Titel: | Gueridon-Leuchter. |
Fundstelle: | Band 4, Jahrgang 1821, Nr. XIX., S. 176 |
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XIX.
Gueridon-Leuchter.
Mit Abbildungen auf Tab. II.
Gueridon-Leuchter.
Wer bei Talg- oder Wachslichtern des Nachts arbeitet,
erfaͤhrt unvermeidlich die Unannehmlichkeit, daß, wie die Kerzen niedriger
brennen, das Licht immer mehr schief auf die Arbeit auffaͤllt, und er daher
immer weniger deutlich sieht, und seine Augen mehr anstrengen muß. Vergebens sucht
man hier durch sogenannte Gueridons abzuhelfen: diese verbreiten, insofern sie den
Leuchter tragen muͤssen, einen breiten Schatten um sich, nehmen Raum auf dem
Tische ein, und haben noch manche andere Unbequemlichkeit.
Unsere alten deutschen Hausleuchter, in welche man die Kerze bis an den Boden
desselben einsezt, und dann mittelst eines Fuͤßchens emporhebt, so wie sie
allmaͤhlig niederbrennt, gewaͤhren zwar den Vortheil eines beinahe
immer gleich hohen Lichtes; allein sie koͤnnen nur selten dem Lichte die
gehoͤrige Hoͤhe in der lezten Haͤlfte der Brennperiode der
Kerze ertheilen. Eben dieß gilt auch von jenen Leuchtern, an welchen die Kerze, wie
an den Kutschen-Laternen, durch Federn gestellt wird.
Wenn man indessen die Vorrichtung an den alten deutschen Leuchtern nur etwas
abaͤndern, und statt der Kerze einen Cylinder in den Schaft des Leuchters
stellen will, so wird die Flamme kaum um ein Achtel der Laͤnge der Kerze, und
wenn man will, kaum um ein Zwoͤlftel oder um noch weniger niedriger brennen,
wo sie dem Ausloͤschen nahe ist, als wo sie angezuͤndet wurde.
Diese neue und verbesserte Einrichtung unserer Leuchter ist der elegantesten und
kostbarsten Form, so wie der einfachsten und wohlfeilsten Gestaltung aus Blech faͤhig, und
taugt in der Huͤtte als Blechleuchter, wie im Pallaste als Leuchter von
getriebenem Silber. Mehrere Kuͤnstler fanden sogar die Form, die der Leuchter
hierdurch erhaͤlt, indem er weit schlanker wird, und am Ende selbst in eine
Art von Opfersaͤule uͤbergeht, gefaͤlliger, als die an den
gewoͤhnlichen Leuchtern, deren architektonische Schoͤnheit nothwendig
von der Laͤnge und Dike der Kerze abhaͤngig, und folglich
hoͤchst wandelbar ist.
Die folgende Figuren werden die Einrichtung dieser Gueridon-Leuchter
deutlicher, als alle weitere Beschreibung, machen.
Fig. 10. Tab. II. ist der Leuchter mit der so eben
angezuͤndeten Kerze. Man wird bemerken, daß der Schaft des Leuchters AB eben so lang ist, als die Kerze BC.
Fig. 11. ist
der Leuchter, in welchem die Kerze auf dem Punkte ist, zu verloͤschen. Die
Flamme steht eben so hoch, wie in Fig. 10.
Fig. 12. ist
der senkrechte Durchschnitt des hohlen Schaftes des Leuchters, in welchem an der
Wand ab die zehn Einschnitte sich befinden, in welche das Fuͤßchen F,
Fig. 13,
eingeschoben wird, wenn man den hohlen Cylinder ab, Fig. 13, von 1 auf 2
hebt, und so fort.
Fig. 13. ist
der hohle Cylinder, der in den hohlen Schaft des Leuchters, ba, Fig. 12, eingesezt wird.
An diesem Cylinder kann der Einsaz d entweder aus einem
Stuͤcke gearbeitet, oder befestigt, oder frei eingesezt seyn. F ist das Fuͤßchen, durch welches der hohle
Cylinder cd in dem Schafte des Leuchters ab von 1
bis 10 gehoben werden kann.
Es ist offenbar, daß, bei dieser Einrichtung, die Flamme der Kerze mit leichter
Muͤhe immer auf gleicher Hoͤhe, also auch immer gleiche
Intensitaͤt des Lichtes erhalten werden kann.
Denn wo die Kerze, Fig. 1, von 10 bis 9 niederbrennt, darf nur das Fuͤßchen F von 1–2 gehoben werden, um die vorige
Hoͤhe der Flamme wieder herzustellen. Dieses Heben des Fuͤßchens F von 1–10 kostet, waͤhrend des
Verbrennens einer ganzen Kerze, kaum 3 Minuten reine Zeit, und diese 3 Minuten Zeit
verdient man reichlich an seinen Augen. Man koͤnnte auch diese 3 Minuten
sammt allen Einschnitten und dem Fuͤßchen durch eine Stahlfeder im Grunde des
Schaftes des Leuchters bei A, Fig. 10a, Fig. 12, ersparen; allein
das taͤgliche Reinigen der Leuchter, wo man Talg brennt, (obschon diese
Leuchter, insofern es nichts anders bedarf, als den Cylinder cd, Fig. 13, herauszuheben,
und zu scheuern, und der Schaft, der in den Haͤnden der Dienstbothen
gewoͤhnlich so sehr leidet, niemals noͤthig hat, in ihre Haͤnde
zu kommen, auch niemals durch das sogenannte Puzen bedeutend leiden koͤnnen)
macht die Einschnitte und das Fuͤßchen brauchbarer, als die Stahlfedern, die
hier vielleicht nur bei dem Gebrauche der Wachskerzen unbedingt zu empfehlen seyn
moͤchten. Eine Bewegung des Cylinders in dem Schafte durch weite
Schraubengaͤnge, oder, wie man zu sagen pflegt, à frottement dur, wie bei den Fernroͤhren, ist theils nicht
dauerhaft genug, theils zu langweiligEin Englaͤnder wuͤrde auf diese, eben
so brauchbare, als elegante Vorrichtung sich haben ein Patent geben lassen.
Ein Baier unterlegt hier dieselbe der Pruͤfung und Vervollkommnung
seiner lieben Landsleute in Augsburg und Nuͤrnberg, wo seit
Jahrhunderten eben so viele Leuchter gemacht werden, als in Baiern seit Max Josephs segensvoller Regierung Licht geworden
ist.A. d. Einsenders..