Titel: | Ueber den Bau der Turnips. |
Fundstelle: | Band 4, Jahrgang 1821, Nr. IX., S. 82 |
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IX.
Ueber den Bau der TurnipsBrassica Rapa
Linn. A. d. Uebers..
Von Georg Webb Hall, Esq.
Aus den Communications of the Board of Agriculture in Tilloch's Philosoph. Magaz. et Journal. August 1820. N. 268. S. 137.
Georg Webb Hall über den Bau der Turnips.
Nachdem ich den Auftrag des Buͤreau des Ackerbaues
erfuͤllte, »alles was in den verschiedenen Berichten und
Mittheilungen an das Buͤreau uͤber den Bau der Turnips Lehrreiches
enthalten ist, zusammen zu ziehen« und einen allgemeinen Ueberblick
zu geben, damit das Verfahren bei diesem hoͤchst interessanten und wichtigen
Zweige des Ackerbaues in allen Grafschaften Englands und Schottlands dem Publikum
zum Vortheile aller derjenigen, welchen die einzelnen Berichte und Mittheilungen aus
den Grafschaften unzugaͤngig sind, in einem gedraͤngten Auszuge klar
und deutlich vorgelegt werde, bin ich in Versuchung gerathen, etwas uͤber die Graͤnze
meiner Instruktionen zu schreiten, und dem achtbaren Buͤreau einige meiner
eigenen Erfahrungen uͤber den Bau dieser unschaͤzbaren Wurzel
vorzulegen, indem die muͤhsame Untersuchung, die ich uͤber diesen
Gegenstand angestellt habe, verbunden mit meiner eigenen Erfahrung, mich hierzu
nicht ganz ungeeignet ließ.
Wenn bei der Vollendung dieses Werkes von dem achtbaren Buͤreau die Frage an
mich gestellt wuͤrde: Welche Grafschaft ich, bei genommener Einsicht
uͤber das Verfahren bei dem Baue der Turnips auf unserer ganzen Insel der
Vollkommenheit am naͤchsten glaube? so wuͤrde ich ohne Bedenken
antworten: daß die Grafschaft Middlesex ohne Zweifel uͤber alle andere im
Koͤnigreiche in dieser Hinsicht erhaben steht, insofern man naͤmlich
in derselben das System befolgt, die beste Ernte mit der geringsten Ausgabe zu
erhalten, und zugleich die beste und reinste Samenernte zu foͤrdern und sogar
sicher zu stellen.
Wir wollen hoͤren, was der sehr geschikte Berichterstatter von Middlesex, Joh.
Middleton, Esqu., in dieser Hinsicht sagt, denn seine Worte koͤnnen weder zu
oft gedruckt, noch zu oft gelesen werden:
»Turnips« sagt er »sind ohne Zweifel die Basis der
besten Landwirthschaft, und in jedem Theile unserer Insel werden sie stets eine
Haupternte in der vollkommensten Methode der Kultur lehmiger Sandgruͤnde
seyn. Sie wachsen auch gut auf gehoͤrig trocken gelegter schwarzer
Torferde, und auf jenen starken Lehmgruͤnden, die noch reich sind. Sie
erhalten und maͤsten einen sehr großen Viehstand, und durch den
Duͤnger und Harn des Mastviehes wird der Boden weit mehr bereichert, als
durch jedes andere Mittel. Es ist ein Vortheil von hoher Wichtigkeit, daß die
Turnips so spaͤtes Aussaͤen fordern, daß der Paͤchter
dadurch Gelegenheit erhaͤlt in einem Jahre auf demselben Boden zwei Ernten von
Gruͤnfutter zu erhalten, welche beide dem Viehe als Nahrung dienen. Diese
Ernten, WikenVicia sativa Linn. Die Vicia biennis, die an Hecken und
Zaͤunen so trefflich gedeiht, und eine Hoͤhe von
6–8 Fuß erreicht, verdiente gleichfalls die Aufmerksamkeit der
Landwirthe. A. d. Uebers. und Turnips (tares et turnips) koͤnnen solang in steter Aufeinanderfolge
erhalten, und auf magerem Boden abgeweidet werden, bis derselbe irgend einen
gewuͤnschten Grad von Reichthum erhaͤlt, wo er dann mehr Rinder
und Schafe naͤhren kann, als die beste Wiese im Koͤnigreiche; und,
was von großer Wichtigkeit ist, das Land wird dadurch rein, und waͤhrend
der ganzen Zeit uͤber zum Anbaue jeder Art von Getreides tauglich
erhalten; allein diese Ernten sind durchaus unvertraglich mit unseren
gewoͤhnlichen Feldern, und aus diesem Grunde mehr als aus irgend einem
anderen, so wenig in England gepflogen. Man schließe die gewoͤhnlichen
Felder ein, und die Wiken- und Turnips-Wirthschaft wird allgemein
werden, und wir werden dadurch die kraͤftigste n Mittel erhalten, unsere
Schlachthaͤuser mit Fleisch, und unsere Kornboͤden mit Getreide zu
fuͤllen.«
Wir wollen nun sehen, wie dieses System wirkt, »um,« wie ich
oben behauptet habe, »die beste Ernte mit der geringsten Ausgabe zu
erhalten, und zugleich die beste und reinste Samenernte zu foͤrdern und
sicher zu stellen.«
Wer, in dem Augenblike, wo sein Weizen geschnitten, und selbst ehe derselbe
heimgefahren ist, anfaͤngt seine Stoppeln umzubrechen und Wiken darein zu
saͤen, hat dabei nicht mehr Ausgabe als derjenige, der sein Land fuͤr
den Winter pfluͤgt, um dasselbe auf Turnips zuzurichten, und im
Fruͤhjahre, wo lezterer mit vieler Muͤhe und mit großen Kosten sein
Land drei, vier und zuweilen fuͤnf mal pfluͤgen muß, um dasselbe auf.
Turnips herzurichten, und seinen Duͤnger ausfuͤhren muß, wachsen seine Wiken auf dem
fuͤr Turnips bestimmten Felde freudig her, und durch das Abweiden dieser
Wiken von Schafen im Maien auf dem Felde, duͤngt er nicht nur mit ihrem Miste
und Harne dasselbe auf eine viel reinere Weise als jene, die ihren Duͤnger
fuͤr Turnips aus ihrem Pachthofe und Stalle auf den Acker hinaus fahren,
sondern er ist auch spaͤter hin in den Stand gesezt, durch hoͤchstens
zweimaliges, in manchem Jahre und auf manchem Boden, auch nur durch einmaliges
Pfluͤgen eine Brache nach Abweidung der Wiken hervorzubringen, welche in
Hinsicht der Reinlichkeit und Zerreiblichkeit, mit den durch das kostbarste
Fruͤhjahrpfluͤgen, aber ohne Wiken erhaltenen Brachen wetteifern, ja
sogar uͤbertreffen kann. Doch dieß ist nur der halbe Vortheil, den diese
Ackerbau-Methode gewahrt; denn wer das Wikensystem befolgt, erhaͤlt
Ende Aprils und den ganzen Mai uͤber eine solche Menge Gruͤnfutters,
daß er alle seine Sommerweiden fuͤr seine Schafe waͤhrend des Maies
einfangen kann, und da er solchen Vorrath an Wiken besizt, kann er dieselben im
Maͤrz und April ohne Scheu so kurz als moͤglich abweiden lassen, bis
seine Schafe auf Wiken getrieben werden koͤnnen. So wird durch dieses System
des Ackerbaues jeder Landwirth in den Stand gesezt, seine Heerde auf eine
Groͤße zu erheben, von welcher derjenige, der es nicht versuchte, sich keinen
Begriff machen kann, und so kann er all seinen Hof- und Stallduͤnger
auf seine Swedes, seine Erdaͤpfel, und vor allem auf sein Wiesenland
verwenden. Und darin, daß er dieß bei dem trefflichen Zustande des Pfluglandes
mittelst gruͤner Ernten und guter Bewirthschaftung ohne Duͤnger
noͤthig zu haben zu thun vermag, darin besteht, nach meiner Ansicht, die
hoͤchste Stufe, auf welcher ein Mann in der Kunst des Ackerbaues stehen
kann.
Wer ferner das Wikensystem befolgt, und einen großen Theil seines Duͤngers auf
seine Wiesen verwenden kann, wird von einer solchen geduͤngten Wiese durch
Winter-Einfang derselben, ein Gras erhalten, welches in Hinsicht auf
Gruͤne im Monat Maͤrz mit jeder gewasserten Wiese im
Koͤnigreiche wetteifern, und in Bezug auf Starke dieselbe noch
uͤbertreffen wird: dadurch wird er in den Stand gesezt, eine groͤßere
Heerde zu halten, als er bei irgend einem anderen Systeme nimmermehr zu thun
vermoͤchte, und dadurch kann er, wenn er seine Gruͤnde waͤhrend
der Weizenbrache nach dem Klee als Zugabe noch zu dem vielen Futter, welches er
durch die Ernten des Gruͤnfutters von dem Pfluglande erhaͤlt, pfercht,
dieselben zu gleicher Fruchtbarkeit und noch hoͤherer Reinheit bringen, als
auf keine andere Weise geschehen kann, selbst dann nicht, wenn aller Duͤnger
der Hauptstadt ihm fuͤr sein Pflugland zu Gebote stuͤnde. Gerade in
dem Verhaͤltnisse also, als irgend ein Landwirth sich dem Wikensysteme,
welches in der Grafschaft Middlesex, wie man sagt, befolgt wird, naͤhert oder
von demselben entfernt, und zugleich auch von der Moͤglichkeit einen großen
Theil seines Duͤngers auf seine Wiesen zu verwenden, gerade in diesem
Verhaͤltnisse betrachte ich ihn in dem Zustande der Kindheit, der Jugend oder
der Mannbarkeit des Ackerbaues; und jene Paͤchter, denn Landwirthe,
Ackerbauer, will ich sie nicht nennen, welche fortfahren Hof- und
Stallduͤnger als Zubereitung auf ihre Weizenaͤcker auszufahren, wie
noch so viele heute zu Tage thun, betrachte ich hoͤchstens als erzeugt, nicht
aber als bereits an das Licht des Ackerbaues geboren.
Da ich einen so strengen Blik auf eine so zahlreiche Masse von Menschen warf, als
diejenige ist, welche in verschiedenen Theilen unseres Koͤnigreiches noch
immer fortfaͤhrt ihren Hof- und Stallduͤnger auf ihre
Weizenbrachen zu fuͤhren, so scheint es Pflicht von meiner Seite, die
Gruͤnde meiner Mißbilligung ihres Verfahrens anzugeben. Ich will dieß in
wenigen Worten thun. Aller auf die Brachaͤcker gefahrene Duͤnger muß Unkraut
erzeugen: und daher muß er allgemein auf alle Felder unmittelbar vor einer Ernte
Gruͤnfutters gefahren werden, indem das Unkraut durch dieses und die Haue
sich wohl unterdruͤcken laͤßt, ehe man eine Getreideernte dem
Wetteifer des Unkrautes auf demselben Felde anvertraut.
Duͤnger auf Weizen-Brache gefahren, macht die Saat unvermeidlich
wintergeil, lang und schwach im Strohe, und leicht in der Aehre, der endlosen
kostspieligen und doch unnuͤzen Ausgaben fuͤr das Weizenjaͤten
nicht zu gedenken. Wenn diese Gegengruͤnde nicht stark genug sind, jeden, der
sich nur einen Augenblik die Muͤhe gibt uͤber diesen Gegenstand
nachzudenken, von diesem absurden Verfahren abzuschrecken – denn ich kann
kaum glauben, daß irgend Jemand, der dasselbe befolgte, sich diese Muͤhe
genommen hat – so bin ich sicher, daß nichts, was ich vorzubringen vermag,
dieses zu thun vermoͤgen wird, und ich muß solche Paͤchter der Zeit
und der Gelegenheit zur Besserung uͤberlassen. Da die Denkschrift, welche ich
im vorigen Jahre die Ehre hatte dem Bureau uͤber die Kultur der Turnips statt
der gedraͤngten Uebersicht des Verfahrens in allen Grafschaften uͤber
diesen Gegenstand, welchen ich jezt erfurchtsvoll demselben uͤberreiche, zu
unterlegen, seinem Zwecke nach so vollkommen einstimmig mit Hrn. Middleton's
Berichte ist, den ich damals noch nicht gesehen habe, und da er zugleich einige
Bemerkungen uͤber den Duͤnger enthaͤlt, in welchen ich das
Ungluͤck hatte von einigen der hoͤchsten Auctoritaͤten in
diesem Koͤnigreiche abzuweichen, so fuͤge ich diese Denkschrift diesen
Bemerkungen bei, damit das Publikum uͤber die Richtigkeit oder uͤber
das Unverdienst derselben entscheide.
Ich kann von Hrn. Middleton nicht Abschied nehmen, ohne seinem Berichte uͤber
die Grafschaft Middlesex verdiente Achtung zu zollen; man wird mich, indem ich
dieses thue, wie ich mit
Zuversicht erwarte, von aller angeeigneten Partheilichkeit und Schmeichelei
lossprechen, wenn ich erklaͤre, daß ich das Ungluͤck hatte, diesen
vortrefflichen Ackerbauverstaͤndigen nie gesehen, noch etwas von ihm
gehoͤrt zu haben, ausser oberwaͤhntem Berichte; in diesem fand ich
aber die meisterhaftesten Darstellungen des Verfahrens der Grafschaft, die
gesuͤndesten und vernuͤnftigsten allgemeinen Grundsaͤze des
Ackerbaues eingeschaͤrft, und den wahren Sinn und die Einwirkung der Geseze
auf sein Gelingen beschrieben; mit einem Worte, es ist kein Theil der
Landwirthschaft hier beruͤhrt, der von diesem sehr ausgezeichneten
Schriftsteller nicht neues Licht erhalten haͤtte. Nur ein Gegenstand kam mir
in diesem ganzen Berichte vor, in welchem wir wesentlich von einander abweichen, und
dieser ist das Pferchen der Schafe (folding sheep),
welches er tadelt, welches ich aber als die sicherste und ewige Basis des
vollkommensten Ackerbaues, der jemals erreicht werden kann, betrachte.
Denkschrift, welche dem Buͤreau im Maͤrz 1817 vorgelegt wurde.
Die Einfuͤhrung der Turnips in unsere Insel, und der Bau derselben kann als
eine beinahe eben so wichtige Epoche in der oͤkonomischen, als die
Reformation in der moralischen Welt betrachtet werden, und die richtige Wartung und
Pflege dieser Wurzel kann als die Achse betrachtet werden, um welche der Erfolg des
Ackerbaues auf allen Turnips-Gruͤnden sich dreht.
Denn, abgesehen daß dadurch die Sommerbrache auf allen solchen Gruͤnden ganz
uͤberfluͤssig wird, glaube ich, daß das Gewicht, welches dadurch
jaͤhrlich an Viehfutter erhalten wird, keinen unbedeutenden Einfluß an der
Moͤglichkeit hatte, die immer zunehmende Bevoͤlkerung der vereinigten
Koͤnigreiche zu naͤhren, und zu jeder Jahreszeit regelmaͤßig
mit jenem Bedarfe von
Fleischkost zu versehen, welcher, ehe der Bau dieser Wurzel allgemein wurde, nur
waͤhrend der Sommer- und Herbstmonathe herbeigeschafft werden konnte.
Dieß allein kann, abgesehen von der allgemeinen Verbesserung jeder auf die Turnips
folgenden Ernte, die sich von der gehoͤrigen Kultur derselben ableiten
laͤßt, als eine sehr schaͤzbare Folge der allgemeinen Einfuhr dieser
Wurzel angesehen werden.
Wenn dann, zum allgemeinen Wechsel auf allen Turnips-Gruͤnden, zwischen
Turnips und Gerste, oder Hafer und Klee, ein Jahr, und hierauf Weizen, wie eine
Zwischenernte von Winterwiken hinzufuͤgen, wenigstens auf solchen
Wechselfeldern, die zu Turnips bestimmt sind, weil sie nicht zu Swedes taugen, so
haͤtten wir dann im Systeme, wie ich glaube, das Ne plus ultra eines vortheilhaften Ackerbaues auf allen
Turnips-Gruͤnden der vereinigten Koͤnigreiche erlangt, und nach
dieser Anreihung wird der Erfolg lediglich von der Weise,
wie dieser Plan ausgefuͤhrt wird, abhaͤngen.
Ohne irgend ein Vorurtheil gegen das Drillsystem in der Landwirthschaft, oder ohne
die Anwendung desselben an anderen zu tadeln, muß ich hier bekennen, daß ich nie die
Einfuͤhrung desselben als nothwendig erachtete, um einen reineren und
vollkommneren Ackerbau zu erhalten, als derjenige ist, den man durch das System des
weiten Wurfes beim Saͤen gleichfalls erhalten kann, und ich glaube, daß bei
den meisten Versuchen, die man anstellte, um die Vorzuͤge des Drillsystems
vor dem gewoͤhnlichen Wurfbaue zu beweisen, jede Parthei wechselseitig auf
Gelingen und Mißlingen sich soviel zu Gute thun kann, daß die Frage noch immer
unentschieden bleibt. Indem ich daher jeden bei seiner beliebigen Meinung
uͤber diese Frage lasse, will ich zur Betrachtung der besten Methode, das
Feld fuͤr Turnips zu reinigen und zu bauen, uͤbergehen, und zeigen,
wie man die groͤßte Menge dieser schaͤzbaren Wurzel erzielen, und zugleich die
moͤglich beste Wechselwirthschaft fuͤr die nachfolgenden Ernten
erzwecken kann. Wenn ich mein Feld fuͤr Turnips zurichte, so wage ich,
ungeachtet der Einfuͤhrung der Methode frischen
Duͤnger drillweise anzuwenden, welche von der hoͤchsten praktischen
Auctoritaͤt in diesem Koͤnigreiche, Hrn. Coke, herruͤhrt, und
die Sanction von der hoͤchsten chemischen Auctoritaͤt bei uns, und bei
jedem anderen Volke (? Uebers.), Hrn. Humphry Davy, erhielt zu erklaͤren, daß
ich gegohrenen faulen Duͤnger aus dem Duͤngershaufen, dessen
zweckmaͤßige und hinlaͤngliche Gaͤhrung nur allein aus dem
Duͤnger des Hofes und Stalles hervorgehen kann, und ohne welche
Gaͤhrung die Bestandtheile alles Hof- und Stallduͤngers roh,
kraftlos, und verglichen mit den Wirkungen eines gut gegohrenen Duͤngers, der
ein Jahr lang uͤber einander gelegen hat, und dann erst zu Felde
gefuͤhrt wird, nur sehr schwach sind, vorziehe, und unendlich vorziehe. Da
ich es wagte, von diesen zwei hoͤchsten Auctoritaͤten in einem so
wesentlichen Puncte, als der Vorzug des verfaulten Duͤngers vor dem frischen,
abzuweichen, so liegt es mir ob meine Gruͤnde fuͤr diese Abweichung
dem achtbaren Buͤreau vorzulegen, von welchem sowohl als von dem großen
Professor, den ich nannte, alle Thatsachen und Beweise die demselben mit
Unterthaͤnigkeit (!) und Mißtrauen, wie ich dieß jezt unterthaͤnig und
mißtrauisch gegen mich selbst thueDas ist doch
eine Sprache, wie man sie ehe von einem J.....n als von Englaͤnder
erwartete, oder hat der Hr. Verfasser den Geist des sel. Sir Joseph Banks gesehen, und Hrn. Davy, Banks's Nachfolger, zugleich mit diesem Geiste beschworen?
oder wollte er vielleicht gar beide mit einem alt englischen Sneer bedienen?
A. d. Uebers., vorgelegt werden, aufrichtig und nachsichtig
angesehen, und schoͤn erwogen und bestimmt werden.
Die Gruͤnde, welche mich seit mehr dann zwanzig Jahren bestimmten, faulen
Duͤnger dem frischen vorzuziehen, und vor demselben zu gebrauchen, sind
Folgende: ich habe stets und immer bemerkt, daß aller Duͤnger,
Schafduͤnger ausgenommen, der von den Thieren abfaͤllt,
waͤhrend sie grasen, dem Felde wenig oder gar keinen Nuzen bringt. Wir
moͤgen geschnittenes oder langes Stroh zu dem auf diese Weise auf das Feld
gebrachten Duͤnger bringen, die Wirkung davon wird nur sehr gering, oder
wahre Spielerei seyn. Man sammle nun den Stall- oder Hofduͤnger im
frischen Zustande, und bringe denselben auf das Feld, ehe Gaͤhrung und darauf
folgende Faͤulniß statt hatte, und er wird, nach meiner Erfahrung, nur etwas
weniger bessere Wirkung haben, als Duͤnger, der von dem Thiere selbst auf das
Feld abfiel. Man lasse aber denselben gaͤhren und faulen, ehe er auf das Land
gebracht wird, und man wird einen der kraͤftigsten und schaͤzbarsten
Duͤnger erhalten, der jemals entdeckt worden ist. Sein Werth und seine
Staͤrke stehen genau im Verhaͤltnisse mit der Eigenschaft des Futters,
welches das Thier, von welchen man ihn erhaͤlt, bekommen hat, und mit der
daraus hervorgehenden Faͤulniß und Staͤrke, nach welcher man seine
Dauer und Wirkung auf das Feld praktisch bemessen kann.
Die hoͤchste chemische Auctoritaͤt, die ich oben anfuͤhrte, hat
ausgesprochen, daß die fluͤchtigen Theile, welche waͤhrend der
Gaͤhrung von einem Duͤngerhaufen entweichen, das Vorzuͤglichste
und Wirksamste am Duͤnger in Hinsicht auf Foͤrderung der Vegetation
sind. Ich habe in der Erfahrung nicht gefunden, daß dieß sich wirklich so
verhaͤlt, indem mein verfaulter Duͤnger auf dem Wiesenlande stets und
immer im zweiten, dritten, zuweilen sogar noch im vierten Jahre reichlichere Ernte
gab, als im ersten. Wenn die fluͤchtigen Theile das Vorzuͤglichste und
Wirksamste am Duͤnger in Hinsicht auf Foͤrderung der Vegetation
waͤren, so sollte
es scheinen, daß verfaulter Duͤnger diese Wirkung nicht hervorbringen
koͤnnte. Auf Ackerland aufgefahrener Duͤnger, er mag frisch oder
verfault seyn, macht dasselbe untauglich zu irgend einer Getreideernte, bis nicht
gruͤne Ernte und tuͤchtiges Pfluͤgen den Duͤnger mit der
Erde amalgamirte, und so das Land zur Getreideernte tauglich machte.
Ich halte jene Methode faulen Duͤnger in das Feld zu bringen fuͤr die
vortheilhafteste, nach welcher derselbe erst uͤber der Oberflaͤche
ausgebreitet, dann untergepfluͤgt und hierauf geeggt wird, wodurch wieder
viel Duͤnger auf die Oberflaͤche heraufgezogen wird, indem, gegen die
Meinungen derjenigen, welche annehmen, daß der ganze Reichthum des Duͤngers
durch die Sonne in Daͤmpfen verduͤnstet wird, ich dem achtbaren
Buͤreau unterthaͤnig meine Meinung unterlege, welche darin besteht,
daß die Wirkung einer sengenden Sonne, wenigstens in unserem Klima, auf einen
reichen Duͤnger diese ist, alle Feuchtigkeit aus demselben abwaͤrts in
die Erde zu treiben, von welcher sie verschlungen wird, nicht aber in
Daͤmpfen verduͤnstet. Durch dieses Einsaugen, welches bei jedem Regen,
bei jedem starken Thaue, der auf den Duͤnger faͤllt, erneuert wird,
und den Duͤnger in die Erde bringt, wird das Erdreich mehr, als durch alles
andere, in Folge des Auffahrens des Duͤngers auf dasselbe verbessert, und auf
diese Weise wird durch die Einwirkung der Sonne, der Luft und des Regens auf den
Duͤnger, welcher an der Oberflaͤche des Erdreiches liegt, die
Vegetation in dem Laboratorium der Natur gluͤcklicher gefoͤrdert und
vollendet, als durch irgend ein anderes Mittel. Wer hieran zweifelt, mag nur, wie
ich oft gethan habe, die Wirkung eines Stuͤckes verfaulten Duͤngers an
der Oberflaͤche, die so eben um einen Erdapfel oder um eine Turnips behauen
wurde, beobachten, und er wird sich bald von der Richtigkeit meiner Bemerkung
uͤberzeugen. Dieß sind die Gruͤnde und die Grundsaͤze, nach welchen
ich, ohne uͤbrigens im Stande zu seyn, chemisch darzuthun wie diese Wirkungen
hervorgebracht werden, verfaulten Duͤnger dem frischen vorziehe. Ich breite
meinen Duͤnger an der Oberflaͤche aus, pfluͤge denselben unter,
und egge dann das Feld, statt daß ich denselben in der Furche begrabe, und darin
liegen lasse, damit seine Wirkung soviel als moͤglich allgemein uͤber
die ganze Oberflaͤche verbreitet, und auf derselben fuͤhlbar werde.
Nach diesen Grundsaͤzen folgen meine Ernten in folgender Ordnung auf
einander.
Sobald mein Weizen geschnitten ist, fahre ich meinen verfaulten Duͤnger auf
das Feld zu vierzig bis fuͤnfzig Fuhren auf einen Acre1125 Wiener □ Klafter. A. d.
Uebers.; ich pfluͤge denselben mit den Stoppeln unter, egge
das Feld, und saͤe Winterwiken; im April und Anfangs Mai lasse ich die Wiken
von Schafen abfressen, und pfluͤge das Feld zwei oder drei mal, wie es die
Jahreszeit fordert, auf Turnips; diese saͤe ich in weitem Wurfe, und fange
also gleich an zu hauen, so lang naͤmlich Unkraut waͤchst: das dritte
Hauen macht nur mehr wenig Muͤhe; ich weide die Turnips mit meinen Schafen
ab, und pfluͤge zwei mal auf Gerste oder Hafer; ich egge und Harke mit der
Hand die ganze Oberflaͤche nach jedem Pfluͤgen, und nehme jedes
Unkraut weg, welches ich sogleich auf einen verfaulten Duͤngerhaufen werfe,
den ich fuͤr die Wiesen bereit halte; nun saͤe ich nur Klee mit Gerste oder Hafer, der nur ein Jahr bleibt,
und zwei mal zu Heu gemaͤht wird; sobald die Ernte heimgefahren ist, breche
ich das Kleelager auf, und fange an meine Schafe auf diesem Felde zu pferchen, und
pfluͤge drei mal auf Weizen, den ich immer unter die Furche sie, wobei nicht
vergessen wird gehoͤrig zu eggen, und jedes Unkraut auf dem Felde
wegzuschaffen und auf den Haufen zu bringen. Damit ist nun mein Wechsel im Feldbaue geendet,
der nun in Ewigkeit so fortgesezt werden kann, indem der Boden bestaͤndig in
Hize bleibt, wie ein Pferd bei seiner Arbeit, und nur selten den fleißigen
Landwirth, der ihn nie betrogen hat, taͤuschen wird. Auf diese Weise erhalte
ich bei diesem Wechsel fuͤnf Ernten in vier Jahren. Ich habe dieses System
nun seit mehreren Jahren ohne Abaͤnderung fortgesezt, und habe allen Grund
dasselbe jedem anderen vorzuziehen, weil meine Ernten dabei sehr uͤppig
ausfielen, meine Brachen sehr rein, und meine Gruͤnde jaͤhrlich besser
wurden. Das Pachtgut, worauf ich jezt lebe, war vor sechs Jahren, als ich dasselbe
antrat, bedeckt mit Huflattich und Quecken; es war nicht im Stande Klee zu tragen.
Zur Bestaͤtigung der Nuͤzlichkeit meines Verfahrens darf ich nur
sagen, daß ich wiederholt fuͤnfzig Bushels bis acht QuartersEin Quarter haͤlt 8 Bushel, und ein
Bushel ist 0,5734 Wiener Mezen. A. d. Uebers. Gerste und Hafer
auf einem Acre erntete, obschon bei meinem Antritte die ganze Ernte auf dem Felde
nicht mehr als zehn Bushel Weizen und fuͤnfzehn Bushel Gerste auf jeden Acre
betrug. Im lezten Jahre maͤhte ich zwei und dreißig starke Fuhren Klee auf
zwei mal von sieben Acre Feldes. Ich kann bisher von nicht mehr als fuͤnf und
zwanzig Bushel Weizen auf jedem Acre sprechenSeit
ich dieses schrieb, wurde mein Weizen vom J. 1817 ausgedroschen; er gab
genau 38 1/2 Bushel auf jedem Acre; der Bushel wog 58 1/2 Pfd.,
weil da Weizen meine lezte Ernte nach Anwendung meines Duͤngers ist, ich,
seit das Land gereinigt und geduͤngt wurde, erst eine Weizenernte hatte. Daß
im J. 1816 der Weizen nicht gerieth, weiß jeder. Im gegenwaͤrtigen und in
jedem kuͤnftigen Jahre bin ich bereit, meinen ganzen Wechsel von Ernten auf
dem Felde jedem, den das Buͤreau des Ackerbaues zur Untersuchung beauftragen
wird, zu zeigen; und da mein Pachtgut kaum zwei Meilen von Clifton liegt, so
koͤnnte dieß mit weniger Muͤhe und ohne alle Kosten durch irgend
Jemanden geschehen, der daselbst wohnt. Spaͤter will ich dann den Ertrag in
Hinsicht auf Menge und auf Guͤte zur Vergleichung mit anderen
aͤhnlichen Ernten, die auf irgend eine andere Weise, als nach der meinigen,
irgendwo im Koͤnigreiche erhalten werden, vorlegen.
Chemisch kann ich es dem achtbaren Bureau des Ackerbaues nicht erklaͤren,
warum fauler Duͤnger besser ist als frischer, so wenig als ich
erklaͤren kann, warum Mehl und Wasser, nachdem beide mit einander vermischt
worden sind, durch Kneten, Gaͤhren und Backen die so hoͤchst
nahrhafte, kraͤftige und gesunde Speise wird, die man Brot nennt, und die,
wie ich glaube, nie erhalten wuͤrde, wenn man Mehl und Wasser, als solches,
zusammen in den Magen bringt; oder warum Wuͤrze, nachdem sie gehopft,
gesotten, gegohren und aufbewahrt wird, ein staͤrkeres und geistigeres
Getraͤnk gibt, als wenn sie als bloßer Malzaufguß getrunken wird: ich kann
mich hieruͤber nur auf die Erfahrung berufen, welche lehrt, daß es wirklich
so ist. Ich habe immer geglaubt, daß diejenigen Ackerbauverstaͤndigen, welche
frischen Duͤnger anwendeten und vor dem faulen Duͤnger empfahlen, in
ihrem Urtheile und in ihrem Verfahren eben so irrig und unpolitisch sind, als
diejenigen, welche behaupten wuͤrden, daß Mehl und Wasser fuͤr sich,
ungegohren und ungebacken, dem Brote gleich kommt, oder daß ein Aufguß von Wasser
und Malz, ungegohren und unaufbewahrt einen alten Stingo uͤbertrifftAnmerk. d. Uebersezers. Es befremdet den Uebersezer, daß der
Hr. Verfasser nicht gerade zu bemerkte, daß frischer Duͤnger, als
solcher, fuͤr die Pflanzen wahres Gift ist, und dieselben
zerstoͤrt, wie man sich in jedem Mistbeete hiervon
uͤberzeugen kann, in welchem die Pflanzen, sobald sie mit ihren
Wurzeln den frischen heißen Duͤnger beruͤhren, davon
getoͤdtet werden. Es ist nur zu ausgemacht, daß Duͤnger, wo
man ihn nicht als Waͤrmeerzeuger braucht, nur in dem
Verhaͤltnisse die Erde befruchtet, als er faul ist..