| Titel: | Unterrichtsmodelle. | 
| Autor: | R. Vater | 
| Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 481 | 
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                        Unterrichtsmodelle.
                        Von R. Vater, Geheimer Bergrat,
                           									Berlin.
                        (Fortsetzung und Schluß von S. 465 d.
                           								Bd.)
                        VATER: Unterrichtsmodelle.
                        
                     
                        
                           III. Schiebermodell.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 481
                              Abb. 14.
                              
                           Modelle zur Erläuterung der Bewegungsvorgänge beim Schieber einer Dampfmaschine gibt
                              									es in großer Zahl. Sie leiden meiner Ansicht nach durchweg an dem Uebelstande, daß
                              									sie sich dem tatsächlichen Schnitt durch eine Dampfmaschine mit zugehörigem Gestänge
                              									zu sehr anpassen wollen. Die Folge davon ist, daß gerade die wichtigen Teile zu
                              									klein ausfallen, so daß das Modell, soll es nicht zu unförmig groß werden,
                              									eigentlich nur für den unmittelbar danebenstehenden verständlich ist. Erläuterungen
                              									für einen größeren Zuhörerkreis sind damit ausgeschlossen. Diesen Uebelstand wollte
                              									ich mit dem von mir entworfenen Modell beseitigen.
                           Maßgebend für die Dampfverteilung durch eine Schiebersteuerung sind bekanntlich:
                              									Jeweilige Kolbenstellung, jeweilige Schieberstellung, Größe der Exzentrizität, Größe
                              									des Voreilwinkels, Länge der Schieberstange. Diese fünf Sachen sind es also, die mit
                              									einem Modell, soll es seinen Zweck als Unterrichtsmodell erfüllen, auch einem
                              									größeren Zuschauerkreise deutlich sichtbar gemacht werden müssen. Sie sind es aber
                              									auch, die leicht und rasch verstellbar sein müssen, um die Einflüsse etwaiger
                              									Aenderungen zeigen zu können.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 481
                              Abb. 15.
                              
                           Zur Erzielung einer handlichen Größe verzichtete ich zunächst auf die Darstellung der
                              									Kolbenstange. Ich ließ vielmehr, ähnlich wie dies bei Gasmaschinen geschieht, die
                              									Schubstange unmittelbar am Kolben K (Abb. 14) angreifen. Praktisch ist das ja für eine
                              									doppeltwirkende Maschine unmöglich, ich glaube aber nicht, daß es für die
                              									Betrachtung der Vorgänge bei der Schieberbewegung von irgend welchem Nachteil sein
                              									könnte. Das den Kolben darstellende Modellstück K ist
                              									an einem auf der Rückseite des Modells (Abb. 15)
                              									befindlichen Bügel n befestigt, welcher durch zwei
                              									Führungsstangen 3, 4 geradegeführt wird. Zugunsten der
                              									Deutlichkeit und Handlichkeit verzichtete ich ferner darauf, den Antrieb des
                              									Schiebers in allen Einzelheiten genau so nachzubilden, wie er bei Dampfmaschinen
                              									üblich ist, ohne jedoch dabei an der Richtigkeit der Schieberbewegung irgend etwas
                              									einzubüßen. Auch hier greift die Schieberstange S
                              									sozusagen unmittelbar am Schieber an, allerdings nicht an dem dargestellten Schieber
                              									selber, sondern an einem in zwei Führungen (auf den Stangen 1 und 2) gleitenden Bügel m (Abb. 15), an welchem
                              									oben Modellstücke verschiedener Schieberarten (vgl. Abb.
                                 										14 und 16) leicht befestigt werden können.
                              									Nebenbei sei hier gleich bemerkt, daß auch die zu den betreffenden Schiebern
                              									zugehörigen Schieberspiegel leicht auswechselbar sind. Der Antrieb des Schiebers
                              									geschieht nicht durch ein „Exzenter“, sondern durch eine Kurbel (Abb. 15), deren Länge von Null bis zu einem
                              									Höchstwerte leicht verstellbar ist. Auch die Länge der Schieberstange S (Abb. 14 und 15) läßt sich in einfachster Weise rasch
                              									verändern.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 482
                              Abb. 16.
                              
                           Die Aufgabe, den Voreilwinkel leicht verstellbar und auf weite Entfernungen hin
                              									deutlich sichtbar zu machen, wurde in folgender Weise gelöst (Abb. 17). Die „Kurbelwelle“
                              									α ist hohl und besitzt zu beiden Seiten des
                              									Kurbellagers je einen Arm, und zwar einmal vorn die „Maschinenkurbel“
                              									b, deren „Kurbelzapfen“ als Handgriff zum
                              									Antriebe des ganzen Modells ausgebildet ist, und ferner einen hinteren Arm b', dessen Zweck gleich erläutert werden soll. In der
                              									hohlen Kurbelwelle steckt ein kurzer Wellenstumpf, welcher auf beiden Seiten aus der
                              									hohlen Kurbelwelle herausragt. Auf dem hinteren Ende ist eine eigenartig geformte
                              									Scheibe c (Abb. 17 und
                              										18) befestigt, die auf der einen Hälfte einen
                              									halbkreisförmigen konzentrischen Schlitz, auf der diametral entgegengesetzten Seite
                              									einen radialen Schlitz trägt. Diese Scheibe c stellt
                              									sozusagen das Exzenter der gewöhnlichen Schiebersteuerung dar. In dem radialen
                              									Schlitz wird nämlich der Zapfen e der
                              									Schieberantriebsstange S befestigt, in dem
                              									halbkreisförmigen Schlitz dagegen der Endpunkt jenes obengenannten zweiten Armes b'. In Abb. 18 sind der
                              									Deutlichkeit halber beide Teile aus der Scheibe c
                              									herausgeschraubt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 482
                              Abb. 17.
                              
                           Man erkennt nun leicht, daß durch Festklemmen des zweiten Armes b' an verschiedenen Stellen des halbkreisförmigen
                              									Schlitzes der „Voreilwinkel“ beliebig und rasch zwischen + 90° und – 90°
                              									verändert werden kann. Um den Voreilwinkel auf weite Entfernung hin sichtbar zu
                              									machen, trägt der Wellenstumpf an der vorderen Seite vor der Kurbel einen Zeiger,
                              									welcher mit jenem radialen Schlitz in der Scheibe c
                              									gleichgerichtet ist. Der weithin sichtbare Winkel δ
                              										(Abb. 14) zwischen Zeiger und Maschinenkurbel ist
                              									der um 90° vergrößerte Voreilwinkel der Schieberkurbel.
                           Beachtenswert ist vielleicht noch die Befestigung der Schieber-Antriebsstange
                              										S in jenem radialen Schlitz. Sie geschieht nämlich
                              									mit Hilfe eines Zwischenstückes e (Abb. 15, 17 und 18), welches es erlaubt, den Schieber-Kurbelzapfen bis
                              									nach dem Mittelpunkt der Welle hin zu verschieben, so daß also der Radius der
                              									Schieberkurbel sogar zu Null gemacht werden kaun. Die Schieberstange S ist in der Mitte geteilt (s. z.B. Abb. 18), ihre Länge läßt sich mit Hilfe von Schlitz
                              									und Flügel-Schraubenmutter leicht verändern. Auf der Vorderseite des Modells läßt
                              									sich ein kleines Brettchen D (Abb. 16) aufstellen, auf welchem der mit einer hundertteiligen Skala
                              									versehene Kolbenweg aufgezeichnet ist. Auf diese Weise läßt sich z.B. leicht
                              									ablesen, wieviel v. H. Füllung bei einer bestimmten Schiebereinstellung erreicht
                              									werden, wieviel v. H. die Kompression beträgt usw.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 482
                              Abb. 18.
                              
                           Die hübsche Ausführung des Modells stammt ebenfalls von der Firma Max Kohl in Chemnitz i. Sa.
                           
                        
                           IV. Modell zum Nachweis der Umsetzung
                                 										von Geschwindigkeit in Druck.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 482
                              Abb. 19a.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 482
                              Abb. 19b.
                              
                           Bei Turbinen, Zentrifugalpumpen, Turbokompressoren, Grubenventilatoren usw. findet
                              									sich die Erscheinung, daß Geschwindigkeit in Druck umgesetzt wird. Der umgekehrte
                              									Fall, daß Druck in Geschwindigkeit umgesetzt werden kann, erscheint niemandem
                              									verwunderlich; jeder Wasserleitungshahn, jede Dampf auspustende Lokomotive zeigt es
                              									alle Tage. Daß aber Geschwindigkeit sich in Druck umsetzen läßt, will manchem nicht
                              									recht einleuchten. Ein einfaches, billig herzustellendes Modell hilft leicht über
                              									diese Schwierigkeit hinweg. Durch die nach Abb. 19
                              									geformten Rohrleitungen ströme Wasser, beide Male unter gleicher Druckhöhe. Die
                              										Querschnitteder
                              									Rohrleitungen an den Stellen 1, 2, 3 seien f1, f2, f3, die
                              									Wassergeschwindigkeiten an jenen Stellen c1, c2, c3 (in Abb. 19b
                              									entsprechend c1', f1' usw.). Ferner sei in Abb.
                                 										19a
                              									f1
                              									= f2 = f3, also auch c1 = c2 = c3, In Abb. 19b dagegen
                              									sei zwar auch f1' =f3', dagegen f2' > f1' und demgemäß c2' < c1' nämlich
                              										c_2'=\frac{f_1'}{f_2'}\,.\,c_1'. Nimmt man an, daß durch
                              									jeden Querschnitt der Rohrleitung in der Sek. 1 kg Wasser hindurchfließt, dann ist
                              									die lebendige Kraft des Wassers an der Stelle 1:
                           L_1=L_1'=\frac{{c_1}^2}{2\,g}, dagegen L2 > L1.
                           Da nun aber Arbeit auf dem Wege von 1 nach 2 nicht geleistet wurde (abgesehen von
                              									der Ueberwindung der geringen Reibungswiderstände), so muß ein Teil der im
                              									Querschnitt f1' vorhanden gewesenen kinetischen Energie sich in
                              									potentielle Energie verwandelt haben, d.h. der dem Wasser an der Stelle 2 innewohnende Druck ist in dem Falle der Abb. 19b größer als im Falle der Abb. 19a.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 483
                              Abb. 20a.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 483
                              Abb. 20b.
                              
                           Um dies in einem Modell zu zeigen, ließ ich zwei völlig gleichartige Glasröhre von 10
                              									mm l. W. zu einem rechtwinkligen Knie umbiegen (Abb.
                                 										20). Der wagerechte Schenkel des Glasrohres B
                              									wurde in der Mitte durch Aufblasen auf ungefähr 148 mm erweitert. Ferner erhielten
                              									die wagerechten Schenkel beider Rohre an den gleichen Stellen drei
                              									Piezometer-Röhrchen, so zwar, daß das mittlere Röhrchen bei dem Glasrohr B auf die Mitte des aufgeblasenen Teiles zu stehen kam.
                              									Diese beiden Rohrsysteme A und B wurden in einem Stativ, wie es für chemische Versuche viel benutzt wird,
                              									in gleicher Höhe nebeneinander befestigt (Abb. 21).
                              									Läßt man nun durch die so gestalteten Rohre Wasser hindurchfließen, so stellt sich
                              									das Wasser in den Piezometer-Röhrchen etwa so ein, wie Abb.
                                 										20 zeigt. Zur besseren Sichtbarkeit kann man das Wasser oben in den
                              									Piezometer-Röhrchen etwas färben. Das Rohr nach Abb.
                                 										20b zeigt deutlich, wie durch Verringerung der Wassergeschwindigkeit
                              									infolge des größeren Durchflußquerschnitts der Wasserdruck an dieser Stelle
                              									gewachsen, also Geschwindigkeit in Druck umgesetzt ist.
                           An dem Ständer zwischen den beiden Glasrohren (Abb.
                                 									21) ist ein schwenkbarer und in der Höhe verstellbarer Wassereinlauf C angebracht, der so eingestellt werden kann, daß das
                              									Wasser in den Piezometer-Röhrchen l und l' zum besseren Vergleich jedesmal gleich
                              									hochsteht. Der. Wasserstand in den Röhrchen wird durch kleine Gummiringe
                              									bezeichnet. Um während des Versuchs einen stets gleichbleibenden Wasserdruck zur
                              									Verfügung zu haben, wurde ein Wassereinlauf angeordnet, wie er bei dem bekannten
                              									Kalorimeter nach Professor Junkers verwendet wird. Das
                              									den Glasrohren zufließende Wasser kommt zunächst durch den Gummischlauch a in den Behälter C (Abb. 21 und 22), und
                              									zwar dort in einen kleineren Behälter D, der sich in
                              									dem Behälter C befindet. Der Zulauf wird nun so
                              									reguliert, daß das Wasser ständig ein wenig über den Rand des kleineren Behälters
                              										D überfließt, wobei dieses überfließende Wasser
                              									durch den Gummischlauch b abgeleitet wird. Auf diese
                              									Weise besitzt das den Glasrohren durch das Röhrchen c
                              									zufließende Wasser stets die gleichbleibende Höhe h
                              										(Abb. 22). Abb. 21
                              									zeigt den ganzen Apparat, der die genannten Vorgänge auch einem größeren
                              									Zuschauerkreise gut sichtbar macht.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 483
                              Abb. 21.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 483
                              Abb. 22.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 330, S. 483
                              Abb. 23.
                              
                           Es dürfte damit wohl kaum etwas Neues gesagt werden, wenn hinzugefügt wird, daß der
                              									Apparat in einfacher Weise dazu benutzt werden kann, um auch noch andere Gesetze der
                              									Hydrodynamik zu zeigen. Vergrößert man nämlich die Ausflußweite der Rohrleitung, so
                              									sinkt bekanntlich der Druck in der Rohrleitung, umgekehrt dagegen steigt er, wenn
                              									die Ausflußöffnung enger wird. Durch Anfügen entsprechend gestalteter kleiner
                              									Glasstücke (mit Hilfe eines kleinen Stückchens Gummischlauch) lassen sich diese
                              									Erscheinungen sehr leicht zeigen.
                           
                           Auch der Grundgedanke einer Wasserstrahlpumpe läßt sich durch Anfügen eines
                              									besonders geformten Glasrohrstückes sehr schön zeigen. Wird irgendwo durch
                              									Ausbauchung der Rohrleitung der dem Wasser innewohnende Druck an dieser Stelle
                              									gesteigert, so wird er andererseits bekanntlich vermindert durch allmähliche
                              									Querschnittsverringerung. Eine solche Einschnürung kann nun so weit getrieben
                              									werden, daß der dem Wasser innewohnende Druck an der betreffenden Stelle kleiner ist
                              									als der Druck der Außenluft, so daß ein solcher Unterdruck geradezu zum Ansaugen
                              									z.B. von Wasser benutztwerden kann. Abb. 23
                              									zeigt das betreffende Ersatzstück. An der Stelle der größten Einschnürung m ist wieder ein kleines Piezometer-Röhrchen
                              									angeschmolzen. Läßt man nach Ingangsetzen des Apparates dieses Röhrchen in ein
                              									kleines Gefäß stark gefärbten Wassers eintauchen, so kann diese Erscheinung des
                              									Ansaugens auch einem größeren Zuschauerkreise deutlich gezeigt werden. Das in Abb. 21 im Vordergrunde liegende T-förmige
                              									Glasrohrstück ist ein solches Ansatzstück zur Veranschaulichung dieser
                              									Saugwirkung.