Titel: | Einige Worte zu den Resultaten der Versuche über die Wirkung des mit Sägespänen vermischten Schießpulvers bei Sprengarbeiten. |
Autor: | Richard Jakob August Voit [GND] |
Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XII., S. 88 |
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XII.
Einige Worte zu den Resultaten der Versuche über die Wirkung des mit Sägespänen vermischten Schießpulvers bei Sprengarbeiten.
Von dem K.B. Inspektor Voit.
Versuch über die Wirkung des mit Sägespänen vermischten Schießpulvers.
Nach der Behauptung des Majors Varnhagen in Brasilien, wird die Wirkung des
Schießpulvers durch Beimischung von trockenen Saͤgespaͤnen sehr
verstaͤrkt. Da hierdurch beim Bergbau, und uͤberhaupt bei
Sprengarbeiten sehr viel erspart werden kann, so wurde seitdem uͤber diesen
wichtigen Gegenstand viel geschrieben, auch stellte man viele, zum Theil gruͤndliche Versuche bei
verschiedenen Steinarten an, indem man zum Sprengen derselben
Saͤgespaͤne von allerlei Holzgattungen gebrauchte. Obgleich aber fast
alle Versuche guͤnstig ausfielen, so scheint man dennoch in dieser Sache
nicht einig zu seyn. Ich halte es daher nicht fuͤr
uͤberfluͤssig, folgende mir bekannt gewordene Anzeigen und Berichte
uͤber angestellte Versuchen mitzutheilen.
Im allgemeinen Anzeiger der Deutschen Nro. 272, vom Jahre 1817 stehet uͤber
diesen Gegenstand eine Bekanntmachung, welche Hrn. Dr.
Blumhof zu Ebelshausen bei Biedenkopf (jezt Professor zu Giesen) zu eigenen
Versuchen und sodann zu der Nachricht im allgemeinen Anzeiger Nro. 150. 1819
veranlaßte, daß seine Versuche vollkommen gelungen seyen, indem er bei 15 Zoll
tiefen Bohrloͤchern, mit einer Mischung von einem Loth Pulver und einem Loth
feiner Saͤgespaͤne, eben so viel ausgerichtet habe, als sonst mit 4
Loth Pulver. Auch in Nro. 126. des allgemeinen Anzeigers, vom 9. Mai 1820 befindet
sich zur Empfehlung dieser Sprengmethode eine Nachricht, in welcher auch auf das
schaͤzbare Archiv fuͤr Bergbau und Huͤttenwesen vom Herrn
Oberberg-Rath Dr. Karsten aufmerksam gemacht
wird, worin mehrere treffliche Aufsaͤze uͤber diesen Gegenstand
enthalten sind.
Im 9ten Hefte der Annalen der Physik und der physikalischen Chemie von Gilbert,
Jahrgang 1819, wurde eine neue Erklaͤrung des Herrn Professors Parrot zu
Dorpat uͤber das Sprengen der Steine mit Sandversezung aufgenommen.
Herr Ingenieur-Hauptmann Blesson giebt in den genannten Annalen, im ersten
Stuͤck vom Jahr 1820, seine Ansichten uͤber das Steinsprengen mit
Sandversezung und uͤber die Verstaͤrkung der Kraft des Pulvers durch
Saͤgespaͤne, und spricht sich hieruͤber mit vieler Sachkenntniß
aus.
Im Hesperus Nro. 27. vom Mai 1819 steht ein Bericht des graͤfl. Salmischen
Huͤtten-Inspectors Herrn Teuber zu Blansko in Maͤhren
uͤber mehrere angestellte Versuche mit einer Mischung von Pulver und
Saͤgespaͤnen bei Sprengarbeiten. Endlich findet man auch im dritten
und vierten Bande des deutschen Gewerbsfreundes Versuche uͤber ein neues
Verfahren Steine zu sprengen; es besteht dieses Verfahren nach Seite 97 bis 99 in
obiger Mischung, welche durch gruͤndlich angestellte Versuche sich als
nuͤzlich bewaͤhrt hat.
Nach dem Bericht des Herrn Ingenieur-Hauptmanns Blesson werden die
Saͤgespaͤne nach dem Sprengen nicht wiedergefunden. Vermuthlich sind
sie verkohlt, wie der beim Sprengen mit Pulver und Saͤgespaͤnen
aufsteigende Rauch zu erkennen giebt. – Haben sie aber bei der Explosion den
Verkohlungs-Prozeß erlitten, so ist dabei eine betraͤchtliche Menge
Gas als Product der Verkohlung entbunden worden, die bei der Explosion mitwirkt, und
sie ist es, was die Kraft des fehlenden Pulvers ersezt.
Es sei mir erlaubt, hier eine Erfahrung beizufuͤgen, die, wenn sie auch schon
laͤnger bekannt ist, doch am rechten Orte stehen durfte. –
Wenn auf das in's Bohrloch geschuͤttete Pulver ein Pfropf von klein
geschlagenen Ziegelstuͤcken und von Lehm, wie derselbe aus der Grube kommt,
fest aufgesezt wird, dergestalt, daß das Pulver dadurch eine Pressung
erhaͤlt; so erfolgt eine Explosion in zwei schnell aufeinander folgenden
Schlaͤgen, deren lezterer aber, wie es natuͤrlich ist, keine volle
Wirkung mehr aͤußert. Die Explosion geschieht deswegen nicht auf einmal, weil
sich das zusammengepreßte Pulver nicht auf einmal entzuͤnden kann.
Schuͤttet man hingegen das erforderliche Pulver locker in das Bohrloch, sezt
sodann auf die uͤbrige Laͤnge des Bohrloches einen starken
Stroh- oder Rohrhalm, und senkt, diesen etwas in das Pulver ein, fuͤllt hierauf das
gebohrte Loch mit feinem trockenen Sand, das Innere des Strohhalms aber mit Pulver
aus, und zuͤndet nun diese Ladung auf die gewoͤhnliche Weise an; so
erfolgt eine ploͤzliche Explosion mit Einem Schlage, weil sich das Pulver auf
einmal entzuͤndet.
Locker eingeschuͤttetes Pulver entzuͤndet sich mit einem Male, und zur
Auflockerung desselben tragen die
Saͤgespaͤne bei. Herr Teubner sagt in seinem oben angefuͤhrten
Bericht, daß das Trocknen der Saͤgespaͤne nicht zu lange fortgesezt
werden duͤrfe, damit sie nicht ihre Form, ihr natuͤrliches Ansehen,
ihre Elasticitaͤt verlieren. Gerade die Form der Saͤgespaͤne,
ihre elastischen Fasern, bewirken die Lockerheit des Pulvers und verursachen, daß
mehr Luft zwischen den Pulverkoͤrnern sich befindet; woher es denn kommt, daß
sich die ganze Ladung mit einem Mal entzuͤnden kann, und dadurch die
moͤglichst groͤßte Wirkung hervorgebracht wird. Auch das durch die
Verkohlung der Saͤgespaͤne entwickelte Gas traͤgt zur
Verstaͤrkung des Pulvers bei. Es ist also einleuchtend, daß durch dieses
Verfahren bei Sprengarbeiten eine Ersparniß an Pulver gewonnen werde.
Daß locker aufgeschuͤtteter Sand eine bessere Wirkung hervorbringe, lehrte
mich schon lange die Erfahrung; aber ich erreichte auch beinahe denselben Zweck,
wenn ich uͤber das ins Bohrloch eingeschuͤttete Pulyer einen festen
Pfropf sezte, jedoch so, daß derselbe das Pulver nicht beruͤhrte. Ich machte
diesen Versuch, weil ich uͤberzeugt war, daß das im Bohrloche befindliche
Pulver keine Compression erhalten duͤrfe, wenn es sich schnell und auf einmal
entzuͤnden soll. Langfaserige, in dieser Form wohlgetrocknete
Saͤgespaͤne von weichem Holz, sind auf alle Faͤlle die besten;
die Sandschichte uͤber dem Pulver im Bohrloche muß so hoch seyn, als die
Pulverschichte seyn muͤßte, wenn der Schuß bloß mit Pulver vollkommen
gelingen sollte. Da nun die unter das Pulver gemischte Saͤgespaͤne einen groͤßern
Raum einnehmen, als bloßes Pulver, so werden die Loͤcher auch etwas tiefer geschlagen werden muͤssen, wenn man
Saͤgespaͤne anwendet.