Titel: | Auszug aus dem, in der allgemeinen Versammlung der Aufmunterungs-Gesellschaft für die National-Industrie (Société d'encouragement pour l'industrie nationale) den 20. September 1819 abgestatteten Berichte, die Preisvertheilungen betreffend. |
Fundstelle: | Band 2, Jahrgang 1820, Nr. XXVII., S. 215 |
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XXVII.
Auszug aus dem, in der allgemeinen Versammlung der Aufmunterungs-Gesellschaft für die National-Industrie (Société d'encouragement pour l'industrie nationale) den 20. September 1819 abgestatteten Berichte, die Preisvertheilungen betreffend.Bulletin de la
Société d'encouragement pour l'industrie
nationale. Dix huitième année.
Bericht der Aufmunterungs-Gesellschaft für die National-Industrie.
Montag den 20. September 1819 vereinigte sich die Gesellschaft
in ihrem neuen Lokale, (rue du Bac Nro. 42.) und diese
Versammlung wurde diesesmal um so zahlreicher, da die Vertheilung der
koͤniglichen Preise eine große Anzahl Mitglieder der Gesellschaft und
Fabrikanten aus den Departements nach Paris gezogen hatte, die dahin gereiset waren,
um aus den Haͤnden des Souverains, edle Belohnungen zu empfangen.
Unter die Augen der Gesellschaft konnten diesesmal nur wenige
Kunstgegenstaͤnde gebracht werden; die große
National-Anstellung hatte alles an sich gelockt. Man sahe indessen doch mit
Vergnuͤgen Chenavard's Fußteppiche, wovon einige mit geschmackvollen
Zeichnungen geziert waren, und die sich besonders durch ihren elastischen und
geruchlosen Firniß auszeichneten; dann die großen und blendendweißen Cocons
des Herrn Rocheblave aus
Alais, und Poidebard aus Lyon, und die Strasse und
colorirten Steine, der Herrn Douault und Lançon, welche die aͤchten so nachahmen, daß
ein geuͤbtes Auge sie nicht unterscheidet.
Graf Chaptal
praͤsidirte: Baron von Gerando, Sekretair der
Gesellschaft stattete den Bericht uͤber die fuͤr 1819 bestimmten
Preise ab.
Nach einigen, auf die feierliche, von den Gliedern der Gesellschaft so sehnlich
erwuͤnschte, und endlich erfolgte Ausstellung der Produkte der
franzoͤsischen Industrie gerichteten Blicken, geht er zu seinem Gegenstande
uͤber.
Die Preisaufgaben fuͤr 1819 waren folgende:
1. Verfertigung einer neuen Art wohlfeiler
Fußteppiche.
Ein besonderer Bericht uͤber diese Aufgabe wird folgen;
2. Anwendung der Dampfmaschine auf die
Buchdrucker-Pressen.
Mit Verwunderung sahe die Commission, daß sich fuͤr diesen Preis kein
Bewerber vorfand.
3. Eine Maschine, vermittelst welcher, die
von den Hutmachern verarbeiteten Haare, von den Haͤuten abgenommen werden
koͤnnen.
Herr Mathieu, ein Schlosser zu
Paris, hat eine solche Maschine vorgelegt. Sie schien die Arbeit eben so genau zu
verrichten, als es mit der Hand moͤglich ist. Sie spannet die Haut,
fuͤhrt das Messer zweckmaͤßig, und hebt sogar alle Haare davon
weg, ohne die verschiedenen Arten zusammen zumischen. Man hat sie an
Kaninchen- und Hasenhaͤuten versucht. Sie verrichtet die Arbeit von
zwei sogar von drei Arbeitern; da indessen noch einige Zweifel uͤber die
Vollkommenheit dieses Werkzeuges erhoben wurden, und sie nicht, der Bedingung nach, in einer
Hutfabrike, zur Arbeit im Großen, ihre volle Wirksamkeit zeigte, so wurde auf
Vorschlag der Commission die Vertagung dieses Preises beschlossen.
4. Fabrikation eines zu Naͤhnadeln
brauchbaren Stahldrahtes.
Da sich kein Preiswerber gemeldet hat, wird der Concurs noch offen bleiben.
5. Bereitung eines unveraͤnderlich
bleibenden, dem Schelschen vorzuziehenden Gruͤns.
Man hat zwar in der Ausstellung gruͤne Tapeten gesehen, deren Gruͤn
vielleicht der Pruͤfung haͤtte unterworfen werden koͤnnen; es
hat sich indessen niemand gemeldet, und der Concurs wird noch offen gelassen
werden.
6. Bestes Mittel die Wasser- und
Oelfarben so fein zu zerreiben, als es zum Behuf der Kuͤnste erforderlich
ist.
Ein Model zu einer solchen Farbmuͤhle ist zwar eingereicht, aber von keiner
Probe, und keinen vergleichenden Resultaten begleitet worden. Eine wesentliche
Bedingung der Preisaufgabe. Sie ist zuruͤckgenommen worden, weil die
Gesellschaft sich uͤberzeugt hat, daß der erwuͤnschte Zweck
durch mehrere bekannte Mittel und Vorkehrungen schon erreicht wird. So sieht man
z.B., Straße Mouffetard, nahe an den Gobelius, einen
zweckmaͤßigen Muͤhlenapparat, der aus zehn bis zwoͤlf,
durch das Wasser in Bewegung gesezten Muͤhlen, besteht, und im Großen
mit aller moͤglichen Oekonomie arbeitet.
Spaͤter hat Herr Auger der Gesellschaft, in einem Briefe an dieselbe, die
Mittel angezeigt die er zum Zerreiben der Farbestoffe anwendet. Die Commission
glaubt, daß dieser sinnreiche Apparat zum Behuf der Pharmacie nuͤzlich
seyn kann, und wird ihn in der Winterversammlung wieder zur Sprache bringen.
7. Fabrikation der thierischen Kohle, unter
der Bedingung, daß sie nicht aus Knochen, auch durch andere Processe als
die zur Fabrikation des Berlinerblaus gebraͤuchlichen, bereitet
wird.
Die eingesandten Proben hatten nicht die verlangten Eigenschaften. Ihr Kalkgehalt,
den der blosse Geschmack schon entdeckte, faͤrbte die braunen
Zuckeraufloͤsungen dunkler, anstatt sie zu entfaͤrben. Der Concurs
bleibt offen, weil dieser Gegenstand fuͤr mehrere Zweige der Industrie von
großer Wichtigkeit ist, und die Knochen nicht mehr zureichen.
8. Fabrikation des Fischleimes.
Da sich Niemand fuͤr diesen Preis gemeldet hat, und die Gesellschaft glaubt,
daß sich ein geschickter Chemiker mit diesem Gegenstande wirklich
beschaͤftigt, so bleibt der Concurs offen.
9. Ueber die beste Art den Straß zu
fabriciren.
Dieser Preis ist errungen: Der Bericht hieruͤber wird folgen.
10. Preis fuͤr die Cultur der Seide,
aus chinesischen Saamen.
Auch dieser Zweck ist erfuͤllt worden. Es wird der Gesellschaft vorgeschlagen,
diesen Preis von 2000 Franks, zwischen dem Herrn Rocheblave aus Alais, und Poidebard
aus Lyon zu theilen. Beide haben reichlich die vorgeschriebenen Bedingungen
erfuͤllt. Herrn Rocheblave verdankt man die Erhaltung dieses Saamens in
seiner Reinheit. Man versicherte sogar, daß diese Gattung
Seidenwuͤrmer in Frankreich veredelt worden ist. Man hat bemerkt, daß
die Meisten, von denen, welche seidene Zeuge zur Ausstellung geschickt haben,
Seidenwuͤrmer aus chinesischem Saamen ziehen. Da dieser Industriezweig
naturalisirt scheint, wird die auf dieselbe ausgesezte Premie nunmehr
zuruͤckgenommen.
11. Bereitung eines gesunden, wohlfeilen und
angenehmen Getraͤnks, fuͤr die geringsten Haushaltungen der
Landbewohner, und der Landarbeiter.
Es fanden sich hier viele Bewerber.
Der Verfasser der mit Nro. 1. bezeichneten Probe hat zwar Zeugnisse eingereicht,
daß sein Getraͤnk suͤßlich, und ungefaͤhr wie
Lakritzensaft schmeckt, aber keine Probe eingesendet, was doch Bedingung war. Sein
Proceß beruht auf die Verwandlung der Weinblaͤtter in einen
zuckerartigen Stoff, was Aufmerksamkeit verdient.
Der Verfasser von Nro. 2. hat fuͤnf verschiedene Proben eingeschickt. Von der
ersten wuͤrde das Litre 30 Centimes kosten, und folglich zu theuer seyn: die
vier andern waren schon verdorben; wahrscheinlich schmeckten sie wie jene
Getraͤnke die man in Paris aus gebackenem Obste bereitet, und bothen daher
nichts Neues dar.
Der Verfasser, Nro. 3., hat 6 Bouteillen eines gut scheinenden Getraͤnkes
geschickt, dessen Erhaltung er durch Hopfen sicherte, aber 7 Centimes schien noch
ein zu hoher Preis. Dieses Produkt hatte uͤbrigens viel Aehnlichkeit mit
einem, aus Staͤrkezucker und Hopfen bereiteten Getraͤnke,
woruͤber vor Eroͤffnung des Concurses der Versammlung eine Schrift
zugesendet worden war.
Nro. 4. haͤtte in Bezug auf die Wohlfeilheit vollkommen befriedigt, 200 Litres
hatten 1 Frank 25 Cent. gekostet. Die Stoffe zu diesem Getraͤnke sind gemein,
und gesund, aber es kam schon verdorben an. Die Hize waͤhrend dem Transport
scheint daran Schuld gewesen zu seyn. Die Versammlung wird, sobald die Jahreszeit es
zulaͤßt den Versuch selbst anstellen.
Nro. 5. kam ebenfalls verdorben an. Die dazu angewendeten Ingredienzien lassen nicht
viel Gutes erwarten.
Die 3 Muster, Nro. 6., kamen auch verdorben an, und die Natur der dazu benuzten
Stoffe ist von der Art, daß sich dieses Getraͤnke nicht gut halten
kann.
Der Preis ist also noch zu erringen.
12. Entdeckung einer vegetabilischen
Substanz, die als Nahrungsmittel fuͤr die Seidenwuͤrmer, die
Maulbeerblaͤtter vollkommen ersezen koͤnnte.
Ein einziger Preiswerber hat sich gemeldet. Er schlaͤgt die Lucerne, und die
gesottenen Erdaͤpfel vor; allein er stuͤzet sich nur auf entfernte
Analogien.
13. Austrocknung des Fleisches.
Hierzu meldeten sich drei Concurenten.
Der erste aus dem Departement Maine et Loire. Das Fleisch war ziemlich gut erhalten, und
verhielt sich auch, ziemlich gut im Sieden; allein er zeigte weder sein Verfahren,
noch das Datum der Operation an.
Der zweite, ein Pariser Chemiker, hat sein Verfahren beschrieben. Das Fleisch gab
eine vortreffliche Bouillon, ließ sich aber selbst fast nicht erweichen.
Der dritte, ein geschickter Pharmaceutiker im Departement Seine et Marne, lieferte ein Fleisch, welches
in allen Hinsichten dem vorigen nachstand. Er meldete sich uͤberdieses zu
spaͤt.
Alle drei haben die Hauptbedingung des Programmes unerfuͤllt gelassen,
naͤmlich die Einschiffung und eine Ueberfahrt von vielen Monaten.
Der Preis wurde daher nicht ertheilt, und weiter ausgesezt.
Herr Pommier, Arzt zu Fontainebleau hatte ein Stuͤck Fleisch, zu zwei Drittel
eingetrocknet, vorgelegt; die Austrocknung vollendete, ohne Verderbung des Fleisches; die
Bruͤhe wurde sehr gut, das Rindfleisch schmeckte angenehm, und war ziemlich
zart; diese Behandlung des Fleisches wuͤrde der Einpoͤckelung weit
vorzuziehen seyn: man bedauerte daß der Einsender nicht mitkoncuriert
hatte.
14. Entdeckung eines Steinbruches, zur
Lithographie.
Herr Duroche, Ingenieur desponts et
cheaussées, hat, von Soissons aus, zwei weiche Kalksteine geschickt,
die aber das Wasser an ihrer Oberflaͤche, und die zarten Striche der Kreide
nicht gehoͤrig festhalten.
Ein andrer thonhaltiger, leicht zerreiblicher Kalkstein hatte noch, neben jenen
Fehlern, den wesentlichen, daß die Schwaͤrze daran haftete, und
daß, beim Abdrucke, die Kreidestriche verschwanden.
Es wird also vorgeschlagen, den Concurs noch offen zu lassen.
15. Kultur der Pflanzen, aus welchen sich
Pottasche gewinnen laͤßt.
Ein besonderer Bericht des Herrn Dartigues wird folgen.
16. Vergleichende Kultur der
Oelpflanzen.
Eine einzige Schrift ist eingelaufen. Acht Pflanzen sind versucht, und die Resultate
ganz im Geiste des Programms gegen einander gestellt. Da aber weder Muster von
diesen Pflanzen, noch Oelproben, noch Atteste von den Behoͤrden mitgeschickt
worden sind, so konnte, bei Ermangelung dieser wesentlichen Bedingungen, keine
Belohnung, fuͤr eine sonst verdienstvolle und mit großer Sorgfalt
gemachte Arbeit vorgeschlagen werden.
17. Eine Mahl- und
Schrootmuͤhle, die an jeder Wohnung des Landmannes angebracht werden
kann.
Diejenigen die sich vergangenes Jahr gemeldet haben, sind dieses Jahr nicht wieder
erschienen: aber drei neue Bewerber haben sich gemeldet. Der eine hat das Modell
einer Muͤhle eingesandt, die ein Mann, in einem Rade in Bewegung sezt; da
aber die Muͤhle durch den Wind bewegt werden sollte, konnte er nicht
mitconcuriren.
Der andere hat sich zuruͤckgezogen, weil sich einige Zweifel uͤber die
Kraft des Windes erhoben, die noͤthig seyn wuͤrden, die Muͤhle
zu bewegen, und man noch von ihm eine Reihe Versuche und Beobachtungen forderte.
Der dritte hat zwar ein Modell mit einer Beschreibung eingereicht, aber ohne Attest,
daß seine Muͤhle auch wirklich 400 Kilogrammen Getreide, in 24
Stunden, mit einem Winde von 6 Metres Geschwindigkeit in der Secunde,
verarbeitet.
Dieser Preis wird zuruͤck genommen, und an dessen Stelle eine Praͤmie
von 4000 Franks fuͤr denjenigen ausgesezt, der zwei Jahre hindurch eine
solche Muͤhle in Thaͤtigkeit gehabt haben wird.
18. und 19. Pflanzung der noͤrdlichen
oder Corsikanischen, unter dem Namen Laricio bekannten Fichte, und der
schottischen Fichte, (pinus rubra) beide aus Saamen gezogen.
Beide Preise sind vor 5 oder 6 Jahren ausgesezt gewesen, aber die schlechte
Saamenaͤrndte hatte die Bewerbung nicht zugelassen.
Herr Pousson, aus Holland, hat vor dreißig Jahren betraͤchtliche
Pflanzungen aus dem Saamen der Riga'schen Fichte gezogen. – Herr. Trochu,
Gutsbesizer zu Belle-Ile-en-Mer,
hat auf dieser Insel, wo bis dahin kein Baum wuchs, jene drei Arten Fichten, auf 3
Hektares, 15 Ares, angebauet. Da diese Aussagt im Jahre 1810 gemacht worden ist, so
konnte der Preis nicht fuͤr Versuche gegeben werden, die schon statt fanden, ehe er
ausgesezt wurde. Die Gesellschaft erfuhr daher mit Vergnuͤgen, daß die
Regierung schon den ersten belohnt, und die koͤnigl.
Central-Gesellschaft fuͤr den Ackerbau dem Zweiten eine goldene
Medaille ertheilt hatte.
Nachdem die Vorschlaͤge des Berichterstatters von der Versammlung angenommen
worden waren, nahm Herr Jomard das Wort uͤber die
wohlfeilen Fußteppiche.
Die Gesellschaft, sagte er, hat einen Preis von 1200 Fr. fuͤr wohlfeile und
dauerhafte Fußteppiche ausgesezt, welche weniger kosten sollen, als
diejenigen, die bis jezt in den Handel gekommen sind: sie wuͤnschte bis in
die niedrigsten Klassen den Geschmack fuͤr die Reinlichkeit
einzufuͤhren, und diesen einen Genuß zu verschaffen, der bis jezt dem
Reichen vorbehalten ist. In einem benachbarten Lande ist diese Sitte schon
eingefuͤhrt; man hoffte unsere Kuͤnstler wuͤrden wetteifern,
sie auch bei uns einheimisch zu machen, aber, vielleicht weil die Zeit zu kurz war,
vielleicht auch weil dieser Industriezweig mehr Nuzen als Glanz verspricht, haben
sich nur zwei Concurenten eingefunden.
Das Programm schloß keine Art von Material zu dieser Fabrikatur aus. Der erste
hat die, auf eine besondere Art in einander geflochtenen, Tuchleisten angewendet. Zu
solchen Teppichen aber reicht dieses Material nicht hin, sie sind uͤberdieses
der Reinlichkeit hinderlich, und an feuchten Oertern wuͤrden sie
hoͤchstens 6 bis 9 Monate dauern.
Die gegenwaͤrtigen Preise der wohlfeilen Fußteppiche in Paris sind
folgende:
Der Quadratfuß der Strohteppiche
20 Cent.
Der Quadratfuß der Schilfteppiche
35 Cent.
Der Quadratfuß der sogenannten Sparterie, aus spanischem Schilf, natuͤrliche Farbe
90 Cent.
Der Quadratfuß des Hollaͤndischen Schilfs
75 Cent.
Sollten die Tuchabfaͤlle zu Teppichen verwendet werden, so wuͤrden sie
hoch im Preise steigen, und die angefuͤhrten weit uͤbersteigen.
In London sind die Teppiche aus gefaͤrbtem und gefirnißtem Papiere
stark im Gebrauche, der Quadratfuß kostet dort ungefaͤhr 3 Pences (30
Centimes) sie sind dauerhaft, man reinigt sie leicht mit einem nassem Schwamme. Man
belegt damit die Vorzimmer, die Corridore, die Treppen, sogar die Stufen vor den
Hausthuͤren. Sie widerstehn der Feuchtigkeit und der Reibung mehrerer Jahre
hindurch, und mehrere sind mit sehr verschiedenen und dauerhaften Zeichnungen
geziert, und dieses hat nicht wenig beigetragen sie unter den niedrigen Klassen
beliebt zu machen. Diese sollte man nachmachen, noch besser machen; und solches hat
ein zweiter Concurrent, Herr Ehenavard versucht. Seine Teppiche sind eine Art von Filz, den er
aus Wolle und andren faden-artigen Stoffen zu jeder Groͤße,
verfertigt, und dessen Theilchen mit Leim an einander gebunden sind. Sie werden wie
Papier gefaͤrbt, gemahlt und mit Firniß uͤberzogen, und lassen
sich mit großer Leichtigkeit reinigen.
Der Quadratfuß der wohlfeilsten Art kostet 10 Centimes, und die Preise der
verschiedenen vorgelegten Muster steigen wie die Arbeit dauerhafter und
geschmakvoller wird. Herr Chenavard versichert, daß seine Teppiche jede Probe
aushalten; sollten sie sich durch solche Dauer empfehlen, so wuͤrden sie die
Bedingungen des Programms erfuͤllen. Die Commission schlaͤgt vor, ihm
den Preis zuzuerkennen, unter der Bedingung, daß mehrere seiner Teppiche, von
verschiedenen Preisen, in einer von der Versammlung angegebenen Wohnung wenigstens
fuͤnfzehn Monate dem fortdaurenden Gebrauche widerstehen, und daß der
Firniß an denselben nicht bruͤchig sey: bis dahin solle ihm
bloß eine silberne Medaille, zur Aufmunterung gereicht, und der Preis noch fuͤrs
folgende Jahr ausgesezt bleiben.
Es wird hier bemerkt, daß Herr Chenavard sich nicht auf diese wohlfeile Waare
beschraͤnkt hat, er verfertigt von dem naͤmlichen Stoffe Tapeten, mit
den schoͤnsten Farben und den reichsten Zeichnungen geschmuͤckt, deren
Preis kaum hoͤher als der der papierenen Tapeten ist. Auch fabricirt er
solche Stoffe fuͤr Meubles, fuͤr Tischdecken etc. und diese Arbeiten
fangen schon an im Handel gesucht zu werden.
Herrn Chenavard ist also, diesem Vorschlage gemaͤß, eine silberne
Medaille gereicht worden.
Herr Cadet de Gassicourt
stattete, im Namen des chemischen Ausschusses, einen Bericht uͤber den Straß und die kuͤnstlichen
gefaͤrbten Steine ab.
Es wurden naͤmlich 1200 Franks fuͤr einen in Frankreich verfertigten
Straß bestimmt, der dem auslaͤndischen am naͤchsten kommen, die
natuͤrlichen Steine am besten nachahmen, und von welchem die
Verfertigungsprozesse mitgetheilt werden wuͤrden.
Es meldeten sich Herr Douault-Wieland, Juwelier, und Herr Lançon,
Steinschneider, beide zu Paris.
Die Versuche sind von beiden in Gegenwart der Commission gemacht worden.
Herr Lançon arbeitet schon seit 55 Jahren. Sein Ofen ist ohne besondere Kunst
gebauet, ohne Aschenbehaͤlter, haͤlt 4 Fuß im Durchmesser, ist
Cylindrisch, und schließt sich mit einem runden Gewoͤlbe. An der Seite
sind einige Oeffnungen, zu Luftzuͤgen, angebracht, und er heizt ihn mit
kleinen Scheiteln von trocknem Holze, 1 Fuß lang.
Herr Douault bedient sich zu seinen Schmelzungen eines Toͤpferofens, oder
eines Porcelanofens, die ihm beide zu Gebote stehn; obgleich dieses sehr
vortheilhaft waͤre, so wird er doch bald in einem besonders dazu verfertigten Ofen
seine Stoffe behandeln.
Die von beiden Kuͤnstlern verfertigten Straße, uͤbertreffen nach
dem Urtheile der Parisischen Steinschneider, alles was dahin aus Deutschland und der
Schweiz kommt.
Man erkennt in der Schrift des Herrn Lançon einen geschickten Praktiker, seine
Verhaͤltnisse sind gut; er braucht den Arsenik gar nicht, und haͤlt
ihn sogar fuͤr nachtheilig, er benuzet die Stoffe, wie der Handel sie
liefert, er faͤrbt sehr gut seine weiße Masse gruͤn, blau und
violet, und ahmet vollkommen den Schmaragd, den Saphier, und den Amethyst nach, sein
angeblicher Proceß, den Topaz zu verfertigen kann schwerlich gelingen, und er
hat ihn nicht in Gegenwart der Commission wiederhohlt, auch hat er nicht vom Rubin
gesprochen, ein Edelstein der nicht leicht nachzuahmen ist.
Dagegen giebt Herr Douault Vorschriften zu allen Schattirungen. Er wendet sehr reine
Stoffe an, und kennt ganz genau die Natur derselben; der Topaz und der Rubin
gelingen ihm sehr gut, und er findet sogleich und ohne fehlzugreifen, die verlangte
Schattirung der ersten Edelsteine.
Die Commission ist daher der Meinung, daß Herr Douault-Wieland die Bedingungen des
Programms erfuͤllt hat, und den Preis verdient.
Da aber Herr Lançon der erste war, der hierin mit dem Auslande wetteiferte,
wird fuͤr ihn die goldene Medaille vorgeschlagen, – und die Meinung
der Commission von der Gesellschaft bestuͤzt.
Herr Lasteyrie berichtete
folgendes uͤber die Preisfrage, in Bezug auf die weißen Cocons aus
chinesischen Saamen.
Eine Summe von 2000 Franks sollte unter diejenigen vertheilt werden, welche die
groͤßte Erndte solcher Cocons gewonnen haben wuͤrden. Vor mehr
als 40 Jahren hatten die
Staͤnde des Languedoc's schon versucht diese Art Seidenwuͤrmer in
Frankreich einheimisch zu machen, da diese Seide den franzoͤsischen Fabricken
unentbehrlich ist, und man sie bis dahin durch den Handel beziehen mußte;
Vorurtheile vereitelten diese ersten Bemuͤhungen; vor einigen Jahren lenkte
das Ministerium von neuem die Aufmerksamkeit auf diesen Kultur-Zweig, und
ließ Saamen vertheilen, den Herr Rocheblave sorgfaͤltig hergezogen
hatte. Zur naͤmlichen Zeit schrieb Herr Bardel (Bulletin N. 128 Seite 34)
uͤber die Ursachen und die Vorurtheile die sich der Fortpflanzung dieses
Seidenwurms in Frankreich entgegensezen, und entwickelte darin alles, was
uͤber die Erziehung dieser Wuͤrmer, und uͤber die Behandlung
ihrer Seide zu wißen noͤthig ist. Die vorgeschriebene Zeit war zu
kurz, und die Menge der verlangten Cocons zu groß, als daß man viele
Mitbewerber haͤtte erwarten koͤnnen. Es meldeten sich nur Herr
Rocheblave, im Gard-Departement, und Herr Poidebard aus Lyon. Die Gesellschaft hatte 250
Kilogrammen Cocons verlangt, Herr Rocheblave hat 2460 Kilogrammen eingeerndtet. Die Cocons sind sehr
groß, und von einem sehr schoͤnen Weiß. Herr Poidebard hat 900 Kilogrammen
gesammelt, die etwas kleiner, aber noch weißer zu seyn scheinen. Sie sind
aber nicht von so schoͤner Ruͤndung. Das Beispiel und der Eifer dieser
beiden Landwirthe haben schon mehrere Nachbarn zu dieser Kultur veranlaßt.
Auf Vorschlag der Commissaire erhielt daher, Herr Rocheblave eine Praͤmie von 1200 Franks
und Herr Poidebard ein von 800
Franks.
Herr Dartiques nahm jezt das Wort uͤber die Pflanzen,
welche Pottasche liefern.
Es war naͤmlich im Jahre 1818 ein Preis von 1500 Franks, fuͤr
denjenigen, ausgesezt worden, der, vor dem 1. Mai 1819, durch authentische Atteste,
beweisen wuͤrde, daß er ein, oder mehrere Jahre hindurch die, im
Programm bezeichneten,
Pflanzen oder aͤhnliche, wenigstens auf einem halben Hectare, angebauet habe.
Er mußte ferner die Pottasche, die sie liefern, gewonnen und diese gereiniget
haben. Man verlangte uͤber dieses von ihm eine genaue Bezeichnung der Natur
des Bodens, der Art der Behandlung, des Zeitpunkts der Erndte, und des Zustandes der
Atmosphaͤre den diese Pflanzen fordern, und endlich die Anzeige der zur
Pottaschengewinnung angewendeten Processe; und der Menge der Pottasche, die jede
Erndte gegeben hatte.
Die Gesellschaft wollte sich durch diese Vorarbeit Kenntnisse uͤber die Kultur
der Pflanzen verschaffen, die am meisten Pottasche liefern, um dadurch denjenigen,
die sich mit dem Anbau dieser Pflanzen wuͤrden beschaͤftigen wollen
einen Leitfaden an die Hand zu geben. Die mit Sorgfalt angestellten Versuche sollten
die Resultate der, in verschiedenen Zeitpunkten abgeschnittenen Pflanzen, geben,
weil man noch nicht ganz uͤber die beste Erndtezeit zum Erwerb der Pottasche,
einverstanden ist; endlich aber machte der Programm diese Bedingung nicht, man
mußte mehrere Jahre hindurch diese Arbeit fortsezen, um die Produkte von
frisch, oder fruͤher geduͤngten, oder auch von ungeduͤngten
Aeckern zu vergleichen, denn viele sind der Meinung, daß die Menge der in den
Pflanzen befindlichen Pottasche mit der Menge des Humus
oder der vegetabilischen Erde im Verhaͤltniß steht.
Nur eine einzige Schrift wurde von Herrn Boichoz, Gutsbesizer zu Braus, bei
Dôle, Gera-Departement, eingesandt. Diese Schrift ist gut
abgefaßt; der Verfasser hat alle Pflanzen angebauet, deren Saamen er sich
verschaffen konnte; es fehlten aber viele von dem im Programm angezeigten. In
Ansehung dieser Pflanzen, hat er fast alle Bedingungen des Programms
erfuͤllt, und mehrere wollten ihm den Preis zuerkennen, andre indessen waren
andrer Meinung, weil Herr Boichoz von einigen 30 verschiedenen Pflanzengattungen bloß sieben
angebauet hat. Ueberdieses hat er die Bedingungen in Bezug auf die Erndtezeit nicht
erfuͤllt, denn er hat von jeder dieser 8 Pflanzenarten nur eine Erndte
gemacht, so daß die Mehrheit entschied, daß Herr Boichoz auf den Preis
keine Anspruͤche machen kann.Einen sehr nuͤzlichen Vorschlag Pottasche aus verschiedenen Pflanzen
zu gewinnen enthaͤlt der Schluß der Abhandlung uͤber
diejenigen die rußische Soda gewonnen wird Seite 61 dieses Journals.
Erst kuͤrzlich theilte ein Korrespondent aus Oesterreich folgendes
Resultat von einem mit Wermuth auf Pottasche unternommenen Versuche mit.
„Viertausend Quadratschuhe Land, wurden im Herbst oder
vielmehr im Dezember 1818, mit 2 Wagen Duͤnger bester Art, wovon
jeder etwa 16 bis 20 Centner wog, und 2 fl. WW. kostete,
sorgfaͤltig geduͤngt, und gut untereinander gearbeitet. In
diese wurden 25 Pfund Wermuthsaamen, der aus dem Thuͤring'schen
um 10 fl. W.W. bezogen wurde, gesaͤt, leicht geegt, gewalzt und
so uͤber Winter stehen gelaßen. Im Fruͤhjahr 1819
gieng die Saat sehr dichte und schoͤn auf. Als das Kraut nicht
mehr wuchs, ward es gemaͤht und getrocknet. Im November wurde
noch eine Erndte erhalten. Der von beiden Erndten erhaltene Wermuth wog
getrocknet 30 Centner. Dieser wurde dieses Jahr unter einem
Abdampfgefaͤß, wie ein anderes Feuermaterial
allmaͤhlich verbrannt. Das Resultat gab 240 Pfund Asche, welche
sich zu unserer Verwunderung fast ganz im Wasser aufloͤsten, und
nach dem Abdampfen und Calciniren, 201 Pfund gute Pottasche gaben. Sie
enthielt zwar etwas schwefelsaures Kali, doch nicht mehr als jede andere
gute Pottasche. An Unkosten kommen in Anschlag
Mist, Zins, Arbeit des
Feldesfl. 10Saamenfl. 10Auslaugung, Abdampfung und
Calcinirungfl. 10–––––fl. 30Ertrag fuͤr 2 Centner
Pottasche à 40 fl.fl. 80ab an Unkostenfl. 30–––––bleiben Gewinnfl. 50Nach dieser Berechnung wuͤrde ein Jauchert von 40,000 Quadratschuh,
500 fl. W.W. oder 200 fl. Conv. Mz. Nuzen abwerfen. Dieses Beispiel gibt uns
einen neuen Beitrag zu sovielen anderen nuͤzlichen
Gegenstaͤnden, welche von dem Land, wirthen alle Beachtung verdienen.
Dingler. Da er indessen manches geleistet hat, so wurde fuͤr ihn eine Summe von 500 Franks oder
eine Medaille von demselben Werthe vorgeschlagen, ein Vorschlag den die Gesellschaft
genehmigte.
Indessen hat die Commission bei dieser Gelegenheit eingesehn, wie wichtig diese
Aufgabe und zugleich wie schwer die Aufloͤsung derselben ist. Sie glaubt aber
auch sich uͤberzeugt zu haben, daß die bloße Gewinnsucht nicht
geeignet ist, eine solche Aufgabe zu loͤsen, sie erfordert die
muͤhsame Arbeit von Maͤnnern, die ununterbrochen die Sache selbst vor
Augen, und zugleich die Gedult haben, sich mehrere Jahre hindurch mit dieser Arbeit
zu beschaͤftigen; dazu haben sich nun die Herrn d'Arcet, Bosc, Silvester und
d'Artiques angeboten, und die Gesellschaft selbst wird die Kosten dazu
herschiessen.
Hierauf wurden zwei neue Preise ausgesezt, fuͤr 1822, der eine von 1500 Franks
fuͤr die Vervollkommnung der Kunst des Darmbearbeiters (Boyaudier), der andere von 300 Franks fuͤr die
Bestimmung der Vortheile oder der Nachtheile die aus der Zucht der Merinos oder
ihren Bastartarten entspringen, je nachdem die Localitaͤten beschaffen sind.
Den ersten Preis gibt der Herr Anglès, Herr Ternaux den zweiten.