Titel: Erklärung des dem Wilh. Shand, in Villiers-Straße am Strande, Middlesex, Kunstfußmacher, ertheilten Patentes auf gewisse Verbesserungen in dem Baue künstlicher Beine und Füße von Leder und Holz, welche mittelst eines Hebels und einer Spiralfeder wirken. Dd. 1. Junius 1816.
Fundstelle: Band 4, Jahrgang 1821, Nr. XXXVIII., S. 275
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XXXVIII. Erklärung des dem Wilh. Shand, in Villiers-Straße am Strande, Middlesex, Kunstfußmacher, ertheilten Patentes auf gewisse Verbesserungen in dem Baue künstlicher Beine und Füße von Leder und Holz, welche mittelst eines Hebels und einer Spiralfeder wirken. Dd. 1. Junius 1816. Aus dem Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. II. Series. N. 224. Januar 1821. S. 75. Mit Abbildungen auf Tab. III. Wilh. Shand's Verbesserungen in dem Baue künstlicher Beine und Füße etc. Meine Erfindung beruht vorzuͤglich auf dem Gelenke, wodurch der Fuß sich mit dem Beine verbindet, so daß sie demnach das natuͤrliche Fußgelenk vertritt. An der Stelle dieses Gelenkes bringe ich einen Hebel und eine Spiralfeder an, um den Fuß in jener Lage zu halten, welche fuͤr denjenigen, der das kuͤnstliche Bein traͤgt, am vortheilhaftesten und bequemsten ist, wenn er auf ebenem Boden still steht, und einen Theil der Schwere seines Koͤrpers gleichfoͤrmig zwischen dem Zehen- und Fersentheile der Sohle des kuͤnstlichen Fußes vertheilt traͤgt. Da aber bei dem Gehen, waͤhrend der Koͤrper vorwaͤrts schreitet, und die Schwere desselben immer noch auf dem Fuße ruht, diese von dem Fersentheile der Sohle auf den Zehentheil hingeworfen wird, muß der Fuß an dem Fußgelenke sich beugen. Die besprochene Spiralfeder wird dieses Beugen am Gelenke waͤhrend der Zeit, als die Schwere des Koͤrpers auf dem Zehentheile des Fußes ruht, gestatten, und das Gewicht des Koͤrpers mit jener Elasticitaͤt tragen, welche der Wirkung des natuͤrlichen Fußes, wenn dieser durch die willkuͤrliche Zusammenziehung der Fersenmuskel bewegt wird, so nahe als moͤglich kommt. Ich muß jedoch bemerken, daß ich die Anwendung einer Feder im Fußgelenke des kuͤnstlichen Fußes nicht als meine Erfindung in Anspruch nehme, da dieß auf verschiedene Weise schon oͤfters geschehen ist; sondern daß meine Erfindung in der besonderen Anwendungsart des Hebels und der Feder besteht, wie die Zeichnung darthut, und ferner in der Anwendung einer Feder an einem zweiten Gelenke, welches ich in der Naͤhe der Zehen quer an der Sohle anbringe. Nach meiner neuen Methode die Spiralfeder in dem Fußgelenke anzuwenden, ist diese in dem kuͤnstlichen Beine enthalten, und ganz in demselben verborgen. Sie wirkt auf den Fuß mittelst eines kurzen Hebels, und nahe an dem Mittelpunkte der Bewegung des Fußgelenkes, wodurch eine kleine Bewegung oder eine geringe Zusammenziehung der Feder hinreichend wird. Auf diese Weise wird der Tritt mehr elastisch gemacht, und naͤhert sich mehr der Wirkung der Natur, als wenn die Feder in einer groͤßeren Entfernung von dem Mittelpunkte der Bewegung einwirkt. Nach meiner Methode muß die Feder stark gemacht werden; da sie aber nahe an dem Mittelpunkte wirkt, aͤußert sie keine groͤßere Kraft um den Fuß in seine vorige Lage zuruͤckzubringen, als die bisher gebraͤuchliche Feder; sie wirkt aber mit groͤßerer Elasticitaͤt, d.h. sie kehrt mit groͤßerer Schnelligkeit zuruͤck. Die hier beigefuͤgten Abbildungen sind Durchschnitte durch den Mittelpunkt meines kuͤnstlichen Fußes und Beines, um den inneren Bau derselben zu zeigen. Fig. 22. Tab. III. zeigt den Fuß, wenn er steht, die Sohle flach an dem Boden angedruͤckt. Fig. 23. stellt das Bein vorwaͤrts geneigt mit aufgehobener Ferse dar, in dem Augenblicke, wo es alle Schwere des Koͤrpers auf den Zehentheil vorwirft, und wo dann dieselbe von den Federn A und B getragen wird. Die erstere, A, die Spiralfeder, ist von starkem Stahldrahte gedreht, wie die Zeichnung weiset, und paßt in eine eiserne Roͤhre C, welche in das feste Holz des Beines D eingelassen, und in demselben durch einen Fluͤgel EE an dem oberen Ende fest gehalten wird. Das Hebelende dieser Roͤhre hat einen eingesezten Boden mit einem kleinen Loche in seinem Mittelpunkte, durch welches der runde Stift F laͤuft, und in der ganzen Hoͤhlung der Spiralfeder hinaufsteigt bis G, wo er ein Niet aufgeschraubt hat, welches die Roͤhre beinahe ausfuͤllt, jedoch mit Leichtigkeit in derselben auf und nieder gleitet. Wenn der Stift F niedergezogen wird, so muß das Niet in der Roͤhre herabsteigen, und die Feder zusammendruͤcken, und diese wird, sobald sie ihre Kraft, in die vorige Lage zuruͤckzukehren, aͤußert, den Stift wieder hinaufziehen. Der Fuß HI ist mit dem Beine durch einen Ausschnitt an der Vorderseite des Ristes verbunden, in welchem ein Haͤlter oder zugeschnittener Theil H aufgenommen wird. Ein runder Stift K, welcher durch beide laͤuft, ist der Gelenkstift oder der Mittelpunkt der Bewegung. LN ist der Hebel aus Eisen, welcher an dem Zapfentheile des Fußes mittelst einer Schraube M gehoͤrig befestigt ist. Bei N ist er mit dem Ende des Stiftes F der Feder verbunden, welcher hier unter einem rechten Winkel gekruͤmmt ist, damit er sich mit N in dem Augenblike verbinde, wo die Roͤhre in dem Mittelpunkte des Beines eingesezt wird. Dieß ist aber nicht wesentlich; denn die Roͤhre kann auch unmittelbar uͤber N befestigt werden, und F kann dann ein gerader Stift seyn. N ist bedeutend uͤber dem Gelenkstifte K erhaben, und dadurch wird die Wirkung der Feder auf den Hebel NL gleich derjenigen, welche auf einen weit kuͤrzeren Hebel als die Entfernung NK statt haben wuͤrde, wenn N in einer und derselben horizontalen Linie mit dem Mittelpunkte K laͤge. Die Wirkung der Feder, wenn sie N aufwaͤrts zieht, ist diese, daß der Fuß dadurch in der Lage von Fig. 22. erhalten wird, wo der hintere Theil desselben auf einem Stuͤcke Korkes O an der Ferse ruht, welches innerhalb des Ausschnittes in dem Beine eingesezt ist, in welchem der zugeschnittene Theil des Fußes H spielt. Dieß haͤlt nun den Fuß in der Lage Fig. 22. Wenn aber auf demselben aufgetreten und das Bein nach vorwaͤrts geneigt wird, wie in Fig. 23., dann bewegt sich der Fuß auf dem Gelenkstifte K und dem Hebel N, zieht den Stift F und das Niet G nieder, und druͤckt die Feder in der Roͤhre C zusammen, welche, bei ihrem Zuruͤcklaufen, dem Tritte des Fußes jene Elasticitaͤt gewaͤhrt, welche so sehr wuͤnschenswerth ist. Die Staͤrke, mit welcher die Feder wirkt, kann nach Belieben desjenigen, welcher das kuͤnstliche Bein traͤgt, vermehrt oder vermindert werden, je nachdem das Niet auf oder nieder geschraubt wird, bis er endlich findet, daß die Staͤrke der Feder dem Gewichte seines Koͤrpers angemessen ist, und er seinen Tritt mit Leichtigkeit und beinahe so, wie mit einem natuͤrlichen Fuße, macht. Das obere Ende der Roͤhre C ist innenwendig, oben an dem kuͤnstlichen Beine, wo der Stumpf des noch uͤbrigen natuͤrlichen Beines aufgenommen wird, offen gelassen, so daß man, wenn der Stumpf weggehoben wird, frei zu dem Niete G gelangen kann, um die Feder nach Bedarf zu stellen. Eben so ist es mit dem Zehengelenke an dem kuͤnstlichen Fuße, welches gleichzeitig den Zehentheil P des Fußes beugt. Dieser Theil ist in einen Haͤlter bei Q zugeschnitten, welcher in einem Ausschnitte des Fußes bei I aufgenommen wird, so daß dann der Stift R das Gelenk bildet. B ist die Feder, welche in einer Hoͤlung an der Unterseite des Fußes angebracht, und fest an derselben angeschraubt ist. An dem anderen Ende ruht sie unter dem Ende des Haͤlters oder zugeschnittenen Theiles Q, so daß sie denselben aufwaͤrts hebt, und dadurch den Zehentheil auf gleiche Tiefe in eine und dieselbe horizontale Linie mit der uͤbrigen Unterflaͤche des Fußes herabdruͤckt, waͤhrend die obere Flaͤche von Q gegen das feste Holz des Fußes druͤckt, wie Fig. 22 zeigt. An dem Ende der Feder B ist eine kleine Walze befestigt, um die Reibung zu vermindern, wenn Q daruͤber geleitet: Q muß daher an dieser Stelle mit einer Eisenplatte beschlagen seyn, oder, statt dieser Platte kann eine andere Stahlfeder unten an dem Fuße angebracht werden, und die kleine Walze am Ende der Feder B wird dann gegen diese andere Feder druͤcken, und auf diese Weise wird, wo zwei Federn gegen einander wirken, die Bewegung um vieles erleichtert werden: doch dieß gehoͤrt nicht wesentlich zu meiner Erfindung. Fig. 24 und 25 zeigt eine andere Weise, nach welcher die Spiralfeder am Fußgelenke angebracht werden kann, und diese ist Folgende: statt daß die Feder A gewunden ist, um in eine Roͤhre zu passen, ist sie bloß in einen Halbzirkel gebogen, und das eine Ende T hat eine Walze, welche uͤber den beweglichen Theil des Fußes nahe an dem Stifte des Mittelpunktes der Bewegung K hinlaͤuft, wo die Oberflaͤche desselben mit einer eisernen Platte beschlagen ist. Die Feder ist in der Hoͤlung des Beines mittelst einer Schraube, oder auf eine andere Weise befestigt. Die Wirkung dieser Feder zeigt die Fig. 25; alle uͤbrigen Theile des Fußes, und die Feder B sind so, wie sie oben erklaͤrt wurden. Dieses kuͤnstliche Bein sammt dem Fuße kann aus Holz oder irgend einem anderen schiklichen Materials verfertigt, und mit Leder bedeckt werden; es laͤßt sich mittelst einer hoͤlzernen oder ledernen Roͤhre zur Aufnahme des Stumpfes mit demselben verbinden, und uͤbrigens mit leinernen ausgestopften Kissen und Riemen, wie die hoͤlzernen Beine gewoͤhnlich angelegt werden, (denn dieß gehoͤrt nicht zu meiner Erfindung), befestigen. Es kann auch uͤbrigens mit einem gewoͤhnlichen kuͤnstlichen Kniegelenke, wenn es die Umstaͤnde so erfodern, verbunden werdenDenjenigen unserer Landsleute, welche kuͤnstliche Fuͤße beduͤrfen, koͤnnen wir den Schuhmachermeister F. X. Braun in Augsburg als einen erprobten Kuͤnstler empfehlen, dessen Fußmaschinen sich durch Leichtigkeit und Soliditaͤt vorzuͤglich auszeichnen, und durch Nettigkeit in der Fußformung bei Stiefel- oder Schuhbekleidung kaum den Kunstfuß wahrnehmen lassen; auch kann man sie, der allenfallsigen Reparatur wegen, in mehrere Theile zerlegen. Wir werden in der Folge die Konstruktion dieser Kunstfuͤße naher beschreiben. Ausser diesen verfertigt Hr. Braun auch Fuß und andere Maschinen fuͤr solche Personen, welche von Natur oder durch Krankheiten geschwaͤcht, oder durch ungluͤckliches Kuriren verkruͤppelt wurden. D.. Urkunde dessen etc.

Tafeln

Tafel Tab. III
Tab. III