| Titel: | Ueber ein Mittel, um in einem unendlich kleinen Raume alle in einem bestimmten Volum atmosphärischer Luft enthaltenen unsichtbaren Körperchen zu concentriren; von F. Pouchet. | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. CXVI., S. 455 | 
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                        CXVI.
                        Ueber ein Mittel, um in einem unendlich kleinen
                           Raume alle in einem bestimmten Volum atmosphärischer Luft enthaltenen unsichtbaren
                           Körperchen zu concentriren; von F.
                              Pouchet.
                        Aus den Comptes rendus, April 1860, Nr.
                              16.
                        Mittel, um die in einem bestimmten Volum atmosphärischer
                           Luftenthalt Körperchen zu concentriren.
                        
                     
                        
                           Mittelst eines sehr einfachen Instruments ist es mir gelungen, alle die festen aber
                              unsichtbaren Körperchen, welche in der Luft schwimmen, auf einer unendlich kleinen
                              Fläche zu sammeln, so daß es möglich ist, die Beschaffenheit und Anzahl derselben
                              genau festzustellen. Man kann auf einem Glase und auf einer Fläche von zwei
                              Quadratmillimetern alle diejenigen concentriren, welche in einem Kubikmeter
                              Atmosphäre oder selbst in einem größern Raume zerstreut sind.
                           Mit Hülfe dieses neuen Mittels habe ich mehr als einmal constatirt, was ich schon
                              früher behauptete. Ich konnte sehen, daß die Sporen der Pflanzen und die
                              Infusorieneier, wie auch schon Joly und C. Musset gefunden haben, unendlich selten auftreten, selbst
                              an Orten, wo man sie in größerer Menge erwarten sollte. So habe ich in meinem
                              Laboratorium, wo fast während des ganzen Jahres Mikrozone und Schimmelarten wuchern,
                              bei einer mit Hülfe
                              meines Instrumentes ausgeführten Beobachtung in 3000 Kubikdecimetern Luft weder ein
                              einziges Infusorienei, noch einen einzigen Sporen entdecken können.
                           Und doch ist diese Luftmenge eine außerordentlich große, im Vergleich mit der
                              geringen, welche zur Hervorbringung einer enormen Quantität von Protoorganismen
                              erforderlich ist. Denn jedesmal, wenn man eine entsprechende Maceration vornimmt und
                              sie nur mit einem Kubikdecimeter Luft, also dem tausendsten Theil des von mir
                              untersuchten Volumens, in Berührung bringt, wird man fast immer Millionen von
                              Infusionstierchen und Kryptogamen darin auftreten sehen.Es versteht sich, daß der Versuch so angestellt wurde, daß die
                                    Protoorganismen nicht der Maceration selbst zugeschrieben werden können.
                              
                           Mein Instrument, um die atmosphärischen Körperchen zu concentriren, ist auf folgende
                              Weise construirt. Es besteht aus einer Glasröhre, welche an beiden Enden durch
                              kupferne Kapseln hermetisch verschlossen ist. In der obern Kapsel, welche festsitzt,
                              steckt ein Kupferrohr, welches äußerlich mit einem ganz kleinen Trichter und nach
                              Innen zu mit einer sehr fein ausgezogenen Spitze endigt, deren Oeffnung nicht mehr
                              als 0,50 Millimeter im Durchmesser hat. Nach Abnahme der untern Kapsel bringt man in
                              den Apparat eine runde Glasscheibe und zwar auf 1 Millimeter Entfernung von der
                              ausgezogenen Spitze des Kupferrohrs. Man schließt nun den Apparat und bringt seinen
                              innern Raum mittelst eines an der untern Kapsel befindlichen Rohres in Verbindung
                              mit einem Aspirator.
                           Sobald der Aspirator in Wirksamkeit gesetzt wird, strömt die umgebende Luft durch das
                              Rohr, trifft bei ihrem Austritt aus der innern Spitze gegen die Glasplatte und setzt
                              an deren Fläche alle in ihr enthaltenen Körperchen ab, gerade so wie der Marsh'sche Apparat auf eine Porzellanplatte die aus ihm
                              austretenden Metalltheilchen niederschlägt. Die größeren Körperchen bleiben in einem
                              Häufchen in der Mitte, welches kaum einen Millimeter im Durchmesser hat, und nur die
                              übrigen lagern sich etwas weiter vom Mittelpunkte ab.
                           Nimmt man die Glasplatte, welche dem Luftstrome ausgesetzt war, vorsichtig heraus und
                              beobachtet sie durch das Mikroskop, so findet man auf derselben in einem unendlich
                              kleinen Raume alle die Körperchen concentrirt, welche unsichtbar in einem
                              verhältnißmäßig sehr bedeutenden, aber mit Hülfe des genau bekannten Inhalts des
                              Aspirators vollkommen bestimmbaren Volumen atmosphärischer Luft umherschwammen.
                           
                           Um die Wirksamkeit des Apparates noch zu erhöhen und das Verlorengehen eines, wenn
                              auch noch so feinen und leichten Körperchens zu verhindern, kann man die Glasplatte
                              mit einer klebrigen Substanz überziehen; dann müssen alle Körperchen ohne Ausnahme
                              an der Stelle sitzen bleiben, an welche der Luftstrom sie treibt.
                           Man kann, wenn dieß wünschenswerth erscheinen sollte, die Körperchen auf der
                              Glasplatte dadurch vertheilen, daß man das Rohr nicht in eine einzige feine Spitze,
                              sondern in eine Fläche, die wie eine Brause durchlöchert ist, endigen läßt.
                           Während mein Aeroskop unwidersprechlich nachgewiesen hat,
                              daß die zahlreichen Keimstäubchen, von denen immer die Rede gewesen ist, die aber
                              niemals gezeigt worden sind, in der Atmosphäre gar nicht existiren, habe ich in
                              einer Reihe vergleichender Versuche, wobei ich atmosphärische Körperchen unter
                              Umständen einsäete, welche der Entwickelung der Protoorganismen günstig waren,
                              niemals beobachten können, daß der angesäete Boden fruchtbarer war als der nicht
                              angesäete.
                           Wenn man, wie behauptet worden ist, im Stande wäre, mit Hülfe von Baumwollekügelchen
                              aus der Luft aufgesammelte Kryptogamen und Mitrozone zu säen, so müßte offenbar
                              jedesmal, wenn man atmosphärische Körperchen in geeignete Umstände versetzte, eine
                              Quantität von Protoorganismen, je nach der Menge der verwendeten atmosphärischen
                              Keime, sich entwickeln; das Ergebniß der angestellten Versuche hat aber, ich
                              wiederhole es, solche Behauptungen nicht bestätigt.
                           In gleichem Gefäße, unter Glocken von demselben Inhalte, bei gleichen Temperaturen,
                              gleichem Drucke, gleicher Menge, hat Mehlkleister, in welchen atmosphärische
                              Körperchen eingebracht waren, niemals eine größere Fruchtbarkeit gezeigt, als ohne
                              diese Zuthat. Dieses Einsäen war sehr leicht zu bewerkstelligen, entweder mittelst
                              eines feinen Siebes, um die etwa vorhandenen Sporen zu zerstreuen, oder dadurch, daß
                              man nur die betreffenden Gefäße an Orte stellt, wo man, um eine reichliche
                              Ablagerung von Körperchen zu bewerkstelligen, die Atmosphäre in Bewegung gebracht
                              hat. Die so eingesäeten Gefäße und die mit Sorgfalt vor äußeren Einflüssen bewahrten
                              waren gleich fruchtbar. Es zeigte sich sogar Nilschlamm, welcher eine Stunde lang
                              auf 160° C. erhitzt und pulverisirt worden war, nicht weniger fruchtbar als
                              derjenige, welcher dieser Temperatur nicht ausgesetzt worden war.
                           Ich habe auch noch eine Menge anderer Körper eingesäet und in allen Fällen die
                              Erfahrung gemacht, daß der atmosphärische Staub niemals productiver war als jene,
                              oft selbst nicht einmal in gleichem Grade.
                           
                           Nach meiner Ansicht ist in allen Fällen Derjenige, welcher behauptet aus der
                              Atmosphäre Eier oder Sporen von Protoorganismen erhalten zu haben, auch verpflichtet
                              sie zu zeigen. Mehrere dieser Keimkörper sind ja schon vollständig bekannt; dahin
                              gehören besonders verschiedene Sporen der Schimmelarten, welche unter entsprechender
                              Beleuchtung ganz eigenthümliche mikroskopische Charaktere zeigen; ebenso die Eier
                              von mehreren Polygastrien.
                           Ich beabsichtige mit dem beschriebenen Instrumente die mikroskopische Analyse der
                              Luft in den Hospitälern, an den Sümpfen und in den Gebirgen vorzunehmen, und werde
                              darüber später berichten.