| Titel: | Ueber Coignet's Verfahren zur Zubereitung der für die Fabrication von Kunstdünger bestimmten Substanzen thierischen Ursprunges; Bericht von Hervé Mangon. | 
| Fundstelle: | Band 210, Jahrgang 1873, Nr. XIX., S. 118 | 
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                        XIX.
                        Ueber Coignet's Verfahren zur Zubereitung der für die
                           Fabrication von Kunstdünger bestimmten Substanzen thierischen Ursprunges; Bericht von
                           Hervé
                              Mangon.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, September 1873, S. 502.
                        Coignet's Verfahren zur Zubereitung der Substanzen thierischen
                           Ursprungs welche zur Düngerfabrication bestimmt sind.
                        
                     
                        
                           Unserem Comité für Landwirthschaft ist eine Mittheilung des Hrn. Coignet (130, rue Lafayette
                              in Paris) über die ihm eigenthümlichen neuen Methoden zur Zubereitung der für die
                              Fabrication seiner Kunstdünger bestimmten thierischen Substanzen überwiesen worden.
                              Das gedachte Comité hat es stets vermieden, ein Urtheil über den Werth der
                              Dünger, von denen der Gesellschaft Proben übersendet wurden, abzugeben und wird auch
                              bei der vorliegenden Gelegenheit von seiner gewohnten Zurückhaltung nicht abgehen,
                              trotz der ganz besonderen Hochachtung, von der es für das Haus Coignet erfüllt ist. Das Comité sieht also davon ab, über die, der
                              erwähnten Mittheilung beigegebenen Düngerproben sich auszusprechen, betrachtet es
                              jedoch als Pflicht, auf die neuen Fabricationsmethoden des Hrn. Coignet näher einzugehen, indem dieselben jedenfalls sehr
                              mannichfaltige Anwendungen finden und die Verwerthung vieler Substanzen ermöglichen
                              werden, welche die Landwirthschaft, ungeachtet deren großen Reichthumes an
                              dungkräftigen Elementen, bisher nicht mit Vortheil zu benutzen im Stande war.
                           Horn, Hufe und Klauen, Haare, Abfälle von gegerbten Häuten, wollene Lumpen u. dgl.
                              sind bekanntlich sehr reich an Stickstoff und anderen dungkräftigen Bestandtheilen;
                              die Schwierigkeit, diese Substanzen in feines Pulver zu verwandeln, um sie dem Boden
                              beimengen zu können, und die außerordentliche Langsamkeit mit der ihre Zersetzung im
                              Boden vor sich geht, gestatteten jedoch bisher nicht, einen dem Werthe ihrer
                              Bestandtheile entsprechenden Vortheil aus ihnen zu ziehen.
                           
                           Coignet stellte es sich zur Aufgabe, diese verschiedenen
                              Substanzen mit Hülfe eines sehr vortheilhaften Verfahrens zu pulverisiren, ihre
                              innige Mengung mit dem Boden zu erleichtern, und gleichzeitig ihre Zersetzung in
                              ebenso rascher und vollständiger Weise zu bewirken, wie die der organischen
                              Substanzen unserer Miststätten. Es ist ihm gelungen diese Aufgabe auf eine sehr
                              sinnreiche und sehr praktische Art zu lösen.
                           Altes Leder jeder Art, Horn und andere Materialien ähnlicher Art werden in einen
                              Trockenraum gebracht, dessen Inhalt bis 20 Kubikmeter betragen kann. Derselbe ist
                              aus Blech angefertigt und an seinem oberen Theile mit einer zum Beschicken mit den
                              erwähnten Materialien bestimmten Thür versehen, während unten an den Seiten
                              befindliche Thüren zum Ausziehen oder Entleeren der getrockneten Producte dienen.
                              Einige Decimeter über dem Boden der Trockenkammer ist ein aus Ziegelsteinen
                              construirter durchbrochener Boden angebracht.
                           Der untere Theil der Trockenkammer communicirt mittelst eines weiten Blechrohres mit
                              der Esse der Fabrik oder mit einem Saugventilator. Neben der Trockenkammer ist ein
                              rechteckiger Ofen hergestellt, in welchem Kohks verbrannt werden und dessen
                              Schornstein in den oberen Theil der Trockenkammer einmündet. Die heiße Luft und die
                              Verbrennungsgase durchstreichen folglich die im Trockenraume vorhandenen Materialien
                              in der Richtung von oben nach unten.
                           Nachdem die Trockenkammer gefüllt ist und ihre Thüren geschlossen und sorgfältig
                              lutirt sind, setzt man den Ofen in Brand und öffnet die über dem Feuerraume
                              angebrachten Thüren, um ein großes Volum Luft, deren Temperatur nicht über
                              150° C. betragen darf, in die Kammer eintreten zu lassen. Wenn die ganze
                              Masse der in der letzteren enthaltenen Materialien auf diese Temperatur erhitzt
                              worden ist, so beschickt man den Ofen mit Kohks und schließt sämmtliche Thüren,
                              damit nur so viel Luft eintritt, als zur Verhinderung des Erlöschens des Ofens
                              nöthig ist. Gleichzeitig leitet man einen Strahl von Wasserdampf in den Schornstein
                              des Ofens; dieser Dampf mischt sich mit der verbrannten Luft und durchstreicht
                              sonach den Trockenraum mit einer Temperatur von 150 bis 160° C.
                           Nachdem diese Behandlung einige Stunden hindurch fortgesetzt worden ist, zeigen sich
                              die in der Trockenkammer enthaltenen Materialien (Horn, altes Leder, Leimabfälle
                              etc.) etwas aufgebläht und durch und durch ausgetrocknet; sie sind leicht
                              zerreiblich geworden, ohne daß sie an ihren stickstoffhaltigen Bestandtheilen einen
                              Verlust erlitten haben. Nachdem die Masse erkaltet ist, entfernt man sie aus dem
                              Trockenraum; sie wird
                              dann auf einem Kollergange fein gemahlen und hernach gesiebt, um etwa vorhandene
                              fremde Körper abzuscheiden.
                           Die sinnreiche Art, in welcher Coignet bei seiner neuen
                              Trockenkammer die Wärme benutzt, ermöglicht es, die sehr stickstoffhaltigen Abfälle
                              von Horn, Leder u.s.w. in vortheilhaftester Weise zu verwerthen und Gemenge
                              herzustellen, deren chemische Zusammensetzung eine so genau bestimmte ist, daß der
                              Erfinder dieses Verfahrens nicht Anstand nimmt, dieselbe zu garantiren indem er sich
                              verflichtst für jeden nachgewiesenen Mindergehalt seiner Producte an Stickstoff und
                              Phosphorsäuresalzen Kostenersatz zu berechnen.
                           Das landwirthschaftliche Comité unserer Gesellschaft ist schließlich der
                              Ansicht, daß das Coignet'sche Trockenkammersystem der
                              Industrie, außer zu dem hier besprochenen Zwecke, noch zahlreiche andere Dienste zu
                              leisten vermag.