwendung des Helldunkels im
                              eigentlichsten Sinne des Worts war die fluͤchtige Zimmer- und
                              Wandmalerei, von der uns allein bis jezt Ueberreste bekannt sind, nicht wohl
                              geeignet. Das hochberuͤhmte Bild jedoch des Apelles im Tempel zu Ephesus
                              – Alexander vorstellend mit dem Bliz in der Hand – wuͤrde ohne
                              harmonische Vertheilung von Hell und Dunkel, also Helldunkel im Allgemeinen
                              wenigstens, kaum jene große allgemein bewunderte Wirkung hervorzubringen im Stande
                              gewesen seyn. Vom Bliz naͤmlich ergoß sich das Hauptlicht uͤber das
                              Gemaͤlde, und der vorgestrekte Arm schien durch taͤuschende
                              Verkuͤrzung aus der Tafel selbst hervorzuragen. Sey dem uͤbrigens wie
                              ihm wolle, Herculanum und Pompeji haben den Archaͤologen gewiß hinreichend
                              dargethan, nicht allein daß die alten roͤmischen Maler Perspective und
                              meisterhafte Behandlung ihrer Farben kannten, sondern auch uͤberhaupt auf
                              welch hoher Stufe Decoration und Wandmalerei zu einer Zeit standen, in welcher, nach
                              dem einstimmigen Zeugniß aller gleichzeitigen Schriftsteller, die Kunst schon ihrem
                              Verfall entgegenging.
                           Die Ornamental- sowohl als historischen Malereien Herculanums und Pompeji's
                              sind, vier Maromonochromen ausgenommen, auf mit Marmorstucco uͤberzogenen Mauern
                              ausgefuͤhrt, jedoch nicht, wie spaͤter zu geschehen pflegte, auf noch
                              nassem Kalk; sie sind also keine Frescogemaͤlde im
                              eigentlichsten Sinne des Worts. In dem Lande eines beinahe ewigen Fruͤhlings,
                              wo die Alten vor zweitausend Jahren, wie die heutigen Bewohner dieser Gegend, sich
                              ihres Lebens so viel als moͤglich unter freiem Himmel erfreuten, bestanden
                              die damaligen Haͤuser in der Hauptsache aus etwa drei hintereinander
                              liegenden Hofraͤumen, wovon der erste als Vorhof (atrium), der lezte als Garten (viridarium)
                              diente. Diese Raͤume waren des Schuzes gegen Wetter halber mit Peristylien
                              umgeben, um welche sich zellenartig die kleinen Familienzimmerchen reihten, die
                              gewoͤhnlich ohne Fenster ihr Licht nur durch die Thuͤre empfingen,
                              mehr zum Schuz des Einzelnen gegen Tageslicht, gegen den Laͤrm und die Blike
                              der Menge, als zum bestaͤndigen Aufenthalt bestimmt. Die vorwaltende Zierde
                              aller dieser Raͤume, bis zum hintersten kleinsten, auch oft unterirdischen
                              Sklavenzimmer, macht – neben den theils mit buntem Anstrich,
                              hauptsaͤchlich aber mit den kuͤnstlichsten Mosaiken
                              geschmuͤkten Fußboͤden – ein Marmorstucco aus der die Waͤnde bedekt, glaͤnzend polirt,
                              von verschiedenen Farben, hauptsaͤchlich jedoch braunroth, oft aber auch in
                              groͤßern Haͤusern zinnoberroth, blau, gelb, weiß und auch schwarz. Die
                              Waͤnde groͤberer Raͤume sind gewoͤhnlich horizontal in
                              drei Felder getheilt, wovon das unterste kleinste, wie bei uns, den Sokel bildet,
                              die zwei andern, oft gleich groß, den uͤbrigen Theil der Wand im Peristylium,
                              dem Triclinium, der Exedra etc. einnehmen. Alle diese sind dann wieder in verticale
                              Felder abgetheilt durch Borduren im reichsten Geist der uneigentlich sogenannten
                              Arabeske, die sich wahrscheinlich aus dem Orient eilschleichend unter Augustus immer
                              mehr und mehr Freunde unter den Roͤmern erwarb, und dadurch den unpoetischen
                              Vitruv, so wie seinen noch viel unpoetischern Mathematiker Licinius so sehr in Harnisch brachte.
                           Alle diese Verzierungen im Geiste der Groteske sind auf den bereits gefaͤrbten
                              und geglaͤtteten Grund aufgesezt, und zwar so pastos, daß sie sich bei
                              einiger Vorsicht ziemlich leicht mittelst des Messers vom Grund absprengen lassen.
                              Kaum ist indessen durch einfachere Mittel je ein groͤßerer Effect
                              hervorgebracht worden, und die Fuͤhrung des Pinsels verraͤth ohne
                              Ausnahme eine solche Freiheit, Sicherheit und Gewandtheit, daß jeder Strich aufs
                              erstemal galt und seinen Saft und sein Mark durch seine ganze Ausdehnung behielt. In
                              gleicher Weise finden sich die meisten, die Mitte der großen Felder einnehmenden
                              eigentlichen historischen oder mythologischen Malereien auf den bereits
                              gefaͤrbten und geglaͤtteten Grund gemalt, und nur wenn das
                              Gemaͤlde ein eigentliches Tableau oder Staffeleigemaͤlde darstellte,
                              welches das ganze Feld oder die ganze Wand einnahm, war der Grund weiß gelassen.
                              Gemaͤlde mit lebensgroßen oder uͤberlebensgroßen Figuren finden sich
                              im Ganzen nur sehr wenige. Auf die in kleinerem Maaßstab ausgefuͤhrten
                              historischen Wandgemaͤlde finden sich die Toͤne so dik und pastos
                              aufgesezt, daß sie, namentlich die Lichter, bei guͤnstiger Beleuchtung,
                              gleich den Bergen auf der Mondoberflaͤche, wirklich einen Schlagschatten
                              werfen. Die Anlage der Gemaͤlde uͤberhaupt geschah in den meisten
                              Faͤllen in breiten contrastirenden Farbenmassen, nur in den groͤßeren
                              Figuren findet man abgestufte und anwachsende Tinten oft in einander verschmolzen;
                              die Fleischpartien sind jedoch beinahe immer durch gewoͤhnlich parallele
                              Schraffuren gerundet, die uͤberhaupt zu den kraͤftigeren Schatten und
                              Lichtpartien benuͤzt worden sind. Die Ausfuͤhrung ist, wie man schon
                              aus diesen Angaben sieht, hoͤchst fluͤchtig, rasch, oft leichtsinnig,
                              alles bloß darauf berechnet in der kuͤrzesten Zeit den groͤßten
                              Gesammteffect hervorzubringen. Dagegen sind jedoch auch die unbedeutendsten Figuren
                              mit einer Grazie gedacht, die den Beschauer in Erstaunen versezt, und mit einer
                              fluͤchtigen Leichtigkeit, Sicherheit und Kuͤhnheit gleichsam
                              hingeworfen, daß man nicht umhin kann die Meisterhand zu bewundern, die auch im
                              nachlaͤssigsten Spiel ihrer Laune solch reizende Gebilde hervorzubringen
                              vermochte. Auch die treueste Copie ist nicht im Stande den Geist, diese Freiheit und
                              Leichtigkeit in der Behandlung wiederzugeben, der den groͤßten Theil dieser
                              so mannichfaltigen Schilderungen durchweht. Es herrscht wirklich eine so große
                              Mannichfaltigkeit in Bezug auf die Erfindung sowohl der Ornamental- als der
                              uͤbrigen Schildereien, daß sich, troz der oft bis zur Ueberladung
                              angehaͤuften Grotesken, kein einziges Ornament, keine einzige Figur in allen
                              bisher ausgegrabenen Gebaͤuden wiederholt.
                           Man hat gar viel von der Unzerstoͤrbarkeit dieser antiken Wandmalereien
                              gefabelt, die dem Zahn der Zeit durch nahe zwei Jahrtausende getrozt; allein diese
                              Unzerstoͤrbarkeit ist nur scheinbar, und Nebenumstaͤnden
                              zuzuschreiben, unter denen sich jedes Frescogemaͤlde so lange erhalten haben
                              wuͤrde. Alle dem Einfluß der Witterung ausgesezten Pompejischen
                              Wandgemaͤlde sind naͤmlich gegenwaͤrtig in einem Zustand, in
                              dem sie ihrer raschen Zerstoͤrung entgegen gehen, und ein bekannter
                              Kuͤnstler, welcher viele der schoͤnsten Malereien noch vor 9 Jahren im
                              heften Zustande gesehen und copirt hat, fand in diesem Herbst von vielen derselben
                              kaum mehr erkennbare Spuren. Die ehemals
                              spiegelglaͤnzenden monochromatischen Felder der Waͤnde haben ihren
                              Spiegelglanz, bis auf einige Stellen im Hause des Diomedes und eine Wand in
                              Herculanum, so sehr verloren, daß sie das Licht entweder gar nicht mehr oder nur
                              unter einem sehr stumpfen Winkel spiegelnd zuruͤkwerfen, und ein paar
                              Froͤste in den lezten Jahren haben so maͤchtig auf diese antiken
                              Ueberreste eingewirkt, daß sich, wo nur einigermaßen der Regen hintrifft, die Farben
                              abblaͤttern, oder daß dieselben uͤberhaupt vom Wasser abgewaschen
                              werden koͤnnen. Wo sich der Glanz der Flache jedoch nur einigermaßen erhalten
                              hat, ist die Farbe so fest, daß sie jedem Aufloͤsungsmittel, das nicht sauer ist, widersteht; denn alle diese Gemaͤlde
                              sind nicht durch Wachs oder Harz, sondern durch eine duͤnne Kruste kohlensauren krystallinischen Kalkes geschuͤzt. Unter dieser
                              duͤnnen Kruste sind alle Farben durch Wasser abwischbar, als wenn sie erst
                              seit wenigen Tagen auf die Kalkunterlage aufgetragen worden waͤren. Was
                              jedoch nicht Frost, Regen u. dergl. zur Zerstoͤrung der unaufloͤsbaren
                              Oberflaͤche dieser Wandgemaͤlde gethan, das hat die Hand des Menschen
                              vollbracht. Die Gemaͤlde naͤmlich, wozu mehrere der groͤßten
                              und am geistreichsten ausgefuͤhrten gehoͤren, werden von den Custoden,
                              um sie den Fremden in hoͤchst moͤglicher Klarheit zu zeigen, jedesmal
                              mit einem Schwamm in Wasser getaucht uͤberfahren, und da dieß bei dem Andrang
                              von Fremden seit einer Reihe von Jahren fast taͤglich mehreremale wiederholt
                              wird, so ist endlich das unaufloͤsliche Haͤutchen bei den sehr pastos
                              aufgelegten Farben beinahe so vollkommen abgerieben, daß bald mittelst des Schwammes
                              von Farbe nichts mehr wegzuwaschen uͤbrig bleiben wird. Wo ferner
                              Gemaͤlde uͤberhaupt den Haͤnden zugaͤnglich sind, findet
                              man sie durch Beruͤhrung der vielen tausend Fremden so mit Schmuz
                              uͤberdekt und so polirt auf der Oberflaͤche, daß manche mehr als den
                              Fettglanz der menschlichen Haut zeigen, der Cornelius so sehr ausfiel. Dazu kommt
                              noch daß diese Wandmalereien, obwohl schon hundertmal copirt, von Kuͤnstlern
                              immer wieder und wieder copirt werden, die gleichfalls, um ihre Faͤrbung zu
                              sehen, die Gemaͤlde mit Wasser anstreichen, und dieß so oft wiederholen als
                              die Deutlichkeit der Faͤrbung zu verschwinden anfaͤngt.
                           Die Zerstoͤrbarkeit dieser merkwuͤrdigen Ueberreste der Malerei des
                              Alterthums ist von den fruͤhern Directoren, denen die Erhaltung dieser
                              Ueberreste zur Pflicht gemacht war, gar wohl erkannt worden; man hat deßhalb mehrere
                              der vorzuͤglichsten tableauartigen Wandgemaͤlde noch an den
                              Waͤnden mit einem Firniß aus Sandarakharz uͤberzogen; auch diese
                              zeigen, obwohl der Firniß jezt beinahe vom Regen weggewaschen worden ist, noch immer
                              Harzglanz. Mehrere der interessantesten von den
                              Waͤnden abgenommenen und im Museum von Neapel aufbewahrten Herculanischen und
                              Pompejischen Malereien sind gleichfalls ihrer Erhaltung wegen theils mit einem Harz,
                              theils sogar mit einem diken Wachsfirniß
                              uͤberzogen worden, der den fruͤher so lebendig frischen Kunstwerken
                              einen auf den oberflaͤchlichsten Blik erkennbaren Wachsglanz verleibt,
                              welcher auch die Ursache ist, daß Hunderte von Beschauern die enkaustischen
                              Malereien der Alten hier wieder in ihrer vollen Glorie zu sehen glaubten.
                           Der feste Glaube an die Unzerstoͤrbarkeit dieser merkwuͤrdigen
                              Ueberreste des Alterthums in Vergleich mit den Oehlgemaͤlden unserer Zeit,
                              die beinahe vor unsern Augen ihre Selbstzerstoͤrung einleiten, hat von Anfang
                              ihrer Entdekung bis auf jezige Zeiten das Interesse der Kuͤnstler und
                              Archaͤologen im hoͤchsten Grade rege erhalten, weniger das des
                              Naturforschers und Chemikers, so daß wissenschaftlich technische Untersuchungen an
                              Ort und Stelle nur von einem einzigen Chemiker, dessen Name Buͤrgschaft
                              leistet fuͤr die meisterhafte Behandlung seiner Aufgabe, unternommen worden
                              sind, naͤmlich von dem beruͤhmten Englaͤnder Humphry Davy. Nach Davy sind
                              aͤhnliche Untersuchungen nur noch von Ph. L. Geiger in Heidelberg angestellt worden, der sie auch mit der Auslegung von
                              Professor Roux in seinem Magazin fuͤr Pharmacie,
                              Bd. 12 S. 135, bekannt machte. Daß die von Geiger
                              untersuchten Fragmente, wie sie in seine Haͤnde geriethen, aus den
                              gegenwaͤrtig aufgedekten Theilen von Pompeji nicht herruͤhren konnten,
                              ergibt sich schon aus der Beschreibung von Professor Roux. Dieser sagt naͤmlich (S. 168 in Geiger's Magazin): „alle Farben, ausgenommen das auf Zinnober
                                 aufgetragene Weiß, waren vom Wachs so durchdrungen,
                                 daß man das Wachs sogar dik oben aufliegend mit dem Nagel poliren konnte; ja
                                 beim Erhizen wurden die Oberflaͤchen im Augenblik glaͤnzend, und
                                 waren sogar klebricht anzufuͤhlen.“ Nun fand aber Davy in allen von ihm untersuchten Fragmenten, selbst mit
                              Beihuͤlfe aller chemischen Mittel, keine Spur von Wachsfirniß und vegetabilischen oder thierischen Leimen, und meine
                              Untersuchungen sowohl an Ort und Stelle als vorzuͤglich in Muͤnchen
                              stimmen ganz mit Davy's Resultaten uͤberein. Ich
                              habe naͤmlich von allen charakteristischen Pompejischen Malereien Fragmente
                              untersucht, und kein Stuͤkchen gefunden, das auch nur in einem der
                              aͤußern Merkmale mit den von ProfessorProfesser
                              Roux beschriebenen und von Geiger untersuchten uͤbereingekommen waͤre. So thaten die
                              genauesten chemischen, unter mannichfaltigen Abaͤnderungen unternommenen
                              Analysen dar: daß in keiner der gegenwaͤrtig aufgedektenabedeutenden
                              Wandmalereien in Pompeji Wachs, Harz, Oehl, thierischer Leim, oder ihre
                              Verbindungsproducte mit Kalk vorhanden waren. Daß alle diese Bindemittel von der
                              Zeit nicht so zerstoͤrt worden seyn konnten, daß es nicht leicht
                              moͤglich waͤre ihre Ueberreste wieder aufzufinden, sieht jeder ein der
                              mit chemischen Verbindungen solcher Art bekannt ist; ja diese
                              Unzerstoͤrbarkeit wachsartiger Bindemittel ist schon dadurch erwiesen, daß
                              sich Scheiben von Wachs, dann Bernstein, Asphalt, Pech, Schwefel, sogar Seife
                              unversehrt unter dieser Asche erhalten haben, die auch die Gemaͤlde
                              verhuͤllt.
                           Der gegenwaͤrtige Zustand der Pompejischen Wandgemaͤlde und die
                              mechanische und chemische Untersuchung derselben thut bis zur Evidenz dar, daß das
                              die Erhaltung Pompejischer Gemaͤlde Bedingende ein sehr duͤnnes
                              Hautchen von kohlensaurem Kalk ist, welches auf der Oberflaͤche liegt, und
                              daß, weit entfernt die Farben von Harz oder Wachs durchdrungen zu finden, diese
                              Farben unter der sehr duͤnnen Kruste von kohlensaurem Kalk sich noch ebenso
                              gegen das Wasser verhalten als wenn sie erst frisch mit Wasser aufgetragen worden
                              waren. Bei unsern Frescomalereien ist es jedoch gleichfalls nur das Hautchen von
                              kohlensaurem Kalk, das die Farben gegen die Einwirkung des Wassers schuͤzt;
                              unter dieser Kalkkruste verhalten sie sich gegen das Wasser etc. gerade wie die
                              Pompejischen. Ein weiterer eben, so schlagender Beweis gegen das Daseyn von Wachs,
                              Harz oder Oehl ist das Verhalten des Zinnobers in den Pompejischen Wanden. Vitruv
                              sagt naͤmlich im 9ten Capitel des 7ten Buches seiner Baukust, daß der
                              Zinnober auf Kalk getragen seine Farbe verliere und schwarz werde, sobald er von den
                              Strahlen der Sonne und des Mondes getroffen werde; wolle man deßhalb seine Farbe im
                              Freien in Perlstylen oder Hoͤrsaͤlen erhalten, so muͤsse man
                              ihn mit punischem, am Feuer zerlassenem Wachs uͤberziehen etc. Nun sind
                              jedoch gegenwaͤrtig in Pompeji alle Stellen in Ornamenten und
                              Gemaͤlden, wo Zinnober angewendet wurde, beinahe, oft
                                 ganz schwarz geworden, ja all die frischgegrabenen, mit Zinnober vom
                              lebhaftesten Roth prangenden Waͤnde haben sich, durch mehr als zwei
                              Jahrtausende erhalten, schon in den ersten Tagen ihres Freiseyns so vollkommen in
                              Schwarz verwandelt, daß man keine Spur von ihrer ehemaligen Faͤrbung entdeken
                              kann. Eine geringe Beimengung von Wachs oder Harz wuͤrde diese Umwandlung
                              gaͤnzlich verhindert haben.
                           Die Farben oder Pigmente, deren sich die Maler von Pompeji bedienten, sind dieselben
                              wie sie Davy beschrieb: ihre gelben und rothen Farben
                              waren in der Hauptsache aus einem Koͤrper, dem ocherigen gelben
                              Eisenoxydhydrat. Je nachdem dieß mehr oder weniger der Hize ausgesezt wurde,
                              verwandelte es sich in rothe Ocher von verschiedener Tinte. Als im Ganzen
                              ungewoͤhnlicher Farben bedienten sie sich des Zinnobers, der Mennige und des Massicot, jener als rother Farben, dieser als gelber. Die
                              blaue Farbe war eine Glasfritte, gefaͤrbt mit Kupferoxyd, ziemlich grob
                              gemahlen. Die lebhaft gruͤnen sind kohlensaures Kupferoxyd, die
                              schmuziggruͤnen Veronescaerde. Die schwarze Farbe
                              ist immer fein zertheilter Kohlenstoff; die braune Eisenoker von verschiedenen
                              Nuancen und dann Wad oder Manganoxydhydrat. Die weiße Farbe besteht immer bei
                              gewoͤhnlichen Ornamenten zum Theil ganz aus kohlensaurem Kalk;
                              groͤßtentheils jedoch ist sie ein Gemenge von kohlensaurem Kalk und weißer
                              fetter Thonerde, zuweilen
                              fand ich auch den kohlensauren Kalk mit eben so viel Gyps als Thon gemengt
                              u.s.f.
                           Man sieht, die Alten waͤhlten zu ihren Farben nur solche, die unter allen
                              geeignet waren am laͤngsten den Einfluͤssen der Zeit zu widerstehen;
                              sie bedienten sich zur Fixirung dieser Farben eines bessern Vehikels als Wachs, Harz
                              oder Leim, naͤmlich in der Hauptsache des kohlensauren Kalkes, der an
                              Haͤrte und Unzerstoͤrbarkeit waͤchst mit der Zeit.
                           Unter allen, die uͤber die Malerei der Alten geschrieben, hat R. Wiegmann: „die Malerei der Alten,“
                              Hannover 1836, das Wesen der antiken Wandmalerei am richtigsten und scharfsinnigsten
                              aufgefaßt, nur ist es ihm nicht ganz gelungen, sich uͤber die technischen
                              Schwierigkeiten der Ausfuͤhrung und leichten fließenden Behandlung der Farben
                              Meister zu machen.
                           
                        
                           Ueber den Werth der wasserdichten Zeuge und ihre Anwendung zu
                              Luftmatrazen etc.
                           Man kann den Werth einer Erfindung nicht immer sogleich ermessen. Die wasserdichten
                              Zeuge schienen bisher keine besonders wichtige Acquisition zu seyn; wegen des hohen
                              Preises des Kautschuks konnten sie noch nicht allgemein eingefuͤhrt werden.
                              Sie koͤnnten uns zur Verfertigung vieler Haus- und Reiserequisiten,
                              wie Bettkissen, Divans, Kopfkissen, Matrazen etc. dienen, welche mit Luft
                              ausgeblasen vor den gewoͤhnlichen große Vortheile darboͤten.
                              Betrachten wir zur Vergleichung nur die Betten: 1) unser Bett nimmt großen Raum ein, waͤhrend man mit wasserdichten Luftmatrazen
                              und Kiffen in ein paar Minuten auf einer Feldbettstatt oder auch auf dem Boden und
                              in jedem beliebigen Raum ein Bett aufrichten und am Morgen wieder wegraͤumen
                              kann; 3) unser Bett ist insofern unbequem, als es nicht
                              tragbar ist und nach Belieben von einem Zimmer in das andere, von Wohnung zu
                              Wohnung, von der Stadt auf das Land gebracht werden kann, weßhalb das Dienstpersonal
                              oft in dunkeln, feuchten und hoͤchst ungesunden Raͤumen schlafen muß;
                              die Luftkissen etc. hingegen nehmen den Tag uͤber nur etwa 1/30 ihres Raumes
                              ein und koͤnnen jederzeit uͤberall hingebracht werden. Ueberdieß liegt
                              man viel angenehmer auf ihnen. Auf Reisen kann man an ihnen sein gutes Bett
                              mitnehmen; 3) unser Bett ist ungesund; die
                              Fuͤllung desselben nimmt von Tag zu Tag an Weichheit ab; ferner saugt es die
                              Ausduͤnstung, und wo Kinder und Kranke sind, die unvermeidliche
                              Verunreinigung ein und wird, nicht gehoͤrig geluͤftet, zur
                              Anhaͤufungsstelle schaͤdlicher Miasmen; alle diese Uebelstaͤnde
                              finden bei den Luftbetten nicht statt. Sie absorbiren weder uͤble
                              Duͤnste, noch Feuchtigkeit und leiden nicht an Mangel einer gesunden
                              Luͤftung und Ventilation; 4) gewahren sie insofern eine Ersparniß, als an
                              Arbeit fuͤr das Dienstpersonal erspart, viel voluminoͤser Hausrath an
                              Bettstellen, Strohsaͤken etc. uͤberfluͤssig und ihre
                              Fuͤllung jederzeit aus der Atmosphaͤre kostenlos geschoͤpft
                              wird. – Es steht also einer groͤßeren Verbreitung der wasserdichten
                              Zeuge zu Kleidern sowohl als zu Betten nichts im Wege, als die Hoͤhe ihres
                              Preises. – Auf Reisen dienen solche Luftmatrazen nicht nur als bequemes
                              Lager, sondern auch als Rettungsapparat beim Schiffbruch, als leichter Kahn zum
                              Uebersezen uͤber den Arm eines Flusses; sie sind auch vortreffliche
                              Feldbetten fuͤr Armeen. – In London werden seit Kurzem Luftbetten
                              besonderer Art verkauft; ein solches besteht aus sechs großen, aus
                              Goldschlaͤgerhaͤutchen verfertigten Roͤhren, die unter einander
                              verbunden und mit Leinwand uͤberzogen sind; mittelst eines Blasebalgs werden
                              sie mit Luft angefuͤllt und bilden so ein Bett, worauf man sehr sanft liegt;
                              luftleer hat der ganze Apparat in einem Taschentuch Plaz; um ihn zu entleeren,
                              braucht man nur einen Zapfen umzudrehen. (Moniteur
                                 industriel, 1844 No. 854.)