Titel: | Nachricht über eine neue Methode Bienenstöcke zu vereinigen. Von dem hochw. Andr. Jameson, Mitglied der Werner'schen Gesellschaft. |
Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. LXIV., S. 462 |
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LXIV.
Nachricht über eine neue Methode Bienenstöcke zu vereinigen. Von dem hochw. Andr. Jameson, Mitglied der Werner'schen Gesellschaft.
Aus dem Edinburgh Philosophical Journal, in dem Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. II. Series. N. CCXXIII. December 1820. 38 S.
Andr. Jameson neue Methode Bienenstöcke zu vereinigen.
Wenn ein Stock zu schwach ist, um den Winter uͤber auszuhalten, oder, wenn man
den Bienen ihren Honig nehmen will, ohne sie zu ersticken, pflegt man jezt in diesen
beiden Faͤllen allgemein die Stoͤcke zu vereinigen. Die Methode, deren
Hr. Huish bei dieser Vereinigung sich bedient, ist,
ausser in den Haͤnden eines sehr erfahrnen Bienenwirthes, mit vieler
bedeutender Gefahr fuͤr das Leben der Bienen verbunden, waͤhrend Bonnar's Methode nicht selten mit der Vernichtung eines
betraͤchtlichen Theiles des Bienenstandes verbunden ist. Da ich nun den
Mangel einer sicheren und kraͤftigen Methode, die Bienenstoͤcke zu
vereinigen, fuͤhlte, vorzuͤglich dann, wann die Honigzeit bereits
vorgeruͤckt war, so veranlaßte mich dieß die Verfahrungsweise in meiner
Nachbarschaft zu pruͤfen, und fand an derselben eine bereits durch dreisig
Jahre bestehende Methode, welche waͤhrend dieser ganzen Zeit uͤber dem
Publikum unbekannt geblieben ist. Diese Methode, Bienenstoͤcke zu vereinigen,
ist die Erfindung des hochw. Rich. Paxton, Pfarrers zu
Tundergarth, und seine dreisigjaͤhrige im Großen gemachte Erfahrung muß
seiner Erfindung großes Gewicht ertheilen.
Hrn. Paxton's Methode, die Bienenstoͤcke zu
vereinigen, ist Folgende: man nimmt einen leeren Stock, und stuͤrzt ihn
uͤber denjenigen, aus welchem man die Bienen, entweder um ihren Honig zu
nehmen, oder um sie mit einem anderen Stocke zu vereinigen, austreiben will.
Zwischen die beiden so vereinigten Stoͤcke wird ein kleines Stuͤck
Holzes so gelegt, daß beide an einer Seite ungefaͤhr ein Zoll weit von
einander abstehen. Der Grund, warum dieses Holz durch die Oeffnungen und zwischen
die beiden Stoͤcke geschoben wird, ist, die Bienen zu hindern, daß sie,
nachdem sie an der einen Seite in die Hoͤhe getrieben wurden, nicht, wie sie
es sonst thun wuͤrden, an der andern Seite des Stockes, aus welchem sie
vertrieben wurden, herabsteigen. Nachdem die Stoͤcke in die so eben
beschriebene Lage gebracht wurden, schlaͤgt der Bienenwirth solang an den
unteren Stock (jedoch nicht zu stark, damit die Waben nicht verlezt werden) bis die
durch den Laͤrmen erschreckten Bienen ihre Zuflucht in dem oberen Stocke
nehmen. Man macht eine hinlaͤngliche Menge Duͤnn-Bier (small-beer) milchwarm, und sezt demselben soviel
Zucker-Syrup (soft sugar) zu, bis dieser einen
duͤnnen Brei damit bildet. Ein Buͤschel Federn oder ein
Buͤrstenpinsel muß gleichfalls in Bereitschaft seyn. Der Bienenwirth hebt nun
den Stock, welcher die ausgetriebenen Bienen enthaͤlt, sachte in die
Hoͤhe, und sein Gehuͤlfe thut dasselbe mit dem Stocke, mit welchem
diese vereinigt werden sollen. Der Stock, welcher die neue Colonie aufnehmen soll,
wird umgestuͤrzt, so daß er mit seiner Oeffnung aufwaͤrts sieht, und
ein in Bereitschaft stehender Gehuͤlfe besprengt so schnell als
moͤglich die Bienen, so wie sie sich zeigen, mit der bemeldeten
Fluͤssigkeit. Wenn er glaubt, daß alle hinlaͤnglich befeuchtet sind,
hoͤrt er auf. Nachdem dieselbe Operation auch mit dem anderen Stocke
vorgenommen wurde, d.i., mit dem Stocke, welcher von seinem eigenen Werke vertrieben
worden ist, werden die Bienen so schnell als moͤglich in den Stock geleert,
der zur Aufnahme der neuen Colonie bestimmt ist, und mit einem Buͤschel
Federn in die Zwischenraͤume zwischen den Waben gekehrt. Man stuͤrzt
den Stock augenbliklich um, und stellt ihn auf die Bienenstelle.
Diese Verrichtung geschieht am besten des Abends. Wenige Stunden nach der Vereinigung
werden alle Bienen ruhig seyn. Am folgenden Tage wird man vielleicht einige
Scharmuͤzel sehen, die davon herruͤhren, daß eine oder die andere
Biene nichts von der ausgesprengten Fluͤssigkeit erhielt: nur wenige werden
aber ihr Leben einbuͤssen. Ich glaube, daß ich dieses Jahr kaum 60 Bienen
durch diese Vorrichtung verlor. Vier Quart Duͤnn-Vier und 1 1/2 Pf.
gemeinen Syrupes reichen zu, um zwei Stoͤcke von gewoͤhnlicher
Groͤße zu vereinigen.
Bei dieser Vereinigungs-Methode von Bienenstoͤcken laͤuft man
weder Gefahr, die Bienen zu ersaͤufen, wie bei Hrn. Huish's Verfahren zu besorgen steht, noch blutige und verderbliche
buͤrgerliche Kriege unter denselben zu erregen, was die gewoͤhnliche
allgemeine Folge von Bonnar's Methode ist.
Die Erklaͤrung der Grundsaͤze, auf welchen diese Methode beruht, ist
den Naturforschern uͤberlassen. Es scheint, daß die Bienen in ihrem Urtheile
vorzuͤglich durch den Geruch geleitet werden, und daß alle, die
gleichfoͤrmig nach Duͤnn-Bier und Syrup riechen, dadurch
verleitet werden, sich als Freunde und Gefaͤhrten zu betrachten.