| Titel: | Erfahrungen aus dem Gebiete der Galvanoplastik; von J. Winkelmann, Dirigenten im k. galvanoplastischen Institute zu Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. XIV., S. 50 | 
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                        XIV.
                        Erfahrungen aus dem Gebiete der Galvanoplastik;
                           								von J. Winkelmann,
                           								Dirigenten im k. galvanoplastischen Institute zu
                           								Berlin.
                        Aus den Verhandl. des Vereins zur Beförd. des Gewerbfl. in
                                 										Preußen. 1850, fünfte Lieferung.
                        Winkelmann's Erfahrungen aus dem Gebiete der
                           								Galvanoplastik.
                        
                     
                        
                           Einer aus dem Kreise des Gewerbevereins an mich ergangenen Aufforderung folgend,
                              									theile ich hier diejenigen praktischen Erfahrungen  in der Galvanoplastik mit,
                              									welche ich zum Theil bei den im Großen von mir ausgeführten Arbeiten gemacht habe.
                              									Ich trage daher einiges über die Eigenschaften, welche das galvanisch
                              									niedergeschlagene Kupfer in Beziehung auf Festigkeit und Dehnbarkeit besitzt, sowie
                              									über das innige Zusammenhalten mehrerer auf einander gebrachten Niederschläge vor.
                              									Ich werde hieran die Angabe meiner Methode knüpfen, welche ich bei der
                              									galvanoplastischen Bildung von Figuren und ähnlichen größeren Gegenständen zur
                              									Verbindung einzelner für sich niedergeschlagener Theile anwende, und
                              									auseinandersetzen, wie dieselbe sich von derjenigen unterscheidet, welche Hr. Baron
                              									v. Hackewitz namentlich bei der durch den Gewerbverein
                              									prämiirten Figur angewendet hatPolytechn. Journal Bd. CVIII S. 350., bei deren
                              									Herstellung ich übrigens als damaliger Werksührer im Laboratorium des Hrn. v. Hackewitz wesentlich thätig gewesen bin.
                           Was die zuerst von mir berührten Eigenschaften und Verhältnisse des galvanisch
                              									niedergeschlagenen Kupfers, nämlich die Festigkeit und Dehnbarkeit betrifft, so habe
                              									ich die Ehre eine kupferne Platte vorzulegen, welche aus drei auf galvanischem Wege
                              									gebildeten Niederschlägen besteht, die in der Art von mir
                              									bewirkt worden sind, daß nach Entstehung einer jeden Kupferlage von gewisser Stärke
                              									die Platte mehrere Tage hindurch aus der Kupfersolution entfernt, hierauf wieder in
                              									dieselbe zurückgebracht und mit der Erregungsflüssigkeit in Verbindung gesetzt
                              									worden ist. Von dieser Platte sind nun mehrere Streifen abgeschnitten worden, wovon
                              									der mit Nr. 1 bezeichnete, ohne vorher geglüht zu seyn, an dem einen Ende viereckig,
                              									an dem anderen aber flach geschlagen ist, wodurch der Beweis geliefert ist, daß gut
                              									ausgeführte Niederschläge nicht spröde sind, und daß die
                              									einzelnen kleinen Krystalle, aus denen die Niederschläge zusammengesetzt seyn
                              									dürsten, so fest an einander liegen, daß sie ein homogenes Ganze bilden. Der mit Nr.
                              									2 bezeichnete Streifen der vorliegenden, aus drei Niederschlägen bestehenden Platte
                              									ist geglüht und ebenfalls auf dieselbe Weise wie Nr. 1 gehämmert worden, wobei sich
                              									ergab, daß der geglühte Streifen sich viel leichter und besser behämmern ließ, als
                              									der ungeglühte. Durch Versuche an einigen andern Streifen jener Kupferplatte bin ich
                              									bereit, hier unter den Augen der geehrten Versammlung die Richtigkeit zu bestätigen,
                              									auch zeige ich hier zwei durch ein Walzwerk ausgestreckte Bleche von derselben
                              									Platte vor, wovon der schmale Streifen 3 Zoll lang und ⅜ Zoll breit war, und
                              									beim Walzen zweimal geglüht ist; dagegen war  der breite Streifen 3½ Zoll lang und 2¼
                              									Zoll breit und ist einmal geglüht. Hieraus kann sich ein jeder leicht von der
                              									Weichheit und Güte des Kupfers überzeugen.
                           Es findet aber auch eine innige Verbindung, eine sogenannte Verlöthung der einzelnen
                              									Kupferlagen bei guten galvanischen Niederschlägen statt; dieselbe unterscheidet sich
                              									jedoch von der gewöhnlichen Feuerverlöthung dadurch, daß bei letzterer zwei gegebene
                              									Metallstücke durch ein drittes, in Fluß gebrachtes Metallstück, zu einem einzigen
                              									verbunden werden, während bei der sogenannten galvanischen Löthung ein gegebenes
                              									Metallstück durch ein zweites nicht gegebenes eigentlich nur verstärkt wird. Meiner
                              									Ansicht nach erscheint es auch nicht gut denkbar, zwei gegebene Metallstücke
                              									mittelst des galvanischen Stromes zu verlöthen, und erkläre ich mir dieß dadurch,
                              									daß hierbei zwei gleichnamige Pole gegeneinander liegen und diese sich nach
                              									physikalischen Gesetzen abstoßen, welches sich auch in vorliegendem Falle dadurch zu
                              									erkennen gibt, baß jede Kante der beiden aufeinanderliegenden Stücke für sich das
                              									Kupfer ausnimmt. Hierbei tritt aber allmählich ein Ueberwachsen des einen
                              									Kupfertheils über den andern ein, welches sich noch beschleunigen läßt, wenn man
                              									nach Möglichkeit von innen die Nath zu befeilen sucht. Der auf diese Weise sich
                              									bildende zusammenhängende Körper dürfte vielleicht am passendsten mit zwei Röhren zu
                              									vergleichen seyn, welche auf eine dritte luftdicht aneinander geschoben sind.
                           Höchst wichtig ist nun diese Art der Verbindung zweier abgesonderter Theile für die
                              									Herstellung von Figuren und anderen größeren Gegenständen durch Anwendung des
                              									galvanischen Stromes, indem man dadurch in den Stand gesetzt wird, jedes plastische
                              									Kunstwerk so herzustellen, daß es wie aus einem Stücke
                              									bestehend erscheint. Die Methoden zur Verbindung einzelner Theile sind aber
                              									verschieden. Die Methode, welche namentlich bisher von dem Hrn. v. Hackewitz zur Verbindung einzelner Theile auf
                              									galvanischem Wege angewendet worden ist, dürfte auf folgende Weise erläutert werben.
                              									Man denke sich zwei abgesonderte, einander nahe gegenüber gelagerte Formstücke von
                              									einer Wachscomposition; sie werden nur bis nahe den beiden Endigungen metallisirt
                              									oder bronzirt, d. h. leitend gemacht, die zusammenkommenden Enden der Formstücke
                              									aber nicht. Diese werden vielmehr noch durch nichtleitende Wachsplatten fest
                              									zugedeckt, damit beim Niederschlagen des Kupfers kein Ueberwachsen desselben an den
                              									Enden stattfinden kann. Ist nun auf gewöhnlichem Wege durch galvanische Einwirkung
                              									der Kupferniederschlag in gehöriger Stärke bis an jene Punkte erfolgt, so nimmt  man die aufgelegten
                              									Wachsplatten herunter und bronzirt die vorher freigelassenen Enden. Die bei der
                              									Zusammensetzung der einzelnen Formtheile sich bildende Nath wird, wenn man zu diesen
                              									Stellen gelangen kann, durch ein heißes Eisen zusammengeschmolzen; läßt sich dieß
                              									aber wegen der Eigenthümlichkeit der Formstücke nicht ausführen, so bronzirt man
                              									gleich über die Formkanten derselben hinweg, setzt die Formstücke stumpf
                              									aufeinander, und bewirkt nunmehr den Niederschlag. Aber durch die bei den
                              									vorerwähnten Punkten entstandenen Knorren wird sich der neu fortzusetzende
                              									Niederschlag so sehr markiren, daß sich daselbst ein förmlicher Zickzack von außen
                              									sichtbar bildet, dessen Entstehung ich mir dadurch erkläre, daß sich unter den
                              									Knorren einzelne Luftblasen bilden.
                           Der hier vorliegende kleine Cylinder, an welchem zwei Näthe und der oben erwähnte
                              									Zickzack wahrgenommen werden, welcher letztere sich viel bedeutender herausgestellt
                              									haben würde, wenn man hier bei der Arbeit nicht gut hätte hineinsehen können, ist
                              									auf die eben beschriebene Weise aus zwei Theilen zusammengesetzt. An zwei einzelnen
                              									Theilen eines anderen ähnlichen Cylinders wird man bemerken, wie sie bis zum
                              									Zusammensetzen vorbereitet seyn müssen, wobei zu bemerken ist, daß ein Theil von der
                              									zur Deckung aufgelegten Wachsplatte befreit worden ist. Bei der früher von Hrn. v.
                              										Hackewitz zur Erlangung des Preises des
                              									Gewerbevereins hergestellten Figur hatten sich die Näthe noch viel stärker als an
                              									dem hier vorliegenden Cylinder in der Art eines bedeutend tiefen Zickzackes gebildet
                              									und so markirt, daß dieselben mit Zinn ausgelöthet werden mußten; einige Stellen an
                              									der Figur mußten sogar mit Zinn zusammengelöthet werden, und wurden nachher
                              									verkupfert. Wenn man nun auch diese Unannehmlichkeiten zum Theil dem Umstände
                              									zuschreiben muß, daß diese Figur das erste Werk der Art
                              									war, so bleibt es bei dieser Methode des Zusammenfügens einzelner getrennter Theile
                              									doch immer ein Uebelstand, wenn man zum Entfernen der Nath ein warmes Eisen benutzen
                              									muß, weil man mit demselben nicht so gut in die etwanigen tieferen Stellen der Form
                              									eindringen kann, auch diese dabei mehr oder weniger verändert wird, also der
                              									Niederschlag nicht mehr ganz genau das Modell wiedergibt.
                           Diesem Uebelstande glaube ich nun bei der von mir erfundenen und bei mehreren
                              									größeren galvanoplastischen Arbeiten, wie z. B. dem auf der Kunstausstellung in
                              									diesem Frühjahre ausgestellt gewesenen kolossalen Junokopfe angewendeten Methode zum
                              									Zusammenfügen einzelner Theile abgeholfen zu haben, und dürfte demgemäß mein
                              									Verfahren dem früheren des Hrn. v. Hackewitz vorzuziehen
                              									seyn. Jener Kopf wurde ganz roh, wie er aus der Form genommen, noch mit der  daran befindlichen Nath
                              									zur Ausstellung gegeben. Zur Erläuterung meines Verfahrens diene Folgendes: Es seyen
                              									zwei Formstücke, welche an den einander gegenüberstehenden Flächen zusammengesetzt
                              									werden sollen. Zu diesem Behuf metallisire oder bronzire ich die Formstücke nicht
                              									allein auf der Oberfläche, sondern auch über die Formkante hin auf den schmalen,
                              									einander direct entgegenstehenden Flächen der beiden Formstücke bis etwa zu einem
                              									Drittheil der Stärke derselben, und bewirke dann bis zu diesem Punkte hin den
                              									galvanischen Niederschlag, jedoch möglichst dünn, damit die beiden Formtheile
                              									ungehindert aufeinander passen. Nachdem nun ein ganz schwacher Niederschlag erzielt
                              									worden ist, decke ich die Kanten der Form zu, jedoch so, daß die Wachsplatte nur auf
                              									die zusammenpassende Formkante fest aufgelegt wird; dann biege ich die Wachsplatte
                              									etwa ½ bis ¾ Zoll auf die Formseite um, lasse die Platten daselbst
                              									aber nicht fest anliegen, sondern ⅛ bis ¼ Zoll abstehen, wodurch der
                              									Niederschlag sich unter der Wachsplatte allmählich verläuft und keine Knorren
                              									gebildet werden. Haben beide Formstücke hierbei ihre hinlängliche Stärke erhalten,
                              									so werden die überliegenden Wachsplatten abgenommen, die Formstücke zusammengesetzt,
                              									was wegen der nach den Enden hin ganz schwachen Kupfermasse leicht von Statten gehen
                              									wird, und der Niederschlag hauptsächlich nur auf die Nath und deren nächste Umgebung
                              									bewirkt, bis dieselbe vollkommen verwachsen ist. Ich lege einen Cylinder vor,
                              									welcher auf die oben angegebene Weise hergestellt worden ist, in welchem die Nath
                              									und zwei dicht nebeneinander liegende Streifen Kupfer von Papierstärke wahrgenommen
                              									werden. Eine solche Nath kann viel leichter als bei dem v. Hackewitz'schen Verfahren hinweggenommen werden. Man könnte die Frage
                              									aufwerfen, weßhalb die Cylinder so construirt wurden, daß die Nath auf einem nach
                              										innen hervorspringenden Theile liegt. Der Grund dafür
                              									ist, weil die Cylinder ein plastisches Kunstwerk vorstellen sollen, und man bei
                              									solchem stets so zu construiren sucht, daß die Näthe möglicherweise auf nach innen
                              									vorspringende Theile zu liegen kommen, indem das Zusammenwachsen einer solchen Naht
                              									viel schneller von Statten geht als bei tiefer gelegenen Stellen. Ja es wird ein
                              									Zusammenwachsen bei letzteren oft rein unmöglich seyn, da hervorspringende Theile
                              									das reducirte Metall zunächst aufnehmen und sich dasselbe in die tieferen Stellen
                              									weniger ablagert, weßhalb auch alle nach außen hervorspringenden Partien einer Figur
                              									bedeutend schwächer in Kupfer seyn werden, als die nach innen vorspringenden
                              									Stellen.
                           Ich überreiche ferner zwei einzelne Theile eines dem eben erwähnten ähnlichen
                              									Cylinders, von denen der eine von seiner Decke befreit und  der andere mit derselben noch
                              									versehen ist. Sind nun bei galvanisch niederzuschlagenden größeren Gegenständen
                              									einzelne Theile der Art, daß sie auf die eben angegebene Weise nicht gut
                              									zusammengesetzt werden können, so schlägt man vorher ein jedes Stück für sich
                              									nieder, nimmt es aus seiner Form heraus, schärft die Kanten desselben ab und legt es
                              									mit in die Form hinein, was am besten dadurch geschieht, daß das betreffende Stück
                              									aus dem Gypsmodell herausgeschnitten und dafür der schon niedergeschlagene Theil
                              									angesetzt, und mit dem Ganzen überformt wird. Sind an einem niederzuschlagenden
                              									Gegenstande vielleicht Theile vorhanden, welche einen tiefen spitzen Winkel bilden,
                              									so sucht man an diesen Stellen eine Nath zu schaffen. Ist nun ein schwacher
                              									Niederschlag bewirkt, so deckt man die einzelnen Theile derjenigen Stellen, an
                              									welchen sich der spitze Winkel befindet, und zwar so zu, daß nur die
                              									zusammenstoßende Formkante gedeckt wird. Die Decke steht ⅛ bis ¼ Zoll
                              									über, oder eigentlich nicht viel weiter als das Kupfer stark werden soll. Hierauf
                              									wird der Niederschlag in seiner vollen Stärke bewerkstelligt, wobei sich das Kupfer
                              									genau an die überstehende Wachsplatte anlegt und die Formstücke, nachdem die
                              									Wachsplatte abgenommen, noch genau zusammenpassen. Nachdem die Figur, oder irgend
                              									ein anderer ähnlicher Gegenstand, an dem mit einem solchen spitzen Winkel in
                              									Verbindung stehenden Theile zusammengewachsen ist, befreie ich dieselbe von der
                              									Form, lasse daselbst von außen Kupfer aufwachsen, bis die Nath verwachsen ist, nehme
                              									dann von dem betreffenden Gegenstande die ganze Form ab, feile an den Nachstellen
                              									das überflüssige Kupfer weg, und lasse nur so viel stehen, als zur Ausfüllung der
                              									Lücken zwischen den beiden Theilen nöthig ist.
                           Die Niederschläge bewirke ich sehr einfach, und zwar bei flachen Gegenständen in der
                              									Art, daß ich einen gewöhnlichen hölzernen Rahmen, welcher oben offen ist, mit guter
                              									Pappe bekleide, so daß eine Art von Mappe entsteht; in diese setze ich eine
                              									Zinkplatte und gieße die Erregungsflüssigkeit hinzu. Hierauf bringt man die Mappe in
                              									die Kupferlösung und hängt die niederzuschlagenden Formstücke an die Zinkplatte an,
                              									so daß die mit Kupfer zu überziehende Seite der Form der Mappe zugekehrt ist. Bei
                              									Figuren oder dergleichen benutze ich kleine Gestelle von Messingdraht, welche nach
                              									den verschiedenen Biegungen des betreffenden Gegenstandes gebildet werden müssen,
                              									und überziehe dieselben mit zusammengenähtem Hasenleder. Bei dem auf der Ausstellung
                              									befindlichen Junokopfe ist der Schädel angesetzt, und wie beschrieben mit dem
                              									Hauptstücke verbunden worden; auch sind die daran befindlichen Locken besonders
                              									niedergeschlagen, dann mit in die Form gelegt und auf die  oben angegebene Weise mit dem
                              									Hauptstücke verbunden. Die ebenfalls ausgestellte Büste Sr. Majestät des Königs ist
                              									aus einem Stücke niedergeschlagen und bestand die Form hierzu aus der sehr bekannten
                              									leichtflüssigen Metalllegirung von Wismuth, Zinn und Blei. Zur Darstellung solcher
                              									Formen belegt man das betreffende Gypsmodell mit dünn gewalzten Thonplatten, welche
                              									die Starke des Metalls angeben; hierauf wird ein Mantel von Gyps über die
                              									Thonplatten gelegt; dann nimmt man die Thonplatten heraus, legt den Gypsmantel
                              									wieder über die Büste, und gießt den durch Wegnahme der Thonplatten entstandenen
                              									Zwischenraum mit dem oben angegebenen leichtflüssigen Metalle aus.