Titel: | Ueber Hopfen. |
Fundstelle: | Band 5, Jahrgang 1821, Nr. XXXVII., S. 188 |
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XXXVII.
Ueber Hopfen.
In chemischer und technischer Hinsicht.
Nach dem Experimental Inquiry in the Chemical Properties et Economical et Medicinal Virtues of the Humulus Lupulus or common Hop, by Ansel. W. Ives, M. D. of new Jork in den AnnalesAnnals of Philosophy. II. Series. N. III. S. 194.Die Annals of Philosophy fuͤhren ein
amerikanisches Journal als ihre Quelle an, ohne dasselbe naͤher als mit
den Worten: from an American Scientific Journal, zu
bezeichnen. Wir ließen, unseren Grundsaͤzen gemaͤß, alles
medicinische aus dieser Abhandlung weg, und freuen uns einen der ersten Aerzte,
den unsterblichen Fordyce, mit uns einerley Meinung
aussprechen zu hoͤren, wenn er sagt: wenn man irgend etwas zu gar nichts
zu brauchen weiß, so probirt man's in der Medicin. A. d. Ueb. Frey uͤbersezt.
Ives über Hopfen in chemischer und technischer Hinsicht.
Der Hopfen ist ein ausdauerndes Gewaͤchs mit getrenntem Geschlechte: die
Individuen mit bloß maͤnnlichen Blumen sind, (obschon faͤlschlich),
unter dem Namen wilder Hopfen bekannt, und jene mit
weiblichen Blumen werden allein gebaut. Dieses Gewaͤchs ward zum Behufe der
Brauerey, in welcher Hinsicht es seit undenklichen Zeiten benuͤzt wurde, um
das Jahr 1549 zuerst in England eingefuͤhrt, und seit dieser Zeit so
haͤufig gebaut, daß es gegenwaͤrtig ein Ausfuhrs-Artikel
geworden ist.
Zur Untersuchung nahm ich Hopfen, welcher bereits drei Jahre lang in einem engen Sake
aufbewahrt wurde. Bei dem Herausnehmen desselben zeigten sich im Grunde des Sakes ungefaͤhr
zwei Unzen eines sehr seinen gelben Pulvers, welches, durch wiederholtes
Durchsieben, vollkommen rein wurde. Dieser gewiß von vielen Personen beachtete Staub
wurde, wie ich besorge, fast allgemein faͤlschlich fuͤr Blumenstaub
(pollen) gehalten; er ist aber nur der weiblichen
Pflanze eigen, und wird wahrscheinlich von eigenen Druͤsen abgesondert. Der
Landmann und Gewerbsmann scheint ihn genauer gekannt zu haben als der Gelehrte von
Profession; wenigstens habe ich uͤber diesen Staub in Buͤchern nichts
gefunden. Ich will ihn in der Folge, der Kuͤrze und Deutlichkeit wegen, Lupulin nennen.
1. Versuch. Ich kochte ein Quentchen Lupulin mit zwei
Unzen Wasser in einer kleinen Retorte bis ein Drittel des angewendeten Wassers in
die Vorlage uͤberging. Die uͤbergegangene Fluͤssigkeit hatte
den eigenen aromatischen Geschmak und Geruch des Hopfens, war vollkommen durch
scheinend, wenig gefaͤrbt, und zeigte keine Spur von fluͤchtigem Oele.
Das in der Retorte zuruͤkgebliebene Wasser war aromatisch und bitter.
Filtrirt und abgeraucht gab es zehn Gran eines blassen außerordentlich bitteren
Extraktes, welches den eigenen ausgezeichneten aromatischen Hopfengeschmak in einem
hohen Grade besaß.
2. Versuch. Zwei Unzen des besten kaͤuflichen
Hopfens wurden in einer Retorte mit 6 Unzen Wasser so lang distillirt, bis die
Haͤlfte der Fluͤssigkeit in das in der Vorlage vorgeschlagene Wasser
uͤbergieng. Das Wasser erhielt einen leichten Hopfengeruch; es zeigte sich
aber keine Spur von fluͤchtigem Oele.
3. Versuch. Zwei Drachmen Lupulin wurden in einer Retorte
mit drei Unzen Alcohol gekocht. Der Alcohol gieng reichlich geschwaͤngert mit
Hopfenarom uͤber; man fand aber keine sichtbare Spur von wesentlichem Oele.
Der ruͤkstaͤndige Alcohol hat eine sehr schoͤne gelbe Farbe und
eine angenehme, aber
sehr starke, Bitterkeit: filtrirt und abgeraucht gab er eine Drachme Extraktes von
der Consistenz eines weichen WachsesDiese
Versuche wurden mit einigen Abaͤnderungen oͤfters wiederholt,
um, wenn es moͤglich waͤre, das fluͤchtige Oel, dessen
die Schriftsteller so oft erwaͤhnen als wesentliche Ursache des
Eigengeschmakes des Bieres, zu entdeken: das Resultat war durchaus dasselbe.
Das eigene Hopfenarom verrieth sich immer durch Geruch und Geschmak, nie war
ich aber im Stande, dasselbe in Form eines wesentlichen Oeles auszuscheiden.
A. d. O..
4. Versuch. Man bereitete eine gesaͤttigte
Abkochung von Lupulin mit reinem Wasser. Sie war undurchsichtig und blaßgelb. Durch
Zusaz eines Theiles von schwefelsaurer Eisenaufloͤsung ward sie tief
purpurfarben, dem Schwarzen sich naͤhernd: eine Aufloͤsung von
thierischer Gallerte gab einen haͤufigen aschgrauen Niederschlag, welcher die
uͤberstehende Fluͤssigkeit durchscheinend und klar zuruͤkließ.
Diese Fluͤssigkeit wurde abgegossen, und eine Eisenaufloͤsung
derselben zu geschuͤttet, wodurch sie blaßblau wurde. Essigsaures und
unteressigsaures Blei erzeugte einen haͤufigen, wie geronnenen, gelben
Niederschlag; salpetersaures Silber machte einen gruͤnlichen flokigen
Niederschlag; salzsaures Zinn brachte Anfangs keine Veraͤnderung hervor, wenn
es aber eine kurze M uͤber mit demselben gemengt stand, gab es einen braunen
Niederschlag; eine Aufloͤsung von schwefelsaurer Thonerde brachte keine
unmittelbare Veraͤnderung hervor, wenn sie aber mit der Abkochung gekocht
wurde, bildete sie einen dichten Niederschlag. Kieselsaure Potasche, Alkohol, und
vegetabilisches Blau brachten keine Veraͤnderung hervor.
5. Versuch. Zwei Drachmen Lupulin wurden in vier Unzen
Wasser durch 6 Stunden im Sandbade digerirt. Der Aufguß gab durch Evaporation 6 Gran
aromatisches und bitteres Extrakt. Demselben Lupulin wurden zwei Unzen starken Weingeistes
zugesezt, und durch 12 Stunden einer maͤßigen Hize ausgesezt: nach dem
Filtriren und Abrauchen blieben 6 Grane harzigen Extractes. Dasselbe Lupulin wurde
durch 30 Minuten in kochendem Alkohole digerirt, wodurch man nach dem Abrauchen 62
Grane Extrakt erhielt. Das bei dem zweiten Prozesse erhaltene Extrakt war in reinem
Alcohol aufloͤsbar, und zugegossenes Wasser machte diese Aufloͤsung
truͤbe und milchig.
6. Versuch. Das in dem lezten Versuche gebrauchte Lupulin
wurde mit starkem kaustischen Ammonium gesotten. Nachdem die Fluͤssigkeit
filtrirt und mit distillirtem Weinessige uͤbersaͤttiget wurde,
entstand ein haͤufiger Niederschlag, der in Alcohol unaufloͤsbar war,
und alle sichtbaren Eigenschaften eines unreinen Wachses besaß. Diese lezten drei
Versuche zeigten ziemlich genuͤgend, daß die wichtigsten naͤchsten
Bestandtheile des Lupulin Harz, Wachs, Garbestoff, Gallapfelsame, Bitterstoff und
Extraktivstoff sind. Die folgenden Versuche wurden in der Absicht angestellt, um die
Verhaͤltnisse dieser Bestandtheile sowohl als die ganze Menge der in einer
gewissen Masse Lupulines enthaltenen aufloͤsbaren Materie zu bestimmen.
7. Versuch. Zwei Drachmen Lupulin wurden fuͤnf
Stunden lang mit siedendheißem Wasser aufgegossen. Dem filtrirten Aufgusse wurden in
Zwischenraͤumen fuͤnf Grane einer Aufloͤsung thierischer
Gallerte zugesezt, bis kein Nieder schlag mehr erfolgte, und die daruͤber
stehende Fluͤssigkeit vollkommen klar und durchsichtig wurde. Der getroknete
Niederschlag wog 10 Gran. Der filtrirten Aufloͤsung wurde eine Unze Alkohol
zugesezt, die aber keinen Niederschlag hervorbrachte. Durch Abrauchung erhielt man
15 Grane eines sehr bitteren Extraktes. Dasselbe Lupulin wurde wieder in siedendem
Wasser digerirt, und thierische Gallerte der filtrirten Aufloͤsung zugesezt ohne
irgend einen Niederschlag zu erzeugen: durch neues Abrauchen erhielt man noch neue
sechs Grane waͤsserigen Extraktes.
8. Versuch. Das in dem lezten Versuche erhaltene Extrakt
wurde in reinen Alcohol gethan und haͤufig geschuͤttelt. Nach 24
Stunden wurde die Aufloͤsung filtrirt: 10 Grane loͤsten sich wieder in
Alcohol auf, und eine unaufloͤsbare Masse, 11 Gran schwer, blieb auf dem
Filtrum.
9. Versuch. Das in dem 7. Versuche gebrauchte Lupulin
wurde nun in Alcohol digerirt. Der Aufguß schmekte sehr bitter, und hatte eine
schoͤne gelbe Farbe. Durch Abrauchen erhielt man 24 Gran Harz. Durch
Digeriren in einer neuen Portion Alcoholes erhielt man noch 12 Grane Harzes mehr,
das weniger bitter, uͤbrigens dem vorigen gleich war.
10. Versuch. Das in dem lezten Versuche gebrauchte
Lupulin, nachdem es in Wasser gekocht und in Alcohol digerirt wurde, wurde in eine
kleine Retorte gethan, und in zwei Unzen Aether gekocht. Waͤhrend des Siedens
wurde es in ein Gefaͤß filtrirt, welches kaltes Wasser enthielt, wodurch 12
Gran Wachs zum Vorscheine kamenDie
gewoͤhnliche Methode, das Wachs aus den Pflanzen durch Kochen
derselben in kaustischem Ammonium und nachmalige
Uͤbersaͤttigung desselben mit Weinessige oder
verduͤnnter Schwefelsaͤure zu saͤttigen, ist
langweilig, und die Resultate sind unzuverlaͤssig. Folgendes
Verfahren ist leichter und schoͤner. Nachdem die zu untersuchende
Substanz in siedendem Wasser und kaltem Alcohol digerirt wurde, lasse man
sie in Aether kochen, und die Aufloͤsung, waͤhrend des
Siedens, in kaltes Wasser durchseihen. Das Wachs, welches durch den
siedenden Aether aufgeloͤst erhalten wird, wird, sobald der Aether im
Wasser erkaltet, niedergeschlagen, und, da feine specifische Schwere
groͤßer als jene des Wassers, und geringer als jene des Aethers ist,
so bildet es eine schoͤne Abtheilung zwischen diesen beiden
Fluͤssigkeiten. Wird der Aether verfluͤchtigt, so kann man das
Wachs leicht vom Wasser abnehmen..
11. Versuch. Eine halbe Unze Lupulin wurde nach und nach
in Wasser, Alcohol und Aether gesotten. Beim Abwaͤgen des
unaufloͤsbaren Notstandes zeigte es sich, daß fuͤnf Achtel des Ganzen
von den Aufloͤsungs-Mitteln aufgenommen wurden.
Aus diesen vorausgeschikten Versuchen, welche alle, mit einiger Abaͤnderung,
oͤfters wiederholt wurden, schließe ich, daß das Lupulin ein sehr seines Arom
enthaͤlt, welches dem Wasser und dem Alcohol sich mittheilt, und durch
staͤrkere Hize ploͤzlich verfluͤchtigt wird; daß man durch
Distillation in keinem Theile des Hopfens ein wesentliches Oel entdeken kann; daß
das Lupulin einen Extraktivstoff enthaͤlt, welcher bloß im Wasser
aufloͤsbar ist; daß es Gaͤrbestoff, Gallaͤpfelsaͤure,
und einen Bitterstoff enthaͤlt, welche in Wasser und in Alcohol
aufloͤsbar sind; daß es ein Harz enthaͤlt, welches in Alcohol und
Aether aufloͤsbar ist, und Wachs, welches nur in Alkalien und im siedenden
Wasser aufloͤsbar ist; daß es weder Schleim, noch Gummi, noch Gummiharz
enthaͤlt; daß die aromatischen und bitteren Bestandteile des Hopfens leichter
und vollkommener von Alcohol als von Wasser aufgenommen werden, und noch
fruͤher von beiden, wenn sie heiß, als wenn sie kalt sind; daß
ungefaͤhr fuͤnf Achtel der ganzen Substanz in Wasser, Alcohol und
Aether aufloͤsbar sind, und ungefaͤhr drei Achtel derselben
vegetabilischer Faserstoff. Diese naͤchsten Bestandtheile sind beinahe in
folgendem Verhaͤltnisse in der Lupulin enthalten: in zwei Drachmen (oder 120
Granen) bildet
der Gaͤrbestoff
–
–
5
Grane;
der Extraktivstoff
–
–
10
–
der Bitterstoff
–
–
11
–
das Wachs
–
–
12
–
das Harz
–
–
36
–
Faserstoff oder Lignin
–
–
46
–
12. Versuch. Zwei Drachmen HopfenblaͤtterUnter Blaͤttern versteht man hier, wie es von selbst klar ist,
die Kelche der Bluͤthen, oder jenen Theil des Hopfens, den man
gewoͤhnlich zum Brauen noͤthig hat., von allem
Lupulin gereinigt, wurden zwoͤlf Stunden lang in 6 Unzen siedenden Wassers
digerirt. Die Infusion war bitter und außerordentlich widerlich schmekend; sie hatte
nichts von jenem aromatischen Geschmake und der eigenen Bitterkeit des Hopfens.
Filtrirt und abgeraucht gab sie fuͤnf Grane eines ekelhaften Extraktes.
Dieselben Blaͤtter wurden wieder in 6 Unzen starken Weingeistes digerirt, und
nach 12 Stunden ward die Infusion filtrirt und abgeraucht, wodurch man 5 Grane eines
dem lezteren aͤhnlichen Extraktes erhielt. Dieselben Blaͤtter wurden
24 Stunden lang in Alcohol digerirt; die Aufguͤsse zeigten keine sichtbaren
Eigenschaften des Hopfens, und gaben durch Abrauchen vier Grane Extraktes. Der
Geschmak keines dieser aus den Hopfenblaͤttern erhaltenen Extrakte war so
ausgezeichnet, daß man haͤtte vermuthen koͤnnen, er waͤre aus
Hopfen bereitet wordenIch muß hier
bemerken, daß man alle Sorge dafuͤr trug, die Blaͤtter
vollkommen frey von Lupulin zu erhalten, welches sich gewoͤhnlich in
großer Menge auf demselben befindet. Dieß kann durch bloßes Ausschlagen
nicht geschehen..
Aus diesem Versuche und aus anderen aͤhnlichen, die dasselbe Resultat gegeben
haben, ist, wie es mir scheint, hinlaͤnglich erwiesen, daß die Kraft des
Hopfens ausschließlich in dem Lupulin gelegen ist; daß diese Blaͤtter einen
ekelhaften Extraktivstoff enthalten, welcher sich dem Wasser und dem Alcohole
mittheilt, und welcher statt den bitteren und aromatischen Geschmak des Lupulines zu
vermehren, denselben zum Theile neutralisirt oder zerstoͤrt.
Das Erste, was aus diesen Resultaten sich ergibt, ist, daß Lupulin der einzige Theil
am Hopfen ist, welcher zu technischen und oͤkonomischen Zweken
vorzuͤglich anwendbar und wesentlich ist; ein Ergebniß, welches so wenig
bisher vermuthet wurde, daß es der Muͤhe werth war zu untersuchen: ob
praktische Brauer diesen Theil der Pflanze gehoͤrig zu wuͤrdigen
wußten? ob er von Schriftstellern fuͤr vorzuͤglicher geachtet wurde,
als die Blaͤtter? und wenn dieß der Fall ist, welches Hinderniß oder welche
Betrachtung uns bisher abhielt, das Lupulin, wenn ich so sagen darf, von der Spelze
zu sondern?
Bei meiner an mehreren Brauern dieser Stadt vorgenommenen Untersuchung zeigte es
sich, daß ungefaͤhr einer unter dreien diesen Staub als nuͤzlich
erachtete, jedoch zugleich mit anderen Theilen dieser Pflanze. Die Brauer wußten
alle, daß der Hopfen vorzuͤglich wegen seiner der Faͤulniß
widerstehenden Kraft, oder zur Verwahrung des Bieres vor Essiggaͤhrung
gebraucht wird; allein weder praktische Brauer, noch Schriftsteller uͤber die
Brauerey scheinen diese Substanz besonders in's Auge gefaßt zu haben. Mehrere der
ersteren betrachten sie als durchaus unnuͤz. Als ich in einem Brauhause um
einigen gelben Staub bath, den man gewoͤhnlich unten in den
Hopfensaͤken findet, sagte man mir, daß man nur mit wenigem dienen
koͤnne, indem man erst vor wenigen Tagen ein halbes Bushel desselben aus dem
Speicher ausgelehrt habe.
Ich wollte nun, wo moͤglich, das Verhaͤltniß finden, in welchem das
Lupulin in dem gewoͤhnlichen kaͤuflichen Hopfen vorkommt, auch ob es
leicht und vollkommen von den Blaͤttern wegzubringen ist. In dieser Absicht
nahm ich 6 Pfund gepreßten Hopfen mitten aus einem Sake, der einige Zentner hielt,
und sezte denselben solang der Hize aus, bis er vollkommen troken war. Den
herausgenommenen Hopfen stekte ich hierauf in einen leichten Sak, und durch
schlagen, reiben und
sieben erhielt ich in kurzer Zeit und mit geringer Muͤhe 14 Unzen (28 Lothe)
reinen Pulvers.
Obschon die auf diese Weise erhaltene Menge Lupulines zum bewundern groß war, blieb
doch noch ein bedeutender Theil desselben zuruͤk, der nicht leicht von den
Spelzen (Kelchblaͤttern) zu trennen war. Wenn man daher den Hopfen in dem
Augenblike pfluͤkte, wo das Lupulin in der groͤßten Menge vorhanden
ist, und, statt ihn zu pressen und paken, der Sonne aussezte bis er vollkommen
troken ist, so ist kaum zu zweifeln, daß nicht 6 Pfunde Hopfen ein Pfund dieses
Pulvers geben solltenIch wuͤrde
hier nichts muthmaßlich aufgefuͤhrt haben, wenn es nicht in der
Absicht geschaͤhe, das Verhaͤltniß des Lupulin so genau als
moͤglich fuͤr den Fall zu bezeichnen, daß man dasselbe statt
der Blaͤtter beim Brauen gebrauchen wollte, damit man dann die
gehoͤrige Menge wisse. A. d. O..
Obige Versuche wurden erst spaͤt im Fruͤhjahre vollendet, wo die beste
Zeit zum Brauen bereits voruͤber war: indessen wurden auf den Rath und unter
der Anleitung des Esquire Robert Barnes (eines erfahrnen
und wissenschaftlich gebildeten Brauers, der fuͤr die Vervollkommnung seiner
Kunst hoͤchst thaͤtig ist) zwei Faͤsser Bier (barrels) mit neun Unzen Lupulin statt mit fuͤnf
Pfund Hopfen (der gewoͤhnlichen Menge desselben) bereitet. Der Erfolg
entsprach den sanguinischsten Erwartungen. Obschon die Menge Lupulins geringer war
als jene, welche, nach obigen Angaben, gewoͤhnlich in dieselbe Menge
Wuͤrze kommt, und obschon der darauf folgende Junius ungewoͤhnlich
warm, und daher der Aufbewahrung des Bieres nichts weniger als guͤnstig war,
so ist doch das auf diese Weise bereitete Bier, jezt erst fuͤnf Wochen alt,
sehr gut. Es ist angenehm aromatisch und bitter, und vollkommen wohl behalten.
Um mich von der Saͤure schuͤzenden Kraft des Lupulin durch einen mehr
direkten Versuch zu uͤberzeugen, nahm ich gleiche Mengen Bieres, und stellte
dieselben in zwei unverstopften Flaschen der Einwirkung der Sonne aus. Dem Biere in
einer Flasche sezte ich zwanzig Gran Lupulin zu. Das Bier, welchem ich kein Lupulin
zusezte, war in 10 Tagen truͤbe und sauer; das andere, welchem Lupulin
beigemengt wurde, blieb 15 Tage lang unveraͤndert.
Nachdem ich, wie ich hoffe, erwiesen habe, daß Lupulin allein den bitteren
Bestandtheil und den aromatischen Geschmak des Hopfens begruͤndet, welche
Heide fuͤr die Guͤte so wie fuͤr die
Aufbewahrungsfaͤhigkeit des Bieres, so wichtig und wesentlich sind; nachdem
ich auch die Thunlichkeit des Absonderns des Lupulins von den Hopfenblaͤttern
gezeigt habe; will ich noch einige der offenbarsten Vortheile aufzaͤhlen,
welche aus diesen Thatsachen hervorgehen, wenn anders das in praktischer Hinsicht
anwendbar gefunden werden sollte.
1. Wuͤrden dadurch die Frachtkosten vermindert, wodurch ungeheuer erspart
werden koͤnnte. Sie betragen bei uns, wo aus Osten und Westen Hopfen
herbeigefuͤhrt wird, ein bis zwei p. C. im
Pfunde, und dieß mehr des Umfanges als des Gewichtes des Hopfens wegen. Lupulin
betruͤge kaum den sechsten Theil des Gewichtes des Hopfens, und nicht ein
Zwanzigstel des Umfanges desselben. Es laͤßt sich in kleine Kistchen zusammen
druͤken, und auf diese Weise leicht und fuͤr eine Kleinigkeit
transportiren, und noch leichter ausfuͤhren.
2. Ließe Lupulin sich leichter und wohlfeiler aufbewahren. So sehr man auch
gegenwaͤrtig, mehr um das Volumen des Hopfens zu vermindern, als um seine
Kraͤfte zu erhalten, den Hopfen in Saͤken zusammenpreßt, so verursacht
doch das Aufbewahren desselben bedeutende Auslagen, und ist eine nicht unbedeutende
Last fuͤr den Brauer.
3. Man druͤkt ferner den Hopfen auch noch deßwegen so fest als moͤglich
in Saͤken zusammen, um ihn vor dem Zutritte der Luft zu sichern, welche, wie
man sagt, zum Theile seine Kraft zerstoͤrt. Dieß mag nun wahr seyn oder
nicht, so ist es Thatsache, daß Hopfen mit jedem Jahre schlechter wird und sehr
alter Hopfen nichts taugt. Dieß wuͤrde bei dem Lupulin eben so wenig statt
haben koͤnnen, als bei unserem Thee, da man dasselbe, wie den Thee, in
Kistchen paken und gegen alle Einwirkung der Luft sichern koͤnnte.
4. Der Brauer wuͤrde ferner einen ungeheuren Verlust ersparen, welchen er
gegenwaͤrtig dadurch erleidet, daß so viele Wuͤrze von dem Hopfen
eingesogen wird. Dr. Shannon, der vielleicht mehr Zeit
und Geist auf die Brauerey verwendet hat als irgend ein englischer Schriftsteller,
hat durch eine Reihe von Versuchen erwiesen, daß, bei dem gewoͤhnlichen
Verfahren des Bierbrauens, jedes 60 Pfund Hopfen ein Faß, (BarrelEin Barrel haͤlt 216 Bier- oder
192 Alegallons, das Gallon zu 3,264 Wienermaß. A. d. Ueb.)
Wuͤrze einsaugtVergleich Dr.
Shannon's treatise on Brewing. A. d.
O.. Zu London werden jaͤhrlich mehr als 1,500,000
Faͤsser (Barrels) Bier gebrautEdinburgh Encyclopedia v. II. A. d.
O.; die kleinste Menge Hopfens, die man zu einem Fasse (Barrel)
noͤthig hat, ist 2 1/2 Pfund, oder 3,750,000 Pfund. Da nun jedes Faß (Barrel)
Wuͤrze nicht weniger als 3 Bushel Malz halten kann, so folgt, daß
jaͤhrlich zu London allein 187,500 BushelEin
Bushel = 0,5734 Wienermezen. A. d. Ueb. Malz von dem Hopfen
eingesogen werden und verloren gehen: ein Verlust, denn man wohl leicht auf eben so
viele tausend Thaler an schlagen kann.
5. Lupulin wird endlich den Reiz zu betruͤgerischer Verfaͤlschung des
Bieres mit anderen bitteren Substanzen vermindern, der jezt so allgemein ist. Aller
Parlaments Verbothe ungeachtet gibt es keinen Artikel der so vielfaͤltiger
und ausgedehnter Verfaͤlschung unterlaͤge, als heute zu Tage unser
Bier. Cocculus indicus, Quassia, Wermuth wurden abwechselnd als Surrogate
fuͤr Hopfen gebrauchtAccum's treatise on the Adulteration of Food.
Auch das Edinburgh Review N. 65. A. d. O. (Auch
in diesem Journal Bd. 3. Hf. 4. S. 466. D.); sie stehen aber alle
dem Hopfen sowohl in Hinsicht auf Wohlgeschmak als auf antiseptische Kraft, oder in
Hinsicht auf Faͤhigkeit, das Bier vor Essiggaͤhrung zu
schuͤzen, so sehr nach, daß der Gebrauch jedes anderen Pflanzentheiles, als
des Malzes und Hopfens, durch die Geseze streng verboten ist. Durch das Lupulin
wuͤrde der Preis des Hopfens, ruͤksichtlich der Ersparung der
Fracht- und Aufbewahrungs-Kosten, so sehr fallen muͤssen, daß
man nicht leicht in Versuchung gerathen koͤnnte, irgend einen anderen Artikel
statt des Hopfens zu gebrauchen.
6. Lupulin ist außerordentlich bitter, aber nicht unangenehm, waͤhrend der
durch das Kochen aus den Hopfenblaͤttern ausgezogene Extractivstoff sehr
ekelhaft schmekt, und seinen unangenehmen Geschmak dem Biere mittheilt: ist der
Hopfenblaͤtter-Absud sehr concentrirt, so belaͤstigt er sogar
selbst den Magen. Es ist bekannt, daß mehrere Personen kein starkes Bier zu trinken
vermoͤgen, bis sie sich nicht nach und nach an dasselbe gewoͤhnt, und
so zu sagen ihren Geschmak verdorben haben; es geht hier so, wie beim
Angewoͤhnen des Opiums und des Tobakes. Als der Hopfen in die Brauereyen
Englands eingefuͤhrt wurde, uͤberreichten die Buͤrger Londons
eine Bittschrift bei dem Parlamente, und bathen, daß man den Gebrauch des Hopfens im
Koͤnigreiche verbiethen moͤchte, indem derselbe ein garstiges und schaͤdliches
Ding waͤre, und den Geschmak ihres Getraͤnkes verdaͤrbe.
„Die Hopfenblaͤtter sind also nicht bloß unnuͤz, sondern
sogar nachtheilig fuͤr den seinen Geschmak des BieresEs scheint uns sehr der Muͤhe werth,
auch bei uns im Großen Versuche mit diesem Lupulin zu machen. Und dann
waͤre es zu wuͤnschen, daß man auch das Lupulin des
maͤnnlichen Hopfens und selbst seinen Blumenstaub einer
Untersuchung unterzoͤge. Bei uns in Deutschland kennt man die
guten Eigenschaften des Lupulines unter dem Namen Hopfenmehl sehr wohl. Vergl. Boͤhmer's techn. Gesch. d. Pflanz. 1. B. S. 435. u.
f.“.