Titel: Ueber die neuesten Bemühungen in Frankreich, den Bau der Violinen zu verbessern, und über einige ausserordentliche akustische Erscheinungen, welche sich während des Verlaufes der Versuche mit diesen Verbesserungen darbothen.
Fundstelle: Band 5, Jahrgang 1821, Nr. VI., S. 21
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VI. Ueber die neuesten Bemühungen in Frankreich, den Bau der Violinen zu verbessern, und über einige ausserordentliche akustische Erscheinungen, welche sich während des Verlaufes der Versuche mit diesen Verbesserungen darbothen. Im Auszuge aus dem Repository of Arts, Literature, Fashions, Manufactures etc. II. Series. N. LXI. LXII. Jaͤnner u. Hornung 1821. S. 21–29. S. 80–88.Wir ließen die Geschichte der Erfindung der Violine, die den Saracenen angehoͤrt, und die der Herr Verfasser hier vorausschikt, weg, weil wir sie fuͤr unser rein technisches Publikum uͤberfluͤssig finden. A. d. Ueb. Mit Abbildungen auf Tab. II. Ueber die neuesten Bemühungen in Frankreich, den Bau der Violinen zu verbessern. Die Abbildung auf Tab. II. zeigt Herrn Chanot's, Seeingenieur-Offiziers zu Paris in der Strasse St. Honore, neu verbesserte Violine, aus welcher der Leser entnehmen wird, daß 1. Diese Violine keinen beweglichen Saitenhaͤlter hat, wie die gewoͤhnlichen Geigen, sondern in der Deke der Violine selbst ein Stuͤk Ebenholz mit 4 Loͤchern so eingesenkt ist, daß es uͤber die Oberflaͤche desselben durchaus nicht emporragt. Unmittelbar unter derselben, d.i. an der inneren unsichtbaren Seite der Deke ist der groͤßeren Staͤrke wegen, ein aͤhnliches Stuͤk eingesezt, so daß das Holz der Deke ununterbrochen zwischen diesen beiden Stuͤken, außer wo sich jene vier Loͤcher in denselben befinden, fortlaͤuft. Die Mittelpunkte dieser vier Loͤcher stehen in groͤßerer Entfernung von einander, als jene vier Punkte am Stege, auf welchen die Saiten ruhen, so daß diese, wenn man sie vom Saitenhaͤlter aus betrachtet, von diesem in geraden an den Wirbeln zusammenlaufenden Linien fortzustreichen scheinen. Die Entfernung zwischen diesem unbeweglichen Saitenhaͤlter und dem Stege ist beinahe doppelt so groß, als jene zwischen dem Stege und dem naͤchsten Ende des Griffbrettes. Fig. B . stellt diesen Saitenhaͤlter besonders dar. 2. Die sogenannten f Loͤcher ohne Schnoͤrkel an ihren Enden sind; sie kruͤmmen sich nur sanft nach aus- und einwaͤrts (man sehe die Figur). Auf diese Weise werden weniger Fibern des Holzes am Resonanzboden oder an der Dcke durchgeschnitten, und folglich ein groͤßeres Quantum von Schwingungen hervorgebracht. 3. Alle scharfen Spizen, alle hervorragenden Kanten fehlen. Die Einschnitte ƆC an den gemeinen Violinen, durch welche der Bogen freieren Spielraum erhalten soll, sind hier weggelassen, und seichte Ausschweifungen sind alles, was man an der Stelle derselben gestattet. Auch dadurch wird alle weitere Unterbrechung der Holzfibern vermieden. 4. Der Wirbelkasten, in welchem die Wirbel steken, statt aufwaͤrts abwaͤrts gedreht ist. Diese Vorrichtung hat allerdings keinen Einfluß auf den Ton, gewaͤhrt aber große Leichtigkeit beim Durchziehen der Saiten durch die Wirbel von A und D, welche in unsern gewoͤhnlichen Violinen nicht leicht zugaͤngig sind. 5. An den Violoncellos werden die Wirbel mittelst eines Schluͤssels sehr leicht auf und niedergeschraubt, und der innere Mechanismus derselben ist so fein berechnet, daß jede ganze Umdrehung des Schluͤssels nur die Differenz eines ganzen Tones hervorbringt. Auf diese Weise kann die kleinste Veraͤnderung in der Stimmung mit Leichtigkeit und Sicherheit hervorgebracht werden. 6. Die Stimme oder der Stimmstok, an den gemeinen Violinen etwas hinter dem rechten Fuße des Steges, steht hier etwas vor demselben, wie ein Punkt an der Zeichnung von Hrn. Chanot's Violine anzeigt. 7. Hr. Chanot hat auch eine Aenderung an der Stange vorgenommen, welche an den gemeinen Violinen unter der Deke der ganzen Laͤnge derselben nach hinlaͤuft, unter dem linken Fuße des Steges hinzieht, und bei Bildung des Tones sehr wichtig ist. Hr. Chanot's Stange ist nicht gerade, sondern etwas gekruͤmmt, ihre beiden Enden fallen in die Laͤngenachse des Resonanzbodens, waͤhrend ihre Kruͤmmung es ihr moͤglich macht, unter dem linken Fuße der Bruͤke hinzulaufen. Ich bin im Baue dieses Instrumentes nicht hinlaͤnglich erfahren, um uͤber die Wirkung und Vorzuͤge aller dieser Veraͤnderungen ein entscheidendes Urtheil zu faͤllen. Soviel ich urtheilen kann, scheint die Einfuͤgung des Saitenhaͤlters in dem Koͤrper der Deke darauf berechnet zu seyn, die Schwingungen der laͤngsten und wesentlichsten Holzfibern, welche an den gemeinen Violinen ungestoͤrt geblieben sind, zu unterbrechen, und man hat vielleicht Ursache zu fuͤrchten, daß die große Gewalt, welche durch die Spannung der vier Saiten hervorgebracht wird, und welche, wie man durch Rechnung gefunden haben will, eine Last von achtzig Pfunden uͤbersteigt, in kurzer Zeit dem Resonanzboden nachtheilig werden duͤrfte. Es scheint daß Hr. Chanot als er dem Saitenhaͤlter diese Stelle anwies, einen besonderen Zwek im Auge hatte, welchen ich versuchen will mit wenigen Worten zu erklaͤren. Bekanntlich hat bei den Toͤnen der Violine eine auffallende Ungleichheit statt: diejenigen, welche von den offenen Saiten hervorgebracht werden, haben die groͤßte Staͤrke; die uͤbrigen, welche durch das Spiel der Finger hervorgerufen werden, sind nothwendig nicht so stark; aber auch von diesen lezteren sind einige lauter als andere, weil sie eine sympathetische Mitschwingung an einer oder an der anderen offenen Saite, mit welcher sie in harmonischer Verbindung stehen, hervorbringen. Die dumpfesten Toͤne sind diejenigen, welche am mindesten im Stande sind, eine Mitschwingung zu erzeugen; z.B. das F auf der D Saite. Es laͤßt sich vermuthen, daß Hr. Chanot diesen dumpfen Toͤnen durch jenen Theil der vier Saiten Staͤrke verleihen wollte, welcher zwischen dem Saitenhaͤlter und dem Stege gelegen ist, und mit welchem der Bogen nichts zu thun hat. Er glaubte daß, indem er diesen Theilen der Saite eine solche Laͤnge giebt, daß sie in harmonische Verbindung mit den dumpferen Toͤnen an dem thaͤtigeren Theile der Saiten gelangen koͤnnen, sie in Mitschwingung gerathen, und den Ton unterstuͤzen wuͤrden. Diese Wirkung ist mehr als wahrscheinlich: allein, die auf diese Weise gewonnenen neu hinzutretenden, schwingenden Kraͤfte koͤnnen wahrscheinlich zu gewissen Mißschwingungen, (wenn man mir diesen Ausdruk erlauben will) Veranlassung geben, uͤber deren Natur und uͤber die Grundsaͤze, auf welchen sie beruhen, ich gegenwaͤrtig hinweggehen will, weil ich in der Folge Gelegenheit haben werde hievon zu sprechen. Ich schließe diese Bemerkungen uͤber Hrn. Chanot's Violine damit, daß ich erstens das von der Musik-Section der koͤnigl. Akademie der schoͤnen Kuͤnste in ihrem Berichte dd. 3. April 1819. daruͤber ausgesprochene UrtheilUnter diesem Berichte finden wir die Herrn Cherubini, Boieldieu, Catel, Gossec, Lesueur, und Berton, alle Compositeurs von dem ausgezeichnetesten Range, unterschrieben. Herr Chanot hat mehrere vollstaͤndige Suiten seiner Instrumente: Violine, Alt, Violoncell und Contra-Basso der Akademie vorgelegt. Violine und Alt wurden in Gegenwart des Ausschusses von den Herrn Kreutzer, Lafond, und Boucher versucht; die Violoncelle von den Herrn Baudiot und Norbelin; der Contrebaß von den Herrn Gelinck und Hoffelmayer, Tonkuͤnstler von anerkanntem Verdienste auf diesen Instrumenten. Die besten Instrumente von Amati, Guarnerio und Stradivario, die man zu Paris auffinden konnte, wurden zur Vergleichung mit jenen Chanot's gespielt, und ihre Toͤne sorgfaͤltig gegen einander abgewogen. „Allein,“ sagt der Bericht, „ungeachtet des maͤchtigen Uebergewichtes, welches das hohe Alter den italiaͤnischen Instrumenten verlieh, wetteiferten die neuen Instrumente zu ihrem Vortheile in allen jenen Eigenschaften, welche die Vorzuͤge alter Instrumente begruͤnden, naͤmlich: freyer Klang, lauter Schall, Ruͤnde und Sanftheit der Schwingungen.“ Eine Ausnahme wurde jedoch gegen einen Contrebaß des Hrn. Chanot gemacht, welcher erst neu verfertigt war, und seinen Rivalen nachstand. (Text d. Orig.) hier beifuͤge, und dann mein eigenes mit jener Schuͤchternheit vortrage, welche das Bewußtseyn meines untergeordneten Urtheiles uͤber diesen Gegenstand mir auflegtDieser Bericht ertheilt Hr. Chanot's Instrumenten nicht die Palme des Vorranges, und wir zweifeln ob sie den besten alten Violinen gleichkommen. Ich versuchte ein halbes Duzend derselben, so wie sie mir unter die Hand kamen. Sie schienen mir alle den Ehrentitel guter Instrumente zu verdienen, und ich will sogar behaupten, daß sie vor jeder anderen neuen Violine, die mir bisher untergekommen ist, entschiedene Vorzuͤge besizen; daß man sie selbst auf dem Markte gern mit 10–12 Guineen bezahlen wuͤrde: ihr Ton war rund, gleich und angenehm und vorzuͤglich gut bei Spruͤngen, weil sie dann weniger Schwingungen machten. Indessen schien mir das ganze Quantum ihrer Schwingungen zu groß, vorzuͤglich wann G gestrichen wird, welches ich sehr hohl fand, und das mir durchaus nicht zusagte; auch die uͤbrigen Saiten hatten etwas von einem Nasaltone, das einem Tenore nahe kam, und mich jenen Silbergloken-Klang, jenes helle Feuer im Tone vermissen ließ, welches die guten Violinen italiaͤnischer Meister so sehr auszeichnet. Hr. Chanot's Violoncelle schienen mir jedoch sehr gute Instrumente, und im Ganzen genommen Forster's Bassen gleich zu seyn, wenn sie nicht dieselben uͤbertrafen. Herr Chanot's Preise sind: Violinen fuͤr 300 Francs (12 Pf. Sterl.); Alt, ditto. Violoncell 500 Francs (20 Pf.). Man wird diese Preise fuͤr Frankreich, wo der Arbeitslohn viel geringer ist, als in England, etwas hoch finden. (Text d. Orig.). Ich gehe jezt zu den interessanteren Arbeiten des Herrn Savart, in diesem Felde uͤber und zu seinen wichtigen wissenschaftlichen Untersuchungen uͤber die Natur der Toͤne, welche er in der Absicht anstellte, Grundsaͤze aufzufinden, wornach Violinen gebaut werden sollten; ein weites Feld, das bisher beinahe gaͤnzlich vernachlaͤßigt, oder nur dem Zufalle uͤberlassen war. Herr Savart ist Doktor der Medicin; er spielt die Violine als Dilettant, und der Zweck seiner musikalischen Untersuchungen ist nicht Gewinn: seine einzige Absicht ist Foͤrderung der Kunst, und in dieser Absicht hat er neulich das Resultat seiner Untersuchungen in einem zu Paris unter dem Titel: Mémoire sur la Construction des Instruments à cordes et à archet, erschienenen WerkeEs waͤre sehr zu wuͤnschen, daß dieses schaͤzbare Werk fuͤr unsere deutschen Instrumenten-Macher von einem Sachverstaͤndigen bald in's Deutsche uͤbersezt wuͤrde: wir wuͤrden aus dieser Uebersezung mehr Vortheil ziehen, als aus mancher anderen, mit welcher wir heimgesucht werden. Anmerk. d. Uebers. dem Publikum mitgetheilt. Ich nahm mir die Freiheit, mich selbst bei ihm aufzufuͤhren, um seine Bekanntschaft zu machen, und ich halte es fuͤr Pflicht ihm fuͤr die freundliche Aufnahme, die er mir als einem Fremden, schenkte, und fuͤr die Bereitwilligkeit, mit welcher er mir alles erklaͤrte, was dazu beitragen konnte, mir eine klare Idee von seinem Verfahren zu geben, oͤffentlich zu danken. Ich fand im vertrauteren Umgange an ihm einen Mann von Talenten, einen tiefen Denker von anspruchloser Bescheidenheit. Das Erste, worauf es Hr. Savart bei seinen Untersuchungen antrug, war den Grundsaz festzustellen, nach welchem der Ton einer Saite, der fuͤr sich und ohne Beihuͤlfe fremder Mittel aͤußerst schwach ist, verstaͤrkt werden kann. Es schien ausgemacht, daß bei allen Saiten-Instrumenten die Verstaͤrkung des Tones dadurch hervorgebracht wird, daß man die Saite oder den sich schwingenden Koͤrper in mittelbare oder unmittelbare Verbindung mit anderen Schwingungsfaͤhigen Koͤrpern bringt. Bringt man, z.B., eine Stimm-Gabel in Bewegung, und haͤlt man dieselbe bloß in die Luft, so gibt sie einen kaum hoͤrbaren Ton: in dem Augenblike aber, wo man das Ende derselben auf ein Brett aufstellt, hoͤren wir den Stimmton deutlich. Die Stimm-Gabel stellt die Saiten dar; das Brett, auf welchem dieselbe ruht, den Holzkoͤrper des besaiteten Instrumentes; an der Harfe steht die Saite in unmittelbarer Beruͤhrung mit dem Resonanzboden; an der Violine wird diese Beruͤhrung mittelbar durch den Steg oder Sattel hervorgebracht. Von diesem Grundsaze ausgehend, stellte Hr. Savart eine Reihe von Versuchen an, von welchen ich das Wesentliche in einer buchstaͤblichen Uebersezung seiner eigenen Worte hier mittheilen will, da es mir wahrscheinlich ist, und ich es auch wuͤnsche, daß einige meiner Leser Belieben tragen werden, diese Versuche zu wiederholen, in welchem Falle auch die mindeste Abweichung von seiner Vorschrift dieselben mißlingen lassen koͤnnte, indem das Verfahren bei diesen Experimenten viele Genauigkeit erfordert. »Man nehme eine duͤnne runde und vollkommen gleich dike Kupfer- oder Glasplatte, oder eine sorgfaͤltig geebnete Bleiplatte, indem dieses Metall nur einen geringen Grad von Sproͤdigkeit besizt, jeder ihr mitgetheilten Bewegung leicht nachgibt, und nebenher noch den Vortheil darbiethet sich mehr gleichfoͤrmig ebenen zu lassen. Diese Platte stelle man auf ein schmales Stuͤck Brett, und bringe zwischen beide, um zu verhindern, daß sie sich nicht beruͤhren, ein kleines Stuͤk Holz, oder was besser ist, ein kleines Stuͤk Kork: denn dieses leztere gibt den Bewegungen der Platte nach, und stellt der Regelmaͤßigkeit der Figuren kein Hinderniß entgegen. Man befestige an dem einen Ende des Brettes eine Violinsaite, und spanne sie an dem anderen mittelst eines Wirbels; man bringe einen Violinsteg auf die Platte, und bestreue diese mit einer Lage feinen Sandes. Nachdem die Saite quer uͤber die Mitte des Steges gespannt wurde, spanne man dieselbe stark, und nehme auf ihr einen Ton mittelst des Bogens. In demselben Augenblike wird man den Sand auf gewissen Punkten vereinigt, und von anderen entfernt finden, und dadurch wird eine Figur entstehen, welche desto regelmaͤßiger ist, jemehr die Platte uͤberall vollkommen gleich dik ist, und die Fuͤße des Steges in gleicher Entfernung von dem Mittelpunkte der Platte auf einem der Durchmesser derselben stehen. Wem die Saite noch mehr gespannt, und der Ton dadurch noch ein oder mehrere male hoͤher wird, so erhaͤlt man eine andere Figur, und eben dieß geschieht, wenn die Saite um einen Ton, oder um einen halben Ton, oder selbst um ein kleineres Intervall nachgelassen wird.« Der hierzu noͤthige Apparat ist auf Tab. II. Fig. 1 u. 2. dargestellt. a stellt die Metall oder Glasplatte, b das Brett, c den Steg, d die Saite, e den Wirbel, f das kleine Stuͤk Holz oder Kork dar, welches die Platte hindert, das Brett zu beruͤhren. »Obschon es etwas schwierig ist, diesen Versuch gehoͤrig anzustellen, so laͤßt sich doch leicht begreifen, selbst wenn der Erfolg nicht ganz gelingt, daß die Bewegung der Saite durch den Steg der Platte mitgetheilt und von derselben aufgenommen wird; und daß die verschiedenen Figuren, welche der Sand bei jedem verschiedenen Tone bildet, den man mit dem Bogen nimmt, anzeigen, daß diese Toͤne auf eine eigene Weise durch die Schwingungen an jenem Theile der Platte verstaͤrkt werden, welcher, der Zeit nach, mit der Schwingung der Saite selbst correspondirt.« »Man wird nebenher bemerken, daß beinahe alle auf diese Weise erhaltenen Figuren aus concentrischen Knotenlinien, und aus anderen Linien bestehen, welche Sterne bilden, die aus mehr oder weniger Punkten zusammengesezt sind: diese Figuren lassen sich aͤußerst schwer erzeugen, wenn der Bogen an dem Umfange der Platte selbst gestrichen wird, obschon er in diesem Falle, weit schoͤnere Toͤne gibt, als unter jedem anderen Verhaͤltnisse.« »Wenn bei diesem Versuche eine Glasplatte statt einer Kupfer- oder Bleiplatte gebraucht wird, so wird die Art des Tones veraͤndert, wodurch deutlich erwiesen ist, daß die Platte und die Saite zugleich den Ton erzeugen.« »Fig. 3. 4. bis 15. zeigen die Arten der Schwingung, welche Hr. Savart in einer einzelnen Oktave, die Halbtoͤne eingerechnet, erhielt« naͤmlich: Fig. 3G Fig. 10D 4G scharf. 11D scharf. 5A 12D Herr Savart erklaͤrt dieses scharfe D nicht. Es ist auch zweifelhaft, ob nicht aus Versehen B vor B moll gesezt wurde. A. d. O. scharf. 6B 13E 7B matt. 14F 8C 15F scharf. 9C scharf. »Fig. 16. 17. 18. 19. 20. stellen die Schwingungsarten einiger hoͤheren Toͤne der folgenden Oktave vor« naͤmlich: Fig. 16G Fig. 19B matt. 17G scharf. 20B 18A »Man koͤnnte diese Versuche noch weiter fuͤhren; es wuͤrden aber dann duͤnnere Saiten, als jene an einer Violine, dazu erfordert. Es gibt jedoch eine Graͤnze, uͤber welche hinaus es durchaus unmoͤglich ist, irgend eine Figur hervorzubringen, weil die schwingenden Theile in dem Verhaͤltnisse immer weniger und weniger werden, als die Toͤne hoͤher steigen. Die Schwingungsknoten naͤhern sich dann einander so sehr, daß man die Figuren nicht mehr von einander zu unterscheiden vermag. Wenn, im Gegentheile, die Toͤne sehr tief sind, so geschehen die Schwingungen so langsam, daß der Sand nur sehr wenig in Bewegung geraͤth, und gleichfalls aufhoͤrt Figuren zu bilden.« Der enge Raum dieses Aufsazes gestattet mir nicht, Hr. Savart Schritt vor Schritt zu folgen; es mag, fuͤr den Augenblik, hinreichen noch dasjenige beizufuͤgen, was mir aͤußerst wichtig scheint, daß man naͤmlich, nach Herrn Savart's Angabe, jedes mal durch denselben Ton dieselben Figuren erhaͤlt; denn er sagt: »wenn man diese Versuche verschiedene male in derselben Oktav wiederholt, und jede der erhaltenen Figuren (auf Papier) zeichnet, so werden, wenn man nicht bei jedem Versuche Sorge traͤgt genau denselben Ton zu nehmen, durchaus verschiedene Arten von Schwingungen entstehen, und die Menge von Figuren, welche man auf diese Weise aus einer einzigen Oktave erhaͤlt, wird erstaunlich seyn.« Die oben angefuͤhrten Versuche scheinen mir so aͤußerst interessant und sonderbar, daß ich zuversichtlich hoffe sie werden in unserem Lande wiederholt und ausgebreitet werden. Zugleich muß ich jedoch aufrichtig und vielleicht zu meiner Schande gestehen, daß, soweit als meine eigenen Unternehmungen bisher reichten, die Resultate derselben nur mit einem geringen Grade von Erfolge gekroͤnt waren. Alles, worauf ich stolz seyn kann, ist, daß ich etwas hervorbrachte, was den Figuren 4 und 6 aͤhnlich sieht. Da ich aber jezt noch außer Stande bin, durch meine eigenen Erfahrungen die Angaben des Hrn. Savart in ihrem ganzen Umfange zu bestaͤtigen, so waͤre es Anmaßung an ihrer Genauigkeit zu zweifeln, um so mehr als der Apparat, dessen ich mich in meinem Eifer bediente, weit entfernt war jene Genauigkeit und Vollkommenheit zu besizen, welche bei allen Versuchen, um so mehr noch bei diesem, nothwendig ist, den Hr. Savart selbst fuͤr sehr schwierig in der Ausfuͤhrung erklaͤrt. Wenn man ferner bedenkt, daß seine Versuche den Gegenstand eines langen und umstaͤndlichen Berichtes bilden, welchen die ersten Physiker Frankreichs,Hauy, Charles, De Prony, Biot. A. d. O. Der Hr. Verfasser nennt diese großen Physiker natural Philosophers was wir nimmermehr durch Naturphilosophen uͤbersezen koͤnnen; denn unsere deutschen Naturphilosophen scheinen nicht einmal die ersten Elemente der Physik zu kennen. Anmerk. d. Uebers. vereint mit mehreren großen Kompositeurs,Cherubini, Catel, Berton, le Sueur. der franzoͤsischen Akademie der Wissenschaften und schoͤnen Kuͤnste vorlegten, so verschwinden mit einem male alle Zweifel. Das Wichtige in diesen Versuchen scheint Erstens darin zu liegen, daß, bei der geringsten Veraͤnderung der Spannung der Saite, die Figuren im Sande sich durchaus in andere gaͤnzlich verschiedene verwandeln, und zwar selbst schon bei einem halben Tone oder bei noch weniger als einem halben Tone; daß zweitens: dieselben Toͤne jedes mal dieselben Figuren erzeugen. Dieß zugegeben – und Hr. Savart behauptet dieß mit Bestimmtheit – bin ich jedoch geneigt zu glauben, daß die eigene Form der Figuren weniger von dem des besonderen und eigenen Tone, durch welchen sie erzeugt wird, als, erstlich von der Form der Platte, auf welcher sie sich darstellt, und zweitens von dem Mittel zwischen der Saite und der Platte, durch welches die Mittheilung geschieht, naͤmlich von dem Stege, abhaͤngt. Ich finde es wahrscheinlich, daß alles Uebrige gleich gesezt, die Figuren verschieden ausfallen, wenn die Platte statt rund zu seyn, vierekig oder dreiekig ist,Der Herr Verfasser liefert hier in einer Anmerkung einen Auszug aus unseres Chladni Akustik. Leipzig 1802, den wir uns um so sicherer ersparen zu koͤnnen glauben, als es uns nicht moͤglich ist zu denken, daß ein deutscher Instrumentenmacher oder Tonkuͤnstler auch nur von einiger Bildung seinen Chladni nicht auswendig wuͤßte. Anmerk. d. Uebers. oder wenn der Steg, statt zweier Fuͤße nur einen, oder deren drei oder noch mehrere hat. Vielleicht daß auch Saiten von verschiedener Staͤrke, wenn auch gleich gestimmt, gleichfalls verschiedene Figuren hervorzubringen vermoͤgen. Alles dieß muͤssen kuͤnftige Versuche erweisen. Es wird nicht minder interessant seyn zu untersuchen, ob man nicht in den Figuren harmonischer Toͤne gleichfalls einige Analogie aufzufinden vermag; oder, da Hr. Savart's Diagramme vielmehr das Gegentheil anzudeuten scheinen, die Ursache der bisher beobachteten Analogie in den Figuren 3, 5, 9 auszumitteln, welche von ganz verschiedenen Tonen hervorgebracht wurden. Wenn es Thatsache ist, daß auf einer runden bleiernen Platte von bestimmtem Durchmesser und von bestimmter Dike durch die Dazwischenkamst eines Steges von bestimmter Form derselbe Ton jeder Zeit dieselbe Figur hervorbringt, so hatten wir mit einem male ein unfehlbares Mittel das allgemein guͤltige Maß eines musikalischen Tones fuͤr immer zu bestimmen, und kuͤnftigen Jahrhunderten einen unwandelbaren Accord anzugeben, so wie Maͤlzel's Metronom uns ein ewiges Maß fuͤr die musikalische Zeit gab. Wir werden im Stande seyn im Jahr 2020 den Capellmeister der Londner Opera zu belehren, mit welchem A er Mozart's Lá ci darem' la mano beginnen muͤsse; eine Kunde, welche ohne diese Beihuͤlfe eben so schwer der musikalischen Nachwelt zu uͤberliefern seyn duͤrfte, als es jezt schwer ist zu entscheiden, welcher Ton das Mese der Griechen, oder selbst das La des Guido von Arezzo war. Hr. Savart's Vorrichtung scheint uns vorzugsweise berechnet ein wahres Phonometer (einen Tonmesser) zu bilden. Ja (wenn es anders erlaubt ist, in einer Speculation der Phantasie diese Sprache zu fuͤhren) es scheint nicht zuviel behauptet, wenn man sagt, daß durch diese Figuren die Toͤne sichtbar werden; daß das Auge dieselben schaͤzen und selbst der Taube die Suͤssigkeit der Melodie genießen kann, die ihm in Zeichen sichtbar wird: denn nach Savart's Versuchen bringt jeder verschiedene Ton an der Scale eine verschiedene regelmaͤssige Figur hervor, und zwar immer dieselbe. Hr. Savart's Apparat stellt den ganzen Schwingungs-Proceß und das Princip desselben an einer Violine in seiner einfachsten Form dar. Wir haben eine uͤber einen Steg gespannte Saite, und die Platte, welche die Saite traͤgt, vertritt die Stelle der Deke oder des oberen Theiles des Resonanzbodens der Violine. Der zweite Schritt, welcher noch zu machen war, mußte an der Violine selbst unternommen werden. In dieser Absicht bediente er sich eines Instrumentes, welches er sich selbst verfertigte, und dessen oberer Theil (die Deke) flach war, da der gewoͤlbte Obertheil (oder die Deke) an der gemeinen Violine es nicht gestattet, uͤberall gleichhoch an der Oberflaͤche mit Sand bestreut zu werden. Sobald ein Ton mit dem Bogen genommen wurde, sah man den Sand sich gleichfoͤrmig in regelmaͤßige Figuren reihen, welche aus geraden und krummen Linien bestanden. Auch hier brachte jeder andere Ton eine andere Figur hervor. Die Bildung dieser Diagrammen schien, wie wir oben angedeutet haben, von der Gestalt des Brettes gewissermaßen abhaͤngig zu seyn. Sie stellten alle eine Linie von Sand laͤngs dem Laͤngendurchmeßer des Brettes dar, welche gegen die Seiten hin sich in Arme von krummen Linien ausbreitete, die verschiedentlich gebildet waren, je nachdem ein anderer Ton mit dem Bogen genommen wurde, und die Figuren zu jeder Seite der Mittellinie waren einander vollkommen gleich. Da aber die Violine aus zwei Brettchen besteht, welche unter einander (nebst den Seitenwaͤnden, (der Zarke), deren Hauptzwek die Einschließung einer gewissen Menge von Luft ist) mittelst des sogenannten Stimmstokes verbunden sind, so fuͤhrte Hr. Savart seine Versuche noch weiter und suchte auszumitteln, was das untere Brett an der Violine zu leisten hat. Er nahm zwei Platten von gleichem Umfange, die denselben Ton gaben (wahrscheinlich von Glas), und stellte zwischen dieselben ein hoͤlzernes Stoͤkchen als Verbindungsmittel so, daß es die Mittelpunkte dieser beiden Platten beruͤhrte. Das Resultat dieses Versuches war mit seinen eigenen Worten folgendes: »wenn man die Platten mit Sand bestreut, und von einer derselben einen Ton mit dem Bogen nimmt, so bringen beide dieselbe Figur hervor. Wenn man statt zweier Platten mehrere nimmt, welche mittelst hoͤlzernen Stoͤkchen verbunden sind, so sezt sich die Bewegung gleichfoͤrmig von einer auf die andere fort, wenn man auch nur eine ertoͤnen laͤßt.« Aus diesen Resultaten schloß Hr. Savart mit allem Rechte: daß die beiden Broͤtchen an einer Violine nichts anderes als solche Platten sind, deren Schwingungen dazu dienen, den urspruͤnglichen Ton zu verstaͤrken. Und nun ist es, glaube ich, offenbar, wozu der Steg, der Stimmstok, der Resonanzboden und sein Gefaͤhrte, das untere Brettchen oder die Deke und der Ruͤken der Violine, dienen soll. Ohne mich in die uͤbrigen verschiedenen Untersuchungen, welche Hr. Savart anzustellen fuͤr noͤthig erachtete, und in die aus den Resultaten derselben richtig gezogenen wissenschaftlichen Forderungen weiter einzulassen, die er in seiner Abhandlung umstaͤndlich entwikelte, will ich zur Beschreibung jener Violine uͤbergehen, welche die Frucht seiner Bemuͤhungen war, und deren Bau, sammt den Grundsaͤzen, auf welchen derselbe beruhte, er mir mit so vieler Klarheit entwikelte, daß er sich vollkommen als Meister seiner Sache bewiesen hat. Die beigefuͤgte Zeichnung (Fig. C ) wird hinreichen eine Idee von diesem Instrumente zu geben. Das Aeussere desselben wird zwar meinen Lesern eben nicht einladend erscheinen, sie werden aber billig genug seyn, ihr Urtheil so lang zuruͤkzuhalten, bis sie die Gruͤnde werden vernommen haben, welche Hr. Savart bestimmten, von der gewoͤhnlichen Form abzuweichen. Es schien Hr. Savart wesentlich, dem Resonanzboden eine solche Form zu geben, in welcher Regelmaͤßigkeit und Symmetrie sich mit der aͤußersten Einfachheit vereinigte. Dieser Grund wuͤrde allein schon vermocht haben ihn zu bestimmen, alle krummen Linien an den aͤußersten Enden der Violinen zu verbannen, hatte nicht die Unterbrechung der Fibern des Holzes, die durch diese krummen Linien nothwendig wird, noch einen anderen hoͤchst wichtigen Grund dargebothen, sich ausschließlich an gerade Linien zu halten. Er waͤhlte also fuͤr die Form seiner Violine ein Trapez, dessen schmaͤhlerer Theil sich mit dem Halse oder Griffe verbindet, um das Spiel der Hand zu erleichtern. Der so gebildete Resonanzboden ist nicht gewoͤlbt, d.h. nicht in der Mitte hoher als an den Seiten: wenigstens ist dieß an der inneren Flaͤche desselben im strengsten Sinne genommen genau so der Fall, da die aͤußere oder sichtbare Flaͤche auf eine sehr sanfte und kaum merkliche Weise gegen die Mitte hin aufsteigt. Diese unbedeutende Erhebung entsteht einzig durch den verstaͤrkten Koͤrper des Holzes, welches dort, wo der Steg auf demselben ruht, am diksten und zu beiden Seiten am duͤnnsten ist. Dadurch wird das Holz in den Stand gesezt, beinahe an jeder Stelle gleichfoͤrmig sich zu schwingen, waͤhrend an unseren gewoͤhnlichen Violinen die Schwingungen an der Seite beinahe unbedeutend, und dort, wo sie sich mit dem Griffe verbindet, noch weniger und beinahe gar nicht merkbar sind. Die Dike des Holzes in der Mitte gewahrt noch uͤberdieß Hrn. Savart's Violinen einen Grad von Staͤrke, den wir an unseren gewoͤhnlichen Geigen gar nicht kennen, welche bekanntlich durch den Druk des Steges sowohl, als durch jenen des Stimmstokes wesentlich leiden, und uͤberhaupt bei dem kleinsten Zufalle großer Gefahr ausgesezt sind. Wenn unsere Violinen immer schlechter und schlechter werden, und ihre Guͤte verlieren, so kommt dieß davon her, daß ihr Holz zu duͤnn ist, und es laͤßt sich von der staͤrkeren Dike desselben an Hrn. Savart's Instrumente mit Grunde erwarten, daß dieses von Jahr zu Jahr besser werden muͤsse. Die f Loͤcher sind, wie man bemerken wird, vollkommen gerade, und nach der Richtung der Fibern des Holzes eingeschnitten. Dieser Umstand, so wie die im Allgemeinen bloß aus geraden Linien gebildete Form an Savart's Violine laͤßt an derselben eine unendlich groͤßere Anzahl von Fibern unangegriffen und bereit in Schwingungen uͤberzugehen. Herr Savart verwirft so, wie Herr Chanot, einen beweglichen Saitenhaͤlter; allein, aus den bei Hrn. Chanot's Violine angegebenen Gruͤnden, befestigt Hr. Savart die Saiten nicht an der Deke selbst, sondern, wie die Zeichnung ausweiset, an kleinen Ringen dort, wo an den gewoͤhnlichen Violinen der Knopf des Saitenhaͤlters angebracht ist, d.i., wo die Violine unter dem Halse des Spielers ruht. Er ist gegen den Saitenhaͤlter, weil dieser die Elasticitaͤt der Saiten unterbricht, welche sie in den Stand sezt, den auf einander folgenden Schwingungen des Resonanzbodens nachzugeben; denn diese Schwingungen erzeugen durch den Steg eine Ruͤkwirkung in den Saiten, und je mehr diese lezteren im Stande sind einem solchen Eindruke nachzugeben, desto freier wird die Schwingung der Deke des Resonanzbodens selbst. Ich habe im Anfange vorausgesezt, daß Herr Savart, indem er den Saiten diesseits des Steges eine so große Laͤnge gab, die Absicht habe, daß ihre Mitschwingung mit den Saiten jenseits des Steges, wo der Bogen auf sie einwirkt, den Ton verstaͤrken sollte. Allein er protestirte nicht nur gegen eine solche Absicht, sondern er versicherte mich, daß er herzlich wuͤnsche, von einer solchen Mitschwingung gar nichts zu wissen; indem, erstlich, nur gewisse Toͤne dadurch verstaͤrkt werden, die uͤbrigen aber in ihrer Schwache belassen werden wuͤrden, und weil, zweitens, ein gewisses unangenehmes Schlagen vermieden werden muß, welches jedes mal erfolgt, wann ein Ton angespielt wird, der beinahe aber nicht vollkommen, im Einklaͤnge mit dem unthaͤtigen Theile der Saite steht. Diese Erscheinung ist eine neuere Entdekung des Hrn. Blane, und kann sehr leicht gepruͤft werden, wenn man zwei Saiten beinahe gleichtoͤnig stimmt. Spielt man auf der einen, so wird die andere ein zitterndes unharmonisches Schlagen hoͤren lassen; ja, was noch mehr ist, wenn das Spiel durch einige Minuten fortgesezt wird, so wird die distonirende Saite sich selbst nach und nach in Einklang mit der anderen stellen. Auf diesen Grundsaz einer Neigung sich wechselweise zurecht zu stellen, fußte der beruͤhmte Pariser Uhrmacher, Hr. Breguet, seine neulich erfundene sogenannte Doppel-Taschenuhr. Zwei vollendete Taschenuhr-Triebwerke, beide vollkommen unabhaͤngig von einander, werden an einer und derselben Metallplatte befestigt, und in einem gewoͤhnlichen Taschenuhrgehaͤuse eingeschlossen. Obschon diese beiden Taschenuhren, wenn jede einzeln fuͤr sich bleibt, so wie alle Taschenuhren, in kurzer Zeit bedeutend von einander abweichen werden, so wird doch, wenn sie beide mit einander vereint sind, die eine oder die andere die Oberhand uͤber die andere gewinnen, oder jede wird wechselseitig etwas nachgeben, bis endlich beide vollkommen gleich gehen werden. Diese Erscheinung gruͤndet sich auf die Mittheilung der Schwingungen beider Uhren mittelst der Platte, an welcher sie befestigt sind. Es ist hier weder der Ort noch die Zeit, in alle die kleinen technischen Einzelnheiten an Hrn. Savart's Violine uns einzulassen; nur dieß will ich bemerken, daß, um jenes unharmonische Nachschlagen, von welchem wir oben sprachen, zu vermeiden, Hr. Savart die Schwingungen des ungebrauchten Theiles der Saiten diesseits des Steges durch Einfuͤgung eines rechtwinkeligen mit Tuch uͤberzogenen Stuͤkes Pappe daͤmpft. Noch andere Verbesserungen in Hinsicht auf diesen Punkt werden sich wahrscheinlich in der Folge finden lassen; die Verwerfung des Saitenhaͤlters scheint mir indessen auf sehr vernuͤnftigen Gruͤnden zu beruhen, und wenn das Ansehen eines der ersten Violinisten hier von einigem Gewichte seyn darf, so wird Hr. Spohr's Beispiel gar sehr zu Gunsten dieser Neuerung sprechen. Dieser Kuͤnstler, dessen Spiel im lezten Sommer ganz London unterhielt und bezauberte, bediente sich eines sehr kleinen Saitenhaͤlters, in welchem die Saiten in sehr geringer Entfernung von dem Knopfe befestiget waren, so daß der muͤssige Theil der Saiten zwischen dem Stege und dem Saitenhaͤlter beinahe so lang als an Hrn. Savart's Violine war. Die innere Stange, welche an unseren gewoͤhnlichen Instrumenten unter dem linken Fuße des Steges hinlaͤuft, bringt Hr. Savart in der Mitte der Laͤngenachse an, und erhaͤlt dadurch zu beiden Seiten Symmetrie und Gleichheit in den Schwingungen; er beugt hierdurch auch dem gewoͤhnlichen Fehler vor, daß die Violine auf einer Seite mehr eingedruͤkt wird, als auf der anderen. Die Stimme steht, wie bei unseren Violinen, hinter dem rechten Fuße des Steges etwas nach auswaͤrts gegen das f Loch hin. Wenn man die Zeichnung von Hrn. Savart's Violine betrachtet, so wird man wahrscheinlich zu einem Einwurfe sich geneigt fuͤhlen, den auch ich dem Erfinder derselben machte, als ich das Instrument zum ersten male sah, dem er aber nach meiner Ansicht gluͤklich entgegnete. Die ?C Einbiegungen zu beiden Seiten unserer gemeinen Violinen erlauben naͤmlich dem Bogen auf den beiden aͤußersten Saiten zu spielen, ohne daß er Gefahr liefe, die innere zunaͤchst daran gelegene Saite bei diesem Spiele zu beruͤhren. Hr. Savart gesteht, daß seine Violine diesen Vortheil nicht gewaͤhren kann, insofern die Seiten derselben gerade laufen: allein er behauptet, daß die aͤußeren Saiten diesen Vortheil um nichts mehr noͤthig haben als die inneren, bei welchen man gleichfalls acht geben muß, daß waͤhrend sie mit dem Bogen gestrichen werden, keine andere daneben liegende beruͤhrt wird. Diese Achtsamkeit behauptet er mit Recht, erwirbt man sich aber so leicht, daß selbst ein mittelmaͤßiger Violin-Spieler, wenn er auf irgend einer der beiden mittleren Saiten spielt, gewiß selten oder gar nicht, außer zuweilen absichtlich, die mittleren Saiten beruͤhrt. Der einzige Unterschied besteht also darin, daß bei Hrn. Savart's Violine gleiche Achtsamkeit bei allen vier Saiten ohne Unterschied noͤthig ist, waͤhrend dieselbe an den gewoͤhnlichen Violinen nur fuͤr zwei Saiten erfordert wird. Hr. Savart geht so weit, daß er behauptet, die Notwendigkeit den Bogen auf allen Saiten unter einem gleichen Winkel zu neigen, muͤsse vielmehr Vortheil als Nachtheil gewahren, indem dadurch mehr Gleichheit im Tone hervorgebracht wird, daß die Oberflaͤche aller vier Saiten in derselben Richtung abgeschliffen und beebnet wird. Es bleibt mir nun noch uͤbrig von dem wichtigsten Theile in Savart's Bemuͤhungen, von der Art und Menge (Qualitaͤt und Quantitaͤt) des Tones zu sprechen, welcher durch seine Violine hervorgebracht wird. Ich will zuerst seine eigenen Worte hier anfuͤhren, welche der Leser gewiß bescheiden finden wird; dann will ich das Wesentliche des von den vereinten Ausschuͤssen der koͤnigl. Akademie der Wissenschaften und schoͤnen Kuͤnste gefaͤllten Urtheiles vorlegen, und meine eigenen Beobachtungen, so wie sich mir dieselben bei den von mir angestellten Versuchen darbothen, beifuͤgen. »Ich bin weit von dem Eigenduͤnkel entfernt, sagt Hr. Savart, zu glauben, daß ich die Stufe von Vollendung erreichte; alles, was ich hoffe, ist daß, wenn die Violinen nach den von mir aufgestellten Grundsaͤzen verfertiget werden, guͤnstige Resultate mit mehr Sicherheit erfolgen werden, als wenn man bei den alten Formen stehen bleibt. Ich weiß, daß mehrere meiner Leser durchdrungen, wie nicht mehr dann billig, von Achtung fuͤr die Verdienste der italiaͤnischen Violinen, und eingenommen fuͤr dieselben durch die Macht der Gewohnheit, fest uͤberzeugt sind, daß, weit entfernt irgend etwas Besseres liefern zu koͤnnen, es sogar durchaus unmoͤglich ist, der Vortrefflichkeit dieser Instrumente auch nur nahe zu kommen. Ich bin aber auch geneigt zu glauben, daß dieselben Leser die vielen Maͤngel an den italiaͤnischen Violinen nicht verkennen, und mit der Zeit sich geneigt fuͤhlen werden, einer einfacheren und weniger kostspieligeren Vorrichtung, welche noch leichter auf eine beinahe unfehlbare Weise zu einem genuͤgenden Resultate fuͤhren muß, den Vorzug einzuraͤumen.« »Die Toͤne meiner Violine besizen zwar nicht durchaus alle Eigenschaften derjenigen, welche die gewoͤhnlichen Violinen hervorzubringen vermoͤgen; der Koͤrper des Tones ist etwas verschieden; mein Ton hat weniger Feuer, obschon er beinahe gleiche Staͤrke besizt, er ist mehr rein, suͤßer, mehr rund und voll; er spricht mehr zu dem Herzen, und ist dadurch mehr geeignet Schwermuth und zaͤrtliche Gefuͤhle auszudruͤken. Was aber die Toͤne meiner Violine vor allem auszeichnet, ist die vollkommene Gleichheit derselben ein Verdienst, welches die gemeinen Violinen nur selten in Anspruch nehmen duͤrfen, und welches deutlich beweiset, daß der Bau meines Instrumentes im Ganzen auf guten Grundsaͤzen beruht.« Hr. Savart zeigt nun die Mittel, durch welche man den Toͤnen auch das noͤthige Feuer verschaffen kann. Er ist bescheiden genug, seine Bemuͤhungen nur als einen Versuch, als einen ersten Schritt zu kuͤnftiger hoͤherer Vollendung zu betrachten, und hofft mit Sicherheit, daß die von ihm aufgestellten Thatsachen geschikte und verstaͤndige Geigenmacher von Profession bald in den Stand sezen werden, einen hohen Grad von Vortrefflichkeit zu erreichen. Der Bericht des Ausschusses der franzoͤsischen Akademie, welcher von den oben erwaͤhnten Mitgliedern unterzeichnet ist, schloß nach langer Entwikelung der Grundsaͤze des Herrn Savart mit der Forderung, die Instrumente desselben durch einen geschikten Violin-Spieler versuchen, und mit den gewoͤhnlichen Violinen von ausgezeichneter Guͤte vergleichen zu lassen. Hr. Lefebure, Capellmeister des Orchesters am Theater Feydeau, spielte vor dem Ausschusse abwechselnd auf seinem eigenen Instrumente und auf jenem des Hrn. Savart. Der Ausschuß bemerkte an diesem eine sehr hohe Reinheit des Tones verbunden mit der moͤglich vollkommensten Gleichheit. Diese neue Violine schien, in der Naͤhe gehoͤrt, weniger Feuer als jene des Hrn. Lefebure zu besizen: man ersuchte daher, um sich von diesem Unterschiede noch mehr zu uͤberzeugen, Herrn Lefebure in einem darneben befindlichen Zimmer dieselben Passagen abwechselnd auf beiden Instrumenten zu spielen, ohne jedoch zu sagen, auf welchem Instrumente er spielte. Bei diesem Versuche toͤnten beide Instrumente so vollkommen gleich, daß auch das erfahrenste Ohr stets das eine mit dem anderen verwechselte. Wenn ja ein Unterschied zwischen beiden wahrgenommen werden konnte, so war es ein noch hoͤherer Grad von Anmuth im Tone des neuen Instrumentes. Das Resultat einmuͤthiger Abstimmung war: daß Hr. Savart's Violine fuͤr ein ganz vortreffliches Instrument gelten koͤnneBei dieser Vergleichung „sagen die Berichterstatter“ war uns wenig daran gelegen, ob gegenwaͤrtig Herr Savart's Violine besser als irgend eine andere in der Welt vorhandene Violine gefunden wird, oder nicht. Dieser Vorzug wuͤrde sich vielleicht von ihr haben erwarten lassen, und sogar nothwendig gewesen seyn, wenn es sich um blase praktische Vervollkommnung gehanden haͤtte, indem in diesem Falle das erhaltene Resultat keine sicheren Anhaltspunkte fuͤr kuͤnftige Verbesserung gewahrt. Wo es sich aber bloß um theoretische Principien handelt, welche anerkannt richtig sind, da lassen die Resultate derselben sich noch weiter in ihren Folgen entwikeln. Es waͤre also bereits dadurch schon sehr viel gewonnen, wenn Herr Savart's auf feststehende Grundsaͤze zuruͤkgefuͤhrte, Violine bei ihrem hoͤchst einfachen Baue bloß die Eigenschaften einer guten gemeinen Violine dargebothen haͤtte. (Text des Originals.). Als ich uͤber die Violinen des Herrn Savart mir mein eigenes Urtheil abstrahirte, hatte ich nicht Gelegenheit, dieselben mit irgend einem anderen Instrumente zu vergleichen: ich mußte mich auf fruͤhere Eindruͤke und auf Erinnerung verlassen. Der Ton schien mir wesentlich verschieden von jenem, an welchen Gewohnheit unser Ohr bei den gewoͤhnlichen Violinen verwoͤhnte. Im Ganzen jedoch und mit einigen geringen Ausnahmen stimmt mein Urtheil im Wesentlichen mit dem Ausspruche des Ausschusses. Herr Savart's Violine stand in Hinsicht des Silbertones, des Glokenklanges, der die guten Cremoneser so sehr auszeichnet, auf eine hoͤchst fuͤhlbare Weise hinter denselben, und wuͤrde in dieser Hinsicht eben nicht das wuͤnschenswertheste Instrument fuͤr ein Viotti'sches Concert seyn: fuͤr ein Haydn'sches Quartett scheint sie jedoch sehr gut berechnet. Sie wird sich bei langsamenpathetischen Compositionen weit besser ausnehmen, als bei einem Allegro voll Lebhaftigkeit und Hinreissender Praͤcision. Der Ton war allerdings sanft, voll Koͤrper und Runde, nur in einem geringen Grade hohl und nasal, aber durchaus nicht hoͤlzern und nichts weniger als duͤnn oder mager. Mit einem Worte, Herr Savart's Violine wird in jeder Hand fuͤr ein ausgezeichnetes Instrument gelten, und wie ich glaube, selbst den Violinen des Herrn Chanot vorzuziehen seyn. Und dieser Grad von ausgezeichneter Vollkommenheit muß jedem unpartheyischen Richter fuͤr ein hoͤchst wichtiges und vielversprechendes Resultat gelten, wenn er bedenkt, daß diese Savart'sche Violine nur nach wissenschaftlichen Grundsaͤzen, nicht von einem geschikten Geigenmacher von Profession, sondern von einem Doktor der Medicin verfertigt wurde. Die Nettigkeit dieser Violine in allen ihren Kleinigkeiten schien, ich muß es gestehen, in dieser Hinsicht mir ein unglaubliches WerkDer Englaͤnder, welcher der Verfasser des vorliegenden Aufsazes ist, scheint vergessen zu haben, daß sein unsterblicher Landsmann, Baco von Verulam, vielleicht der groͤßte Mann seines Jahrtausendes, von den Aerzten sagte: „Die Geschichte aller Wissenschaften und Kuͤnste aller Zeiten und Voͤlker hat erwiesen, daß die Aerzte in allem groß waren, nur nicht in der Medicin.“ Herr Dr. Savart wird dem Uebersezer dieses diese Reminiscenz aus Bacon verzeihen, da sie fuͤr jeden Fall, den Doktoren der Medicin mehr Ehre als Unehre bringt. Anmerk. d. Uebers.. Da aber Herr Savart mir feyerlich versicherte, daß er jeden Theil an dieser Violine selbst verfertigte, so kann ich bloß sagen, daß, wenn er gebrochene Beine eben so gut zusammenzuleimen versteht, als seine Geigen, er wahrlich in seiner Kunst ein Mann von ausgezeichnetem Range seyn muß. Dem sey nun, wie ihm wolle, so ist es verstaͤndig anzunehmen, daß ein Instrumentenmacher von Profession, ausgeruͤstet mit allen Vortheilen technischer Erfahrung, wenn er auf Dr. Savart's Bahn fortschreitet, weit bessere Violinen hervorzubringen im Stande seyn wird, als der Herr Doktor selbst, und daß ein nur mittelmaͤßiger Grad von Verstand und Talent nach und nach, vielleicht auch auf ein mal, solche Verbesserungen an diesem neuen Instrumente, welches jezt noch in seiner Kindheit ist, anzubringen vermoͤgen wird, daß die Kunst bald auf einen bisher noch unbekannten Grad von Gewißheit und Vollkommenheit gebracht werden muß. Ein anderer, und zwar nicht unbedeutender Vortheil bei diesem neuen Instrumente ist die Wohlfeilheit derselben. Herr Savart versicherte mir, daß eine nach seinem Plane verfertigte Violine fuͤr 20 Francs (16 Schillings) verfertigt werden kann, vorzuͤglich dann, wann die Manufactur nicht zu sehr ausgedehnt ist. Vielleicht, daß diese Hoffnungen etwas zu sanguinisch sind; die Einfachheit des Instrumentes laͤßt indessen keinen Zweifel uͤbrig, daß nicht ein großer Theil Arbeit, Zeit und Auslage bei Verfertigung solcher Instrumente erspart werden koͤnnte. Wenn man annimmt, daß in Frankreich der oben angegebene Preis einer solchen Violine zwei mal hoͤher kommen sollte, wenn man ferner fuͤr den hoͤheren Arbeitslohn in England, und fuͤr das daselbst theurere Materiale reichlich zuschießen wollte, so wuͤrde man in diesem Lande Violinen fuͤr 3 bis 4 Pfund Sterling verfertigen koͤnnen, welche allerdings Instrumenten gleich geschaͤzt werden muͤßten, die man gegenwaͤrtig drei bis vier mal so theuer bezahlt. G. L.

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Tafel Tab. II
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