| Titel: | Ueber den Werth verschiedener Salze, welche verbrennliche Zeuge unverbrennlich machen. | 
| Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XVII., S. 66 | 
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                        XVII.
                        Ueber den Werth verschiedener Salze, welche
                           verbrennliche Zeuge unverbrennlich machen.
                        Aus dem Journal für praktische Chemie, 1860, Bd. LXXX S.
                              433.
                        Ueber den Werth verschiedener Salze, welche verbrennliche Zeuge
                           unverbrennlich machen.
                        
                     
                        
                           Durch eine ansehnliche Menge Versuche, welche F. Versmann
                              und A. Oppenheim angestellt und der brittischen
                              Naturforscherversammlung in Aberdeen (15. Spt. 1859) mitgetheilt haben, sind die
                              beiden Experimentatoren zu dem Resultat gelangt, daß nur zwei Salze dem Zweck Zeuge
                              unverbrennlich zu machen, vorzüglich gut entsprechen, – diese sind schwefelsaures Ammoniak und wolframsaures Natron –, daß aber auch außerdem wohl phosphorsaures Ammoniak und
                              dessen Gemisch mit Salmiak (Thouret) Anwendung finden
                              können. In ihrer Mittheilung geben die Verf. eine kritische Beleuchtung der bisher
                              von Anderen vorgeschlagenen Präparate und der von ihnen ohne Erfolg geprüften
                              Substanzen, die wir kürzlich andeuten wollen.
                           Schon im Jahre 1735 erhielt Obadiah Wild ein Patent auf
                              die Anwendung eines Gemenges von Alaun, Borax und Vitriol, um Papierbrei für
                              Patronen der Marine damit zu imprägniren. Im Jahre 1821 scheint der Belgier de Hemptine die ersten ausgedehnten Versuche mit einer
                              ähnlichen Mischung und mit vielen anderen Substanzen angestellt zu haben.
                              Gleichzeitig versuchten Brugnatelli das kieselsaure Kali,
                              Hermbstädt den Eisenvitriol und Delisle eine ungenannte Composition anzuwenden, während Gay-Lussac (Ann. de Chim.
                                 et de Phys. t. XVIII p. 211) einige Chloride,
                              Phosphate, Borate und Tartrate mit mehr oder weniger Erfolg anwandte, ohne jedoch
                              die Schwierigkeiten bei dem praktischen Gebrauch im Großen zu berücksichtigen. Etwas
                              später empfahl Prater die kohlensauren Salze des Kalis
                              und Natrons, Fuchs das Wasserglas, Andere den Gyps, und
                              von vielen Anderen wurden zu der Zeit Patente auf die verschiedensten Mischungen
                              genommmen.
                           Von den bisher vorgeschlagenen Mitteln haben die Verf. die meisten geprüft, die nur
                              irgend eine fabrikmäßige Anwendung in Aussicht stellten und außerdem eine Anzahl
                              andere, so daß die Versuchsreihen 40 verschiedene Salzlösungen umfaßten. Sie
                              prüften, wie concentrirt eine Lösung für ihren Zweck seyn müsse, nicht wie viel ein
                              gewisser Zeug von verschiedenen Salzen an Gewicht aufnimmt, und bestimmten die
                              Aufnahme, indem sie die Zeuge vom Ueberschuß der Lösung durch Pressen, nicht durch
                              Ausringen, befreiten. Der zu den Versuchen dienende Muslin war frei von Stärke und
                              anderen Steifungsmitteln und wog in 12 Quadratzoll 33,4 Grains. Diejenigen Salze
                              aber, die aus besonderen Gründen technische Anwendbarkeit verhießen, wurden im
                              großen Maaßstabe in den Appreturwerken von Muslinmanufacturen oder Wäschereien (laundries) geprobt, deren Verfahren hauptsächlich darin
                              verschieden ist, daß der Muslin ohne Hitze appretirt wird, während in den
                              Wäschereien die Anwendung heißen Eisens nicht umgangen werden kann. Keins der bisher
                              vorgeschlagenen Salze konnte Eingang gewinnen, weil es nicht das Eisen glatt über
                              den Zeug gehen ließ und zuweilen sogar durch die dabei erforderliche Wärme den Zeug
                              zerstörte.
                           Die Chloride von Kalium und Natrium sind selbst in
                              concentrirten Lösungen unwirksam, wie schon lange bekannt. Das Cyankalium ist schon in 10procentiger Lösung recht brauchbar, kann aber
                              wegen seiner Giftigkeit
                              und seines hohen Preises nicht Anwendung finden. – Die kohlensauren Salze des Kalis und Natrons sind ebenfalls in 10procentiger
                              Lösung ganz wirksam, aber nicht gut anwendbar, weil das eine deliquescirt, das
                              andere efflorescirt. Das Natronbicarbonat würde noch
                              besser seyn, da es schon in 6procentiger Lösung hinreichend wirkt, aber die Hälfte
                              der Kohlensäure geht zu schnell in der Hitze weg und dann entzündet sich doch der
                              Zeug.
                           Borax, das ältest empfohlene Mittel, thut nur in
                              25procentiger Lösung Dienste, aber es ist unanwendbar, sobald der Zeug erwärmt wird;
                              weil die Borsäure äußerst zerstörend auf Zeuge wirkt.
                           Natronhydrat schützt schon in 8procentiger Lösung und die
                              rückständige Kohle schmilzt nicht.
                           Neutrales Natronsulfat ist durchaus unwirksam, dagegen
                              wirkt das Bisulfat in 10procentiger Lösung und das Sulfit in 25 procentiger, aber diese beiden Salze sind
                              den Zeugen schädlich.
                           Phosphorsaures Natron ist zwar ein Schutzmittel, aber nur
                              in concentrirter Lösung und dann wird der Zeug völlig hart.
                           Kieselsaures Natron, von Fuchs empfohlen, ist schon
                              anderwärts nicht zweckentsprechend für Holz und Papier gefunden worden. Die Verf.
                              beobachteten, daß eine Lösung, die 15,5 Proc. kieselsaures Natron und 3,5 Proc.
                              Natronhydrat enthielt, die Zeuge sehr angreift, abgesehen davon, daß die Waare
                              schlechtes Ansehen bekommt.
                           Zinnsaures Natron schützt zwar, greift aber den Zeug zu
                              sehr an.
                           Unter den Ammoniaksalzen sind das kohlensaure wegen seiner Flüchtigkeit, das oxalsaure wegen seiner Verbrennungsbeförderung unanwendbar.
                           Das zweifach-borsaure ist ein gutes Schutzmittel
                              schon in 5procentiger Lösung, aber es wird leicht saurer und greift dann die Zeuge
                              heftig an. Das schwefligsaure ist deliquescirend, obwohl
                              schon in 10procentiger Lösung deckend. Chlorammonium
                              schützt nur in wenigstens 25procentiger Lösung und diese macht die Zeuge steif.
                           Sehr gut brauchbar ist das seit 1857 für Thouret
                              patentirte Gemisch aus 3 Theilen Salmiak und 2 Theilen phosphorsaurem Ammoniak; aber
                              obgleich es wohlfeiler als das letztere Salz allein ist, welches für sich allein ein
                              gutes Schutzmittel bildet, so ist es doch noch theurer als das schwefelsaure
                              Ammoniak, deßhalb ist letzteres das beste Mittel von allen. Die Mischung des
                              Ammoniakphosphats mit Stärke, welche Maugham 1856 sich
                              patentiren ließ, ist unzweckmäßig, weil in dem dicken Brei das Salz ungleichmäßig
                              vertheilt wird.
                           
                           Das Gemisch von Borax und schwefelsaurem Ammoniak, welches Chevalier prüfte, erwies sich den Zeugen schädlich, nicht bloß bei
                              100° C., sondern sogar schon in der Sommerwärme, offenbar weil durch
                              Umsetzung borsaures Ammoniak entsteht.
                           Das schwefelsaure Ammoniak, von dem Chevalier glaubte, es
                              werde durch Ammoniakverlust auf den Zeug angreifend wirken, kann durch ein wenig
                              kohlensaures Ammoniak ganz indifferent gemacht werden. Die Verf. haben solche Zeuge,
                              die selbst durch die Eisenwalzen gegangen sind, seit 6 Monaten unverändert
                              gefunden.
                           Von anderen Salzen sind geprüft Chlorbaryum (deckt in 50 proc. Lösung), Chlorcalcium
                              (schützt in 10 proc. Lösung), Kalkphosphat (zerstört den Zeug), Magnesiasulphat
                              (deckt in 50 proc. Lös.), neutrales Thonerdesulphat (in 7,7 proc. Lösung), Kalialaun
                              (in 33 Proc. Lös.), Ammoniakalaun (in 25 proc. Lös.), Eisenvitriol (in 53 proc.
                              Lös.), Kupfervitriol (in 18 proc. Lös.), Zinkvitriol (in 20 proc. Lös.), Chlorzink
                              (in 8 proc. Lösung), Zinnchlorür, Zinnchlorid und Zinnchlorür-Salmiak, auch
                              Pinksalz schützen, aber greifen den Zeug an. Alle diese Salze sind aus begreiflichen
                              Gründen nicht anwendbar, wenn man ihre Eigenschaften, ihren Preis und Anderes
                              erwägt. Andere Körper, die durch Niederschlag in den Zeugen hervorgebracht werden,
                              wie Barytsulphat, phosphorsaure Thonerde, Silicate der alkalischen oder eigentlichen
                              Erden, Antimonoxydchlorid, bor- und phosphorsaures Zinnoxydul, die Zinnoxyde
                              (für Segeltuche) geben zwar gute Resultate, aber theils widerstehen sie nicht
                              Waschungen mit Wasser oder Seife, theils färben sie die Zeuge, theils machen sie
                              dieselben zu schwer.
                           Zur Imprägnation leichter Zeuge, die bei der Appretur auch die heiße Eisenwalze
                              passiren sollen, eignet sich am besten wolframsaures Natron; schwefelsaures Ammoniak
                              auch dann, wenn nicht gerade heißes Eisenmetall in
                              Berührung mit dem Zeuge kommt, sonst bilden sich braune Flecken.
                           Das schwefelsaure Ammoniak wird in 10proc. Lösung angewendet und die eingetauchten
                              Zeuge in dem Hydroextractor getrocknet. Auch bedruckte Zeuge hielten die Farbe gut,
                              nur die Krapppurpure vertragen die Wärme nicht. Die Appretur blieb untadelhaft,
                              während Ammoniakphosphat den Zeug nach der Appretur nicht durchsichtig genug
                              erscheinen läßt.
                           Wolframsaures Natron wendet man in Lösung von 18 1/2° Baumé (1140 spec.
                              Gew.) an, und mischt dazu 3 Proc. phosphorsaures Natron, damit nicht ein
                              zweifach-saures wolframsaures Salz auskrystallisire.