Titel: | Erklärung des dem Samuel Clegg, Maschinisten zu Westminster in der Grafschaft Middlesex, ertheilten Patentes auf ein verbessertes Gasometer oder auf einen verbesserten Gasbehälter. Dd. 24. Jul. 1818. |
Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XXI., S. 178 |
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XXI.
Erklärung des dem Samuel Clegg, Maschinisten zu Westminster in der Grafschaft Middlesex, ertheilten Patentes auf ein verbessertes Gasometer oder auf einen
verbesserten Gasbehälter. Dd. 24. Jul. 1818.
Aus dem Repertory of Arts, Manufactures, et Agriculture. Second Series. N. CCXX. September 1820. S. 193.
Mit Abbildungen auf Tab. XXI.
Cleggs verbessertes Gasometer.
Mein verbessertes Gasometer oder mein Gasbehaͤlter wird aus duͤnnen
Metall-Platten oder anderen schicklichen Materialien verfertigt: es hat zwei
Seiten und zwei Enden, welche oben in einen Giebel wie die Seiten eines Daches an
einander stoßen. Diese Enden und Seiten sind durch Angeln mit einander verbunden,
und die Fugen sind mit irgend einem biegsamen Materiale bedeckt, welches das Gas
zuruͤck zu halten vermag, zugleich aber auch den Seiten erlaubt sich, wie ein
Portefeuille oder eine Brieftasche zusammen zu falten. Die Seiten und Enden meines
Gasbehaͤlters oder Gashaͤlters koͤnnen also entweder flach
zusammen gefaltet und enge an einander geschlossen, oder geoͤffnet und in
Form eines Hausdaches aufgestellt werden. Die unteren Kanten der Seiten und Enden
sind in Wasser eingetaucht, um das in den Gasbehaͤlter oder in das Gasometer
eingelassene Gas abzuschließen. Je nachdem nun die Seiten und Enden des
Gasbehaͤlters geoͤffnet oder geschlossen werden, wird der innere hohle
Raum desselben nach der Menge des darin aufzunehmenden Gases entweder erweitert oder
verengert, und diese Veraͤnderung der innern Geraͤumigkeit des Gasbehaͤlters
geschieht hier ohne alle tiefe Wassergrube, ohne Wassercisterne, in welche
bekanntlich der ganze Gasbehaͤlter bei der gewoͤhnlichen Einrichtung
der steigenden und sinkenden Gasometer eingetaucht werden muß. Mein verbessertes
Gasometer fordert nur eine sehr flache Wassergrube, um die unteren Kanten der Seiten
und Enden in das Wasser einzutauchen, und das Entweichen des Gases dadurch zu
hindern.
Die unteren Kanten der Seiten und Enden des Gasbehaͤlters, welche in das
Wasser eintauchen, sind so vorgerichtet, daß sie sich auf einer horizontalen, oder
beinahe horizontalen Ebene bewegen, sobald sie geoͤffnet werden, so daß, wenn
sie geschlossen oder zusammengefaltet werden, sie nur wenig tiefer in das Wasser
eintauchen, als wenn sie offen stehen. In dieser Hinsicht wird der Giebel oder die
Vereinigung der beiden Seiten des Gasbehaͤlters oder Gasometers an der Firste
etwas erhoben, wann die Seiten sich schließen, oder sich einander naͤhern,
oder etwas niedergelassen, wann diese Seiten sich oͤffnen, und von einander
weichen. Um den ganzen Gasbehaͤlter in dieser Bewegung zu leiten, sind zwei
Stangen senkrecht auf dem Boden des Wasserbehaͤlters befestigt, und laufen
durch Stiefel in die Verbindung an der Firste des Gasbehaͤlters. Diese
Stiefel sind mit einem Halsbande von Leder umgeben, welches um die Stangen
laͤuft, oder auf irgend eine andere Weise das Entweichen des Gases hindert.
Diese senkrechten Stangen sind an ihrem oberen Ende mit Ketten gespannt, welche zu
jeder Seite an dem Grunde des Wasserbehaͤlters befestigt sind: das Gewicht
des Gasbehaͤlters wird durch starke Hebel, welche in Form eines lateinischen
L gekruͤmmt und innenwendig in dem
Gasbehaͤlter angebracht sind, im Gleichgewichte erhalten: die Hebel bewegen
sich um Central-Stifte, welche an dem Boden des Wasserbehaͤlters
befestigt sind, und durch die Winkel der L Hebel
laufen.
Die senkrechten Arme der Hebel sind an ihrem oberen Ende beinahe in der Mitte
zwischen der Firste und dem unteren Ende der Kanten an den Seiten des
Gasbehaͤlters befestigt. An den Enden der horizontalen Arme der L Hebel sind Gewichte angebracht, die dem Gewichte des
Gasbehaͤlters entgegen wirken. Beide Seiten des leztern sind mit dieser Art
von Hebeln versehen, welche, in demselben Augenblicke, als sie dessen Gewicht im
Gleichgewichte erhalten, die Firste des Gasbehaͤlters steigen und sinken
lassen, so daß die untern Kanten desselben sich in einer horizontalen oder beinahe
horizontalen Ebene und nicht in einem Kreise bewegen, wie dieß der Fall seyn
wuͤrde, wenn die Verbindung an der Firste der Mittelpunct der Bewegung
waͤre. Wenn die beiden Seiten des Gasbehaͤlters beinahe in
Beruͤhrung oder geschlossen sind, so stehen die senkrechten Arme der
oberwaͤhnten Hebel beinahe senkrecht; wenn aber die Seiten offen oder voll
einander entfernt sind, so sind die Hebelarme geneigt, und da sie an ihren unteren
Enden sich auf einer festen Stuͤze bewegen, und an ihren oberen Enden mit den
Seitenwaͤnden des Gasbehaͤlters verbunden sind, so erlauben sie dem
ganzen Gasbehaͤlter an seinen Leitstangen beinahe in demselben Grade
herabzusteigen, als die untern Kanten aufsteigen wuͤrden, wenn die Firste der
feste Punct waͤre, und die Seiten einen Kreisbogen um dieselbe beschrieben
haͤtten.
Diese leztere Bewegung ist nicht ein wesentlicher Theil meiner Erfindung, sie ist
aber sehr bequem, indem sie mit einer geringen Menge Wassers in der Cisterne
auslangen laͤßt.
Die Seiten des Gasbehaͤlters koͤnnen auch so eingerichtet seyn, daß sie
sich um die Firste als um einen festen Mittelpunkt der Bewegung drehen; dann muß
aber das Wasser in der
Cisterne eine bedeutende Tiefe besizen, um die unteren Kanten der Seiten und Enden
stets unter der Oberflaͤche des Wassers zu erhalten, weil die Seiten des
Gasbehaͤlters einen Kreisbogen beschreiben, wenn sie geoͤffnet
werden.
Um meine Erfindung noch deutlicher zu erklaͤren, habe ich eine Zeichnung
meines verbesserten Gasometers in einem nicht unbedeutenden Maßstabe
beigefuͤgt.
Fig. 1. auf
Tafel XXI (im Originale Tab. X.) stellt den ganzen Apparat im Perspective dar, wie
er in Thaͤtigkeit und zum Theile mit Gas gefuͤllt oder ausgedehnt ist.
Fig. 2.
ist ein Laͤngendurchschnitt durch die Mitte des Gasbehaͤlters und der
Cisterne. Fig.
3. ein Querdurchschnitt desselben; und Fig. 4. der horizontale
Plan eines Theiles des Gasbehaͤlters, der das Ende desselben darstellt, und
zeigt wie dasselbe zusammengefuͤgt, und das Leder daran angebracht ist, um
das Entweichen des Gases zu verhuͤthen. Dieselben Buchstaben bezeichnen
dieselben Theile in allen Figuren. A, Fig. 2. ist die
Roͤhre, welche das Gas in den Gasbehaͤlter leitet; sie steigt
senkrecht durch das Wasser in der Cisterne und hoch genug empor, um kein Wasser in
sich eindringen zu lassen. B ist die Roͤhre,
durch welche das Gas austritt, und die beinahe bis an den Gipfel des
Gasbehaͤlters reicht. Sie steht in der moͤglich groͤßten
Entfernung von A, damit das Gas gehoͤrig
abkuͤhlen, und waͤhrend des Ueberganges von einer Roͤhre zur
andern seinen Theer absezen kann. CC sind die
beiden oberwaͤhnten Leitstangen, die an ihren unteren Enden in einem Schuhe
von gegossenem Eisen DD befestigt sind, welcher
unter dem Boden der Cisterne angebracht ist: die oberen Enden werden durch Ketten
EE fest erhalten, Fig. 3, welche zu beiden
Seiten herabsteigen, und am Grunde an irgend einem Theile desselben eisernen Schuhes
befestigt sind. FGK ist der Gegendruͤcker
oder die L Hebel, welche den Gasbehaͤlter
stuͤzen oder tragen. Sie drehen sich um feste Stifte G als um ihren Mittelpunct, und werden in eigenen Stuͤcken aa des Schuhes DD getragen. Die oberen Enden F der
senkrechten Arme sind in die Eisenstangen HH
eingelenkt, die an den Seitenwaͤnden des Gasbehaͤlters angenietet oder
auf irgend eine Weise befestigt sind. Die oberen Enden der Stangen HH sind durch ein Charnier mit einander verbunden,
welches den Seitenwaͤnden gestattet so nahe an einander zu kommen, daß sie
sich endlich beinahe beruͤhren. Die Arme I der
gebogenen Hebel FGK sind mit den anderen Armen FG beinahe unter rechten Winkeln verbunden, und
die aͤußersten Enden der Arme I sind mit
Gegengewichten K beschwert, welche sich immerdar
bemuͤhen, die Arme FG in eine senkrechte
Lage zu bringen, und folglich die Seiten des Gasbehaͤlters zu schließen, und
das Gas durch die Ausfuͤhrungs-Roͤhre B auszutreiben. Drei Paare solcher L Hebel
sind in Fig.
2. dargestellt; sie sind der Laͤnge des Gasbehaͤlters nach
an verschiedenen Stellen angebracht, um ihn daselbst zu stuͤzen, und ihn zu
hindern, daß er seine Gestalt durch das einwirkende Gewicht veraͤndere:
mehrere oder wenigere solche Hebel werden nach der verschiedenen Groͤße des
Gasbehaͤlters nothwendig werden. Die Hebel-Paare FGK stehen, Stuͤck vor Stuͤck, auf
demselben Mittelstifte und kreuzen sich, wie Fig. 4 zeigt, wo die
Gegengewichte RR
Der Uebersezer findet RR nicht, sieht aber
die Gegengewichte. A. d. U. an den Enden der Arme I gleichfalls angezeigt
sind. Sie sind lange Stuͤcke Eisen, welche von dem einen Hebel K bis zu dem anderen laufen. Im Boden der Cisterne, wie
man in Fig.
3. sieht, befindet sich eine Hoͤhlung, welche den Armen I und den Gegengewichten K
im Laufe ihrer Bewegung erlaubt unter die Kanten des Gasbehaͤlters
hinabzusteigen. Die Seiten des Gasbehaͤlters sind oben oder an der Firste
kuͤrzer als an
den unteren Kanten, wie Fig. 2. zeigt, damit
diese sich in einer horizontalen oder beinahe horizontalen Ebene bewegen
koͤnnen. Jedes der Schlußenden, die sich zusammenlegen, besteht aus 2
dreieckigen Flaͤchen NO, Fig. 4, die bei dem
Puncte P mit einander vereinigt sind. Jede dieser
Flaͤchen ist wieder mit ihren zunaͤchst stehenden
Seitenflaͤchen LM bei cc verbunden, und diese Vereinigungs-Puncte
P und cc werden
durch ein in dem Winkel e eingeschobenes Stuͤck
Leder, geoͤhltes Tuch, oder eine aͤhnliche biegsame Materie luftdicht
gemacht: diese Sicherung laͤuft uͤber die Verbindung bei P hin, und ihre Kanten sind unter schmalen
Metall-Streifen, die an den Seiten und Endwaͤnden angenietet sind,
befestigt.
Fig. 4. zeigt
die Endstuͤcke NO, wann der
Gasbehaͤlter beinahe vollkommen ausgedehnt ist; wann er hingegen geschlossen
ist, nehmen die Endtheile NO die Lage an, welche
die getuͤpfelten Linien zeigen. LM, Fig. 4, zeigt,
wie die Enden der beiden Seitenwaͤnde auswaͤrts bei bb gekehrt sind, um dadurch Festigkeit und
Steifheit zu erlangen. Da alle Fugen sehr beweglich und durch
Metall-Charnieren oder Angeln sehr fest angelegt sind, so erleidet das Leder
keine Gewalt, und dient bloß zur Verhinderung des Entweichens des Gases. Das Leder
wird folglich lang dauern. RR sind die Streifen
Leders, durch welche der Austritt des Gases oben in der Firste bei dem Durchgange
der Leitstangen C gehindert wird. Die Cisterne muß so
weit mit Wasser angefuͤllt werden, daß die unteren Kanten der Seiten und
Enden des Gasbehaͤlters einige Zoll tief im Wasser stehen; c die Gegengewichte, und k
streben die Seitenwaͤnde an einander zu bringen und das in dem
Gasbehaͤlter enthaltene Gas durch die Roͤhre B auszutreiben. Die Gegengewichte sind mit solcher Schwere
ausgeruͤstet, daß sie das Gas mit dem gehoͤrigen Drucke
austreiben.
Wenn mehr Gas durch die Roͤhre A
einstroͤmt, so druͤckt dieses auf die Seitenwaͤnde des
Gasbehaͤlters und bewegt dieselben, da sie in der Firste beweglich verbunden
sind, auswaͤrts.
S ist ein Saͤuberungs-Loch an der Seite
des Gasbehaͤlters (Fig. 1–2), durch
welches ein Mann hinkriechen kann, wenn irgend eine Ausbesserung noͤthig
wird, oder wenn Oehl gegeben werden muß, oder die Haltleder ee untersucht werden sollen. Dieses Loch wird
durch eine aufgeschraubte Thuͤre geschlossen.
Form und Groͤße und selbst die Materialien meines Gasbehaͤlters
koͤnnen nach Belieben veraͤndert werden, ohne daß es noͤthig
waͤre von irgend einer seiner wesentlichen Eigenschaften, nach welchen er
hier beschrieben wurde, abzuweichen; so koͤnnen z.B. die Enden des
Gasbehaͤlters, wenn man es so noͤthig faͤnde, aus mehr als zwei
sich zusammenlegenden Waͤnden bestehen, und die Hebel FG koͤnnen in Hinsicht auf Zahl, Form und
Verhaͤltniß verschieden seyn, wenn sie nur Kraft genug besizen, den
Waͤnden das Gleichgewicht zu halten, und die unteren Kanten des
Gasbehaͤlters in einer beinahe horizontalen Ebene sich bewegen zu lassen.
Diese Balancier-Hebel koͤnnen auch ganz bei Seite gelegt, und der
Gasbehaͤlter an der obersten Stelle der Leitstangen cc, ohne sich jedoch an denselben auf und nieder
zu bewegen, aufgehaͤngt werden: in diesem Falle ist aber mehr Wasser in der
Cisterne noͤthig um die untere Oeffnung des Gasbehaͤlters stets
eingetaucht zu erhalten. Das Gewicht der Waͤnde des Gasbehaͤlters wird
dann kraͤftig genug wirken, um die Waͤnde zu schließen oder in eine
senkrechte Lage zu bringen, und so das Gas auszutreiben. Urkunde dessen etc.
Bemerkungen des Patenttraͤgers.
Der große Vortheil, den diese Art von Gasbehaͤltern gewaͤhrt, ist die
Ersparung der bei den bisherigen nach dem gewoͤhnlichen Plane angelegten
Gasbeleuchtung-Anstalten ungeheueren Ausgaben und Kosten: denn, so lang man
dabei beharrt, den Gasbehaͤlter mit einem kostspieligen Gebaͤude zu
umgeben, kann die Gasbeleuchtung nicht mit Vortheile in kleinen Staͤdten
eingefuͤhrt werden.
Ein Gasbehaͤlter von 30,000 Kubikfuß-Gehalt nach dem alten Plane mit
Wassersumpfen Gegengewichten etc. und den gewoͤhnlichen Gebaͤuden
kostet meistens 2,300 Pf. Sterl.
Ein nach dem hier beschriebenen Plane erbauter Gasbehaͤlter von 30,000
Kubikfuß Inhalt wird, sammt der Cisterne und jedem zur Arbeit desselben
noͤthigen Artikel, nur 800 Pf. Sterl. kostenIst aber diese neue Vorrichtung an dem Gasbehaͤlter bereits irgendwo
in England eingefuͤhrt? hat bereits die Erfahrung mehrerer Jahre ihre
Brauchbarkeit erwiesen? dieß wuͤnschte der Uebersezer, dem Erfahrung
uͤber alles geht, durch das Zeugniß derjenigen Staͤdte
erwiesen zu sehen, in welchen diese neuen Gasbehaͤlter
eingefuͤhrt sind. A. d. Uebers..