Titel: | Ueber die Darstellung und Anwendung des oxydirt salzsauren- oder Chlorin-Kalk. |
Autor: | Dr. phil. Johann Gottfried Dingler [GND] |
Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. LVI., S. 408 |
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LVI.
Ueber die Darstellung und Anwendung des oxydirt salzsauren- oder Chlorin-Kalk.
Vom Herausgeber.
Mit Abbildungen auf Tab. XVII.
Dingler über die Darstellung und Anwendung des Chlorin-Kalk.
Der oxydirt salzsaure Kalk (Chlorin-Kalk) macht gegenwaͤrtig einen
wichtigen Gegenstand in den Druckereien und Bleichereien aus; es wird daher vielen
unserer Leser die Mittheilung einer einfachen Darstellungsart desselben angenehm
seyn.
Die Gewinnung des oxydirt salzsauren Kalks kann durch mehrere Verfahrungsarten
erzielt werden. Der foͤrdernste Weg ist, den oxydirt-salzsauren Kalk
trocken darzustellen, auch hiezu hat man mehrere Vorrichtungen, unter welchen wir
die Nachstehende als die beste mittheilen.
Als Entwiklungs-Apparat des oxydirt salzsauren Gases, um solches an den Kalk
zu binden, bedient man sich am besten derjenigen großen Glasballons, in denen das
englische oder franzoͤsische Vitrioloͤl (Schwefelsaͤure)
versendet wird; die man sich, wenn man keinen Vorrath hat, zu diesem Zwecke auf
einer Glasfabrike anfertigen lassen kann. Zur Aufnahme und Erwaͤrmung dieses
Ballons braucht man ein Sandbad, wozu man sich, statt der Sandkapellen, gegossener
eiserner oder von Eisenblech gefertigter Kesseln bedient, wie wir dieses in der
vorstehenden Abhandlung bereits angefuͤhrt haben. Die noͤthige
Vorrichtung zu diesem Praͤparate besteht in folgenden auf Tab. XVII. abgebildeten Gegenstaͤnden:
A einen von
gebrannten Steinen erbauten Ofen mit einem Feuerheerd und Aschenloch.
B einem eisernen
Kessel.
C einem
Glasballon.
D einem irdenen
oder steinernen Hafen.
E einer
Glasroͤhre. f einer doppelschenklichen
Glasroͤhre. g einem Retortenhals und h einem glaͤsernen Trichter.
Bei einem großen Bedarf von oxydirt-salzsaurem Kalk muß man den Apparat
vervielfaͤltigen. In einen solchen Glas-Ballon bringt man eine
Mischung von
32 Pfund Kochsalz und
14 Pfund vom besten und aufs feinste gestoßenen Braunstein (Mangan). Es ist gut, wenn
diese Mengung noch besonders zusammengestoßen wird, um die moͤglichste Menge
von oxydirter Salzsaͤure (Chlorin) daraus zu entbinden.
Der mit dieser Mischung gefuͤllte Ballon C.
Tab. XVII. wird in dem Kessel B auf etwas
trocknen Flußsand gestellt, worauf auch die Seitenwaͤnde mit solchem trocknen
Sand umschuͤttet werden. Man sticht nun mit einem Stock eine Oeffnung durch
die Mischung bis auf den Boden des Glasballon C, und steckt
hierauf eine ungefaͤhr drei Schuh lange und einen halben Zoll weite
Glasroͤhre e bis auf dessen Boden. Mit dem Hals
dieses Ballon verbindet man eine doppelt schenkliche Glasroͤhre f, welche in den Retortenhals g des mit Kalkmehl gefuͤllten Gefaͤßes D geht. Der Hals
des Ballons sowie der des aus dem Kalkgefaͤß D
hervorragenden Retortenhalses g wird nun mit KittEinen hiezu vorzuͤglich geeigneten und gut bindenden Kitt bereitet man
sich aus Kalkmehl mit Bleioxyd gekochtem Leinoͤl (sogenanntes
Trockenoͤl oder Leinoͤlfirniß) und etwas zerschnittenem Werg
oder Kaͤlberhaare, welches man zu einer dicken Masse zusammen knetet
und dann mit einem schweren Hammer zu einer zaͤhen Masse
schlaͤgt. Je aͤlter diese angegebene Kitte wird, und je
fleißiger sie geschlagen wird, desto bindender ist sie. Auch kann der schon
gebrauchte trockne Kitt durch Klopfen und Vermengen mit ungebrauchtem wieder
benuzt werden. umlegt, und die
verkittete Stelle mit einer im Wasser erweichten Blase dicht umwunden, und hierauf
mit Bindfaden verbunden. Durch die Eingußroͤhre a
wird nun mittelst eines Glastrichters h in den Ballon
(in Zwischenraͤumen von 6 bis 8 Stunden) auf 3 mal die erkaltete Mischung von
21 Pfund franzoͤsischer Schwefelsaͤure (Vitrioloͤl) und 22
Pfund Wasser gegossen. Nach Verlauf von 24 Stunden wird, um das Sandbad zu
erwaͤrmen, unter dem Kessel D ein schwaches
Kohlenfeuer gemacht, das man 24 Stunden lang unterhaͤlt, und dann nach und
nach so verstaͤrkt, daß der Inhalt des Ballons beinahe zum Sieden kommt. Man
laͤßt nun den Apparat noch 12 Stunden stehen, in welcher Zeit sich das
oxydirt-salzsaure Gas entbindet, und mit dem in dem vorgesezten Gefaͤß
befindlichen Kalkmehl unter betraͤchtlicher Waͤrmeentwikelung zu
oxydirt salzsaurem Kalk verbindet.
Ist das Kalkgefaͤß groß genug, so daß der darinnen enthaltene Kalk nur zum
Theil mit Chlorine neutralisirt wird, dann kann man, um eine groͤßere
Quantitaͤt moͤglichst gut gesaͤttigten oxydirt salzsauren Kalk
zu erhalten, noch eine solche Portion salzsaures Gas oder Chlorine hiezu entbinden,
ohne daß man noͤthig hat den Topf auszuleeren, und mit Kalkmehl frisch zu
fuͤllen.
Den zu diesem Fabrikat bestimmten Kalk muß man vor seiner Anwendung in ein feines
Pulver verwandeln. Zu diesem Behuf besprengt man einen Haufen frisch gebrannten Kalk
mit so viel reinem Wasser, daß er zu einem feuchten Pulver zerfaͤllt, an
welches man nach dem Erkalten noch so viel Wasser arbeitet, daß der Kalk ziemlich
feucht wird, ohne sich jedoch zusammen zu ballen. Man laͤßt nun dieses
Kalkpulver durch ein Drathsieb laufen, um es von den noch nicht zerfallenen
Kalkstuͤcken zu trennen. Auch kann man hierzu auch an der Luft zerfallenen
Kalk verwenden, der zu diesem Gebrauche noch befeuchtet werden muß. Dieses Befeuchten ist darum
nothwendig, damit das oxydirt salzsaure Gas sich leicht an den Kalk binden, um so
auf diesem Wege vollkommen oxydirt salzsauren Kalk zu erhalten.
Das Gefaͤß, in dem die Verbindung des oxydirt salzsauren Gases mit dem
zerfallenen Kalk geschieht, kann entweder ein großer irdener oder steinzeugener
Topf, oder ein verhaͤltnißmaͤsig großer hoͤlzerner mit
Metallreifen gebundener Kuͤbel seyn. Die Toͤpfe von Steingut verdienen
aber vor allen den Vorzug.
Um das Ganze geschikt vorzurichten, verfaͤhrt man wie folgt: den weiteren
Theil eines glaͤsernen Retortenhalses, der lange genug ist, daß sein engerer
Theil noch etwas aus dem Gefaͤße herausrage, stellt man in die Mitte des
Gefaͤßes, so daß er auf dem Boden aufsteht. Man umschuͤttet diesen
Retortenhals mit so viel Kalkmehl, bis das Gefaͤß beinahe voll ist, das man
hierauf maͤsig stark mit den Haͤnden niederdruͤckt, damit es
eine dichtere Lage bekommt, worauf man den leeren Raum wieder mit feuchtem Kalkmehl
nachfuͤllt. Dieses Einfuͤllen und Niederdruͤcken waͤhrt
so lange, bis das Gefaͤß zu einer gleichen Oberflaͤche gefuͤllt
ist. Wenn waͤhrend der Operation das Kalkmehl durch die starke Waͤrme,
die beim Zusammentritt der Chlorine mit dem Kalk frei wird, Risse bekommen sollte,
durch welche das oxydirt salzsaure Gas ungestoͤrt ausstroͤme, so gießt
man auf diese Stelle etwas Wasser, und streicht einen mit Wasser
angeruͤhrten, dicken Kalkbrei daruͤber. Sollte diese Decke von
Kalkbrei bei dem Trocknen auch Risse bekommen, dann verstreicht man diese nochmals
mit Kalkbrei, und druckt eine Lage feuchtes Kalkmehl darauf.
Nach beendigter Operation findet sich der mit Chlorine gesaͤttigte Kalk im
untern Theil des Gefaͤßes, wo das aus dem Entbindungsballon durch den
Retortenhals heruͤbergeleitete Gas mit dem Kalke zunaͤchst in
Verbindung tritt. Man trennt den nicht vollkommen gesaͤttigten von dem brauchbaren Kalk, welchen
leztern man an Farbe, Zusammenhang, leichtern Zerfließbarkeit, reinen, scharfen
nicht bittern Geschmack u.s.w. leicht unterscheiden kann. Den gesaͤttigten
oxydirt salzsauren Kalk verwahrt man in guten steinernen Toͤpfen, welche man
sorgfaͤltig verschließt, bis zum Gebrauche auf; den andern nimmt man zu einer
folgenden Bereitung des oxydirt salzsauren Kalk. Bei Anwendung des leztern hat man
Sorge zu tragen, daß die Stuͤcke oder die zusammenhaͤngenden Theile
gehoͤrig verkleinert werden, weil sie sich sonst nicht mit Chlorine
saͤttigen koͤnnen, indem das Gas die festen Stuͤcke nicht
durchdringt. Vernachlaͤssigung dieser Sorgfalt zieht oft den unangenehmen
Fall nach sich, daß das Fabrikat durch ungesaͤttigten Kalk unbrauchbar
gemacht wird.
Zur Darstellung des fluͤssigen, oxydirt salzsauren Kalk giebt es mehrere
Methoden, wovon wir hier diejenigen mittheilen, welche wir fuͤr die
Ausfuͤhrung im Großen am geeignetsten gefunden haben.
Zur Entwikelung des oxydirt salzsauren Gases oder der Chlorine fuͤr den
fluͤssigen Chlorinkalk bediene man sich gleichfalls der Glasballons, und
derselben Vorrichtung, welche wir Seite 401 beschrieben, und auf Tab. XVII.
abgebildet sind. Mit dem Entwikelungsballon bringe man das Faß Fig. 3. Tab. XVII. mit
einer glaͤsernen Doppelschenkelroͤhre unmittelbar in Verbindung. Die
uͤbrige Vorrichtung des Apparats geschieht eben so, wie wir diese zur
Bereitung der fluͤssigen Chlorine in der vorstehenden Abhandlung Seite 401
beschrieben haben. Hier bleibt jedoch die die Mittelflasche (Fig. 2.) weg, weil das
mit der Chlorine allenfalls uͤbergehende Eisen- oder Manganoxyd durch
den Kalk ausgeschieden, und das Fabrikat fuͤr die technische Zwecke dadurch
nicht verunreinigt wird. Das Faß (Fig.
3.) wird etwas
uͤber zwei Drittheile mit Kalkmilch (eine Mengung von einem Theil Kalk und
neun Theilen Wasser) angefuͤllt, und die Operation nun eben so wie zur
fluͤssigen Chlorine geleitet. Da der in der Fluͤssigkeit befindliche
Kalk nicht ganz neutralisirt wird, so leitet man das Gas von noch einer Operation
hinzu. Besser ist es, wenn man aus zwei Gasentwiklungsvorrichtungen, wo von beiden
Entwiklungsballons die glaͤserne Doppelschenkelroͤhren in die weitere
Oeffnung l des Bleirohrs zusammen kommen. Den
fluͤssigen, oxydirt salzsauren Kalk laͤßt man durch einen Hahnen zum
Gebrauche ab.
Ein anderes Verfahren ist, wenn man mit dem Entwiklungsballon statt der Mittelflasche
Fig. 2.
einen weithalsigen Ballon mit einer Doppelschenkelroͤhre, dessen
laͤngere Roͤhre, welche bis auf den Boden des Ballon reicht,
verbindet. Wenn in den Entwiklungsballon die Eingußroͤhre und die
Doppelschenkelroͤhre gut eingekittet und mit Blase und Bindfaden luftdicht
verbunden sind, dann fuͤllt man den Vorlagballon bis zur Haͤlfte mit
Kalkmilch, und gießt dann einen Theil der verduͤnnten Schwefelsaͤure
durch die Roͤhre h in den Gasentwiklungsballon.
So wie sich lebhaft Gas entwikelt, dann fuͤllt man den bereits
halbgefuͤllten Vorlagballon beinahe ganz voll mit Kalkmilch. Mit diesem
Ballon bringt man nach einiger Zeit einen zweiten Vorlagballon mit einem
Doppelschenkelrohr in Verbindung. Zwischen die beiden Roͤhren h und k wird wie bei Fig. 2. eine
Zwischenröhre i, welche auf den Boden des Ballon ragt,
gesteckt, die Oeffnung des Ballons zwischen den Glasroͤhren mit Kitt
sorgfaͤltig ausgefuͤllt, und durch Umwiklung naßgemachter Blase mit
Bindfaden luftdicht verbunden. Der zweite Vorlagballon wird nun auch mit Kalkmilch
gefuͤllt, und mit diesem ein mit Kalkmehl gefuͤllter Topf, durch eine
Doppelschenkelroͤhre in Verbindung gesezt, wie dieses bei der Bereitungsart
des trocknen
Chlorin-Kalks statt findet. So vorgerichtet wird zwischen die beiden
Verbindungsroͤhren des zweiten Vorlagballons eine Glasroͤhre i wie bei Fig. 2., welche auch hier
bis an den Boden ragt, gesteckt, und dann der Ballon luftdicht verkittet. Das
weitere Eingießen der Saͤure zur Entwiklung des Gases, so wie die Feuerung
und Beendigung der Operation geschieht, wie bei der Bereitung der fluͤssigen
Chlorine S. 401, das oxydirt salzsaure Gas, das von der Kalkmilch in den beiden
Vorlagballons nicht aufgenommen wird, geht in den damit in Verbindung stehenden
Topf, und verbindet sich hier mit dem feuchten Kalkmehl, wo man neben dem
fluͤssigen, oxydirt salzsauren Kalk auch etwas trocknen erhaͤlt. Den
Topf mit dem Kalkmehl pflegt man mehrere malen vorzulegen, ehe man den
gesaͤttigten trocknen oxydirt salzsauren Kalk von dem nicht
gesaͤttigten abscheidet.
Die Mittelroͤhre i, welche mit eingekittet wird,
hat neben der Beseitigung der Gefahr waͤhrend der Operation auch noch den
Vortheil, daß man durch sie, wenn die Gasentwiklung langsam geht, den durch Mangel
an Erschuͤtterung auf den Boden sich sezenden Kalk durch Einblasen mit dem
Mund wieder mit der Fluͤssigkeit in Mischung bringen kann.
Die Hauptanwendung des auf trocknem Wege bereiteten oxydirt salzsauren Kalk findet
dermalen hauptsaͤchlich in den Kattundruckereien, und namentlich zum
theilweisen Entfaͤrben der mit Zitronen- oder Kleesäure vorgedruckten
adrianopelroth gefaͤrbten Callicos statt. Fuͤr dieses Fabrikat wendet
man den in Wasser geloͤsten, oxydirt salzsauren Kalk von einer Staͤrke
zu 6 Grade nach Beks Areometer (1,036 spez. Gew.) an.
Auch muß die Fluͤssigkeit zu diesem Behuf ziemlich neutral seyn. Die
Fuͤhrung und Unterhaltung einer solchen Entfaͤrbungskuͤpe findet man in den am
Schlusse dieser Abhandlung angezeigten Abhandlungen.
Zum Entfaͤrben der weiß zu bleichenden Stellen in krapproth gefaͤrbten
Callicos bedient man sich auch des auf trocknem Wege bereiteten oxydirt salzsauren
Kalks. Zu diesem Behuf loͤst man drei Theile gut gesaͤttigten Kalk in
97 Theilen Wasser auf, und haspelt in dieser schwachen oxydirt salzsauren
Kalkfluͤssigkeit die krapproth gefaͤrbten Callicos, welche man vorher
in einem saͤuerlichen Kleien-Dinglers neues Journal fuͤr die Druck-, Faͤrbe-
und Bleichkunde. I Bd. S. 279. oder ErbsenbadEbds. S. 280. gereinigt hat, so lange hin- und wider, bis die in Grund geschlagene
farbige Theile verschwunden, und diese Stellen vollkommen weiß erscheinen. Dieses
Entfaͤrben der in weißen Grund geschlagenen Stellen kann aber nur bei solchen
Farben angewendet werden, die Thonerde oder eine andere Erde zur
Affinitaͤts- und Bindungsbasis haben, wo sich die Farben in diesem
Bade noch rosiren oder schoͤnen; bei Farben aber, die als
nuͤanzirendes Bindungsmittel eine Metallbasis haben, wie z.B. Eisenoxyd,
Zinnoxyd u.s.w., da kann der Chlorinkalk nicht als Entfaͤrbungsmittel der in
Grund geschlagenen, ungedruckten Stellen angewendet werden, weil sich die
Metallbasen mit der Chlorine schnell oxydiren, und zwar in einem so hohen Grade
(Hyperoxyde), daß sie in diesem Zustande die an sie gebundenen Pigmente selbst
schnell zerstoͤren.
Zum Bleichen der weißen Baumwollengespinnste- und
Gewebe ist der auf nassem Wege bereitete, oxydirt salzsaure Kalk ein vortreffliches
Mittel, weil man mit diesem weniger als mit dem, der Lauge beschwerlich fallenden,
an Wasser gebundenen oxydirt salzsauren Gas belaͤstigt wird. Ehe man dieses
Fabrikat zum Bleichen in Anwendung bringt, muß man die zu bleichenden
Baumwollenfabrikate vorhero denselben Reinigungsoperationen unterwerfen, wie solche
in der vorhergehenden Abhandlung S. 397 u. f. angegeben sind. Nach diesem bringt man
sie in ein schwaches oxydirt salzsaures Kalkbad (das aus zehn Theilen
fluͤssigem, oxydirt salzsaurem Kalk und neunzig Theilen Wasser
zusammengemischt ist), und laͤßt sie hierinnen 24 bis 36 Stunden liegen. Nach
dieser Zeit nimmt man die Baumwollenfabrikate heraus, windet sie leicht aus, und
wirft sie dann in ein schwaches saures Wasser, das aus einem Theil konzentrirter
Schwefelsaͤure (Vitrioloͤl) und 70 Theilen Wasser zusammengemischt
ist, in welchem man sie 6 Stunden liegen laͤßt, worauf man sie am Bache gut
auswascht, und dann wie S. 404 angegeben, in einer schwachen Lauge auskocht,
u.s.w.
Die gebrauchte oxydirt salzsaure Kalkfluͤssigkeit kann noch einige malen zu
demselben Zweck verwendet werden, wenn sie einen frischen Zusaz von
staͤrkerer Bleichfluͤssigkeit erhaͤlt. Leinene und baumwollene
Zeuge, welche durch oͤfteres Waschen oder langes Liegen eine gelbe Farbe
angenommen, und durch Waschen mit Seife und Wasser nicht leicht wieder weiß gebracht
werden koͤnnen, kann man auf folgende Art wieder vollkommen weiß darstellen.
Man uͤbergieße die weiß zu machenden Gewebe in einem reinen hoͤlzernen
Gefaͤße mit einer kochenden Lauge (aus einem Pfunde Pottasche und 24 Pfunden
Wasser) und lasse sie darinnen 24 Stunden liegen. Man nehme sie nun heraus, winde
sie leicht aus, und lege sie in eine schwache klare oxydirt salzsaure
Kalkfluͤssigkeit (aus fuͤnf Theilen fluͤssigem, oxydirt
salzsaurem Kalk, und 45 Theilen reinem Wasser), in welcher man sie 24 Stunden oder
so lange liegen laͤßt, bis sie voͤllig weiß zum Vorschein kommen. Die
Zeuge werden nun am Fluße recht gut gereinigt, dann noch in Seifenwasser gewaschen,
so fort in reinem Wasser ausgewaschen und getrocknet.
Uebergießt man im Winter einen Theil gut gesaͤttigten und frisch bereiteten
trocknen, oxydirt salzsauren Kalk mit zwei Theilen Alkohol, und stellt das gut
verschlossene Gefaͤß um die sonst erfolgende Erhizung zu vermeiden, in eine
mit Eis und Salzwasser gefuͤllte Schuͤssel, so entwikelt sich etwas
oxydirte Salzsaͤure, deren Geruch sich aber nach 24 Stunden verliert, und das
Ganze den des Salzaͤthers annimmt. Bei Beobachtung des Einwirken des Alkohol
auf den Chlorin-Kalk nimmt man die naͤmlichen Erscheinungen wahr,
welche beider Bereitung des Salpeteraͤther durch stetes Aufgießen von Alkohol
auf uͤber konzentrirter Salpetersaͤure stehendem Wasser statt finden,
und es scheidet sich hier etwas leichte Chlorinnaphta wie dort Salpeternaphta ab.
Zieht man die Fluͤssigkeit durch Destillation ab, so erhaͤlt man den
reinsten Salzaͤther.
Bringt man in eine Glasretorte einen Theil frisch bereiteten trocknen, oxydirt
salzsauren Kalk mit vier Theilen Alkohol, kittet daran eine Vorlage, und destillirt
nach 24 Stunden bei einem maͤsigen Feuer, wobei das Sandbad nur auf 60 Grad
Reaum. erwaͤrmt werden darf, das Fluidum ab, so erhaͤlt man
versuͤßte Chlorine, der jenen aus einer Mengung von Mangan, Salz,
Schwefelsaͤure und Alkohol destillirt durch Geschmack und andere
Eigenschaften wesentlich uͤbertrifft. Auf diese Erzeugnisse werden wir in der
Folge nochmals zuruͤckkommen.
Der trockene, oxydirt salzsaure Kalk ist auch ein treffliches Mittel um Zimmerluft zu
verbessern; auch eignet sich derselbe vorzuͤglich zu reinen oxydirt
salzsauren Gasraͤucherungen, wo man zu lezterem Zweck weiter nichts zu
beobachten hat, als denselben mit sehr verduͤnnter Schwefelsaͤure zu
uͤbergiesen, oder mit gestoßenem uͤbersauren schwefelsauren Kali zu
vermengen.
Mehreres uͤber den oxydirt salzsauren Kalk findet sich in folgenden
Abhandlungen:
Doͤbereiner uͤber halogenirte und oxyhalogenirte Alkalien und Erden, in
Schweiggers Journal fuͤr Chemie und Physik 3 B. 4 Hft. S. 373. Ueber den
oxydirt salzsauren Kalk, von Joh. Dalton. Uebersezt aus Thomsons Annals of Philosophie Bd. 1. S. 15 in Schweiggers Journ.
f. Ch. u. Ph., Bd. X. Hft. 4. S. 445. u. in Dinglers neuem Journal fuͤr die
Druck-, Faͤrbe- und Bleichkunde. Bd. 1. Hft. 3. S. 291. Beitrag
zur naͤhern Kenntniß der Eigenschaften der oxydirt salzsauren (halogenirten
Alkalien) von Doͤbereiner, in Schweiggers J. f. Chem. u. Phys. Bd. IX. Hft.
1. S. 12. u. in Dinglers n. J. f. d. D., F. u. B. Bd. 1. Hft. 3. S. 307. Ueber die
in England gebraͤuchliche Methode leinen- oder baumwollenen
Tuͤchern, die vorher tuͤrkisch roth gefaͤrbt sind, bestimmte
weiße Muster zu geben, v. Jonas Thomson. Mit Anmerkungen von Dingler, ebds. Bd. 1.
Hft. 3. S. 282. Dingler, uͤber die Gewinnung des oxydirt salzsauren Kalkes im
Großen, nebst Abbildung einer sehr bequemen Geraͤthschaft, ebds. S. 321.
Dinglers Beschreibung und Abbildung eines bleiernen Apparates zur Darstellung des
oxydirt salzsauren Kalkes, ebds. Bd. 2. Hft. 1. S. 29. Verfahren zur Darstellung der
Merinos, ebds. Bd. 3. Hft. 2. S. 209. Merinos mit Doppel- oder Zweiroth,
ebds. Hft. 3. S. 476. – Dinglers Abbildung und Beschreibung eines Apparates
zur Bereitung des oxydirt salzsauren Kalks im Großen, ebds. Bd. 4. Hft. 4. S. 413.
Derselbe uͤber die Darstellung der doppelrothen Merinos, im Magazine
fuͤr die Druck-, Faͤrbe- und Bleichkunst. Bd. 3. S. 1.
u. f. Kurrer und Dingler uͤber die Darstellung der Merinos u.s.w. in
Bancrofts neuem englischen Faͤrbebuch. Bd. 2. S. 474 u. f.