| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 126, Jahrgang 1852, Nr. , S. 311 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Ueber Reversions-Loupen.
                           In den „Unterhaltungen für Dilettanten und Freunde der Astronomie,
                                 Geographie und Meteorologie, Leipzig 1852, Nr. 11 vom 13. März“ lesen
                              wir von Reversions-Loupen, auf welche Hr. Oertling in Berlin patentirt worden.
                           Die zweckmäßigste Einrichtung solcher Loupen besteht aus einer Verbindung der
                              gewöhnlichen Loupe mit einem Reflexionsprisma. Stellt man die Hypothenusfläche des
                              Prismas parallel zur Achse der Loupengläser, so wird der Gegenstand je nach seiner
                              Lage zur Ebene der Hypothenusfläche entweder von oben nach unten oder von rechts
                              nach links (einfache Reflexion) umgekehrt. Stellt man dagegen eine Kathetenfläche
                              parallel zur Achse der Loupengläser, so geschieht beides zugleich
                              (Total-Reflexion). – Die Benützung von Reflexions-Prismen zur
                              Umkehrung der Bilder ist aber keineswegs neu.
                           Die erstere Stellung des Prismas ist bei den Dissections-Mikroskopen mit
                              Prismen namentlich von Nachet in Paris oft angewendet
                              worden.
                           
                           Der letzteren Einrichtung und zwar als vollendete Loupe bediente sich das
                              Fraunhofer'sche Institut schon seit Jahren bei seinen parallaktischen Aufstellungen,
                              wenn manchesmal die gar zu schiefe Lage der Limbusebene des Stundenkreises es nicht
                              gestattet, die Kreistheilung in senkrechter Richtung abzulesen, in welchem Falle
                              dann die Nummern der Theilung verkehrt gravirt werden. Dergleichen Reversionsloupen
                              sind für Kupferstecher, Lithographen, Schriftsetzer etc. sehr bequem.
                              (Schweizerisches Gewerbeblatt, 1852, Nr. 19 und 20.)
                           
                        
                           Collins' Verfahren Gußstahl zu fabriciren.
                           Der englische Civilingenieur William Collins ließ sich am
                              24. März d. J. hiezu folgendes Verfahren patentiren: Der Puddelofen wird mit
                              beiläufig 4 Cntr. grauen Roheisens beschickt, welches man auf gewöhnliche Weise mit
                              einer großen Quantität Eisensilicat schmilzt (zum breiartigen Zustande bringt). Die
                              erste Periode des Aufkochprocesses muß ohne ein Durcharbeiten des geschmolzenen
                              Eisens mit Brechstangen durchgeführt werden, im Gegensatz mit dem gewöhnlichen
                              Verfahren, wobei die geschmolzene Masse sogleich umgerührt wird; der Patentträger
                              läßt die geschmolzene Masse ruhig einem sehr hohen Hitzgrad ausgesetzt, wobei die
                              Verunreinigungen, mit Ausnahme des Kohlenstoffs, verbrannt (oxydirt) werden. Nach
                              dieser ersten Periode des Aufkochens, welches 15 bis 30 Minuten lang fortgesetzt
                              werden muß, je nach der Beschaffenheit des angewandten Roheisens, wird das Eisen
                              eine Neigung zum Aufsteigen zeigen; dann muß der Puddler anfangen das Eisen mit
                              Anwendung des höchsten Hitzegrads kräftig und ununterbrochen durchzuarbeiten, um es
                              sobald als möglich in balls für den Stirnhammer oder das
                              Präparirwalzwerk zu verwandeln. Das Product ist ein feinkörniges Eisen von großer
                              Reinheit, welches nach dem Zängen und Ausrecken zu flachen Stäben sich leicht mit
                              Kohlenstoff in verschiedenen Verhältnissen vereinigt. Dazu werden die erhaltenen
                              flachen Stäbe, ohne vorheriges Cementiren, in Tiegeln mit Zusatz von kohligen
                              Substanzen geschmolzen, wodurch man einen zu vielen Zwecken geeigneten Gußstahl
                              erhält. Je nachdem man mehr oder weniger Kohle zusetzt, wird dieser Stahl mehr oder
                              weniger hart. Eine bessere Qualität von Gußstahl, welcher für Meißel und andere
                              Werkzeuge geeignet ist, erhält man, wenn man die erwähnten Eisenstäbe mit einem
                              größeren Verhältniß von Kohle schmilzt, und das Product, welches stark gekohlter
                              spröder Gußstahl ist, mit frischen Stücken solcher Eisenstäbe umschmilzt. (London Journal of arts, Novbr. 1852, S. 317.)
                           
                        
                           Ueber die Wirkung des Kohlenoxydgases auf schwefelsaures Kali
                              und Natron; von A. Levol.
                           Hr. Dr. K. Stammer hat vor
                              einiger Zeit Versuche über die Wirkung des Kohlenoxyds auf mehrere Salze und andere
                              Verbindungen veröffentlicht (polytechn. Journal Bd. CXX S. 428); er bemerkt, daß bei der Temperatur einer Berzelius'schen Lampe das schwefelsaure Kali durch
                              Kohlenoxyd zu Schwefelkalium reducirt wird, wogegen das schwefelsaure Natron nicht
                              reducirt wird. Dieses Verhalten schien mir ein sehr einfaches Mittel darzubieten, um
                              bei Analysen das Kali vom Natron zu trennen, daher ich den Versuch wiederholte,
                              welcher die Angabe des Hrn. Stammer hinsichtlich des schwefelsauren Kalis aber nicht bestätigte.
                              2 Gramme eines wasserfreien Gemenges von schwefelsaurem Kali und schwefelsaurem
                              Natron, welche bei der dunklen Rothglühhitze in einem Strom von Kohlenoxyd erhitzt
                              wurden, widerstanden vollkommen. Ich war nicht glücklicher, als ich schwefelsaures
                              Kali allein anwandte und mittelst Kohlen die Temperatur so hoch steigerte, daß die
                              Glasröhre anfing zu erweichen, also bis zum lebhaften Rothglühen; im zweiten Fall
                              bildete sich, wie im ersten, nicht die geringste Spur von Schwefelmetall. (Journal de Pharmacie, October 1852, S. 289.)
                           
                        
                           
                           Neues Kobaltsalz, eine gelbe Malerfarbe.
                           Ein junger Chemiker, Hr. G.
                                 Saint-Evre übergab der franz. Akademie der Wissenschaften
                              seine Untersuchungen über eine neue Kobaltverbindung. Wenn man eine kalte und
                              concentrirte Auflösung von salpetersaurem Kali mit einer ebenfalls kalten Auflösung
                              von salpetersaurem Kobalt versetzt, so bemerkt man folgende Erscheinungen: es
                              entbindet sich Stickoxydgas und zugleich entsteht ein unauflöslicher Niederschlag
                              von eigenthümlicher gelber Farbe, wenn man die Flüssigkeit untersucht, worin der
                              Niederschlag entstand, so findet man darin eine beträchtliche Menge salpetrigsaures
                              Kali.
                           Man erhält den neuen Körper auch, wenn man das salpetersaure Kobalt mit einem
                              schwachen Ueberschuß von Aetzkali niederschlägt, bis sich das rosenrothe
                              Kobaltoxydulhydrat gebildet hat, und dann in das Gemisch einen Strom Stickoxydgas
                              leitet.
                           Die Verbindung ist glänzendgelb und von so lebhaftem Ton, daß sie den Typus des Gelb
                              in Chevreul's Farbenkreis
                              bildet, sie ist neutral gegen Lakmus. Unter dem Mikroskop betrachtet, zeigt sie
                              quadratische Prismen mit dreiflächigen Zuspitzungen an den Enden. In Wasser ist sie
                              merklich auflöslich, aber ganz unauflöslich in Aether und Alkohol. Kochendes Wasser
                              zersetzt sie, indem es bei ausgeschlossener Luft Stickoxydgas entbindet; beim
                              Zutritt der Luft aber mit Bildung von Salpetersäure; zugleich wird die Flüssigkeit
                              alkalisch und färbt sich rosenroth; man findet darin gewöhnliches salpetersaures
                              Kobalt und salpetrigsaures Kali. In Wasser suspendirt widersteht die neue Verbindung
                              lange Zeit einem Strom von Chlorgas oder von Schwefelwasserstoffgas;
                              schwefelwasserstoffsaures Ammoniak zersetzt sie aber augenblicklich, wobei schwarzes
                              Schwefelkobalt entsteht. Versetzt man die in Wasser suspendirte neue Verbindung mit
                              Säuren, so entwickelt sich Salpetergas; Aetzkalilösung scheidet daraus das
                              Kobaltoxyd-Oxydul als Hydrat ab. In Berührung mit Luft in einer Glasröhre
                              erhitzt, verändert die Verbindung ihre Farbe, welche einen orange-gelben Ton
                              annimmt; später schmilzt sie, und zersetzt sich, röthliche Dämpfe von
                              Untersalpetersäure entbindend, wobei Kobaltoxyd-Oxydul und salpetrigsaures
                              Kali als Rückstand bleiben. Die wahrscheinliche Zusammensetzung dieser neuen
                              Verbindung ist: Stickstoff, 15,34; Sauerstoff, 35,07; Kobaltoxydul, 20,82; Kali,
                              26,30; Wasser, 2,74; ihre Formel ist
                           Az⁴O¹⁶, 2 CoO, 2 KO, HO.
                           Der neue Körper ist also eine Verbindung von Salpetersäure und salpetriger Säure mit
                              Kali, Kobaltoxydul und Wasser.
                           Hr. Saint-Evre
                              vermuthete, daß dieses Kobaltgelb wegen der Schönheit seiner Nüance und weil es dem
                              Chlor und Schwefelwasserstoff so gut widersteht, mit Vortheil in der Malerei
                              angewendet werden könnte. Versuche, welche seit einem Jahr von mehreren Künstlern
                              begonnen wurden, beweisen, daß es sich ohne alle Veränderung in der Oel- und
                              Wassermalerei anwenden läßt, sowohl für sich allein, als im gemengten Zustande. (Cosmos, revue encyclopédique, Oct. 1852, Nr.
                              27.)
                           
                        
                           Ueber die unter dem Namen Bidery in Ostindien fabricirte
                              Legirung.
                           Unter den aus dem englischen Indien zur Londoner Ausstellung geschickten Waaren
                              bemerkte man mit Interesse verschiedene Gegenstände, die aus einer Legirung, Bidery genannt, gefertigt waren. Diese Legirung hat ihren
                              Namen von der Stadt Bider (ungefähr 9 Myrameter nordwestlich von Hyderabad gelegen),
                              wo man sie fabricirt. Sie wird, nach Dr. Heine, zunächst aus 16 Theilen Kupfer, 4 Theilen Blei und
                              2 Theilen Zinn zusammengesetzt, und diesen zusammengeschmolzenen Metallen fügt man
                              dann, auf je 3 Pfd. derselben, 16 Pfd. Zink zu, welches man damit zusammenschmilzt,
                              worauf die Masse zu Gefäßen gegossen wird. Um diesen die geschätzte schwarze Farbe
                              zu geben, taucht man sie in eine Lösung von Salmiak, Salpeter, Kochsalz und blauem
                              Vitriol. Dr. Hamilton sah
                              zusammenschmelzen: Zink 123,6 Theile, Kupfer 4,6 Theile, Blei 4,14 Theile, mit einer
                              Mischung von Harz und Wachs, die man in den Tiegel bringt, um die Oxydation zu
                              verhüten. Man gießt dann in Thonformen und vollendet die Artikel auf der Drehbank.
                              Die Künstler überziehen
                              sie dann mit Blumen oder anderen Ornamenten in Gold oder Silber. Zu diesem Zweck
                              beginnen sie damit, die Oberfläche mit blauem Vitriol und Wasser zu reiben, was der
                              Oberfläche eine schwärzliche Farbe ertheilt, die gestattet daß man die Zeichnung,
                              die man mit einer spitzen Stahlnadel darauf anbringt, besser unterscheiden kann.
                              Dann arbeiten sie die Figuren mit Grabsticheln und Meißeln aus und füllen mittelst
                              einer Punze und eines Hammers die Höhlungen mit kleinen Plättchen von Silber, die
                              der Legirung fest anhängen. Man polirt darauf und färbt, wie es vorhin angegeben
                              wurde. Die so angefertigten Gegenstände sind Vasen, Wasserkannen, Becher, Schalen,
                              Teller etc. Gewöhnlich sind diese Artikel mit Silber, zuweilen auch mit Gold
                              inkrustirt. Sie zeichnen ebenso durch die Schönheit ihrer Oberfläche, wie durch
                              Trefflichkeit der Formen sich aus. (Polytechn. Centralblatt 1852, S. 1230.)
                           
                        
                           Bleichen der Schweineborsten.
                           Nach Versuchen, die über diesen Gegenstand von Winkler und
                              Fink angestellt, und deren Resultate in dem
                              Monatsblatte des hessischen Gewerbevereins von 1847 mitgetheilt worden sind, wird
                              die Operation des Bleichens der Borsten auf die Weise am sichersten und besten
                              ausgeführt, daß die Borsten zuerst in einer Auflösung von Schmierseife in lauwarmem
                              Wasser tüchtig gewaschen, dann in kaltem Wasser gut abgespült und hierauf zwei bis
                              drei Tage in eine gesättigte wässerige Lösung von schwefliger Säure eingelegt
                              werden. Nach Verlauf dieser Zeit werden sie aus der Säure herausgenommen und mit
                              reinem Wasser tüchtig ausgewaschen und getrocknet. Die Borsten behalten nach dieser
                              Operation ihre Elasticität, erhalten eine sehr schöne Weiße und einen
                              eigenthümlichen Glanz. Die zu diesem Zweck erforderliche schweflige Säure läßt sich
                              ohne bedeutende Kosten aus Kohle und Schwefelsäure in einem einfachen Apparat
                              darstellen.
                           Die meisten gelben Borsten lassen sich auch dadurch bleichen, daß sie, stets
                              angefeuchtet, unter Glas dem Einfluß des directen Sonnenlichts ausgesetzt werden.
                              (Gelb gewordenes Elfenbein, sowie durch das Alter vergilbte Kupferstiche lassen sich
                              auf dieselbe Weise, d. i. durch Sonnenlicht im feuchten Zustande, völlig bleichen.)
                              Polnische und russische Borsten bleichen jedoch am Sonnenlichte nicht.
                           Fink gibt außerdem noch an, daß durch Befeuchtung der
                              Borsten mit einer sehr verdünnten Schwefelsäure (= 1 : 30 bis 40 Wasser) und
                              Aussetzen derselben an die Sonne selbst die schwärzesten Borsten gebleicht würden.
                              Winkler fand durch mikroskopische Untersuchung, daß
                              die durch diese Methode gebleichten Borsten sich in ihrer Substanz etwas verändert,
                              angegriffen zeigten, daher er die Bleichung mittelst schwefliger Säure vorzieht.
                              (Kunst- und Gewerbeblatt für Bayern, März 1852, S. 190.)
                           
                        
                           Ueber Besen und Bürsten aus der brasilianischen
                              Piassava.
                           Ueber die neue merkwürdige Substanz, welche unter dem Namen Piassava (Piacaba) im Handel vorkommt und zu mancherlei Zwecken den
                              Bürstenfabrikanten als Ersatz der Schweinsborsten zu empfehlen ist, enthält die
                              Beilage zu Nr. 296 der Allgemeinen Zeitung folgende interessante Notiz:
                           
                              „Seit dem Jahr 1844 kennt man die Piassava in England. Ihre Einfuhr hat
                                 sich seit dieser Zeit ungeheuer gesteigert, und soll sich in London allein auf
                                 1500 bis 2000 Tonnen jährlich belaufen. Die daraus gefertigten Bürsten, welche
                                 allen Abwechselungen von Trockenheit und Feuchtigkeit widerstehen und eine
                                 erstaunliche Dauer zeigen, werden, da keine andere Art von Bürsten so gut und
                                 vollkommen reinigt wie die aus diesen Fasern gefertigten, vorzüglich von
                                 Schlächtern, Brauern etc. verwendet. Auch bei uns, wo in vielen Gegenden noch
                                 die Gewohnheit herrscht die Fußböden zu fegen, werden Bürsten aus Piassavafasern
                                 sich sehr empfehlen. Nur dürften dieselben nicht so kurz wie bei den
                                 Borstenbürsten geschnitten werden, wenn die Einwirkung auf die Bretter des
                                 Fußbodens eine nicht zu kräftige werden sollte.
                              
                           
                              Wer als Fremder Morgens in den Straßen Londons den Kehrmaschinen begegnet, wird
                                 sicher die Frage stellen: welches Material ist es das zu ihrer Anfertigung
                                 dient. Da jene Stoffe die wir vielleicht in Deutschland zu dem fraglichen Zweck
                                 gebrauchen würden, wie Besenreisig, Ginster, zur Besetzung der in diesen
                                 Kehrmaschinen wirkenden Walzen nimmermehr verwendet werden können, so glaubten
                                 viele die Walzen seyen mit Fischbeinstäbchen besetzt. Allein die in den Londoner
                                 Kehrmaschinen befindlichen Walzen sind mit etwa 8 bis 10 Zoll langen Stücken der
                                 Piassava bürstenartig besetzt. Nach den Mittheilungen des Erfinders jener
                                 merkwürdigen Straßenkehrmaschinen des Hrn. Whitworth, dauern solche Bürstenwalzen, wenn
                                 gepflasterte oder macademisirte Straßen damit gekehrt werden, über ein Jahr.
                                 Auch die Kehrmaschine, welche von dem Erbauer des Glaspalastes Paxton zur staublosen Reinigung jenes wunderbaren
                                 Gebäudes verwendet wurde, soll mit Piassavawalzen versehen gewesen seyn.
                              
                           
                              Früher hat man die Piassava für eine brasilische Grasart gehalten, allein vor
                                 zwei Jahren zeigte der berühmte Botaniker Sir William Hoocker daß es die Attalea funifera Mart.
                                 sey, welche diese werthvolle Substanz liefere. Es sind nämlich die in den
                                 Blattwinkeln befindlichen Fasern des genannten schönen Baumes. Bei der
                                 Zurichtung der Piassava zu Zwecken der Bürstenfabrication bedient man sich
                                 eiserner Rechen aus ziemlich starken Stäben, die etwa 2 bis 2 1/2 Zoll von
                                 einander stehen, als Hecheln; die dadurch von einer äußern Oberhaut befreiten
                                 Fasern werden sortirt, geschnitten und zu den verschiedenen Zwecken verwendet.
                                 Es ist nicht unwahrscheinlich, daß eine im Verhältniß große Quantität
                                 Kieselerde, welche sich in der Asche der Piassava nachweisen lassen wird, die
                                 Eigenthümlichkeit dieser Faser bestimmt. Es gibt kaum eine vegetabilische
                                 Substanz welche an Elasticität, Biegsamkeit, Festigkeit und Straffheit mit der
                                 Piassava concurriren könnte. Da diese Palmenfasern in einer Länge von 10 bis 16
                                 und mehr Fuß vorkommen, so müssen sie sich vortrefflich zu niedlichen
                                 Flechtarbeiten verwenden lassen. Auch wird uns die Nürnberger Industrie, wenn
                                 ihr einmal die Piassava verfallen ist, allerlei niedliche Spielereien damit
                                 verfertigen. Es gibt noch eine andere, jedoch nicht so straffe brasilische
                                 Palmenfaser, die unter dem Namen Monkey bekannt ist.
                                 Außerdem liefert die Stammpflanze der Piassava noch jene kleinen festen
                                 Cocosnüsse, deren sich die Knopfdreher, Beinarbeiter und die Verfertiger kleiner
                                 Galanteriewaaren so häufig bedienen. Die Cocos-Eierbecher, welche uns das
                                 betriebsame Berchtesgaden liefert, sind aus diesen Früchten gedrechselt, und die
                                 Samen welche in ihnen befindlich sind, brennen entzündet längere Zeit fort. Die
                                 Frucht ist sehr lange bekannt, und schon Gärtner hat
                                 sie als Cocos lapidea beschrieben.“
                              
                           
                        
                           Ueber das Bouquet der Weine.
                           Winkler in Darmstadt hat aus einer Reihe von
                              Untersuchungen über die Constitution der Pflanzen, welche zum Theil viel Neues und
                              Aufklärendes versprechen, dasjenige im Jahrbuch für praktische Pharmacie
                              mitgetheilt, was er als Hauptresultat bei der Untersuchung des Weines und der
                              Trauben fand.
                           Ohne andere der Technik ferner liegende Thatsachen, die bei dieser Untersuchung sich
                              ergaben, zu erwähnen, wollen wir nur von zwei Hauptergebnissen Bericht geben.
                           1) Er fand im Rückstand geringer 1851 Bergsträßer Weine nach Verdampfung des
                              Weingeistes über dem Wasserbad außer Weinsäure und Weinstein eine neue Säure, die er Paracitronensäure nennt, und welche die physischen Eigenschaften der
                              Aepfelsäure vereinigt mit dem chemischen Verhalten der Citronensäure besitzt.
                           2) Entdeckte er im Rückstand von mehrere Monate gelagerten Weinen, wenn er dieselben
                              über Kalk abzog und der Destillation unterwarf, einen stickstoffhaltigen basischen (amoniakähnlichen, oder den vielen
                              neuentdeckten flüchtigen Basen nahekommenden) Körper, der mit
                                 Säuren das Bouquet des Weines darstellt.
                           Ueber die Darstellung und Eigenschaften dieses Stoffes sagt er: „Auf
                                 folgende Weise läßt sich diese Verbindung aus dem Wein darstellen: 2–4
                                 Pfd. Traubenwein werden im Wasserbade bis zur dünnen Syrupconsistenz, Entfernung des Alkohols,
                                 Oenanthäthers und größten Theiles Wasser abgedampft, der Rückstand in 3–4
                                 Unzen destillirtem Wasser aufgenommen und mit dieser Mischung die gleiche
                                 Gewichtsmenge in einer geräumigen tubulirten Retorte befindlichen gröblich
                                 gepulverten Aetzkalks übergossen, nachdem zuvor eine geräumige mit
                                 Sicherheitsröhre versehene Vorlage luftdicht angepaßt, die Sicherheitsröhre mit
                                 Wasser abgesperrt und für Abkühlung der Vorlage gesorgt ist.“
                              
                           
                              „Bei Anwendung von frischem gut ausgeglühtem Aetzkalk erfolgt die
                                 Hydratbildung in sehr kurzer Zeit ohne Feuer, sogar oft stürmisch, und während
                                 derselben destillirt eine flüchtige, sehr leicht bewegliche Flüssigkeit über,
                                 welche stark basisch reagirt und einen eigenthümlichen, sehr angenehmen Geruch
                                 besitzt.“
                              
                           
                              „Diese Verbindung läßt sich durch Säuren vollständig neutralisiren, und
                                 die Lösung dieses neutralen Salzes besitzt den Geruch des der verwendeten
                                 Weinsorte eigenthümlichen Bouquets im hohen Grade.“
                              
                           
                              „Mit Bestimmtheit ließ sich hiernach vermuthen, daß im Weine der Träger
                                 dieser Base zu finden sey; in dem Kalkrückstand mußte sich das
                                 Zersetzungsproduct desselben, eine Säure, finden. Der Kalkrückstand wurde
                                 deßhalb nach dem Erkalten mit destillirtem Wasser ausgezogen, das Filtrat
                                 eingeengt und mit der erforderlichen Quantität saurem schwefelsaurem Kali der
                                 Destillation unterworfen. Das Destillat war eine Säure, welche mit der Base
                                 neutralisirt ein neutrales Salz bildete, dessen Geruch genau mit dem des
                                 Bouquets des verwendeten Weines übereinstimmte, das
                                 „Bouquet“ des Weines darstellt.“
                              
                           „Dieses Resultat veranlaßte mich zu vergleichenden Untersuchungen
                                 verschiedener Traubenweinsorten; alle lieferten dieselbe Verbindung, aber von
                                 ganz verschiedenem Geruch und Geschmack, alle waren stickstoffhaltig; der
                                 Stickstoff macht sonach einen wesentlichen Bestandtheil des Weines aus, und ist
                                 bestimmt die Ursache jener merkwürdigen chemischen Metamorphose, welche wir beim
                                 längeren Aufbewahren des Weines auf dem Lager beobachten und mit dem Ausdruck
                                 „das Veredlen“ der Weine auf dem Lager
                                 bezeichnen.“ (Schweizerisches Gewerbeblatt, 1852, Nr. 19.)
                           
                        
                           Untersuchung des Brodes auf den Gehalt an Kleie; von Wetzel und van Haas.
                           Den genannten Chemikern wurde aufgegeben, zu untersuchen ob und in welcher Menge dem
                              Brode in betrügerischer Weise Kleie zugesetzt sey. Zur Beantwortung dieser Frage
                              mußte zuerst festgestellt werden, wie viel Kleie die verschiedenen im Handel
                              vorkommenden Sorten Korn enthalten. Es wurden demnach 6 Loth Roggenschrot auf dem
                              Dampfapparat bei 80° R. anhaltend mit Wasser ausgezogen, die Flüssigkeit mit
                              den löslichen Bestandtheilen öfters durch ein Haarsieb abgegossen und das Ausziehen
                              mit frischem Wasser so oft wiederholt, bis das Wasser klar und geschmacklos ablief.
                              Der unlösliche Rückstand wurde nun ausgepreßt und bei etwa 30 bis 36° R. im
                              Trockenschrank getrocknet. Als Mittelergebniß der angestellten Versuche erhielt man
                              aus 6 Loth Roggenschrot 194 Gran unlösliche trockene Kleie. 107 Gran unlöslicher
                              Kleie entsprachen 288 Gran gewöhnlicher Roggenkleie. Bei der Taxe des Schwarzbrodes
                              wurden 5 1/4 Pfund Roggenschrot von der Behörde zur Anfertigung eines
                              siebenpfündigen Brodes berechnet, welches nach diesem Ansatz 60 2/3 Loth gewöhnliche
                              Roggenkleie enthalten darf. Ob Weizen- oder Roggenkleie in betrügerischer
                              Weise zugesetzt sey, läßt sich nach dem Auskochen und Austrocknen sehr gut
                              entscheiden. Die Weizenkleie nimmt nämlich nach dem Austrocknen eine hellgelbe Farbe
                              an, während die von Roggenkleie viel dunkler erscheint; jene zeigt sich auch sehr
                              glatt und dünn, während diese mehr zähe und zusammengeschrumpft ist.
                           Für das praktische Leben ist übrigens diese Unterscheidung ziemlich gleichgültig; bei
                              einer gerichtlichen Untersuchung jedoch dadurch wichtig, daß der Gehalt an löslichen
                              und nahrhaften Bestandtheilen in beiden Kleiensorten so verschieden ist. Es
                              entsprechen nämlich 50 Gran trockener Weizenkleie nur 100 Gran gewöhnlicher, 50 Gran
                              trockener Roggenkleie dagegen 134 69/107 Gran gewöhnlicher Roggenkleie.
                           
                           Zur Untersuchung des Brodes wird eine gewogene Menge des Roggenschrot ausgekocht und
                              der unlösliche getrocknete Rückstand gewogen. Aus diesem wird nun der Gehalt an
                              gewöhnlicher Kleie berechnet. Aus der Untersuchung von 13 Broden geht hervor, daß
                              bei einem betrügerischen Zusatz von Kleie das Brod eines größern Gehalts an Wasser
                              bedarf, wodurch der Betrug sich verdoppelt. Man kann annehmen, daß der Wassergehalt
                              bei einem schlechten Brode ungefähr soviel mehr betrögt, als Kleie betrügerischer
                              Weise zugesetzt ist. (Schweizerischen Gewerbeblatt, 1852, Nr. 20.)
                           
                        
                           Verbesserung der Landwirthschaft durch Flüssigmachen des
                              Düngers; von Hrn. Kennedy.
                           Die eingreifendste Verbesserung, welche in der letzten Zeit in der Landwirthschaft
                              versucht wurde, machte Hr. Kennedy, welcher den Pachthof Myer-Mill, südöstlich von der
                              Stadt Ayr in Schottland, bewirthschaftet.
                           Die Hauptproduction war früher auf Milch, später auf Mastvieh gerichtet. Die höchste
                              Zahl, welche letzteres erreichte, war 80–100 Rinder und 4–500 Schafe.
                              In Folge seines neuen Systems hält Hr. Kennedy jetzt das ganze Jahr hindurch durchschnittlich 200 Rinder,
                              140 Schweine und 12–1400 Schafe in Mastung, welche das ganze Jahr
                              ununterbrochen fortgesetzt wird, indem, was abgeht, sogleich durch magere Thiere
                              ersetzt wird. – Dazu kommen noch 5–15 Milchkühe für den
                              Hausbedarf.
                           Das System des Hrn. Kennedy
                              besteht in der Umwandlung alles Düngers in flüssigen
                                 Dünger. Allerdings wird dieses Mittel in der Schweiz, in Holland, in den
                              Vogesen etc. längst angewandt, das Verfahren wurde aber von K. so verbessert, daß
                              das frühere nicht mehr darin zu erkennen ist.
                           Vier ungeheure bedeckte Reservoirs, welche zusammen 1,817,000 Liter fassen und mit
                              Rührvorrichtungen versehen sind, um das Absetzen der festen Theile zu verhindern,
                              empfangen alle Excremente des Viehes. Die Ställe sind so gebaut, daß die Excremente
                              aus denselben leicht in diese Reservoirs ablaufen, wo sie dann 3–4 Monate
                              bleiben, ehe sie angewandt werden. Es werden ihnen beträchtliche Mengen Guano's und
                              mit Schwefelsäure behandelter Knochen zugesetzt. Endlich wird ihnen vor ihrer
                              Anwendung, je nachdem das Wetter naß oder trocken ist, das gleiche bis vierfache
                              Volum Wasser zugesetzt.
                           Als Triebkraft, um die Rührer in Bewegung zu setzen, das Wasser herbeizuschaffen etc.
                              aber auch um das Getreide zu dreschen, Wurzeln zu schneiden, Korn- und
                              Preßkuchen zu pulvern, Futter und Stroh für das Vieh zu schneiden – dient
                              eine Dampfmaschine, wie sie auf keinem größern schottischen Pachthof fehlt.
                              Diejenige des Hrn. K. hat 12 Pferdekräfte, und verbraucht etwas über 5 Kilogr.
                              Steinkohlen per Stunde und Pferdekraft.
                           Ganz neu erscheint bei K's. System, daß er, um den Dünger auf die Felder zu führen,
                              Röhrenleitungen anwendet, wie man sie in den Städten für das Wasser und das Gas hat.
                              Gußeiserne Röhren von 2 bis 2 1/2 Zoll innerm Durchmesser gehen von dem Pachthof aus
                              nach allen Richtungen bis zu den fernsten Punkten. Diese Röhren liegen etwa drei Fuß
                              tief. Da ein Theil der Felder in gleichem Niveau oder höher als der Hof liegt, so
                              wird die Flüssigkeit mittelst einer Druckpumpe dorthin getrieben.
                           Behufs der Vertheilung der Flüssigkeit ist jede Röhre von Strecke zu Strecke mit
                              einem Aufsatz oder Kopf versehen, d.h. mit einem vertikalen Rohr, welches auf
                              Oeffnungen der Leitungsröhren aufgeschraubt und unten mit Vorrichtungen versehen
                              ist, womit die horizontale Leitung nach Belieben geschlossen werden kann, so daß die
                              Flüssigkeit durch das verticale Rohr austritt, dessen obere Mündung mit einem
                              aufgeschraubtem Deckel verschlossen ist.
                           Sollen nun die Felder, welche um ein solches vertikales Rohr herumliegen, gedüngt
                              werden, so begeben sich ein Mann und ein Kind dorthin, verschließen die
                              Leitungsröhren, öffnen deren Aufsatz, und schrauben auf letztern ein
                              Gutta-Percha-Rohr, an dessen Ende sich ein Mundstück wie bei den
                              Feuerspritzen befindet. – Auf ein von ihnen gegebenes Zeichen setzt der
                              Maschinist die Dampfmaschine mit der Druckpumpe in Verbindung, nachdem alle Röhren außer
                              derjenigen, welche wirken soll, verschlossen wurden.
                           Nach einigen Secunden langt die Flüssigkeit an, der Arbeiter hält das Mundstück
                              50–60° gegen den Horizont geneigt. Der Strahl steigt 36 bis 42 Fuß
                              hoch und fällt als feiner Regen auf den Boden herunter; direct gegen diesen wird er
                              niemals gerichtet.
                           Wenn die Kreisfläche, welche mit der ersten Röhre erreicht werden kann, hinlänglich
                              gedüngt ist, so thut der Arbeiter der Pumpe durch ein Signal Einhalt, nimmt das
                              Mundstück ab, paßt dafür zwei Schlauchlängen an, schraubt das Mundstück an dieselben
                              und beginnt das Begießen von neuem. Das Kind wird erst dann verwendet, wenn der
                              Schlauch schon eine ziemliche Länge erreicht hat; es bleibt dann bei dessen Mitte
                              stehen und hilft den Platz desselben verändern.
                           Das gewöhnliche Volum flüssigen Düngers für eine Düngung ist 43600 Liter per Hektare. Dieß entspricht einer Flüssigkeitsschicht
                              von etwas über 4 1/3 Millimeter Dicke und ist das durchschnittliche Aequivalent
                              eines mehrere Stunden dauernden Regens. Dieses Quantum ist gering im Vergleich mit
                              der gewöhnlichen Begießung mit 400 bis 1000 Kubikmetern per Hektare. Hinsichtlich der Anzahl der Düngungen bindet sich Hr. K. an
                              gar keine Regel; sie hängt von der Fruchtart und dem Boden ab. Durchschnittlich
                              düngt er ein Grundstück jährlich sechs- bis zwölfmal.
                           Wir kommen nun auf den Kostenpunkt.
                           Die Anschaffung der Reservoirs (7,500 Frks.), der Dampfmaschine (3,750 Fr.), der
                              Pumpen (2,000 Fr.), der gußeisernen Röhren mit ihren Aufsätzen (25,000 Fr.) und der
                              Vertheilungsschläuche von Gutta-Percha (1,400 Fr.), zusammen 39,650 Fr.
                              (18,503 fl. 20 kr.) berechnen sich, da der Pachthof 200 Hektaren mißt, per Hektare (2,9 bayer. Tagwerk) auf 198 1/4 kr. (92 fl.
                              – per Tagwerk beiläufig 31 fl.).
                           Die jährlichen Ausgaben betragen: Interessen des Capitals (zu 7 1/2% 2973,75 Fr.),
                              jährliche Löhne etc. (2,600 Fr.) und Brennmaterial (1,462,50 Fr.), zusammen 7,036,25
                              Fr. (3,283 fl. 35 kr.), was für die Hektare 35 Fr. 18 Cent. (für das bayer. Tagwerk
                              nicht ganz 6 fl.) macht.
                           Die oben in Zahlen angegebene Production bei diesem Düngungssystem steht zu diesen
                              Ausgaben in lohnendem Verhältniß. (Moniteur industriel,
                              1852, Nr. 1679.)
                           
                        
                           Eine neue Culturart des Weizens.
                           Ein englischer Landwirth veröffentlicht in einer Broschüre „A wor din season“ (ein Wort zu seiner
                              Zeit), von welcher schon die neunte Auflage erschienen ist, ein neues Verfahren, den
                              Weizen anzubauen. Die Thatsachen sind folgende: Von 4 Acres (Morgen) Land, welche zu
                              dieser Culturmethode dienen, baut er jedes Jahr 2 Acres an und läßt die andere
                              Hälfte brach liegen. Bei seiner Uebernahme des Gutes war
                              der Boden ganz erschöpft und hatte den Fruchtwechsel ganz durchgemacht; er ackerte
                              ihn einen Zoll tiefer um, als dieß gewöhnlich geschieht,
                              reinigte und nivellirte ihn und säete ihn ohne weitere Bearbeitung wie gewöhnlich
                              mit 9 Litern auf den halben Acre an; die Ernte betrug 58 Hektoliter guten, schönen
                              Weizens; ein, nach Abzug aller Kosten, reiner Nutzen von 37 Pfd. Sterl. 3 Shill. Bei
                              näherer Betrachtung wird man sich über dieses Resultat weniger wundern, als aus den
                              ersten Anblick; der Boden erhielt nur scheinbar keine Düngung; die anorganischen
                              Dünger sind nämlich in unerschöpflicher Menge im Unterboden enthalten, von welchem
                              bei diesem Verfahren eine so dicke Schicht an die Oberfläche gebracht wird, als der
                              Frost des Winters und die Hitze des Sommers sie durchdringen können. Die organischen
                              Düngerbestandtheile anbelangend, besitzt bekanntlich die Ackererde, und namentlich
                              der Thon, die Eigenschaft, das Ammoniak der Luft zu fixiren, wodurch der Weizen die
                              ihm erforderliche Menge von Kieselerde und Ammoniak erhält. Man mache daher das
                              Erdreich durch tieferes Umackern der Einwirkung der Luft und der Sonne zugänglich
                              und lasse den gehörigen Raum zwischen den Getreidestöcken, damit Licht, Luft und
                              Feuchtigkeit zwischen ihnen circuliren können, dann wird die Natur das Uebrige thun,
                              der Stickstoff kommt von selbst. Wie Hr. Barral gezeigt hat (S. 158 in diesem Bande des polytechn. Journals), verdichtet der
                              bloße Regen an Ammoniak und Stickstoff das Aequivalent einer reichen Düngung. (Cosmos, revue encyclopédique, 1852, Nr. 14.)
                           
                        
                           Zweckmäßige Getreideernte.
                           Um die Verluste zu verhüten, welche anhaltende Regengüsse in den Ernten herbeiführen,
                              ist das Verfahren anzuempfehlen, dessen man sich seit dreißig Jahren in der
                              Normandie und den angränzenden Gegenden beim Binden der Garben bedient.
                           So oft der Schnitter einen Armvoll geschnitten hat, hebt eine Frau davon auf, was sie
                              mit zwei Händen erfassen kann, und bindet es mit einem oder zwei Strohhalmen
                              unterhalb der Aehren zusammen, welche zu einem Büschel vereinigt sind; sie weitet
                              den Bund dann zu einem Kegel aus, dessen Basis sie auf den Boden aufstellt. Hierauf
                              nimmt sie wieder die Hände voll und bindet wieder zusammen, aber diesesmal nicht am
                              Ende der Aehre, sondern am entgegengesetzten Ende; sie erweitert den Bund wieder zu
                              einem Kegel, welchen sie dem bereits auf dem Boden stehenden wie einen Hut aufsetzt.
                              Auf diese Weise werden natürlich die Aehren des untern Kegels durch den obern vor
                              Regen geschützt und diejenigen des obern, mit nach unten gekehrter Spitze, sind
                              vermöge ihrer Richtung ebenso geschützt. Es müßte schon ein sehr heftiger Wind
                              blasen, wenn er diese kleinen Garben umzuwerfen im Stande wäre, namentlich wenn man
                              die Halme etwas in die Erde gedrückt hat. Diese Garben (vicillottes, demoiselles, auch manillottes
                              oder monillettes genannt) werden so ganze Monate lang
                              ohne alle Gefahr im Regenwetter auf den Feldern gelassen.
                           Sollte aber auch diese Vorsicht nicht angewandt worden seyn und die Körner
                              auszuwachsen (zu keimen) beginnen, so glaube man ja nicht, daß deßwegen die Ernte
                              verloren sey; der mehlige Eiweißkörper wird durch die Keimung des Embryo's nur in
                              dem Maaße, als diese in ihrer Entwickelung vorschreitet, also nach und nach,
                              verdorben. Wenn man daher diesen gekeimten Embryo absondern könnte, so würde das
                              gewonnene Mehl keinen schlechten Geschmack behalten. Dieser Zweck ist aber im Großen
                              durch die Umwandlung des Korns in Graupen, wie bei der
                              Gerste (Perlgerste), leicht zu erreichen. Es wird nämlich durch diese Operation das
                              Korn sowohl seines gekeimten oder nicht gekeimten Embryo's, als seiner
                              Rindensubstanz beraubt, deren Ueberreste in der Mühle die Kleie geben, und so
                              geperlter Weizen oder Gerste liefert beim Mahlen das schönste Mehl. F. V. Raspail. (Moniteur
                                 industriel, 1852, Nr. 1690.)
                           
                        
                           Behandlung des ausgewachsenen Getreides.
                           Nachstehendes wurde vom königl. sächsischen Sanitätscollegium öffentlich bekannt
                              gegeben und verordnet:
                           1) Das ausgewachsene, angelaufene, dumpfige oder sonst durch Feuchtigkeit ausgeartete
                              Getreide darf nicht sogleich nach dem Dreschen gemahlen werden, sondern man muß es
                              vorher an der Luft, an der Sonne oder noch besser auf einer Malzdörre oder einem
                              Backofen austrocknen oder gar abdorren, den dabei abfallenden Auswuchs absondern und
                              es, wo möglich, mit gesünderem vermengen.
                           2) Das von diesen Körnern gewonnene, gewöhnlich etwas feuchtere Mehl darf nicht
                              gleich, nachdem es von der Mühle gekommen, verbacken werden, sondern muß, wenn es
                              irgend seyn kann, wenigstens 6 Tage, an einem trockenen Orte, leicht verdeckt,
                              stehen bleiben.
                           3) Bei dem Einteigen des Mehls darf man nicht zu viel und ja nicht zu heißes Wasser
                              hinzugießen; der Teig selbst muß, wenn es die Umstände erlauben, mit besserem,
                              wenigstens recht trockenem Mehle sorgfältigst durchknetet, etwas mehr als sonst
                              gebräuchlich, gesäuert, gesalzen, auch mit ein wenig Kümmel vermengt werden; er muß gehörig aufgehen,
                              des leichtern Ausbackens wegen in nicht zu große Brode
                              geformt und bei nicht jäher Hitze gebacken werden.
                           4) Man esse das Brod nie frischgebacken, sondern wo möglich erst am dritten Tag.
                              (Badisches Correspondenzbl.)
                           
                        
                           Krankheit der Knollen von Ullucus
                                 tuberosus.
                           Die in öffentlichen Blättern ausgesprochene Vermuthung, daß für das durch die
                              bekannte Pandemie mit dem Untergang bedrohte Kartoffelgeschlecht ein Ersatzmittel in
                              den Knollen des Ullucus tuberosus zu finden seyn dürfte,
                              beweg mich, mit dieser schon längere Zeit in Quito cultivirten Portulakart
                              gleichfalls Versuche anzustellen. Ich bezog eine Anzahl von Knollen dieses Gewächses
                              von Hrn. Booth in Hamburg, und
                              pflanzte sie nach dessen Vorschrift theils in einen der Keuperformation angehörigen,
                              sandig thonigen, magern, theils in einen aus verwittertem Liasschiefer gebildeten,
                              lockern und wohlgedüngten Boden. In ersterem, in welchem der gemeine Portulak sehr
                              gut fortzukommen pflegte, trieb die Pflanze ein auffallend üppiges Kraut, allein sie
                              setzte im Herbst, mit Ausnahme eines einzigen haselnußgroßen Knollens, nur äußerst
                              wenige, meist erbsengroße Knöllchen an; aus letzterem dagegen erhielt ich ziemlich
                              viele kleine und mehrere wallnußgroße Knollen. Zu meiner Ueberraschung jedoch
                              zeigten einzelne sowohl der größern, als der kleinern Knollen ganz unzweifelhafte
                              Erscheinungen derselben Krankheit, welche meine in der Nähe stehende Kartoffelernte
                              heuer in betrübendem Grade und ganz im Gegensatz zu den anderwärts gemachten
                              Erfahrungen zerstört hatte, während die Blätter und kriechenden Stengel der Pflanze
                              anscheinend gesund sich erhalten hatten.
                           Ist somit diese neue Knollenart der gleichen Krankheit, wie die Kartoffeln,
                              unterworfen, so wird um so weniger der Fortsetzung ihrer Cultur das Wort geredet
                              werden dürfen, als ihre Ergiebigkeit überdieß als eine äußerst geringe erscheint und
                              ihr Geschmack, welcher ekelhaft rübenartig ist, sich bei weitem nicht mit dem der
                              Kartoffeln selbst vergleichen läßt.
                           Dagegen aber glaube ich ohne Anstand den Anbau des kleinen gelben Mais (Zea praecox, dwarf corn der Amerikaner) für kältere
                              hochgelegene Gegenden empfehlen zu dürfen. In einer Höhe von 1500 Fuß über der
                              Meeresfläche, wo frühere Versuche Mais zu pflanzen, durchaus mißglückt waren,
                              gerieth derselbe heuer, obgleich spät gesäet, sowohl nach Ergiebigkeit als Reifegrad
                              im Liasboden vorzüglich. Professor Autenrieth in Tübingen. (Riecke's Wochenblatt, 1852, Nr. 44.)
                           Mulder hat (von Scharlée ausgeführte) Untersuchungen über die Wurzel von Ullico tuberosus mitgetheilt. Im Mittel enthält die
                              frische Wurzel 87,9 Procent Wasser. Die feste Substanz der Wurzel besteht aus 3,1
                              Fett; 29,4 Fruchtzucker und Extractivstoff mit einem Harz; 4,0 Gummi; 33,3
                              Stärkmehl; 11,9 festem Eiweiß; 18,3 Cellulose und andern unlöslichen Theilen. Die
                              Asche (9,1 bis 9,7 der getrockneten Wurzel) enthält Kalk, Eisenoxyd, wenig Magnesia,
                              Natron, wenig Kali, Kohlensäure, Schwefelsäure, viel Phosphorsäure und Chlor, wenig
                              Kieselerde. (Liebig's Jahresbericht für 1850, S. 553.)