| Titel: | Gecmen's mechanischer Darr- und Keim-Apparat für Malzfabrikation; ausgeführt von der Maschinenfabrik Germania (vormals J. S. Schwalbe und Sohn) in Chemnitz. | 
| Autor: | J. | 
| Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. XXXIV., S. 117 | 
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                        XXXIV.
                        Gecmen's mechanischer Darr- und Keim-Apparat für
                           Malzfabrikation; ausgeführt von der Maschinenfabrik Germania
                           (vormals J. S. Schwalbe und Sohn)
                           in Chemnitz.
                        Mit Holzschnitt und Abbildungen auf Tab. II.
                        Gecmen's mechanischer Darr- und Keim-Apparat für
                           Malzfabrikation.
                        
                     
                        
                           Schon auf der Wiener Weltausstellung 1873 hatte der in Modellform von Josef Gecmen in New-York exponirte Darrapparat das
                              lebhafte Interesse der Fachkreise auf sich gezogen.Vergleiche Gustav Noback: Bier, Malz, sowie
                                    Maschinen und Apparate für Brauereien und Mälzereien auf der Wiener
                                    Weltausstellung 1873 (S. 76). 66. Heft des officiellen
                                    Ausstellungsberichtes. Druck und Verlag der k. k. Hof- und
                                    Staatsdruckerei, Wien 1874. Seit dieser Zeit hat die Chemnitzer Maschinenfabrik Germania (vormals J. S. Schwalbe und Sohn) eine mechanische Mälzerei in Simmering bei Wien für
                              die Firma Jacob Zboril und Comp. mit solchem Erfolg ausgeführt, daß eine nähere Vorführung des Gecmen'schen Apparates und der Einrichtung der Mälzerei,
                              deren Daten uns die erwähnte Maschinenfabrik mit dankenswerther Bereitwilligkeit zur
                              Verfügung stellte, am Platze erscheint.
                           Der Gecmen'sche Apparat eignet sich zum Trocknen oder
                              Darren von Getreide, Früchten, Pflanzen, Malz etc. oder als Keimapparat zum Keimen
                              für Gerste u.a.m. Wie aus den bezüglichen Abbildungen in Figur 30 bis 32 ersichtlich
                              ist, befinden sich in einem geschlossenen Raum von quadratischem oder rechteckigem
                              Querschnitte eine Anzahl von über einander angeordneten Reihen muldenartiger Rinnen
                              – Trocken- oder Keimfächer. Diese Fächer können durch einen einfachen
                              Mechanismus (von der Kurbel a aus) der Reihe nach derart
                              in Bewegung gesetzt d.h. umgekippt werden, daß das in den
                              obersten Fächern aufgegebene Darr- oder Keimgut unter regelmäßigem Wenden successive in die tieferen Etagen gelangt und zuletzt
                              über eine schiefe Ebene als vollendetes Darr- oder Keimgut ganz aus dem
                              Apparat geschafft wird. Je nach dem Zweck des Apparates richtet sich die Zahl der Etagen etc.; ferner ist
                              unter dem Abrutschrost ein Calorifer bezw. ein Apparat zur Erzeugung von kühler,
                              feuchter Luft aufgestellt. Bei der Darre steigt die heiße Luft zwischen den (5
                              Centimeter von einander abstehenden) Fächern, welche aus geschlitztem Hordenblech
                              hergestellt sind, auf und führt den Wasserdampf durch den Dunstschlauch in's Freie;
                              im Keimapparat nimmt dagegen kühle Luft die sich bildende Kohlensäure mit.
                           Das Kippen der Fächer um ihre am Boden angesetzte Achse erfolgt in systematischer
                              Weise durch regelmäßig vertheilte Arme an der stehenden Welle b, welche durch ein Vorgelege mit der Kurbel a
                              in Verbindung steht. Die Fächer einer Etage sind untereinander derart verbunden, daß
                              durch die bezüglichen Arme an der Welle b sämmtliche
                              Rinnen dieser Etage umgekehrt und deren Inhalt in die nächsttiefere Fächerreihe
                              übergestürzt wird. Diese Bewegung erfordert so wenig Kraft, daß der Mechanismus
                              durch einen Jungen bedient werden kann.
                           Der Keimapparat in der Simmeringer Mälzerei nimmt einen
                              Flächenraum von 14 Qu. Met. ein; er ist 5,4 Met. breit, 2,5 Met. tief und 7,3 Meter
                              hoch, enthält 26 Etagen mit je 21 Rinnen, faßt an Keimgut ein Aequivalent aus 250
                              Zollcentner roher Gerste, und liefert an Grünmalz die nöthige Menge zur Erzeugung
                              von 38 bis 44 Zollcentner fertigen Malzes in 24 Stunden. Die Keimdauer beträgt 5 bis
                              6 Tage. Die Temperatur ist in den obersten Etagen 12,5° C., steigt gegen die
                              Mitte des Apparates auf 16 bis 19° C. und fällt auf die zugeführte Temperatur
                              in den untersten Etagen. Das Auftragen der gequellten Gerste auf die obere Etage und
                              das Wenden der Etagen beansprucht nur 1 Stunde Arbeitszeit unter 24 Stunden.
                           Die Malzdarre nimmt einen Flächenraum von 5,4 Quadratmeter
                              ein; dieselbe ist 1,7 Meter breit, 2,8 Meter tief, 4,4 Meter hoch, enthält 16 Etagen
                              mit je 7 geschlitzten Rinnen und können darauf bis 80 Zollcentner Malz in 24 Stunden
                              abgedarrt werden. Die Temperatur ist auf der obersten Etage 32,5° C. und
                              steigt bis zur untersten Etage, je nach der Farbe des Malzes auf 60 bis 125°
                              C. Zur Bedienung der Darre – nämlich Heizen, Entleeren der untersten Etage,
                              Wenden und Füllen der obersten Etage – genügt ein Arbeiter.
                           Nachfolgender Holzschnitt stellt die mechanische Mälzerei in Simmering im
                              Längenquerschnitt dar. A bezeichnet den Keimapparat, B den Darrapparat, C den
                              Rauchfang, D den Dunstschlauch, E den Heizraum, M den Raum für das aus der
                              Darre in die Putzmaschine herausfallende fertige Malz, G
                              drei übereinanderstehende eiserne Quellstöcke, H die
                              Wasserpumpe, J den Trichter (in welchen die gequellte
                              Gerste gefüllt wird, um
                              sie in den Wagen, welcher bei R steht, abzugeben, der
                              die Gerste in die obersten Rinnen auf einmal vertheilt), K einen einfachen Handaufzug, L den
                              Transporteur mit Klobenrad auf hängenden Schienen, N den
                              Raum für Abschöpflinge, O die Kurbel zum
                              Bewegungsmechanismus der Darr-Fächer,
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 213, S. 119
                              
                           P desgleichen für die
                              Keim-Etagen, Q den Wagen zum Auftragen des Grünmalzes auf
                              die oberste Darr-Etage, S, S Thermometer und T Raum für das aus dem Keimapparat herabfallende fertige
                              Grünmalz.
                           Die ganze Mälzerei steht auf einem Flächenraum von 130 Quadratmeter; sie enthält
                              noch, nebst den oben beschriebenen Apparaten und dem nöthigen Manipulationsraume, 2
                              hohe Getreidekästen (Silos) von je circa 1800
                              Zollcentner Fassungsraum, ferner ein Comptoir im ersten Stock und ein Zimmer im
                              zweiten Stock.Der Braumeister der Chemnitzer Societätsbrauerei Altendorf, Hr. Pagany, theilt in der deutschen Industriezeitung
                                    1874, S. 258 nachstehendes Gutachten über die Leistungsfähigkeit des Gecmen'schen Systems, wie es in Simmering erprobt
                                    worden ist, mit.„Das auf dem Apparat gewonnene Grünmalz war von solcher Qualität
                                       und gab zu der Annahme volle Berechtigung, daß sich das Problem in der
                                       Mälzerei durch diesen Keimapparat vollkommen zu lösen scheint. Das unter
                                       meiner Beobachtung erzeugte Malz war, nachdem die Gerste den richtigen
                                       Grad der Weiche erhielt und auf den Keimapparat aufgetragen wurde, nach
                                       regelmäßigem, 6 bis 8stündigem Wenden durch successives Fortschreiten
                                       der Keimung am siebenten Tage vollständig entwickelt und aufgelöst, der
                                       Blattkeim erreichte trotz der vollständigen Auflösung des Kornes und des
                                       langen Gewächses blos zwei Drittheile der Kornlänge. In der ersten
                                       Entwickelung der Keime wurden bis zum dritten und vierten Tage Körner
                                       bemerkbar, welche sich theilweise durch Zurückbleiben im Gewächs mehr
                                       oder weniger ausbildeten, jedoch bis zum siebenten Tage ganz egal und
                                       normal entwickelten.Das fertige Malz war von überraschender Qualität, in jeder Beziehung
                                       vollständig aufgelöst, die Wurzelkeime ganz frisch, und zeichnete sich
                                       besonders durch einen reinen feinen aromatischen Geruch, wie derselbe
                                       auf Malztennen unter den günstigsten Verhältnissen nicht zu erzielen
                                       sein dürfte, aus. Von einer Schimmelbildung war während des ganzen
                                       Keimprocesses keine Spur bemerkbar. Ich erachte es für überflüssig, auf
                                       eine weitere Detailirung der überhaupt getheilten Ansichten über den
                                       Keimproceß einzugehen und betrachte eine vollständige Auflösung des
                                       Kornes als den günstigsten Erfolg in der Mälzerei. Zur wesentlichen
                                       Vervollkommnung des Keimapparates trägt hauptsächlich die geringe
                                       Influenz der äußern Temperatur, sowie die entsprechend frische
                                       Luftzuführung bei; es kann mithin eine übermäßige Erwärmung oder eine
                                       Vertrocknung des Malzes, wie letztere bei dünner Haufenführung öfters
                                       vorzukommen pflegt und gewöhnlich das Absterben der Keime vor der
                                       vollständigen Entwickelung, resp. Auflösung zur Folge hat, nicht
                                       stattfinden.Als Hauptvortheile dieses Keimapparates dürften nun namentlich
                                       bezeichnet werden:a) der continuirliche Betrieb zur Erzeugung
                                       einer gleich großen Quantität Malzes auch bei wärmerer Temperatur;b) Erzeugung eines gesunden schmackhaften
                                       Malzes;c) Raumersparniß bezüglich der
                                       Mälzerei-Anlage;d) Wegfall der difficilen Malzarbeit und
                                       hohen Arbeitslöhne;e) Vermeidung des Verlustes durch Zertreten
                                       von Körnern.Der in der Actienbrauerei zu Liesing bei Wien gemachte Probesud aus dem
                                       auf dem Keimapparat erzeugten Malz lieferte, soweit ich mich persönlich
                                       überzeugt habe, das günstigste Resultat. Die Würze zeigte bei dem
                                       gleichen Quantum dort selbst erzeugten Malzes bester Qualität gleiche
                                       Gradhältigkeit und weder im Brau- noch im Gährungsproceß eine
                                       wesentliche Abweichung. Das Bier war nach 14tägigem Lager vollständig
                                       klar.Nach diesen überaus günstigen Resultaten dürfte das Vorurtheil und
                                       mancher Zweifel in Bezug auf den mechanischen Betrieb der Mälzerei
                                       gehoben sein und wäre eine recht rege Unterstützung dieser wichtigen
                                       Erfindung als neue Stütze der Bierbrauerei seitens der Fachgenossen
                                       gewiß höchst wünschenswerth.“ Chemnitz, 1. Mai 1874.
                              
                           
                              J.
                              
                           
                        
                     
                  
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