Titel: | Ueber die Darstellung des Carthamin; Verhalten desselben gegen chemische Agentien, und Anwendung in den technischen Gewerben. |
Autor: | Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND] |
Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XLII., S. 303 |
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XLII.
Ueber die Darstellung des Carthamin; Verhalten desselben gegen chemische Agentien, und Anwendung in den technischen Gewerben.
VonW. H. v. Kurrer.
v. Kurrer über die Darstellung des Carthamin und dessen Anwendung in den Färberei etc.
Mit dem Namen Carthamin, Rose vegetal, Rouge vegetal, (Pflanzenroth)
bezeichnet man seit kurzer Zeit ein im Handel vorkommendes, uns zuerst durch die
Franzosen uͤberliefertes Farbematerial, welches in trocknem
blaͤttrigem Zustande mit bronzeartigem pfauengruͤnem Goldglanze auf
der Oberflaͤche erscheint, und in cylinderfoͤrmigen blechernen, acht oder sechszehn Unzen enthaltenden Buͤchsen
aus Lyon und Marseille bezogen wird.
Diese schoͤne, kostbare Farbensubstanz besteht aus dem durch Kunst gewonnenen
reinen rothen Pigment des Saflor's, welches in einem Mischungsverhaͤltnisse
wie fuͤnf zu tausend
sich in den Saflorblumen befindet.
Der Preiß dieses Praͤparats erreichte in diesem Jahre wegen mißrathener
Saflor-Erndte, von der sich Mahomed Alybay Pascha von Egypten so wie von
andern Artikeln das Monopol zugeeignet hat, in Egypten und dem suͤdlichen
Europa eine solche Hoͤhe, daß die Unze von 35 Franken bis auf 65, und bei der
feinsten Qualitaͤt bis auf 100 Franken und daruͤber stieg; und selbst
fuͤr diesen hohen Preiß ist es nur selten in Quantitaͤt zu
bekommen.
Im Handel unterscheidet man zwei Sorten desselben, beide in trockner Form. Die erste
Sorte: Prima Qualitaͤt, von brillant pfauengruͤn
goldglaͤnzender Oberflaͤche und stark hervorstechendem
Citronen- oder Limonien-Geruch wird zu den sogenannten
Schminkblaͤttern (Rouge en feuille) zu Rouge d'Espagne, Rouge de Portugal und Rouge en assiette ou en tasses gebraucht. Sie gilt stets
30–35 pCt. mehr als die zweite geringere Sorte. Diese unterscheidet sich
durch eine braͤunlichrothe Farbe ohne glaͤnzende Oberflaͤche
und durch etwas wiedrigen Geruch. Man bedient sich derselben in den Seiden-
und Baumwollen-Faͤrbereien.
Bei Bereitung der 2ten Sorte scheint weniger Sorgfalt, auch ein anderes
Faͤllungsmittel als reiner Citronensaft, angewendet zu werden. Hinsichtlich
ihrer Natur als rothe Farbe, und in Betreff der uͤbrigen Eigenschaften beim
Faͤrben vegetabilischer und seidener Stoffe, verhaͤlt sich die zweite
Qualitaͤt zur erstern fast ganz analog, nur enthaͤlt sie etwas weniger
rothes Pigment als die Primasorte, auch eignet sie sich nicht zu
Schoͤnheitsblaͤttern, zu Rouge d'Espagne, Rouge
de Portugal, und Rouge en assiette ou en
tasses, als Schminke fuͤr die Damen, weil man bei diesen
Toilettengegenstaͤnden, den gruͤnen Goldglanz nicht vermissen will,
und weil der Geruch nicht angenehm ist.
Vor kurzem fingen die Lyoner und Marseiller Carthaminfabrikanten an, ihr Produkt in
fluͤssiger Form zu verkaufen. Es ist der noch mit Wasser verbundene reine
rothe Niederschlag des Saflors. Das Wasser kann durch Filtriren davon getrennt, und
durch Abtrocknen das schoͤnste Carthamin dargestellt werden. Die
haͤufige Nachfrage mag Veranlassung gewesen seyn, das Praͤparat in
fluͤssiger Form in den Handel zu bringen.
Unseren deutschen Kaͤufern muß ich rathen, allemal die trockne Waare der
fluͤssigen vorzuziehen, denn bei jener hat man nicht noͤthig, den
Gehalt an wahrem Carthamin erst auszumitteln, und man erspart zugleich in Fracht und
Spesen. Eine Burgunder Bouteille fluͤssiges Carthamin leistete mir im
Faͤrben nicht mehr, als eine Unze trockener Waare; ein Beweis, daß in beinahe zwei
Pfund Fluͤssigkeit nicht mehr als eine Unze trockenes Carthamin enthalten
war.
Zur Darstellung dieses kostbaren Pigments, eignet sich zwar jede Sorte Saflor, jedoch
die eine besser als die andere. Der Vorzug beruhet auf dem innern Gehalte an rothem
Pigment; in dieser Hinsicht giebt es vier Klassen von
Saflor:
1) Den ersten Rang behauptet der egyptische oder Alexandrinische Saflor;
2) den zweiten der suͤdamerikanische und der von einigen Antillen.
3) Auf diesen kommt der franzoͤsische und spanische, und zulezt
4) der deutsche und der italienische Saflor, welche beide eine groͤßere Menge
gelbes, und desto weniger rothes Pigment, als die drei vorhergehenden Sorten
enthalten, an Schoͤnheit aber des rein dargestellten rothen Pigments ihnen
nicht nachstehen. Nach dem innern Gehalt an rothem Pigment wird allemal die
Saflorpflanze beurtheilt, sie gehoͤre uͤbrigens zu dieser oder zu
jener Varietaͤt, zu der mit groͤßern, oder zu der mit kleinern
Blaͤttern. Wir gehen nun zur Ausscheidung des reinen Carthamin aus dem Saflor
uͤber.
Fabrikmaͤsige Darstellung des Carthamin.
Man kann die Ausscheidung des Carthamin in allen Laͤndern und zu jeder
Jahreszeit vornehmen. Daß diejenigen Laͤnder, in denen Saflorbau einheimisch
ist, den Vortheil genießen, diese Pflanze ohne theure Fracht und Abgaben benuzen zu
koͤnnen, bedarf keines Beweises. Ausscheidung und Darstellung des
schoͤnen rothen Farbestoffs erfolgt am besten an einem kuͤhlen Orte,
wo aller Zutritt des Lichts verhindert werden kann. Sie zerfaͤllt in fuͤnf Operationen.
Erste Operation.
Ein hundert Pfund von gutem Saflor vertheile man des bequemern Auswaschens wegen
in mehrere leinene Saͤcke, haͤnge dann diese in einen Fluß oder
Bach, und knete sie so lange unter dem Wasser, bis keine gelbe Farbe mehr davon
ablauft. Durch diese Manipulation wird das gelbe Pigment, welches in Wasser
aufloͤßlich ist, weggeschwemmt, das reine rothe Pigment hingegen bleibt
in der Blume zuruͤck. (An gelbem Pigment enthaͤlt der Saflor so
viel, daß er nach Entziehung desselben, wenn er wieder getrocknet worden, fast
um die Haͤlfte an Gewicht weniger hat). Zeigt sich beim Auswaschen keine
gelbe Farbe mehr, so bringe man die Saͤcke in einen hoͤlzernen
Zuber, begieße sie mit frischem, vorher mit etwas Essig vermischtem Wasser, und
zwar so stark, daß die Fluͤssigkeit gegen Lakmuspapier sauer reagirt,
trette die Saͤcke so lange, als noch gelbe Bruͤhe ausschweißt, und
wasche sie nochmals am Bache oder Flusse gut aus. Diese Behandlung mit dem
gesaͤuerten Bade dient dazu, den gelben Farbestoff vollends
wegzuschaffen, ohne den geringsten Verlust an rothem Pigment.
Zweite Operation.
Die so vorbereiteten Saflorblumen werden nun in den von angemessener
Groͤße errichteten Saflor-ApparatDie Konstruktion dieses Apparats findet man in meiner Abhandlung
„uͤber den Saflor und dessen Anwendung in der
Druck- und Faͤrbekunst“ in Dinglers neuem
Journal der Druck-, Faͤrbe- und Bleichkunst. B. 4.
S. 383 beschrieben.) eingeschichtet, und zwischen jede Schicht so viel gepulvertes
krystallisirtes kohlenstoffsaures Natron gebracht, daß es fuͤr alle
zusammen bei 16 Pfund betraͤgt. Man gebe hierauf nach und nach 240 Maas
(die Maas zu 2 Pf.) klares Flußwasser hinzu, ruͤhre das Ganze, nachdem es eine Stunde
lang ruhig gestanden, wohl durch einander, und lasse es wieder 10–12
Stunden, unbewegt stehen. Nach Verlauf dieser Zeit oͤffne man den Hahn,
lasse die Fluͤssigkeit in eine reine Wanne ablaufen, und presse den
Ruͤckstand stark aus. Um keinen Verlust an Pigment zu leiden, hebe man
den Deckel, schließe den Hahn und gieße 50 Maas frisches Wasser auf, wonach man
mit Auspressen und Abzapfen eben so wie vorher verfaͤhrt. Beide
Abguͤsse zusammen gemischt, sind nun zu der folgenden Operation
vorgerichtet.
Die Fluͤssigkeit zeichnet sich in diesem Zustande durch eine gelbliche,
ins roͤthliche schielende Farbe aus, und macht eine Verbindung von
kohlensaurem Natron und Wasser, in welcher sich das rothfaͤrbende Pigment
des Saflors in aufgeloͤßtem Zustande befindet.
Dritte Operation.
Diese besteht darin, daß man eine verhaͤltnißmaͤsige Menge von
reinen weißgebleichten baumwollenen oder leinenen Lappen hineinbringt, und 16
Pfund frisch filtrirten Citronensaft zusezt. Beides wird dann gut untereinander
gearbeitet. Es wird sich bald ein schwaches Brausen in der Fluͤssigkeit
zeigen, welches so lange dauert, bis das kohlensaure Natron, durch die
Citronensaͤure gebunden, und alle Kohlensaͤure ausgetrieben ist.
In solchem Zustande laͤßt man die Lappen 24 bis 30 Stunden liegen, mengt
aber alle drei Stunden das Ganze wohl unter einander. Indessen werden die Lappen
alles Pigment der Fluͤssigkeit entzogen haben. Man nimmt sie jezt heraus,
spuͤhlt sie in klarem Flußwasser aus, und verwendet sie zur vierten
Operation.
Bei obiger Behandlung verbindet sich die in dem Citronensaft enthaltene
Citronensaͤure mit dem Natron und stellt aufgeloͤßtes
citronensaures Natron dar. Der rothe Faͤrbestoff wird ausgeschieden, und
tritt mit der vegetabilischen Faser zusammen, wodurch leztere gefaͤrbt
erscheint.
Vierte Operation.
Man hat nun den reinen rothen Faͤrbestoff, der sich mit der
vegetabilischen Faser verbunden hat, wieder aufzuloͤßen und fuͤr
sich frei darzustellen. Zu dem Ende bereitet man ein Bad aus 200 Maas reinem
Flußwasser, in welchem zuvor 10 Pfund reines krystallisirtes kohlensaures Natron
aufgeloͤßt wurde. Nach gehoͤrigem Untereinanderruͤhren
bringt man die rothgefaͤrbten Lappen hinein, zieht sie einigemale hin und
her, und laͤßt sie ein bis zwei Stunden darin liegen. Die kalische Lauge
loͤßt den Faͤrbestoff wieder auf. Jezt werden die Lappen in die
Fluͤssigkeit moͤglichst ausgewunden, noch einmal mit Wasser stark
genezt, und abermals tuͤchtig ausgewunden, damit alle noch Farbstoff
enthaltende Fluͤssigkeit gewonnen werde. Die Natronfluͤssigkeit,
in der sich der rothe Farbestoff aufgeloͤßt befindet, filtrirt man durch
ein reines weißes Tuch, um alle Fasern des Leinen und der Baumwolle
zuruͤck zu halten. Die gebrauchten Lappen werden in Wasser ausgewaschen,
abgetrocknet, und fuͤr den kuͤnftigen Gebrauch aufbewahrt.
Fuͤnfte Operation.
Der filtrirten Fluͤssigkeit wird nach und nach so viel Citronensaft
zugesezt, als noͤthig ist, um das kohlensaure Natron zu zersezen, und
leztere Basis zu binden. Man erkennt dieses daran, als noch ein rother stockiger
Niederschlag sich zeigt, und die Fluͤssigkeit auf der Zunge sauer
reagirt. Lezteres kann man am leichtesten durch Lakmuspapier bestimmen, wenn
dieses geroͤthet wird.
Das reine rothe Pigment schlaͤgt sich in Flocken nieder. Ist alles
gefaͤllt, so gießt man die obenstehende Fluͤssigkeit ab, filtrirt
den Niederschlag, und trocknet denselben auf Porzelainplatten oder reinem
weißen Papier, in welchem Zustande das Fabrikat als reines Carthamin oder
Pflanzenroth erscheint. Es hat nun folgende besondere Eigenschaften:
a) erscheint es gegen das Licht gehalten in
gruͤnen Metall- oder goldglaͤnzenden Schuppen, wie die
Spizen der Pfauenfedern,
b) ist es sehr sproͤde und die Zertheilung im
Wasser geht ohne Reiben langsam von Statten.
Ich glaube hiebei noch bemerken zu muͤssen, daß je groͤßer die
Quantitaͤt ist, in welcher man diesen schoͤnen Farbestoff
fabrikmaͤßig bereitet, desto oͤkonomischer und schoͤner
auch das Resultat werde.
Verhalten des Carthamin gegen chemische Agentien.
Das Verhalten des Carthamin gegen chemische Agentien, bietet dem denkenden
Baumwollen-, Leinen- und Seidenfaͤrber eine wichtige Kenntniß
dar, welche ihn in den Stand sezt, die auf Zeug getragene Farbe nach
Willkuͤhr abzustufen. Interessant scheinen mir meine Beobachtungenzu seyn.
Ich will sie daher der Reihe nach, wie sie auf einander folgen, hier mittheilen. Die
Niederschlaͤge, welche ich dadurch erhielt, befinden sich in meinem Kabinete
farbiger Erscheinungen, wo sie jeder in gefaͤlligen Augenschein nehmen kann.
Es sind Folgende:
a) Chemisch reine Essigsaͤure bildete in der
waͤsserigen Aufloͤsung des Carthamin einen schoͤn dunkel
carminartigen Niederschlag, welcher durch weißes Drukpapier filtrirt, und
abgetroknet, auf der Oberflaͤche einen gruͤnen feurigen Metallglanz
zeigte;
b) Weinsteinsaͤure. Der Niederschlag erschien
rosenroth, ins carmoisin sich neigend; getrocknet mit einem gruͤnen Goldglanz
ins Gelbe schielend;
c) Salpetersalzsaures Zinn schlug das Carthamin dunkel
orange, ins Scharlach spielend, nieder. Der Niederschlag erschien trocken, wie
Gummigutt ohne gruͤnlichen Metallglanz;
d) Schwefelsalzsaures Zinn gab einen
dunkelscharlachrothen Niederschlag; welcher im getrockneten Zustand einen
grasgruͤnen, ins Oliven sich neigenden, bronceartigen Glanz besaß;
e) Salpetersaures Zinn schlug einen hoch oraniengelben
Praͤzipat nieder; getrocknet war derselbe gelblich braun, wie Gummigutt, ohne
bronceartigen Glanz;
f) Weinsteinsaures Zinn erzeugte eine hell carminrothe,
ins Gelbe sich ziehende Farbe. Der trockene Niederschlag hatte den gruͤnen
Metallschimmer mehr ins Gelbliche sich neigend;
g) Essigsaures Zinn brachte eine rosenrothartige
Carminfarbe hervor, welche getrocknet den gruͤnen Goldglanz ins Gelbe
schillernd besaß.
h) Salpetersaures Wißmuth stellte Zinnoberroth dar. Die
Wißmuthaufloͤßung zersezte sich in der waͤsserigen
Carthaminaufloͤsung, und das weiße Oxyd wurde mit dem Pigment zugleich
niedergeschlagen. Getrocknet erschien das Gemenge gelbroth, ohne Glanz;
i) Salpetersalzsaures Wißmuth. Die Zersezung erfolgte
hier noch schneller und reichlicher, als bei h). Der oraniengelbe Niederschlag nahm getrocknet dunkel
oranien ohne Glanz an;
k) Schwefelsaures Zink schlug das Carthamin
schoͤn Carminroth nieder. Nach dem Trocknen des Niederschlages hatte sich die
Farbe in lebhaften gruͤnen Taubenhalsglanz veraͤndert;
l) Salpetersaures Zink lieferte einen scharlachrothen
Niederschlag, der getrocknet bronceartigen, ins gruͤngelblich stechenden
Glanz hatte.
m) Salpetersaures Eisen gab Braun ins Violette spielend;
trocken wurde dieses Schwaͤrzlich braun, mit dunkelbraunem Glanz gegen das
Licht gehalten;
n) Essigsaures Eisen-Dunkelviolett; trocken,
Violett ins Schwarze uͤbergehend, mit glaͤnzender Oberflaͤche
von derselben Farbe;
o) Salpetersaures Kupfer hatte einen Niederschlag von
Oraniengelb ins Braune ziehend, trocken zeigte sich derselbe von matter
taubenhalsgruͤner Farbe;
p) Schwefelsaures Kupfer bildete einen braunrothen
Niederschlag, welcher getrocknet, gelblich braunroth und mit einem dunklen
taubenhalsgruͤnen Glanze bedeckt war;
q) Salpetersaures Blei produzirte ein carminartiges
Scharlachroth; der getrocknete Niederschlag erschien in gruͤnem, ins Oliven
sich neigendem Metallglanze;
r) Essigsaures Blei gab Dunkelzinnoberroth, mit einem
canelfarbenen Metallglanze im getrockneten Zustande.
s) Salpetersaures Silber ein praͤchtiges
Carmoisinroth; getrocknet, mit einem olivengruͤnen Metallglanze;
t) arsenichte Saͤure (in Wasser geloͤßter
weißer Arsenik) – einen schoͤn carmoisinrothen Niederschlag von vielem
Luͤstre, welcher getrocknet einen gelblich gruͤnen Goldglanz
annahm;
u) Phosphorsaͤure bildete einen carminartigen,
ins Carmoisin gehenden Niederschlag, welcher getrocknet einen gelblich
gruͤnen Metallglanz zeigte;
v) Boraxsaͤure – ebenfalls einen
carminartigen ins Carmoisin stechenden Niederschlag; getrocknet hatte derselbe einen
vortrefflichen gruͤnen Goldglanz, der sich gegen das Licht gehalten ins
Gelbliche verlor;
w) Essigsaure Thonerde stellte ein schoͤnes
Carmoisinroth, das zu der Farbe des Carmin sich neigte; am getrockneten Niederschlag sahe man einen ins
Gelbe schielenden gruͤnen Metallglanz;
x) Schwefelsaure Thonerde ließ eine ins Carminrothe sich
neigende carmoisin Farbe erscheinen. Getrocknet zeigte der Niederschlag einen
brillanten gruͤnen Metallglanz;
y) Salpetersaure Thonerde gab einen dem vorigen gleichen
Niederschlag, der aber getrocknet einen dunkler gruͤnen Metallglanz
annahm;
z) Salpetersaures Kobalt – einen dunkel
rosenrothen Niederschlag mit einem Stich ins Carmoisin; getrocknet mit einem lebhaft
gruͤnen, ins Helle sich ziehenden Goldschimmer;
aa) In Wasser aufgeloͤßtes reines Zinnsalz
(Salzsaures Zinn) bewirkte einen carminrothen Niederschlag, der getrocknet
Zinnoberroth ohne Metallglanz sich darstellte;
bb) Salpetersaͤure mit vielem Wasser
verschwaͤcht, – einen carminrothen ins Scharlach stechenden
Niederschlag; trocken erschien derselbe in gelblich gruͤnem Metallglanz;
cc) Schwefelsaͤure mit vielem Wasser
verduͤnnt, – ebenfalls einen carminrothen ins Scharlach ziehenden
Niederschlag, welcher getrocknet, olivenartigen Goldglanz hatte;
dd) Salzsaͤure mit vielem Wasser
verschwaͤcht, – einen carminrothen Niederschlag; getrocknet von
zeisiggruͤnem Metallglanze;
ee) Salzsaures Natron ( Kochsalz) erzeugte einen
praͤchtig carmoisinrothen Niederschlag; der getrocknet in gruͤnem
Metallglanz erschien;
ff) Salpetersaures Kali (Salpeter) gab ebenfalls einen
carmoisinrothen, aber weniger schoͤnen Niederschlag, von olivenartigem
Metallglanz im trockenen Zustande;
gg) Saures weinsteinsaures Kali (Weinstein) einen
carmoisinrothen Niederschlag, getrocknet von einem lebhaften goldgruͤnen
Glanz.
hh) Chlorinkalk zerstoͤrte augenbliklich das
rothe Pigment, und schuf eine gelbliche, truͤbem Weißbier aͤhnliche
Fluͤssigkeit, welche nach und nach wassertruͤb wurde, und einen
weißlichen Niederschlag absezte;
ii) Chlorinthon brachte dieselben Erscheinungen
hervor.
Auf die Anwendung von hh) und ii) gruͤndet sich ein neues Baumwolldruckfabrikat, welches aus der
beruͤhmten Manufaktur der Herren Gros Davillier Roman u. Comp. zu
Wesserlingen in Frankreich, zuerst hervorgieng; naͤmlich das rothe Pigment
auf baumwollne Gewebe uni zu sezen, und durch den Aufdruck von Chlorinverbindung,
und Durchnehmen der gedruckten Waare durch ein schwaches schwefelsaures, pder auch
pflanzensaures Bad, weiße Objekte in rothgefaͤrbtem Grunde
hervorzubringen.
Im Verfolge meiner Versuche zeichnete sich das Carthamin noch durch folgende
Eigenschaften aus:
1) Es ist, wenn es etwas Saͤure enthaͤlt, mit vortrefflich
carmoisinrother Farbe in Wasser aufloͤßlich; saͤurefrei ganz
unaufloͤßlich;
2) Der Weingeist loͤßt es nicht auf;
3) Die Kalien loͤßen das Pigment mit gelblich brauner Farbe, und
Pflanzensaͤuren faͤllen es daraus mit lebhaft carmin- und
carmoisinrother Farbe. Hierauf gruͤndet sich die Ausscheidung des Carthamins
aus der kalischen Saflor-Infusion. Unter den Pflanzensaͤuren eignen
sich hiezu am besten: a) die Citronensaͤure; b) der Saft der Berberizen; c) der Saft der rothen Vogelbeeren, wegen der ihnen beiwohnenden
Spirsaͤure; d) die Weinsteinsaͤure und e) die EssigsaͤureWer die Natur und Anwendung des Saflors seinem
ganzen Um fange nach genauer kennen lernen will, findet Belehrung in meiner
Abhandlung uͤber den Saflor und dessen Anwendung in der Druck-
und Faͤrbekunst. In Dinglers Neues allg. Journal. B. 4. S.
355–396..
Ohnlaͤngst erklaͤrte Herr Professor Doͤbereiner das reine
Carthamin fuͤr eine Farbensaͤure, welche er Carthaminsaͤure nennt. Seine Behauptung stuͤzt sich auf
folgende GruͤndeNeues Journal der Chemie und Physik von Schweigger und Meinecke. B. 26. S.
267.:
»Die Sauerheit des Carthamins ist so stark, daß dasselbe
sich nicht allein in Alkalien aufloͤßt, sondern mit denselben sogar
eigenthuͤmliche Satzverbindungen bildet. Mit Natron z.B. stellt es ein
Salz dar, welches in seidenartigen glaͤnzenden nadelfoͤrmigen
Krystallen erscheint. Dieses Verhalten bestimmt mich dasselbe als eine
eigenthuͤmliche Farbensaͤure zu betrachten, und Carthaminsaͤure zu nennen. Die Salze, welche
diese Saͤure mit den Alkalien bildet, sind saͤmmtlich Farbenlos,
und characterisiren sich dadurch, daß sie durch Beruͤhrung mit
Weinstein-, Citronen- oder Essigsaͤure zersezt werden, und
Carthaminsaͤure als eine glaͤnzend rosenrothe Substanz
entlassen.«
Sollten diese Gruͤnde wohl ausreichen, die Identitaͤt dieser
Saͤure herzustellen? anderweitige Untersuchungen und Beobachtungen werden in
der Folge diesen Gegenstand mehr aufklaren, und entscheiden, »ob die Chemie eine neue eigenthuͤmliche
Saͤure mehr oder weniger besize.«
Ich komme nun zur technischen Anwendung unseres Pflanzenroths.
A. Anwendung des Carthamin zur rothen Schminke der Frauen.
Dieses Mittel, erbleichte Wangen des schoͤnen Geschlechts neu zu beleben,
machet durch ganz Europa einen nicht unbedeutenden Handelsartikel aus. Es eignet
sich dazu ganz vorzuͤglich das Carthamin, weil es nicht nur, mit Wasser fein
zertheilt, das natuͤrliche Roth der Wangen darstellt, sondern auch selbst auf
die zarteste Haut keine nachtheilige Wirkung aͤußert. Andere Schminken, deren
Farbe mehrentheils aus metallischen Oxyden oder erdigten Basen entwikelt worden,
sind fuͤr die Epidermis der Gesichtshaut, und selbst fuͤr die
Gesundheit nicht selten von traurigen Folgen. Allemal aber verursachen sie
fruͤher oder spaͤter eins sproͤde Haut, welche vor der Zeit
runzlich wird.
Das reine Carthamin, bei dem diese Nachtheile nicht statt finden, weil es ein
gelindes zartes Pflanzenroth ohne schaͤdlichen Beisaz ist, wurde zuerst in
Frankreich, zum roͤthen schnell verbleichter
Wangen, und vermuthlich schon lange vorhergehe es durch den Handel allgemeiner
bekannt wurde, am Bourbonischen Hofe angewendet.
Vor ungefaͤhr 15 Jahren brachten es die Franzosen unter dem Namen
»Chinesische
Schminkblaͤtter,« (Rouge en
feuille) das erstemal auf die Messe nach Leipzig, von wo es sich
allmaͤhlig auch dem oͤstlichen und noͤrdlichen Europa
verbreitete.
Diese Schminkblaͤtter bestunden aus feinem weißen Kartenpapier, auf welches
die Farbe in eirunder Form 3 1/2 Zoll hoch und 2 1/2 Zoll breit aufgetragen war. Der
Umschlag derselben von feinem weißen Papier hatte auf der Aussenseite, um der Sache
ein chinesisches Ansehen zu geben, rothe oder blaue Hieroglyphen. Auf der
Oberflaͤche dieser Schminke schimmerte ein lebhafter gruͤner
Metallglanz, welcher anfangs; ehe man die Natur dieses schoͤnen Produkts
genauer kennen lernte, manche Bedenklichkeit gegen dasselbe erweckte.
Heut zu Tage unterscheidet man im Handel folgende Sorten dieser allbeliebten
Schoͤnheitsblaͤtter:
a) Chinesische Schminkblaͤtter. Es sind dieselben,
welche so eben beschrieben wurden;
b) Spanische Schminkblaͤtter, auf denen die Farbe
ebenfalls in eirunder Gestalt aufgetragen ist. Den hellblauen Papierumschlag
zeichnen die Worte aus: COLOR FINA DE TIBURCIO PALAGIO ALA
SUBIDA ASAN MARTIN DE MADRID. Die Kehrseite hat statt des Siegels, MADRID mit Rand und Schleife.
c) Franzoͤsische Schminkblaͤtter, mit Form
der Schminke, wie die vorigen. Als Etiquette befindet sich auf dem Papierumschlage
eine blaue oder rothe irregulaire Umfassung.
Diese Schminken werden alle aus dem feinsten Carthamin verfertigt, und unterscheiden
sich von einander blos durch ihre verschiedene Etiquetten auf dem aͤußern
Umschlage. Die Darstellung ist hoͤchst einfach; man hat dabei nichts zu thun,
als das Carthamin in einer Porzellain- oder Glasreibeschale mit Wasser zum
feinsten Saft abzureiben, und die Farbe sodann mittelst eines Pinsels aufzutragen.
Die Schoͤnheit des gruͤnen Metall- oder Goldglanzes, den die
Franzosen die Vergoldung (le doré) nennen,
haͤngt davon ab, daß man die Blaͤtter gleich nach dem Auftragen der
Farbe auf einer warmen Steinplatte schnell abtrocknet.
Mit diesem Farbenwechsel hat es fuͤr das Auge dieselbe Bewandniß, wie bei der
Aufloͤßung des Indigs in der Indigokuͤpe, oder mit dem topischen Blau,
welches zuerst gelbgruͤn, an der Luft aber blau erscheint. Bei den
Schminkblaͤttern verwandelt sich ihr Roth durch die Einwirkung der Luft und
des Lichts, nach dem voͤlligen Trocknen in ein schoͤnes Gruͤn
von brillantem Metallglanze. Dieser gruͤne Glanz verschwindet bei dem
Gebrauche des Blatts an der naß gemachten Stelle, kommt aber durch das Trocknen fast
augenbliklich wieder zum Vorschein, und stellt sich wieder vollkommen her.
Das Rouge d'Espagne, Rouge de Portugal auf weiße
glaͤserne oder porzellainene Tellerchen gebracht, zeigt nicht weniger eine
glaͤnzende Metallfarbe; eben so das Rouge en assiette
ou en tasses. Sie bestehen, wie die Schminkblaͤttchen, aus dem
feinsten Carthamin.
Seit Kurzem ist auch ein sogenanntes chinesisches Theepapier von carminartiger, ins
Carmoisin stechender Farbe mit schwarzem Hieroglyphen-Druck in den Handel
gekommen, und ebenfalls mit Carthamin gefaͤrbt. Um die Farbe fuͤr
dieses Papier zuzubereiten, reibe man das rothe Pigment mit Wasser zum feinsten
Safte ab, seze verhaͤltnißmaͤsig bis zur gewuͤnschten Nuance
klares schwaches Gummiwasser hinzu, und erhoͤhe die Farbe durch eine kleine
Zugabe von schwefelsaurer Thonerde (Alaun). Der schwarze Druck geschieht nach der
Faͤrbung des Papiers.
B. Anwendung des Carthamins in der Druck- und Faͤrbekunst.
In der Druck- und Faͤrbekunst ist das Carthamin als ausgeschiedene und
fuͤr sich aus dem Saflor dargestellte Substanz, erst seit einigen Jahren im
Gebrauch. Es laͤßt sich auf alle jene Artikel anwenden, welche fruͤher
ausschließlich mit Saflor gefaͤrbt wurden.
In dieser Hinsicht besizt es vor dem gewoͤhnlichen Saflorfaͤrben große
Vorzuͤge, indem schon gedruckte oder gefaͤrbte Farben, welche keine
Saͤure vertragen, in dem Carthaminbade nicht angegriffen werden, wie dieses
bei den Lapis Iris und Napoleonsgruͤn mit Goldgelb der Fall ist. Erstere
werden dargestellt, wenn die Waare ganz wie Lapis ausgearbeitet, durch das
Carthaminbad geroͤthet wird, wodurch der hellblaue Indigogrund als Lillas,
die weißen Objekte als Rosa, die citronengelbe Farbe als Oraniengelb, und die
gruͤne Farbe in einem eigenthuͤmlichen Ton erscheint. Napoleonsgrün
mit Goldgelb wird
ausgearbeitet, indem die Waare mit der weißen Thonreservage bedruckt, in der kalten
Indigokuͤpe Mittelblau gefaͤrbt, nach vorgegangener Reinigung das
Ganze mittelst essigsaurer Thonerde impraͤgnirt und in einem
gelbfaͤrbenden Bade ausgefaͤrbt wird. Wird dieses Fabrikat mittelst
Carthamin geroͤthet, so verwandeln sich die hellgelben Objecte in Goldgelb,
und der gruͤne Grund in Napoleongruͤn.
Zur naͤhern Kenntniß der Anwendung des Carthamins in der Kattundruckerei und
der Baumwollenfaͤrberei wird Folgendes dienen.
In den Kattundruckereien wird dieser schoͤne Faͤrbestoff statt des
Saflors fuͤr alle feinen Fabrikate fast ausschließlich verwendet. Hieher
gehoͤren unter andern
a) Lapis Iris;
b) Napoleongruͤn mit Goldgelb;
c) Schilder- oder Mahlerfarbe fuͤr den
Pinsel;
d) Unizentifolienroth mit weißen Figuren. Man
erhaͤlt dieses Fabrikat durch das Rothfaͤrben der weißgebleichten
Waare, Aufdruck einer Chlorinverbindung und Durchnehmen durch ein gesaͤuertes
Bad, wie fruͤher gezeigt worden;
e) Alle uͤbrigen Fabrikationsartikel, bei welchen
man sich ehedem des Saflors bediente.
f) In der Unifaͤrberei, Faͤrben der
Mouseline, Schleier, baumwollenen Baͤnder, Garne u. dgl. m.
Es wuͤrde zu weitlaͤufig seyn, alle einzelne Artikel namentlich
aufzufuͤhren, welche in der Baumwollendruck- und Faͤrberei mit
Carthamin roth gefaͤrbt werden koͤnnen. Die Manipulation beim
Faͤrben ist ein wie allemal dieselbe. Die salzigen Baͤder zur
Nuͤancirung der Farbe betreffend, verweisen wir auf das Verhalten des
Carthamins gegen chemische Agentien.
Beim Faͤrben der Waare wird das Carthamin in einer Porzellain oder
Glasreibeschale mit Wasser zum feinsten Saft abgerieben, und durch Zusaz von Wasser in
waͤsserige Aufloͤßung verwandelt. Das fein zertheilte Pigment seiht
man durch ein feines weißes Taftsieb, und reibt den Ruͤckstand so lange
wiederholt mit Wasser ab, bis alles Pigment abgelaufen ist, und auf dem Siebe nichts
mehr zuruͤckbleibt. Je feiner diese Farbe mit Wasser zertheilt wird, um so
ergiebiger zeigt sie sich in der Faͤrberei.
Die zu faͤrbende Waare bekommt nun keine andere Vorrichtung, als daß man sie
trocken in die waͤsserige Carthaminfluͤssigkeit bringt, und darin so
lange mit den Haͤnden hin und wieder zieht, bis der gewuͤnschte
Farbenton erreicht ist. Die so gefaͤrbte Waare wird auf den Ringpfahl
geschlagen, und mittelst des Windestocks recht tuͤchtig ausgewunden, damit
die ablaufende Fluͤssigkeit sich wieder in dem Gefaͤße sammle. Das
Gefaͤß selbst ist nicht großer, und die Fluͤssigkeit betraͤgt
nicht mehr, als zu einem Stuͤck Waare erfordert wird. Beim zweiten
Stuͤck sezt man wieder abgeriebene Farbe hinzu, und faͤhrt damit so
lange wechselsweise fort, als man noch Waare zu faͤrben hat. Ist die Waare
gut ausgewunden, so facht man sie auf, luͤftet sie, und bringt sie
unmittelbar in ein schwaches Bad, worin zuvor eine Salzverbindung aufgeloͤßt
worden, von welcher Vorrichtung nun bald die Rede seyn wird.
Die Quantitaͤt des Carthamin beim Farben richtet sich nach der groͤßern
Dunkelheit oder Helle der Farbe, die man erzielen will. Ich habe nie mehr als fuͤnf Stuͤcke Iris 5/4 brabanter Ellen
breit und 37 brbtr. Ellen taug mit einer Unze Carthamin
kraͤftig roͤthen koͤnnen. Das baumwollene Gewebe nahm den
Farbstoff ganz auf, so daß die Fluͤssigkeit vollkommen erschoͤpft
wurde, und eine schwach gelbliche Farbe annahm. Ein hineingelegter weißer Coupon
Baumwollenzeug zeugte in einem dergleichen ausgefaͤrbten Bade keine rothe Farbe mehr an; ein
Beweiß daß die Waare alles Pigment aufgenommen hatte.
Saures salziges Bad.
Interessant sind die Erfolge, welche wir fruͤher durch das Verhalten dieses
schoͤnen Farbestoffs mit den chemischen Agentien kennen gelernt haben. Von
diesen haͤngt die Abstufung der verschiedenen Schattirungen ab, welche die
Waare nach dem Faͤrben erhalten soll. Diejenige Salzverbindungen, welche man
durch den Handel in den billigsten Preißen bezieht, und die mit dem Pigmente die
schoͤnsten Niederschlage darbieten, sind fuͤr die fabrikmaͤßige
Darstellung der verschiedenen Abstufungen am vortheilhaftesten. Dahin
gehoͤren
a) Kochsalz;
b) Alaun;
c) Weißer Arsenik, und andere fruͤher bezeichnete
Salzverbindungen mehr.
Um das salzige Bad darzustellen, loͤße man die Salzverbindung in Wasser auf,
und seze dann von der Aufloͤßung dem kalten Wasserbade so viel zu, bis die
Fluͤssigkeit etwas stark salzig reagirt. Man hasple nun die Waare in der
Wanne, worin sich die bereitete Fluͤssigkeit befindet, einigemale hin und
wieder, nehme sie heraus, spuͤhle sie am Fluß oder Bach, winde sie aus, und
trockne sie an einem schattigen Orte oder in einem maͤßig erwaͤrmten
Zimmer sorgfaͤltig ab.
Fuͤr den Hausbedarf unserer Frauen ist diese neue Farbensubstanz ein
vortreffliches Mittel, mit leichter Muͤhe ihre Puzgegenstaͤnde selbst
Roth zu faͤrben. Sie koͤnnen sich dadurch den Verdruß ersparen,
welchen ihnen ein schlechter Saflor verursacht, und allezeit schoͤn gelungene
Resultate sich versprechen.
Anwendung in der Leinenfaͤrberei.
Auch in der Leinen- und Nesselfaͤrberei kann das Carthamin uͤberall, statt des Saflors, mit gleicher Wirkung
und Zuverlaͤssigkeit benuzt werden, bei Batist fuͤr rothe Unterkleider
der Damen, Schetter fuͤr Huthfutter, Baͤnder u. dgl. m.
Anwendung in der Seidenfaͤrberei und Druckerei.
In der Seidenfaͤrberei nimmt dieses rothe Pigment eine bedeutende Stelle ein.
Man kann nicht nur mit demselben alles das leisten, was sonst durch den Saflor
bewirkt wurde, sondern es ist auch aus den naͤmlichen Gruͤnden, welche
wir bei der baumwollen Druck- und Faͤrberei angegeben haben, in den
allermeisten Faͤllen noch vorzuziehen.
Die zu faͤrbende Seide soll entweder als gesponnene Seide, oder als gewebtes
seidenes Zeug gefaͤrbt werden. In jenem Falle vertheilt man sie mattoweise
auf Staͤbe, und bringt sie so in das Carthaminbad. Um rohe Seide zu
faͤrben, was im Allgemeinen sich leichter als mit der gekochten thun
laͤßt, waͤhle man sehr weiße Seide, und behandle sie wie
entschaͤlte, nur daß man sie fuͤr Ponceau, Nacarnat und Kirschfarbe in
Baͤdern durchnimmt, die zu diesen Farben fuͤr entschaͤlte Seide
bereits gebraucht wurden.
Die gewoͤhnlichsten Farben, welche in der Seidenfaͤrberei mittelst
Carthamin vortheilhaft dargestellt werden koͤnnen, sind: a) Feuerfarbe; b) Ponceau;
c) Nacarnat; d)
Kirschroth; e) Rosa; f)
Fleischfarbe.
Feuerfarbe.
Um eine schoͤne Feuerfarbe zu erhalten, wird die Seide mit Orlean
vorgefaͤrbt, gut ausgewaschen, durch ein schwaches pflanzensaures Bad
genommen, wieder ausgewaschen, und zu einem Carthaminbade bis zum gewuͤnschten
Farbeton ausgefaͤrbt.
Ponceau.
Bei dieser Farbe ist es noͤthig, daß man die mit Orlean vorgefaͤrbte
Waare in einem concentrirten Carthaminbade ausfaͤrbe, oder auch in
verschwaͤchten Baͤdern zu wiederholten malen durchnehme. Auch wird die
mit Orlean vorgefaͤrbte Waare, ehe man sie in das Carthaminbad einbringt,
durch ein schwaches Essigbad genommen, damit das der Orleanfarbe noch
anhaͤngende kalische Salz gebunden werde, um nicht nachtheilig auf das
Carthamin einwirken zu koͤnnen.
Nacarnat. Dunkelkirschroth.
Ist zu behandeln wie Ponceau, mit dem einzigen Unterschiede, daß man der Seide keine
Vorfaͤrbung mit Orlean giebt. Zur Darstellung dieser Farben kann man
Carthaminbaͤder, aus denen man schon Ponceau gefaͤrbt hat, anwenden,
um den noch uͤbrigen Faͤrbestoff auszuziehen.
Hellkischroth. Rosa. Fleischfarbe.
Helle Kirschfarben, so wie alle Abstufungen von Rosenroth und Fleischfarbe, bekommen
ebenfalls keinen Vorgrund durch Orlean. Man erzeugt diese Farben am
vortheilhaftesten durch Baͤder, welche fruͤher schoͤn zu
dunklen Farben gebraucht worden. Um die allerhellste Farbenschattirung, eine Art
feines Fleischroth, hervorzubringen, sezt man dem Carthaminbade eins ganz schwache
Marseiller Seifenaufloͤsung hinzu. Diese Fluͤssigkeit macht die Farbe
heller, und verhindert sowohl das zu schnelle als das zu ungleiche Ansezen
derselben. Nach dem Farben wird die Seide gespuͤlt, und man laͤßt die
feine Fleischfarbe durch das schon zu Ponceau gebrauchte Wasserbad 4–5 mal
passiren. Bei dunklen Farben kann man sich in der Seidenfaͤrberei, um etwas
zu ersparen, der
Orseille bedienen, mit welcher zuvor ein Grund gegeben wird, ehe man die Waare in
dem rothen Bade ausfaͤrbt.
Es lassen sich in dieser Art von Faͤrberei auch noch andere schoͤne Farben durch die waͤsserige
Carthaminaufloͤsung hervorbringen, wenn man der Waare vorher Blau oder Gelb
aufgesezt hat. Dieß gilt besonders
a) von Iris Violett in allen Abstufungen. Der Grund wird
zuvor hellblau gefaͤrbt, und dann erst mittelst Carthamin geroͤthet.
Durch verschiedene Schattirungen von Hellblau bis Mittelblau erhaͤlt man bei
nachheriger Roͤthung mehrfache Abstufungen dieser Irisfarben;
b) von allen Abstufungen des Chamois, Goldgelbs,
Oraniengelbs, Hochoranges, und der Aurora. Der Vorgrund wird Citronengelb gegeben,
worauf durch Anwendung mehr oder weniger starker Carthaminbaͤder alle jene
Abstufungen in dem lebhaftesten Glanze hervortreten.
Werden die mit Carthamin gefaͤrbten Seidenwaaren aller Art durch saure
Salzbaͤder genommen, so erzielt man manchfaltige Abstufungen jener Farben.
Die Seide und seidenen Stoffe, welche in das Gebiet dieser Faͤrberei
gehoͤren, sind: a) entschaͤlte Seide; b) rohe Seide; als gewirkte, gestrikte oder
gekloͤppelte Fabrikate; c) Seidensammt glatt und
gerissen; d) Taft, Croise und Levantine; e) Seidenkrepp, Flor, Baͤnder, u. dgl. m.
Seiden- und Seidensammt-Druckerei.
In der Seidendruckerei, welche die Farben vermittelst kochender Wasserdaͤmpfe
befestiget, laͤßt sich das Carthamin nur nach der Daͤmpfung anwenden,
weil das Roth desselben durch die Einwirkung der Wasserdaͤmpfe
zerstoͤrt wuͤrde, und nur eine schwache Fleischfarbe
zuruͤckbliebe.
Um ausgearbeiteten Seidendruck mit rothem Grunde zu erhalten, wird das
gedaͤmpfte und ausgewaschene Druckfabrikat in einem Carthaminbade, nach der
bereits oͤfters gegebenen Vorschrift, geroͤthet. Sind es geeignete
Dessein, mit den hier vorzugsweise erforderlichen Farben, so erscheinen durch die
Roͤthung die weißen Stellen Rosa; Hellblau wird Lillas; Citronengelb
Goldgelb, und Gruͤn nimmt einen eigenthuͤmlichen, fuͤr das Auge
nicht unangenehmen Ton an. Auf der Wahl der Zeichnung beruht das Ganze zur Bildung
brillanter Muster.
Will man nach Eindaͤmpfung der Farben in dem Dessein die Rosen oder andere
Blumen schoͤn Rosen- oder Carmoisinroth haben, so bietet das
Carthamin, mittelst des Pinsels aufgetragen, das beste Mittel dazu dar. Zum
Verdickungsmittel fuͤr dergleichen Pinsel oder auch Druckfarbe taugt am
besten ausgelesenes helles arabisches oder senegalisches Gummi, welches fein
gestoßen und in heißem Wasser geloͤßt wird, worauf man nach dem Erkalten so
viel waͤsserige Carthaminaufloͤßung hinzufuͤgt, als
noͤthig ist um die Farbe heller oder dunkler zu produziren. Wegen der
Kostbarkeit dieses Pigments ist dasselbe, insonderheit bei starken Massen, weniger
fuͤr den Druck als fuͤr den Pinsel geeignet, weil durch das
Einstreichen in das Sieb zuviel Farbe unbenuͤzt verloren geht.
Die nun auf solche Weise gefaͤrbte, gedruckte oder geschilderte Waare wird,
und zwar die leztere nach dem Abtrocknen, durch ein Kochsalz-, Alaun-
oder weißes Arsenikbad genommen, worauf die Farbe, nach Loͤsung und
Wegschaffung des Verdickungsmittels, durch die Einwirkung jener Salzverbindungen in
ihrer hoͤchsten Lebhaftigkeit erscheint. Und so verhaͤlt es sich
allgemein sowohl bei baumwollenen und leinenen, als bei seidenen Stoffen.
Durch Anwendung der Chlorinverbindungen bei Unirosa oder Carmoisin gefaͤrbten
seidenen Geweben jeder Gattung, kann man weiße Muster in rothem Grunde darstellen, welche in der Seidenfabrikation einen neuen und schoͤnen Puzartikel fuͤr
unsere Damen erschaffen; wozu als Stoffe gehoͤren: Seidensammt, Taft, Levantine, breite Baͤnder, u. dgl. m.
Bei dem Seiden- und Baumwollen-Sammt, wo die erstere Farben mittelst Wasserdaͤmpfe befestigt, und der Grund hernachmals geroͤthet
wird, lassen sich durch Gold- und SilberdruckSiehe dieses Journal, B. 2. S. 160. kostbare Gegenstaͤnde des Luxus zum Daseyn bringen. –
Auf Unirosa oder Carmoisin gefaͤrbte seidene baumwollne und feine leinene Stoffe kann man auch Farben als sogenannte gefaͤrbte
Reservagen anwenden; naͤmlich alle diejenigen, welche in kalischen Aufloͤsungen erfolgen, und faͤhig sind sich mit der Faser
zu verbinden. Gefaͤrbte Reservagen dieser Gattung sind:
a) in kaustischem Ammonium aufgeloͤßtes Schwefelarsenik. Diese Aufloͤsung mit Gummitragant in druckfoͤrmigen Zustand versezt,
und auf roth gefaͤrbte seidene Gewebe getragen, bildet eine brillante reine goldgelbe Farbe;
b) Orlean mit kallischer Lauge abgerieben, mit Gummitragant verdickt, und der Druckfarbe vor der Verarbeitung eine angemessene
Portion kaustisches Ammonium zugesezt, stellt eine schoͤne oraniengelbe Farbe dar;
c) Indigo-Mahlerblau, mittelst kaustischen Kalis und geschwefelten Arseniks den Indigo aufgeloͤßt, die Aufloͤsung mit Minnosen-Gummi
verdickt, und kurz vor der Verarbeitung einen geringen Zusaz von kaustischen Ammonium zugegeben, bildet ein reines Blau auf
unirothgefaͤrbtem Grunde, welches um so reiner ausfaͤllt, je frischer die Aufloͤsung als Farbe angewendet wird;
d) Kupferammonium, mit vorwaltendem kaustischen Ammonium
und Gummitragant verdickt, bringt ein lebhaftes Kupfergruͤn zum
Vorschein;
e) Applikationsschwarz, ohne den rothen Grund zu
zerstoͤren, ein schoͤnes intensives Schwarz.
Alle diese Farben erscheinen rein, wenn durch Auswaschen der Waare die
Verdickungsmittel geloͤßt und weggespuͤhlt sind.
Aus diesen fuͤnf verschiedenen Farben lassen sich
herrliche Muster componiren, welche bei richtiger Wahl und geregelter Zeichnung
einen nicht uninteressanten Neuen Fabricationsartikel,
vorzuͤglich in der Seidendruckerei, begruͤnden koͤnnen.
Besondere Bemerkungen.
Schluͤßlich ist noch in Ansehung des Carthamins zu bemerken:
1) daß es in der Schaafwollenfaͤrberei so wenig als der Saflor Anwendung
leidet;
2) daß es dagegen eine vortreffliche Farbe zum Mahlen auf Baumwollen-Sammt
darbietet, um die natuͤrliche Farbe der Rosen darzustellen;
3) daß es auch eine schoͤne Muschel- oder sogenannte Wasserfarbe zum
Illuminiren auf Papier liefert.