Titel: | Auszug aus dem Berichte der Central-Jury über die im Jahre 1819 im Louvre ausgestellten Erzeugnisse des französischen Kunstfleißes. |
Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XXXI., S. 229 |
Download: | XML |
XXXI.
Auszug aus dem Berichte der Central-Jury über die im Jahre 1819 im Louvre ausgestellten Erzeugnisse des französischen Kunstfleißes.
Aus den Annalen der Chemie und Physik der Hrn. Gay-Lussac und Arago. Tom. XIII.
Ueber die ausgestellten Erzeugnisse des französischen Kunstfleißes.
Auf Befehl des Ministers des Innern, wurde der Bericht der Zentral-Jury,
welche mit der Untersuchung der im Jahre 1819 im Louvre ausgestellten Erzeugnisse
franzoͤsischen Kunststeines beauftragt war, der Oeffentlichkeit
uͤbergeben; er ist in 8° ohngefaͤhr 500 Seiten stark und
enthaͤlt die Namen jener Fabrikanten und Kuͤnstler, welche Medaillen
oder sonstige Auszeichnungen erhielten. Hr. L. Costaz, Verfasser dieses Werkes, hat
es sich vorzuͤglich angelegen seyn lassen, durch kurze und dennoch sehr
interessante Anmerkungen, die Fortschritte, welche in jedem Zweige der Industrie von
der Ausstellung im Jahre 1806 an bis auf die von 1819 gemacht worden sind,
nachzuweisen.
Bei dieser wirklich muͤhvollen Ausarbeitung hatte Hr. Costaz stets die
einzelnen Berichte der verschiedenen Kommissionen der Jury vor Augen. Dieß allein
waͤre genug um jeden Argwohn eines eingeschlichenen Fehlers zu entfernen,
wenn nicht schon au und fuͤr sich die Bielseitigkeit der Kenntnisse, das
lange pracktische Leben, und die anerkannte Unpartheilichkeit des Hrn. Verfassers,
hinlaͤngliche Buͤrgschaft gewahren sollten. Wir haben diese Notizen
gesammelt, und werden sie nach und nach den Lesern als ein treues Gemaͤhlde
des gegenwaͤrtigen Zustandes der franzoͤsischen Industrie
mittheilen.
Wir beginnen fuͤr jezt mit den sich auf Chemie beziehenden Artikeln.
Chemische Kuͤnste und Erzeugnisse.
Frankreich hat die chemischen Kuͤnste seit der Epoche, wo ihre Mutter die
Wissenschaft unter den Augen dieser lebenden Generation ihre Kraͤfte so
herrlich entwikelte, beinahe gaͤnzlich aus sich groß geschaffen. Die Jahre
1780 und 1790 muͤssen wir hervorrufen, um in die Presenwerkstaͤtte
dieser Wissenschaft einzudringen; sie sind es, die sie zu dem Range der sicheren
Wissenschaften dadurch erhoben, daß sie dieselbe auf eine unerschuͤtterliche
Grundlage gestellt haben, und ihr eine erforderliche und regelmaͤßige Sprache
erhellten.
Von diesem Zeitraume bezogen wir beinahe lediglich vom Auslande die Alaune
fuͤr unsere Faͤrbereien, die unentbehrliche Sode fuͤr unsere
Glasfabriken und Seifensiedereien, eben so schwefelsaures
Kupfer, schwefelsaures Eisen, Schwefelsaͤure, kurz eine Menge
anderer theils als chemisches Agens oder Ingredienz noͤthigen Substanzen.
Heutigen Tages liefert Frankreich alle diese Gegenstaͤnde selbst von
vorzuͤglicher Guͤte und in solchem Ueberflusse, daß es andern Nationen
davon abtreten koͤnnte. Es liegt ausser unserm Zwecke umstaͤndlich
alle Dienste aufzuzaͤhlen, welche die Chemie seit 30 Jahren den
Kuͤnsten leistete. Wir beschraͤnken uns auf einen uns naͤher
liegenden Zeitraum, naͤmlich auf den von der lezten Ausstellung im Jahre 1806
bis auf den gegenwaͤrtigen Tag.
Die Fortschritte, welche die Chemie in dieser Epoche gemacht hat, sind
außerordentlich und merkwuͤrdig.
Die Bereitung der Saͤuren und die der Salze haben sich sehr vermehrt. Ganz
Frankreich wetteifert in dieser Beziehung. Das Verfahren dabei hat sich sehr
vervollkommnet, und der Ankaufspreiß der Erzeugnisse ist bedeutend gefallen.
Als ein Beispiel davon fuͤhren wir die Preise von der Schwefelsaͤure
und der Soda an: sie sind beinahe um das 10te ihres ehemaligen Preißes gesunken.
Soda.
Das Verfahren Soda durch Zersezung von Meersalz (sel
marin) zu erhalten, verdankt man dem verstorbenen Hrn. Leblanc; er hat die
ersten Versuche im Großen gemacht; allein dem Reverbier Ofen hatte er noch nicht die
geeignete Form gegeben; er erzielte daher nur unvollkommene Resultate, und erlebte
es nicht aus diesem Verfahren die Grundlage eines vortheilhaften Zweiges der
Industrie hervorgehen zu sehen. Hr. d'Arcet beobachtete, daß die Unvollkommenheit
der Resultate von der Form des Ofens herruͤhre, und aͤnderte diese mit
dem groͤßten Erfolge ab. Von dem an wurde die Bereitung der
kuͤnstlichen Soda (dieß ist her Name fuͤr die aus der Zersezung des
Meersalzes sich ergebenden) ein fortlaufender Industrie-Artikel. Lange wurde
die kuͤnstliche Soda von Vorurtheilen verworfen; aber die Erfahrung hat sie
alle niedergekaͤmpft.
Bei der Ausstellung von 1806 bemerkte man, daß die Spiegelglaͤser von
Saint-Gobin, die schoͤnsten, die man jezt in Europa kennt (?), aus
franzoͤsischer Soda gemacht waren, welche aus Meersalz erzeugt wurdeMan vergl. die 28te Anmerk. S. 165 in diesem Hefte. Die deutsche
Glasfabriken, die doch bis jezt die schoͤnste Spiegelglaͤser
erzeugten, bedienen sich ausschließlich der Pottasche. D.: seit der Zeit war die Bereitung der Soda fuͤr gut gesprochen. Die
Kunst diese Substanz zu erzeugen ist auf einen so hohen Grad von Vollkommenheit
gebracht worden, daß sie gegenwaͤrtig ein Handelsartikel geworden ist,
welcher fuͤr das Beduͤrfniß jeder andern Kunst nach den
eigenthuͤmlichen Graden bereitet, abgegeben wird. Vor der Einrichtung dieses
neuen Industriezweiges lieferte das Ausland beinahe allein die fuͤr unsere
Kuͤnste noͤthigen Soden. Sie wurden unter dem Namen Soda von Alicante,
Asche von Sizilien, egyptisches Natrum eingefuͤhrt. Heutzutage erhaͤlt
Frankreich nur mehr sehr geringe Quantitaͤten von diesen SodenVorzuͤglich noch fuͤr die Adrianopolrothfaͤrbereien,
fuͤr die sich troz aller Anpreisungen dann doch die durch
Ausscheidung gewonnene Soda noch nicht ganz eignet, indem man mit einer von
solcher Soda bereiteten schwachen Lauge keine, sich nicht leicht zersezende,
gleichfoͤrmige oͤligseifige Verbindung darstellen kann. Man
vergl. hiemit die Abhandlung des Hrn. Morian im 2 Bd. 1 Heft S. 68. in
diesem Journale. D..
Alaun.
Die Bereitung des Alauns hat sich seit der Ausstellung von 1806 sehr verbessert, und
erhielt einen hohen Grad von Vollkommenheit. Allein der Gebrauch seiner Erzeugnisse
hat mit den vorgefaßten Meinungen einiger Manufakturisten immer noch einen Zweikampf
zu bestehen, und jedes Jahr wird eine bedeutende Menge des Alauns von Rom
eingefuͤhrt. Am den Grund dieser Vorurtheile kraͤftig zu beleuchten,
erachtete es die Jury fuͤr noͤthig, alle auf der Ausstellung
erschienene Alaune einer genauen Untersuchung zu unterwerfen.
Eine unter der besonderen Beguͤnstigung der Aufmunterungs-Gesellschaft
im Jahre 1805 durch die Hrn. Roard und Thenard uͤbernommene ArbeitWir theilten diese Untersuchung in unserm neuen Journal fuͤr die
Druck-Faͤrbe- und Bleichkunst im 1 Bde. S. 128 u.f.
mit. D. bestaͤttigte, daß die Ursache der Verschiedenheit der Alaune in
Anwendung auf Faͤrberei, von dem Verhaͤltnisse herruͤhre, in
welchem sie mehr oder minder schwefelsaures Eisen enthalten. Dieser Eisenstoff ist
nicht einmal immer schaͤdlich; im Gegentheil ist ein solcher eisenhaltiger
Alaun fuͤr Arbeiten in Leder, fuͤr Wollenfaͤrberei, wenn man eine dunkle
Farbe erzeugen will, vorzuͤglich gesucht; aber er hat dabei das Unangenehme,
daß er die lebhaften und lichten Schattirungen etwas matt macht, was vornehmlich der
Fall ist, wenn man ihn bei Seidenstoffen anwendet. Der Alaun von Rom enthaͤlt
gar kein Eisen, oder doch nur in sehr geringem Grade, daher ihn die Faͤrber
fuͤr den lezteren Gebrauch dem gewoͤhnlichen Alaune, welcher weit mehr
Eisen haͤlt, vorziehen. Die Hrn. Roard und Thenard aber haben gezeigt, daß man vermittelst der
Krystallisirung jede Art von Alaun ganz rein herstellen koͤnne.
Nicht auf bloßem Ausspruch der Theorie beruhet die Behauptung, daß die durch eine
sehr sorgfaͤltige Krystallisirung gereinigte Alaune den Alaun von Rom
vollkommen ersezen. Hrn. Roard bewiesen haͤufige
Versuche, die alle mit der diesem Chemiker ganz besondern eigenen Genauigkeit
angestellt wurden, daß die franzoͤsischen Alaune, gut zubereitet, fuͤr
die zartesten Schattirungen auf Seidenstoffe ebenso vortheilhafte als der
roͤmische sind. Diese Resultate bestaͤtigt der Graf de la
Boulaie-Marillac, durch seine Versuche mit den Gobelins. Er ließ, der
Vergleichung wegen, mehrere Seidenbuͤschel mit Cochenille, Wau und gelben
Faͤrbeholz faͤrben, und nahm zu den einen roͤmischen, zu den
andern nach der Manier des Hrn. Chaptal und d'Arcet gereinigten Alaun; bei keinem
dieser Buͤschel zeigte sich eine Verschiedenheit in den Farben.
Essigsaͤure aus Holz bereitet.
Die Bereitung der Essigsaͤure durch Verkohlung des
Holzes ist eine neue Erfindung. Vor dem Jahre 1806 hatte man zwar bereits
einige Versuche gemacht; aber erst in der gegenwaͤrtigen Zeit wurde das
Verfahren in seinem ganzen Umfange festgestellt, und hie Anwendung desselben mit großem Erfolg
eingefuͤhrt. Mehrere Kuͤnste von Belang, wie die Faͤrbereien,
die Zeugdruckereien gebrauchen die Essigsaͤure unter Gestalt des essigsauren
Bleies oder Eisens.Hr. Mollerat hat die Kunst, Essigsaͤure (acidum
aceticum) aus Holz zu erhalten, darinn vervollkommnet, daß er
dieses verkohlt: er konzentrirt diese Saͤure dergestalt, daß sie sich
bei einer maͤsigen Temperatur krystallisirt, und er bringt sie in den
moͤglichst reinsten Zustand, so daß die einzelnen Krystallisationen
weiß und durchsichtig sind, wie Eiß vom reinen Wasser. Dadurch hat er den
Kuͤnsten, die Essigsaͤure brauchen, großen Dienst geleistet.
(Das Verfahren die Essigsaͤure aus der Holzsaͤure rein
darzustellen, werden wir in einem der naͤchsten Hefte dieses Journal
mittheilen. D.).
Die Herrn Mollerat zu Pouilly (an der Gold-Kuͤste), Payen und Pluvinet
haben Salmiack aus ihrer Fabrik auf die Ausstellung gebracht, welcher den
auslaͤndischen ganz ersezt.
Herr Jakob von Marseille hat Borax geliefert, den er aus Boraxsaͤure erzeugte:
dieß ist eine neue Erfindung.
Bleiweiß (feines).
Unsern Bedarf an Bleiweiß lieferte groͤßtentheils das Ausland bis zur
Entstehung der Fabrik von Clichy. Das Bleiweiß von dieser Fabrik ist von erster
Qualitaͤt. Bei der Ausstellung wurde eine mehrere Jahre hindurch in den
Conservatorium der Kuͤnste und Gewerbe aufbewahrte Tafel vorgezeigt, auf
welcher das Bleiweiß von Clichy neben hollaͤndischem zu sehen war. Die eine
Haͤlfte der Tafel war mit jenem, die andere mit diesem uͤberzogen. Das
Bleiweiß von Clichy hatte seine Weiße unveraͤndert behalten; waͤhrend
das von Holland matt geworden war, und ins Gelbe hinuͤber spielteDer Hr. Berichterstatter haͤtte uns auch sagen sollen, ob das zur
Vergleichung der Guͤte gewaͤhlte hollaͤndische Bleiweiß
auch reiner Bleikalk (kohlensaures Blei) gewesen ist; denn auch in Holland
wird wie in allen andern Bleiweißfabriken der Bleikalk mit wohlfeilern
Materialien zur Malerfarbe vermischt und das Praͤparat dadurch
verfaͤlscht. Diese Verfaͤlschungs- oder wie man in
diesen Etablissements sagt Prolongationsmittel sind: schwefelsaures Blei,
schwere Kreide, Gyps, Kalkspat, Schwerspat, Talkerde, Thonerde u.s.w. wie
sie sich durch ihre oͤrtliche Lage die Fabriken am wohlfeilsten
anschaffen koͤnnen. Die Menge des Zusazes des einen oder andern der
eben genannten Materialien zu dem Bleikalk richtet sich nach dem
hoͤhern oder geringern Verkaufspreiß des Farbmaterials. D.. Eine zweite Tafel diente zum Beweise, daß es die Farben, mit denen es
gemischt wird, besser erhaͤlt.
Hr. Desmoulins, Zinnoberfabrikant, stellte Muster seines Zinnobers aus; es ist der
schoͤnste, der in Frankreich bereitet wird.
Hr. Rouques, d'Aby (Tarn) zeigte Pastell-Indigo vor, der dem besten indischen
Indigo nicht nachgiebt.
Seifen.
Die Bereitung der Seife ist seit der Ausstellung von 1806 sehr vorgeschritten.
Fruͤher war sie etwas ganz Fremdes in Paris. Die am meisten gesuchte Seife
wird aus bisher wenig geschaͤzten Stoffen bereitetDie Wahl solcher Stoffe welche bisher wenig beachtet und gute Seife liefern,
verdienen unsere ganze Aufmerksamkeit. Das Seifesieden duͤrfte bei
uns sowohl in den Verhaͤltnissen der Lauge zu den Fetten, als auch im
Sieden selbst auf festere Grundsaͤze zuruͤck gefuͤhrt
werden, dann wuͤrden wir nicht nur bessere, sondern auch viel
wohlfeilere Seife erhalten. D.. Das Verfahren dabei verdankt man dem Hrn. d'Arcet.
Erzeugnisse von Nahrungs-Stoffen.
Zucker.
Die Verfertigung des Runkelruͤbenzuckers hatte vorzuͤglich deshalb
guten Fortgang, weil derselbe wegen den starken Taxen-Auflagen
fuͤr die Einfuhr des Zuckers, selbst in hohem Preise stand; nachdem aber
der Abschlag oder wenigstens die Verminderung der Einfuhrzoͤlle, den
auslaͤndischen Zucker mit dem in Frankreich bereiteten in Konkurrenz
gesezt hatte, glaubte man, das Unternehmen aufgeben zu muͤssen, weil nun
wenig Sicherheit dabei waͤre. Doch hat Hr. v. Chaptals Beharrlichkeit,
und die Vollkommenheit, die er allen Theilen des Verfahrens dabei zu geben
wußte, diese Kunst so sehr gehoben, daß wir hoffen duͤrfen, Frankreich
koͤnne sich seinen noͤthigen Bedarf an Zucker selbst bereitenAuch bei uns in Deutschland duͤrfte die Gewinnung des Zucker aus
Runkelruͤben fuͤr die Unternehmer noch mit großem Vortheil
verbunden seyn, wenn die zahlreichen Erfahrungen benuͤzt und die
Fabrikation auf einem hierzu geeigneten landwirthschaftlichen Lokale
unternommen wuͤrde. Ist die Angabe des Hrn. Ferdinand
Muͤzel in Krayn in Schlesien, welche derselbe im Allg. Anzeiger
der Deutschen Nro. 101. 1819 mittheilte richtig, so duͤrfte jedem
wohlhabenden Guͤterbesizer zu diesem Unternehmen zu rathen seyn.
D..
Es ist entschieden, daß der aus Runkelruͤben bereitete Zucker mit dem,
welchen das Zuckerrohr liefert, von gleichartiger Substanz ist. Auch hat die
Erfahrung bewiesen, daß der Anbau der Runkelruͤben zur Zuckerfabrikation
das Wachsthum des auf solche Felder unmittelbar hernach gesaͤeten Kornes
befoͤrdere, und daß der Abfall von den Runkelruͤben ein ganz
vorzuͤgliches Futter fuͤr das Vieh gebe.
Ausser dem Zucker liefern die Runkelruͤbenzucker-Fabriken auch aus
dem Syrup eine bedeutende Menge Brandwein, und beschaͤftigen den Winter
uͤber eine große Anzahl Arbeiter. Demnach verdient in vielfacher Hinsicht
dieser neue Industrie-Zweig die oͤffentliche Aufmerksamkeit und
die Unterstuͤzung der Regierung. Seit 1806 hat die Kunst den Zucker zu
laͤutern, große Fortschritte gemacht. Hr. Charles von Rosne wendet dabei die thierische
Kohle an, wodurch die Verfertigung des Runkelruͤbenzuckers sehr
erleichtert, und die Laͤuterung des Zuckers aus Zuckerrohr sehr
vervollkommt wird.
Gallert.
Lange schon hatten Maͤnner, welche sich mit dem oͤffentlichen Wohl
und der Verbesserung des Schiksales der aͤrmern Klasse
beschaͤftigten, ihr Augenmerk auf die in den Knochen befindlichen
Gallerte, und auf die bedeutende Menge des daraus zu erzielenden Nahrungsstoffes
gerichtet. Um den Extrakt zu erhalten, machte man den Vorschlag, die Knochen
durch Zerstoßen in den Zustand der Verschmelzung zu bringen, oder dazu den
papininischen Topf zu gebrauchen; bald aber gab man diese Mittel wieder auf,
oder brachte sie nur mit geringem Erfolg in Anwendung. Endlich schlug Hr.
d'Arcet vor, durch Salzsaͤure den phosphorsauren Kalk, der einigermaßen
in den Knochentheilen sich findet, aufzuloͤßen, und so die reine
Gallerte, der diese Saͤure unschaͤdlich ist, darzustellen. Dieses
Verfahren kroͤnte der beste Erfolg.
Bei der Ausstellung sahe man Koͤpfe von Ochsen, welche, auf diese Art
behandelt, noch die ganze Form des Skelettes beibehalten hattenNoch hat sich kein deutscher Chemiker ernstlich die Muͤhe genommen
das Verfahren des Hrn. d'Arcet die phosphorsaure Kalkerde durch
Salzsaͤure von der Gallerte auszuscheiden, zu pruͤfen und
das Verfahren zur Darstellung im Großen bekannt zu machen. Es
waͤre der Gemeinnuͤzigkeit des Gegenstandes wegen recht
sehr zu wuͤnschen, daß sich jemand dieser hoͤchst
dankbaren Arbeit unterzoͤge und das ausgemittelte Verfahren
mittelst Salzsaͤure den phosphorsauren Kalk von der Gallerte im
Großen mir Sicherheit abzuscheiden faßlich und verstaͤndlich
mittheilte. D..
Die so aus den Knochen bereitete Gallerte dient zu mannichfaltigem Gebrauch. Verschiedenartig
bereitet benuͤzt man sie zur Nahrung; auch liefert sie den besten Leim.
Es hat sich gezeigt, daß diese Substanz als Nahrungsmittel angewendet sehr
nahrhaft, leicht verdaulich und heilsam ist.
Der Menschheit leistet demnach einen wesentlichen Dienst die Entdeckung eines
Verfahrens, welches eine gesunde und angenehme Nahrung aus Stoffen bereitet, die
sonst als unnuͤz weggeworfen wurden. Noch einen andern Vortheil
gewaͤhrt diese Kunst dadurch, daß sie die Salzsaͤure, die in
Ueberfluß in den Sodafabriken durch Zersezung des Meersalzes bereitet wird, aber
nur sehr wenig Abgang hatte, in Preiß gesezt hat.
Fluͤßige Nahrungsmittel.
Hr. Clement hat das Verfahren, Brandwein aus Kartoffelabfaͤllen zu brennen, vervollkommnet. Seine vorgezeigten
Muster von solchem Brandwein waren von vorzuͤglicher Guͤte, und
trefflich der aus diesem erzeugte Anisett.
Toͤpfer- und Porzellain-Waaren.
Hr. Utzschneider von Saargemuͤnd (Moselle) ist Erfinder der schoͤnen,
bei der Ausstellung bewunderten, gebrannten Erden. Sie ahmen den Porphyr, Agat und
Jaspis im Ansehen sowohl als in der Haͤrte nach; auch in gemeinen
Toͤpferwaaren hat er sehr vieles mit Erfolg geleistet.
Die Verfertigung von Porzellain ist um die Mitte des 18 Jahrhunderts in Frankreich
einheimisch gewordenNach Chaptal sollen sich in Frankreich sechzig Porzellainfabriken, und davon
ein und zwanzig in Paris befinden. Hr. Brogniart kannte im Jahre 1808 in
Paris nur fuͤnfzehn, die zusammen im Durchschnitte achthundert
Arbeiter beschaͤftigten. In den Departements waren ihm die Fabriken
von Fontainebleau, Limoge und Paen bekannt. Jezt befinden sich in dem
Departement Haut-Vienne fuͤnf Porzellainfabriken, die mit 200,600 Fr.
Unkosten 230,400 Fr. Waare erzeugen und zweihundert Menschen
beschaͤftigen. Sie beziehen ihre Porzellainerde saͤmmtlich von
Limoge. Die aͤlteste und vorzuͤglichste ist die
koͤnigl. Fabrik zu Sevres, welche im Jahr 1769 anfing aͤchtes
Steinporzellain (porcelaine dure) zu
verfertigen. Die Ehre der Erfindung des Porzellain gehoͤrt wie so
manche andere wichtige Erfindung den Chinesen. In
Deutschland ist der Apotheckergehuͤlfe Joh.
Friedr. Boͤttger aus Schleiz im Voigtland (am 4. Febr. 1682
geboren) Erfinder dieser wichtigen Fabrikazion. Im Jahre 1710 wurde durch
ihn die Porzellainfabrike in der Albrechtsburg zu
Meißen errichtet, und in diesem Jahre das erste europaͤische
Porzellain auf der Ostermesse zu Leipzig verkauft. Die erste Tochter der Meißner Porzellainfabrike war die Wiener, welche in verbothener Liebe erzeugt
wurde. Die Gesellschaft erhielt am 27. Mai 1718 von Kaiser Karl VI. ein ausschließendes Privilegium auf 25 Jahre. Pasquier, Mitgruͤnder und Besizer dieser
Fabrik, mußte sie im Jahre 1744 gegen Uebernehmung von 45,459 fl. Schulden
dem k. Aerar uͤberlassen, in dessen Besize sie sich dermalen noch,
und zwar in einem bluͤhenden Zustande befindet. Die Porzellainfabrike
zu Hoͤchst wurde im Iahte 1740 durch Mitwirkung eines Arbeiters
Namens Ringler aus der Wiener Fabrike errichtet.
Dieser hat das Geheimniß der Massemischung und eine Zeichnung vom Ofen dahin
gebracht, und sofort aus Passauer Erde gutes Porzellain erzeugt. Diese
Fabrik gieng 1795 durch den Krieg zu Grunde. Die Fabrik zu Fuͤrstenberg an der Weser wurde 1744, die
zu Ludwigsburg 1758, jene zu Bruckberg im Anspachischen 1759 errichtet. Die
Gruͤndung der Nymphenburger
Porzellainfabrik faͤllt in das Jahr 1747. Die im Jahre 1754 zu Frankenthal in der Rheinpfalz von Ringler errichtete Fabrik wurde im Jahre 1799 mit
der Nymphenburger vereinigt. Die Porzellainmanufaktur in Berlin wurde 1751
von dem Kaufman Wegeli gegruͤndet, und
1763 von der Regierung um 225,000 Thaler uͤbernommen. Die Fabriken
von Florenz und Neapel
sind von neuerer Entstehung. Die Porzellainfabrik in Koppenhagen entstand im
Jahre 1778. Auch hat Rußland fuͤnf Porzellainfabriken, wovon die zwei
großen (die kaiserl. zu St. Petersburg, und die
einem Englaͤnder gehoͤrige zu Dimitrow in der Stadthalterschaft Moskwa) uͤber
sechshundert Arbeiter beschaͤftigen sollen, die aber bis jezt noch
keines dem auslaͤndischen gleichkommendes gutes Porzellain liefern.
Die drei kleineren sind zu Riga, Sjemsk, und in
Oberzahlen in Liefland. Bei dem
taͤglich groͤßer werdenden Bedarf an diesen Geschirren
koͤnnten noch mehrere Etablissements ihre Rechnung finden,
vorzuͤglich wenn bei einer mehr oͤkonomischen Regie sich
Gefaͤlligkeit in den Formen und Geschmack in der Mahlerei vereinen.
D..
Diese Kunst erbluͤht recht erfreulich durch die Aufmunterung der Regierung.
Anfangs betrachtete man sie hie und da nur als einen Gegenstand des Luxus; aber sie
ist nun so ziemlich ins Leben getreten, und ward dadurch ein bedeutender Zweig der
National-Industrie, der sich durch sich selbst erhaͤlt, und ergiebigen
Handel treibt.
Frankreich hat hierin entschieden die Oberhand. Ganz Europa sucht Porzellain von
Sevres. Diese beruͤhmte Manufaktur, unablaͤssig bemuͤht die
Arbeit zu vervollkommnen und das Verfahren zu verbessern, kann man als die Mutter der in Frankreich nun
begruͤndeten Verfertigung von Porzellain betrachten. Durch ihr Beispiel
treibt sie taͤglich zur Vervollkommnung dieser Kunst an. Ihre Belehrungen
sind vorzuͤglich, ihre Arbeiter unterrichtet, und der Nachahmungseifer bei
den verschiedenen Privatunternehmern brennend.
Gegenwaͤrtig zerfaͤllt die Verfertigung des Porzellains in zwei
verschiedene, fuͤr sich allein bestehende Industriezweige: der eine behandelt
die unmittelbar weiß gebrannten Stuͤcke, der andere die hernach
anzubringenden Verzierungen.
Weißes Porzellain.
Um gutes Porzellain zu verfertigen sind zwei Dinge nothwendig.
1) Muß die Masse fest seyn, d.h. sie muß den Veraͤnderungen der Temperatur,
und selbst dem Anstoßen im haͤuslichen Gebrauche widerstehen.
2) Muß die Glasur nicht jenen Fehler haben, den man Aufriß (tresaillure) nennt, und der sich dadurch zeigt, daß bei der geringsten
Veraͤnderung die Glasur Risse bekoͤmmt.
Noch andere Eigenschaften, als z.B. die Weiße der Masse, die vollkommen reine Glasur,
die Leichtigkeit des Stuͤckes, die Reinheit der aͤußern Seiten, die
Feinheit und Richtigkeit der Raͤnder, gehoͤren zu einer
vorzuͤglichen Bearbeitung, und vermehren die Schoͤnheit und den Werth
des Porzellains. Wo indessen hieran es fehlt, da kann man die Preiße herabsezen,
aber nichts kann die Fehler der Zerbrechlichkeit und der Einrisse verguͤten.
Alles so verunstaltete Porzellain ist durchaus schlecht; die Kaͤufer
moͤgen es zuruͤck schieben; und aus der Werkstaͤtte eines
sorgsamen Fabrikanten sollte nie solches hervorgehen.
Zur Zeit der Ausstellung von 1806 war die Kunst, Porzellain zu machen,
vorzuͤglich den Teig dazu zu bereiten, ziemlich vorgeruͤckt; es hielt
schwer, neue Fortschritte darinn zu machen; dem ohngeachtet haben sie einige
Fabrikanten noch mehr vervollkommnet, sie haben die Masse noch fester gemacht, und
den Formen mehr Reinheit, den Verzierungen mehr Gefaͤlliges gegeben. Nichts
desto weniger ist das weiße Porzellain in seiner aͤußeren eigentlichen
Guͤte merkbar gehaltiger geworden. Der Wetteifer der einzelnen Fabrikanten
hat vielmehr Verminderung der Preiße bewirkt, was aber von eben so großer
Wichtigkeit ist.
Die Arbeiter, die mit jedem Tage sich mehr Uebung und Geschicklichkeit erworben
hatten, konnten nun auch desto bessere und wohlfeilere Waare liefern; und es ist der
Preiß der Handarbeit fuͤr viele Stuͤcke, namentlich fuͤr
Teller, um 2/5tel gesunken, ohne Nachtheil der innern Guͤte derselben.
Man bemuͤhte sich am Brennmaterials zu ersparen; nicht sowohl durch
Veraͤnderung der seit 10 Jahren beinahe sich ganz gleich bleibenden Form der
Oefen, als durch deren bessere Benuzung, so daß man jezt fast um 1/3 mehr Teller,
als vor 10 Jahren in einen Ofen bringt, wodurch die Kosten des Brennmaterials sich
auf eine groͤßere Menge von Erzeugnissen vertheilen. Das Brennmaterial kommt
in Betreff des Verkaufspreißes des Porzellains vorzuͤglich in Betrachtung.
Ueberall, wo der Preiß dieses Materials zu hoch ist, befinden sich die Manufakturen
von weißen Porzellain in einer nicht sehr vortheilhaften Lage. Seit mehreren Jahren
fuͤhlte man die Nothwendigkeit, die Ausgabe fuͤr Brennmaterial zu
verringern, recht stark; dieß leitete nicht nur auf die eben genannte Oekonomie beim
Brennen, sondern bestimmte auch mehrere Fabrikanten, in jenen Departements, wo Holz
im Ueberfluß waͤchst, Manufakturen zu errichten, und bis in die dicksten
Waͤlder die Verfertigung des weißen Porzellains zu versezen. Dieß ist auch
die Ursache, daß in Paris seit 1810 die Zahl dieser Fabriken abgenommen hat; und man
darf diese Verminderung nicht als einen Verfall dieser Kunst ansehen, sie ist im
Gegentheil die Folge einer verstaͤndigem und den Regeln der Oekonomie
abgemessenern Einrichtung des Geschaͤftes. Die Bereitung des Porzellains, die
sich Anfangs blos in Paris festsezen zu wollen schien, hat sich nach und nach
uͤber ganz Frankreich ausgedehnt. Paris wird jedoch immer seinen Vortheil
durch die Verzierungen haben; da man nur hier und nirgend sonst alle
Huͤlfsmittel zur Ausfuͤhrung in Modellen und die gesamtesten
Kuͤnstler findet. Es laͤßt sich aus der gegenwaͤrtigen Bewegung
und dem Gange des Geschaͤftes die Epoche voraussehen, wo das in den Manufakturen der
Departements bereitete weiße Porzellain nach Paris geliefert werden wird, um dort
verziert zu werden. Unter solchen guͤnstigen Umständen koͤnnen die
Preiße fallen, ohne mit verminderter Guͤte der Waare verbunden zu seyn, und
dadurch wird der Verbrauch des Porzellains um so groͤßer, und der Handel, den
Paris und die Departemental-Staͤdte damit treiben, um so
bluͤhender werden. Doch koͤnnen die Fabrikanten in den Departementen
zu diesen Vortheilen nur dadurch gelangen, daß sie alle moͤgliche
Muͤhe und Sorgfalt anwenden, ihren Erzeugnissen jene nothwendigen
Eigenschaften zu geben, die ein gutes und schoͤnes Porzellain haben muß. Sie
muͤssen sich die Schoͤnheit der Form angelegen seyn lassen. Die Jury
wird ihnen dann mit der von 1806 zurufen: »Die
schoͤne Form traͤgt viel zum Preiße des Porzellaines bei. In der
Ausfuͤhrung kostet sie nicht mehr als die geschmacklose, oft noch
weniger. Wie bedeutend auch immer die Ausgaben fuͤr Modelle von den
besten Kuͤnstlern der Hauptstadt seyn moͤgen; auf die Menge der
nach diesen Modellen verfertigten Stuͤcke berechnet, werden sie nicht
merklich staͤrker seyn.« – Die Jury wird dabei
bemerken, daß die Form der zum gewoͤhnlichen Gebrauche bestimmten
Stuͤcke der Bequemlichkeit nicht nachtheilig seyn duͤrfe, daß aber
durch Fleiß und Sorgfalt sich sehr leicht Bequemlichkeit und Zierlichkeit mit
einander vereinigen lassenEs waͤre zu wuͤnschen gewesen, daß der Zuruf der Jury von 1806
in unsere deutsche Porzellainfabriken gedrungen waͤre; gewiß
wuͤrde eine noch groͤßere Sorgfalt auf die Erreichung
zweckmaͤsigerer und gefaͤlligerer Formen ihrer Gefaͤße
etc. verwendet worden seyn. Daß es oft nur einer offenen Erinnerung bedarf,
um Vorstaͤnde solcher Fabriken fuͤr die Vervollkommnung ihrer
Fabrikate zu interessiren, davon haben wir uns auf unsere Bemerkung in dem
Berichte uͤber die Frankfurter Herbstmesse von 1818 in der Allg.
Zeit, uͤberzeugt, indem es sich die uns zunaͤchst gelegene
Porzellainfabrike bisher mir Erfolg angelegen seyn ließ, gefaͤlligere
Formen hervorzubringen. D..
Verzierung der Fayence und des Porzellains.
Das Porzellain kann verschieden verziert werden. Die Hand eines geschikten
Kuͤnstlers vermag die kostbarsten Mahlereien darauf anzubringen: dann aber
ist der Stoff nur noch ein untergeordneter Gegenstand, und der Leinewand bei einem
Gemaͤhlde zu vergleichen, deren Werth im Verhaͤltnisse zu dem
Gemaͤhlde verschwindet. Arbeiten dieser Art verlangen ein ganz besonderes, ja
gewissermaßen ein individuelles Talent; sie koͤnnen nicht in so vielen
Erzeugnissen bestehen, daß dadurch ein fortlaufender Handelszweig gebildet
wuͤrde; nebstdem gehoͤren sie auch gar nicht Mehr zu den
Kuͤnsten der Industrie, deren Zweck einzig und allein ist, Mittel zur
Ausfuͤhrung anzugeben, die von einer mit gewoͤhnlicher Geschiklichkeit
ausgeruͤsteten Arbeiterklasse mit Erfolg ergriffen werden koͤnnen. Gut
gelungene Verzierungen koͤnnen nicht wohlfeil im Preiste seyn, besonders wenn
sie reine Handarbeit sind, nur allein durch ein mechanisches Verfahren gelingt es,
Geschmack, richtige und sorgfaͤltige Ausfuͤhrung mit Wohlfeilheit zu
vereinen.
Es mag nun ohngefaͤhr 15 Jahre seyn, daß man sich in Frankreich mit dem Druck von Verzierungen auf Porcellain und Fayence
beschaͤftiget. Hr. Gonord brachte zu der
Ausstellung von 1806 Porzellain, auf welches durch ein mechanisches Verfahren
Kupferstiche aufgedruckt waren. Bei der dießjaͤhrigen Ausstellung hat er
aͤhnliche Stuͤcke vorgezeigt. Er ist dabei auf ein hoͤchst
sonderbares, und nicht zu bezweifelndes Resultat gestoßen: er giebt naͤmlich
eine Kupferplatte her, um Stuͤcke von verschiedener Groͤße damit zu
verzieren; er dehnt oder verkuͤrzt sodann die Zeichnung nach
Verhaͤltniß der Groͤße des Stuͤckes, durch ein mechanisches schnelles Verfahren, und
zwar ohne die Kupferplatte selbst zu veraͤndern. Wir werden noch Gelegenheit
haben, uͤber diese neue Entdeckung, welche die Graͤnzen der
Kupferstecherkunst ziemlich erweitert, zu sprechenHier ist der Bericht, auf den Hr. v. Costaz sich bezieht Hr. Gonord hat eine
Entdeckung gemacht, deren Ankuͤndigung das Publikum in Erstaunen
sezte. Wenn man ihm eine gestochene Kupferplatte giebt, so bedient er sich
derselben nach jedem beliebigen Maßstabe. Er macht sie groͤßer oder
kleiner als das Muster ist, und dieß in wenigen Stunden, aber ohne irgend
eine andere Platte dazu zu nehmen. Giebt man ihm z.B. eine Kupferplatte von
großem Atlasformat, wie die Beschreibung von Egypten hat, so verkleinert er
den Stich zu Oktavformat, ohne die Platte selbst zu veraͤndern.Die Wahrheit der Sache haben mehrere Glieder der Jury, die Hr. Gonord in
seine Werkstaͤtte eingeladen hatte, bestaͤttiget. Auf ihren
Bericht erhielt Hr. Gonord eine goldene Medaille. Er wendet sein Verfahren
gleichmaͤsig auf alle Arten von Substanzen, auf Papier so wohl als
Metalle, Porzellain etc. an..
Seit ohngefahr 10 Jahren gehen aus der Werkstaͤtte des Hrn. Legros d'Anisy
Fayence und Porzellainarbeiten hervor, welche durch Druck und Stich verziert
sind.
Die Mahlerei auf Porzellain hat seit 25 Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Man
verdankt sie groͤßtentheils Hrn. Dilh; er verfertigt gute Farben, und giebt
sich viele Muͤhe bei ihrer Mischung. Dieser Industriezweig verbreitete sich
bald ausser den Werkstaͤttendes Hrn. Dilhs; dadurch hat nun die
Porzellainmahlerei eine Vollkommenheit im Colorit und in den feinen hellen
Schattirungen erhalten, die sie vordem nicht hatte.
Die Palette des Porzellainmahlers ist mit mehreren neuen Farben bereichert worden,
unter denen wir das Gruͤn aus Chrom anfuͤhren, welches man nicht mit
jenem aus Chrom
fuͤr die große Ofenhize bereiteten und fuͤr einfache Faͤrberei
bestimmten gruͤnen Farben verwechseln darf, von denen man Muster auf der
Ausstellung von 1806 sah. Das Gruͤn von dem wir sprechen, ist eine Farbe, die
fuͤr Schattirungen sehr empfaͤnglich ist, und mit welcher Landschaften
so vollkommen wie mit Oehlfarben gemahlt werden koͤnnen.
Ein Stuͤck Porzellain ohne alle Verzierung, ist weit mehr werth, als ein
aͤhnliches mit Halbgold uͤberdecktes. Ein Fabrikant, der sich hierin
einer Nachlaͤssigkeit schuldig macht, kann unmoͤglich das Zutrauen
seiner Kaͤufer behalten. Die Wohlfeilheit kann einen solch groben Fehler
unmoͤglich entschuldigen, und eine Manufaktur, die solche Erzeugnisse
gewoͤhnlich liefert, muß nothwendig ihren Ruf verlieren und zu Grunde
gehenWo bei freier Konkurrenz mehrere Etablissements bestehen; anders ist es aber
bei Aerarialfabriken, wo die Liebhaber oft gezwungen sind entweder schlecht
geformte Fabrikate zu kaufen oder auf diese Geschirre zu verzichten. D.. Hr. Legros d'Anisy hat bei der Vergoldung des Porzellains sehr
gluͤcklich das Verfahren des Steindrucks anzuwenden versucht.
Bisher war mit dem Aufdruͤcken der Vergoldung das Unangenehme verbunden, daß
manche Stellen sehr unvollkommen blieben; man mußte sie entweder so lassen, oder mit
der Hand nachhelfen; bei Lezterm kostete die Façon beinahe eben so viel. Bei
der Ausstellung sah man porzellainene Teller, auf welchen ein Frieß in Gold breit
und fortlaufend durch das oben angefuͤhrte Verfahren aufgedruͤckt war,
vollkommen aͤhnlich der Handvergoldung. Ein Stuͤck dieser Art kostete
sonst wenigstens 10 Franken; gegenwaͤrtig wird es um 1 Franken
verfertigt.
Bereitung der Farben zur Porzellainmahlerei.
Ehemals bereiteten sich die Porzellainmahler selbst ihre noͤthigen Farben.
Jezt macht diese Bereitung eine besondere Kunst aus, und ist ein eigener von der Porzellainmahlerei
getrennter Industriezweig. Diese Trennung ist sehr vortheilhaft. Man erhaͤlt
dadurch Farben, die ihrer Bestimmung mehr entsprechen, weil sie von Leuten gemacht
werden, die den Effekt beurtheilen koͤnnen, wenn die damit bemahlten
Stuͤcke in den Ofen kommen. Der Porzellainmahler braucht jezt nicht mehr
seine Arbeit zu unterbrechen, um erst Farben anzureiben, er kann sogleich seine
Palette mit allen ihm nothwendigen Schattirungen versehen. Nichts giebt wohl einen
sprechendern Beweist von der Verbreitung der Porzellainfabrikation, als das
Emporkommen einer Kunst, welche einzig den Zweck hat, jener die Farben zu
liefernDiese Porzellain-Farbenfabriken erleichtern auch die Gruͤndung
neuer Porzellainfabriken wesentlich. Auf diesen Gegenstand werden wir bei
einer andern Gelegenheit zuruͤck kommen. D..
Spiegelglas.
Die Spiegelglaͤser, die die Manufaktur von St. Gobin zur Ausstellung sendete,
zeichnen sich alle durch eine vorzuͤgliche Behandlung und besondere Reinheit
des Glases aus; sie sind zugleich von ausserordentlicher Groͤße.
Diese Erzeugnisse beweisen, daß die Glasfabrik von St. Gobin, die seit langer Zeit
als die erste europaͤische in Verfertigung von Spiegelglaͤsern galt,
ihren Ruhm zu behaupten versteht.
Die Compagnie der Manufakturen von St. Quirin (Meurthe), von Montherme (Ardennen) und
von Cirey liefert Fensterglas, weißes Glas, Halbweißes, sogenannte
Tisch-Glaͤser, farbige Glaͤser, Glocken uͤber Uhren,
Spiegelglaͤser etc. Die Spiegelglaͤser verfertigt man in St. Quirin.
Diese Fabrik, die zur Zeit der lezten Ausstellung, Spiegelglaͤser von
gewoͤhnlicher Groͤße durch das Blasen erzeugte, hat jezt das vollkommnere Verfahren des
Gußes gewaͤhltIn den deutschen Glasfabriken hat man von jeher die Glastafeln zu großen
Spiegeln gegossen. D.. Eben diese Compagnie hat in der Glasfabrik zu Cirey die Verfertigung
kleiner Spiegel nach Nuͤrnberger Art, unternommen, welche sonst allein
Deutschland lieferte, wodurch bedeutende Summen außer Lands giengenSo entreißt man uns einen Industriezweig um den andern, ohne daß wir durch
etwas anders einen Ersaz erhalten. Haͤtten wir indeß Freiheit des
Handels und duͤrften unsere Nuͤrnberger Spiegelglaͤser
frei in Frankreich eingefuͤhrt werden, so wuͤrden die
franzoͤsische Fabrikanten doch wohl schwerlich mit unsern Landsleuten
Concurrenz halten koͤnnen. D.. Alle Erzeugnisse der verschiedenen Fabriken dieser Compagnie sind sehr
sorgfaͤltig gearbeitet; die faͤrbigen Glaͤser haben besondere
Schoͤnheit.
Belegung der Spiegelglaͤser.
Die Belegung macht bei einiger Große des Glases wegen der noͤthigen
Laͤnge der Zinnfolie, die der des Glases gleich seyn muß, viele
Schwierigkeiten. Auch den Transport verzinnter Glaͤser von besonderer
Groͤße begleiten mißliche Umstaͤnde; es ist schwer, denselben zu
unternehmen ohne Verlezung des Stanniols, wodurch den Spiegel entstellende Flecken
entstehen, denen man nur durch eine neue Ueberzinnung des ganzen Glases abhelfen
kann; eine sehr kostspielige Arbeit, zu der Apparate gehoͤren, die nicht
immer bei der Hand sind. Der Stanniol am Spiegel ist auch der Einwirkung der Mauer
oder eines sonst feuchten Zimmers unterworfen.
Hrn. Lefévre, Spiegelfabrikanten von Paris, gelang es diese Unannehmlichkeiten
zu entfernen, wenigstens sie sehr zu vermindern. Er hat ein Verfahren erfunden,
wodurch man ein Spiegelglas mit mehreren an einander gesezten Blaͤttern
verzinnen kann. Auf diese Weise bedeckt er auch ein koch in dem Stanniol, ohne dem
Spiegel einen Flecken zuzuziehen; den Stanniol aber schuͤzt er durch einen
Firniß gegen den Einfluß der Feuchtigkeit. Dadurch hat er der Spiegelverfertigung
einen wahren Nuzen geleistet.
Krystallverfertigung.
Seit langer Zeit bezog Frankreich seinen Bedarf an Krystallglaͤsern vom
Auslande; heutzutage versieht es sich selbst damit. Unsere Manufakturisten in diesem
Fache nehmen es mit jeder Nation hinsichtlich der Reinheit und des Werthes der
Krystalle auf. Diese Kunst ist bei uns so bekannt, daß die Jury es fuͤr
unnoͤthig hielt, Auszeichnungen dafuͤr zu ertheilen. Eine andere mit
der Krystallverfertigung verwandte Kunst aber verdient noch besondere Aufmerksamkeit
in der Aufmunterung, naͤmlich das Krystallschneiden. Tausende von Arbeitern
sind damit beschaͤftigt, dem Krystall die Façettirungen und
Verzierungen zu geben, die ihn so kostbar, schoͤn und gesucht machen. Der
Geschmack und die gute Ausfuͤhrung hat auch diese Kunst unter uns gehoben;
und sie ist ein bedeutender Handelsartikel geworden.
Verschiedene Gegenstaͤnde.
Hr. Lutton ist schon lange mit dem Aufsuchen eines Mittels beschaͤftigt, auf
den Glasgefaͤßen, in welchen Saͤuren aufbewahrt werden, Aufschriften
anzubringen, die durch die staͤrksten Saͤuren nicht vertilgt werden
koͤnnen. Die Resultate seiner Bemuͤhung erwarben ihm bei der
Ausstellung 1806 eine Medaille von Bronze. Gegenwaͤrtig hat er sein Verfahren
noch verbessert, und Neues erdacht.
Inkrustationen.
Die Inkrustation auf Krystall hat sich vervollkommnet, und ist gegenwaͤrtig
ein betraͤchtlicher Industriezweig. Laͤnger schon brannte man Figuren
in Glas, Erden, Farben, u. dgl. ein; heutigen Tags ist diese Arbeit in der
Manufaktur zu Creusot zur vollendeten Kunst erhoben worden. Die ausgestellten Gegenstaͤnde haben
das Publikum sehr angezogen.
(Wird fortgesezt.)