Titel: | Geschichte und Beschreibung der englischen Eisenbahnen – ihre Kosten – ihre Wirkung – ihre Vorzüge vor den gewöhnlichen Straßen und vor den schiffbaren Kanälen – ihre Mängel und Unbequemlichkeiten. Von Joseph Ritter von Baader, k. b. Oberst Bergrath und Maschinen-Direktor. |
Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. I., S. 2 |
Download: | XML |
I.
Geschichte und Beschreibung der englischen Eisenbahnen – ihre Kosten – ihre Wirkung – ihre Vorzüge vor den gewöhnlichen Straßen
und vor den schiffbaren Kanälen – ihre Mängel und UnbequemlichkeitenDiese Abhandlung
macht den zweiten Abschnitt, des naͤchstens unter dem Titel;
„Neues System der fortschaffenden
Mechanik, zur Erleichterung des Transportes aller Waaren und Produkte,
zur Belebung des Handels- und Gewerbs fleißes, zur
Befoͤrderung des Akerbaues des inneren Verkehrs und des
Nationalwohlstandes aller Laͤnder,“ erscheinenden
groͤßern Werkes des Herrn von Baader aus. Der erste Abschnitt
desselben, ist unter der Rubrik: „Allgemeine Betrachtungen
uͤber den
gegenwaͤrtigengegegenwaͤrtigen
Zustand der fortschaffenden Mechanik“
im 6 Bde. Heft 3. S. 323. in diesem
Journal enthalten. Diese beide Abhandlungen werden mit Hinblik auf den weiteren
im 5 Bd. S. 498. angezeigten Inhalt
desselben genuͤgen, um die Leser in Stande zu sezen, zu beurtheilen, was
sie von diesem Werke das einen der wichtigsten und interessantesten
Gegenstaͤnde auf das ausfuͤhrlichste behandelt, zu erwarten haben.
D.. Von Joseph Ritter von Baader, k. b. Oberst Bergrath und Maschinen-Direktor.
Mit iluminirten Abbildungen auf Tab. I. und II.
v. Baader über englische Eisenbahnen.
1. In England, wo seit langer Zeit die Landstrassen
bestaͤndig im bestmoͤglichsten Stande erhalten wurden, und wo die
innere Schifffahrt auf gegrabenen Kanaͤlen zu einem hoͤhern Grade von
Vollkommenheit und einer groͤßern Ausdehnung gebracht worden ist als in jedem
andern Lande, hat man sich zuerst von den Maͤngeln und der
Beschraͤnktheit dieser beiden Mittel zur hinlaͤnglichen und
zwekmaͤßigen Befoͤrderung und Erleichterung eines nach allen
Richtungen immer thaͤtiger und lebhafter, dabei aber auch kostbarer
gewordenen Verkehrs
uͤberzeugt, und man hat dort zur Vervollkommnung der fortschaffenden Mechanik
den groͤßten Schritt vorwaͤrts gemacht, indem man auf den eben so
gluͤklichen als einfachen Gedanken verfiel, an die Stelle der
gewoͤhnlichen Straßenbedekung eine moͤglichst harte, glatte ebene und
undurchdringliche Bahn fuͤr die Wagenraͤder zu sezen, wozu man
anfaͤnglich hartes Holz, spaͤterhin Eisen waͤhlte. –
Man sagt gewoͤhnlich von einer Chaussee in ihrem fuͤrtreflichsten
Zustande, „Es faͤhrt sich wie auf einer Tenne,“ oder
„wie auf einem Zimmerboden.“ – Der
buchstaͤbliche Sinn dieses spruͤchwoͤrtlichen Ausdrukes deutet
an, daß die hoͤchste Vollkommenheit einer Straße in Hinsicht auf die
Leichtigkeit des Zuges erreicht wuͤrde, wenn selbe mit glatt gehobelten
Brettern, Bohlen oder Balken bedekt werden koͤnnte: denn da auf einer solchen
harten Oberflaͤche die Raͤder nicht merklich einsinken
koͤnnten, und keine jener Unebenheiten und Hindernisse antraͤfen,
welche auf jeder gewoͤhnlichen, mit zerreibbaren, durch Wasser erweichten und
in zaͤhen Schlamm verwandelten Materialien bedekten, Straße unvermeidlich
sind, so waͤre der bedeutendste Theil des Widerstandes, welchen jedes
Fuhrwerk am Umfange seiner Raͤder leidet, gehoben, und nur noch die
(verhaͤltnißmaͤßig unbedeutende) Reibung an den Achsen zu
uͤberwinden.
Die erste Anwendung dieser Idee war unstreitig das seit mehr als drei Jahrhunderten
in den deutschen Bergwerken zum Behufe der Stolln- und
Strekenfoͤrderung eingefuͤhrte sogenannte Hundegestaͤnge, oder
der Hundelauf, wo auf zweien paralell nebeneinander gelegten prismatischen
hoͤlzernen Stangen (Riegeln) ein mit vier kleinen Raͤdern versehener
Karren (der Hund oder Rollwagen) von einem zwischen dem Gestaͤnge laufenden
Arbeiter fortgeschoben oder gestossen, und so mit Leichtigkeit eine Last
fortgeschaft wird, wozu auf einem gewoͤhnlichen guten Wege die Kraft von vier
Maͤnnern kaum hinreichen wuͤrde; und offenbar ist daher die Erfindung
dieser Riegelbahnen oder Geleise in ihrem Prinzip deutschen Ursprunges. Den
Englaͤndern gebuͤhrt indessen die Ehre, dieselbe zuerst aus den
Finsternissen der Bergwerke an das Tageslicht gefoͤrdert, und davon eine
ausgedehntere Anwendung im Großen zur Erleichterung des schweren Fuhrwerkes auf dem
platten Lande gemacht zu haben, indem sie zu Anfang und gegen Mitte des vorigen
Jahrhunderts mehrere hoͤlzerne Rollwagen, ganz nach dem Modelle unserer alten
Hundegestaͤnge, auf betraͤchtliche Streken in verschiedenen Provinzen,
vorzuͤglich in der Naͤhe von NewcastleNewcasle upon Tyne in Northumberland, zum Behufe des Transportes der Steinkohlen
von den Gruben zu dem naͤchsten Kanal oder Seehafen anlegten. Eine Straße
(Rail-road, zu deutsch: Riegelweg) dieser
Art, welche von einem Herrn Allen bei Bath in Sommertshire zu Anfang des vorigen
Jahrhunderts mit gutem Erfolge vorgerichtet ward, beschreibt schon Desaguliers in
seinem Course of experimental Philosophy, Tome I Lecon 4. Auch Jars in seinen Voyages metallurgiques T. I. beschreibt ein solches hoͤlzernes
Wagengeleise als einen neuen Weg, welchen er im Jahre 1765 bei den Steinkohlengruben
zu Newcastle sah. Die Raͤder, welche auf diesen erhabenen prismatischen
Stangen liefen, waren mit
eisernen Reifen beschlagen oder ganz von Gußeisen, mit einem vorstehenden Rande oder
Falz versehen, wodurch sie en coulisse auf ihrer Bahn
erhalten wurden; und dieß war die erste Epoche der Erfindung.
2. Auf der ersten Tafel stellt die erste Figur einen solchen
hoͤlzernen Roll- oder Riegelweg mit einem darauf gehenden Wagen von
der Seite, die 2te
Figur von Hinten vor.
Daselbst sind:
AB, A, A die eigentlichen
Bahnriegel oder Geleise, vom haͤrtesten und gesuͤndesten Eichenholze,
auf ihrer obern Flaͤche glatt abgehobelt.
C, C, C, C, CD – Die
Unterlagen von demselben Holze, in welchen die Riegel AB eingelassen und mit hoͤlzernen Naͤgeln befestigt
sind.
Der Raum zwischen beiden Bahnriegeln AA ist, wie
das Profil Fig.
2. weiset, mit aufgeschittetem Kies ausgefuͤllt, welcher die
Unterlagen CD bedekt, und allenthalben geebnet und
festgestampft wird; und dieser Raum bildet den Ziehpfad fuͤr das vorgespannte
Pferd, oder fuͤr mehrere Pferde, welche hintereinander in einer Linie
angespannt werden.
Der Wagen besteht aus einem laͤnglicht vierekigten, in Gestalt eines
umgekehrten abgestumpften Prisma gebildeten, Kasten abcd, welcher auf einer hoͤlzernen Tafel ef, ff befestigt, und mit vier gleich hohen
Raͤdern von Gußeisen RR versehen ist.
Diese Raͤder (deren Eines Fig. 3. in vertikalem
Durchschnitte vorgestellt ist) sind, wie man sieht, an ihrer innern, gegen den Wagen
gekehrten, Seite mit einem vorstehenden Rande rr
versehen, und, je zwei und zwei an einer Achse von geschmiedetem Eisen xssx dergestalt befestigt, daß beide zugleich mit
dieser Achse in den hohlen Zapfengehaͤusen, Anwellen oder Buͤchsen tt, welche mittelst der Schrauben vv von Unten an der Tafel ff befestigt sind, umlaufen.
Fig. 3. zeigt,
wie diese Raͤder an ihren Achsen befestigt werden, da r den abgedrehten runden Hals, welcher in der Buͤchse t laͤuft; w den
vierkantigen Theil der Achse, woran die Huͤlse des Rades gestekt wird, und
x die vorgeschraubte Mutter darstellt.
Es versteht sich, daß, um allen unnuͤzen Zwang und eine zu starke
Seitenreibung zu vermeiden, die Raͤder in einer solchen Entfernung
voneinander stehen muͤssen, daß ihnen ein kleiner Spielraum zwischen den
Bahnen AA uͤbrig bleibt, und ihre
vorstehenden Raͤnder nicht an beiden Seiten zugleich anliegen; wie in Fig. 2.
deutlich zu ersehen ist.
Dieser Wagen bedarf, da er immer nur gerade aus geht, keiner Deichsel, und hat vorne
nur zwei einfache Haken he (Fig. 1.) an welchen die
Zugsaͤule oder Straͤnge unmittelbar eingehaͤngt werden.
Da diese Wagen auf solchen Riegelbahnen bei einer geringen Reibung abwaͤrts
schon von selbst laufen, und von den Pferden nicht aufgehalten werden
koͤnnten, so werden diese bei jeder solchen Stelle losgespannt und hinten
nachgefuͤhrt, waͤhrend die Wagen vermoͤge ihrer eigenen Schwere
hinunter rollen. Um aber hierbei die zu große Geschwindigkeit und
gefaͤhrliche Beschleunigung zu vermeiden, wird eines der hintern
Raͤder vermittelst eines einarmigen Hebels mn gehemmt oder gesperrt, indem der neben dem Wagen her gehende Fuhrmann
mit seinen beiden Haͤnden und dem Gewichte seines Koͤrpers das
aͤußere Ende dieses Hebels n niederdruͤkt,
und so durch das Aufdruͤken der eisernen Platte p
am obern Rande des Rades dessen Umgang verzoͤgert, oder nach Gefallen
gaͤnzlich hemmt, da dann dieses Rad auf seiner Bahn schleifen, und, gleich
einem gewoͤhnlichen Radschuh, den Wagen anhalten muß.
Beim Zuge auf der Ebene oder Bergan, da diese Sperre oder Premsung nicht gebraucht
wird, ist der Hebel an dem vorgestekten Nagel q so
aufgestuͤzt, daß die Reisplatte p das Rad nicht
beruͤhrt.
3. Die so eben beschriebenen hoͤlzernen Riegelwege waren in England mehr als
vierzig Jahre lang in ziemlich allgemeinem Gebrauche, und ich habe selbst bei meinem
ersten dortigen AufenthalteAufenhalte in den Jahren 1786 bis 1794 noch mehrere derselben in voller
Benuͤzung angetroffen. Nachdem aber die Erfahrung gezeigt hatte, daß die
hoͤlzernen Stangen oder Wagengeleise durch den bestaͤndigen Gebrauch
bald zerstoͤrt wurden, durch die Einwirkung der Luft, des Regens und der
Sonne sich drehten (warfen) und aus ihrer Richtung kamen, daher kostbar und
beschwerlich zu unterhalten waren, und dennoch ihrem Zweke nur unvollkommen
entsprachen, kam man in den siebziger Jahren des lezten Jahrhunderts auf den
Gedanken, die hoͤlzernen Riegel mit Platten oder Schienen von Gußeisen zu
belegen, auf welchen die Raͤder, wie vorher, à
cheval liefen.
Zu dieser Verbesserung, wie zu so vielen andern, gab der Zufall den ersten Impuls.
Als naͤmlich durch das Zusammentreffen verschiedener Umstaͤnde der
Preis des Roheisens so tief herunter sank, und der Absaz so sehr ins Stoken gerieth,
daß die zahlreichen großen Schmelzwerke in der Grafschaft Shropshire nicht mehr bestehen konnten, beschloß die reiche Gesellschaft
der Eisenhuͤttenmeister von Coalbrook-dale,
um ihre Werke im Gang zu erhalten, alle ihre hoͤlzernen Riegelwege (deren
Gesammtlaͤnge schon damals gegen 40 englische Meilen betrug) mit Stangen von
Gußeisen zu belegen, wobei ihr Hauptzwek, nach dem Vorschlage des beruͤhmten
John Wilkinson, dahin gieng, bis zu besseren Zeiten
einen Vorrath von Roheisen auf eine vortheilhafte Art anzuhaͤufen, dessen
Zinsen einstweilen durch die Ersparung an den Reparationen der Riegelwege gedekt wuͤrden, indem sie
das Roheisen aus ihren Hohoͤfen, statt in die gewoͤhnlichen Formen von
kleinen Gaͤnsen oder Barren (pigs) in
ohngefaͤhr eben so lange und schwere prismatische Riegel oder
Geleise-Schienen auslaufen ließen, welche bei dem ersten ploͤzlichen
Steigen der Eisenpreise sogleich von den hoͤlzernen Rollbahnen wieder
abgenommen, und als Roheisen abgesezt werden koͤnnten. Bald zeigten sich aber
von dieser, urspruͤnglich nur als eine
provisorisch-oͤkonomische Maaßregel angeordneten, neuen Vorrichtung so
unerwartet guͤnstige und auffallende Resultate in Hinsicht der
groͤßern Erleichterung des Zuges und der Ersparung an Transportkosten, daß
man an das Wiederabnehmen und Verkaufen dieser so vortheilhaft verwendeten eisernen
Schienen nicht mehr dachte, sondern in kurzer Zeit auch in den uͤbrigen
Provinzen des Koͤnigreiches das Beispiel von Coalbrook-dale nachahmte, und fast allenthalben die
hoͤlzernen Riegelbahnen mit gegossenen eisernen Staͤben belegte. So
entstand die zweite Epoche diese Erfindung, mit halb
hoͤlzernen, halb eisernen Rollwegen, und dieß war eigentlich der erste
Schritt zur Einfuͤhrung des Gußeisens als Material fuͤr den
Straßenbau. – Die 4te, 5te und 6te Figur auf der ersten
Tafel stellen diese Vorrichtung in einer Seiten-Ansicht, im Profile, und im
Grundrisse dar. Man sieht daselbst
AB, AB, A – die hoͤlzernen Bahnriegel;
C, C, C, CD – ihre Unterlagen oder
Grundschwellen;
mn, mn – Die
Staͤbe oder Schienen von Gußeisen, woran die Raͤder unmittelbar
laufen, und welche auf den hoͤlzernen Riegeln durch eiserne Naͤgel so
befestigt sind, daß die vorragenden Koͤpfe dieser Naͤgel außer der
Bahn der Raͤder sich befinden.
R – ein Wagenrad von Gußeisen mit vorstehendem
Rande, wie bei der
ersten Anordnung, doch von kleinerem Durchmesser, da die Reibung am Umfange hier
weit geringer ist als auf den hoͤlzernen Riegeln.
4. Bei der zunehmenden Theurung und Seltenheit des Holzes, und bei der immer weiter
gebrachten Vollkommenheit und wohlfeilern Fabrikation des englischen Gußeisens
verbannte man in der Folge alles Holzwerk von diesen Kunst-Straßen, machte
die eisernen Schienen etwas staͤrker, und befestigte selbe, statt auf
ununterbrochen fortlaufenden UnterlagenMan hatte auch
bemerkt, daß die Stangen von Gußeisen (welches bekanntlich sehr wenig
Elasticitaͤt besizt) haͤufigern Bruͤchen ausgesezt
sind, wenn selbe ihrer ganzen Laͤnge nach auf Unterlagen ruhen, deren
Form nicht ganz unveraͤnderlich ist (wie das Holz) und wo daher ein
vollkommen gleiches Aufliegen auf allen Punkten selten Statt finden kann,
als wenn jede Stange nur auf zweien festen Stuͤzpunkten an ihren
Erden befestigt ist, und zwischen diesen hohl liegt., auf
steinernen kubischen Bloͤken von 10–12 Zoll Staͤrke, welche in
einem Abstande von 3 zu 3 Fuß in den Boden eingegraben und fest gestampft wurden;
und auf diese Art erhielt man endlich eine ganz eiserne, vollkommen solide und
dauerhafte Bahn, welche auch, mit Ruͤksicht auf die Unterhaltung, weit
wohlfeiler als die vorigen war. Um das Tragvermoͤgen der eisernen Schienen
zwischen den Stuͤzpunkten oder Auflagern desto besser zu sichern, gab man
denselben in der Mitte von Unten eine groͤßere Dike, und verstaͤrkte
sie noch uͤberdieß durch einen angegossenen aufrecht stehenden Rand. Zugleich
verfiel man auch auf den gluͤklichen Einfall, statt der ehemaligen großen,
mit 80 Zentnern und daruͤber belasteten, Wagen, die Ladungen auf mehrere
aneinander gehaͤngte kleinere Wagen zu vertheilen, deren jeder nur 30 bis 40
Zentner erhielt, so daß der Druck auf jeden einzelnen Punkt, das Gewicht des Wagens mit
eingerechnet, nie mehr als 9 bis 12 Zentner betragen konnte.
Von dieser dritten und lezten Epoche fiengen eigentlich
die Eisenbahnen in jenem Lande erst an, allgemeiner und auch auf groͤßere
Entfernungen, zum Theil selbst als Surrogat fuͤr schiffbare Kanaͤle,
angewendet zu werden, vor welchen sie den dreifachen Vorzug haben, daß ihre Anlage
und Unterhaltung kaum den vierten Theil kostet, daß sie auch an solchen Stellen
anwendbar sind, wo Kanaͤle wegen Wassermangel oder andern
Lokal-Schwierigkeiten ganz unausfuͤhrbar sind, und daß der Transport
auf denselben weit schneller und bequemer ist. –
5. Man hat aber nunmehr in England zweierlei verschiedene Arten von Eisenbahnen: die
eigentlichen Riegelwege oder Rail-roads, und die
Platten-Schienen, Tram-roads oder plate
rail-ways. Auf den Ersten, welche einige Zoll uͤber dem Boden
erhoben, oben ganz flach, nur an den Steinen etwas abgerundet, unten zur
Verstaͤrkung mit einem fortlaufenden, breiten, stehenden Rand oder Kamme
versehen sind, laufen die Raͤder welche, nach der urspruͤnglichen
Erfindung, an ihrem Umfange einen vorstehenden Rand oder Falz (Flanch) haben, à
cheval. Die Schienen der zweiten Art hingegen, welche die neueste ist,
halten die Raͤder, welche an ihrem Umfange ganz cylindrisch, wie die
gewoͤhnlichen Wagenraͤder, geformt sind, durch einen angegossenen
aufrechtstehenden Seitenrand im Geleise (en coulisse).
Die erste Art ist in den noͤrdlichen, die zweite fast ausschluͤßig in
den suͤdlichen und westlichen Provinzen Englands eingefuͤhrt. Beide
Constructionen haben ihre eigenen Vortheile und Nachtheile; doch zieht man jezt im
Allgemeinen die Tram-roads vor, weil andere FuhrwerkeFuhwerke leichter quer uͤber dieselben gehen koͤnnen, weil die Wagen
von denselben zur Noth auch uͤber gewoͤhnliche Straßen fortgeschafft werden
koͤnnen, und vorzuͤglich, weil ihre Anlage wohlfeiler ist als jene der
Rail-ways, welche mehr Material und Arbeit
erfordern.
6. Die 9te,
10te und
11te
Figur der ersten Kupfertafel stellt im Grundrisse, in einer Seiten-Ansicht,
und im Quer-Profile die Haͤlfte einer erhabenen Eisenbahn oder
eigentlichen Rail-road dar (wie solche vorzuͤglich in den Gegenden von
Leeds und Newcastle eingefuͤhrt sind) woraus der Bau der einzelnen
Riegel-Schienen (Rails), ihre Verbindung und
Befestigung deutlich zu ersehen sind.
Auf jedem kubischen Unterlagsteine ss wird zuerst
ein kleines Gestelle von Gußeisen abcd, bcef mit vier eisernen Naͤgeln befestigt,
dessen aufrecht stehender Theil ee (wie Fig. 9 und 11 zeigen )
von oben nach seiner Laͤnge einen 3 1/2 bis 4 Zoll tiefen Einschnitt oder
Spalt hat. Diese Gestelle werden von den Englaͤndern the chairs (die Stuͤhle) genannt.
Jede einzelne Schiene (Rail) besteht aus einer
(gewoͤhnlich 3 bis 3 1/2 Fuß langen) oben ganz flachen, nur an beiden
Raͤndern (wie ein Lineal) Etwas abhaͤngigen Laufplatte mn, und einer unten daran gegossenen stehenden
Platte hfgh. Diese leztere Platte (oder der Kamm),
welche in der Mitte g, als dem schwaͤchsten
Punkte, um ein Paar Zoll breiter als an den beiden Enden ist, dient fuͤrs
Erste zur Verstaͤrkung, da selbe auf ihre hohe Kante gestellt das
groͤßte Tragvermoͤgen besizt, und zweitens zur Befestigung auf den
eben erwaͤhnten Gestellen, indem, wie die punktirten Linien (Fig. 10.) und das Profil
(Fig.
11.) andeuten, die Endstuͤke des Kammes bei m,
n in die Spalten jener Gestelle so hineingeschoben und eingepasset werden,
daß immer zwei derselben in einem gemeinschaftlichen Gestelle oder Stuhle genau an
einander stoßen, da dann die Enden der Lauf-Platten m,
n auf den Raͤndern der Gestelle
eee fest zu liegen kommen. In dieser Lage werden
sodann die Schienen durch Naͤgel p, p, vom
haͤrtesten Holze, wie die Zeichnung weiset, befestigt, indem diese
Naͤgel durch die zu diesem Ende durch die Waͤnde der Gestelle und die
dann stekenden Kaͤmme der Schienen gebohrten, genau aufeinander paffenden,
Loͤcher so fest als moͤglich eingetrieben werden.
R – (Fig. 11.) ist der
vertikale Durchschnitt des untern Theiles eines Wagenrades, und zeigt, wie dieses
Rad mit seinem vorspringenden Rande r auf der Bahn oder
Schiene e erhalten wird.
Diese Construktion von Eisenbahnen ist, wie man sieht, sehr solid, und fuͤr
die groͤßten Lasten stark genug; auch hat sie den wichtigen Vortheil, daß auf
den, sechs Zoll uͤber den Boden erhoͤhten, Laufschienen kein Koch,
Sand oder Steine sich festsezen koͤnnen, da alles, was von diesen Stoffen
durch die Pferde aufgeworfen wird, entweder selbst von den schmalen Schienen wieder
abfaͤllt, oder durch die Wagenraͤder weggekehrt und herab geworfen
wird. Man sieht aber auch, daß diese Bauart eine bedeutende Masse von Gußeisen,
viele Arbeit, und große Genauigkeit in ihrer Zusammenfuͤgung erfordert.
7. Eine andere Art von erhabenen Eisenbahnen oder Rail-ways, mit elliptisch
abgerundeten Laufschienen, welche der Ingenieur Benjamin Wyatt vor zwanzig Jahren
angegeben, und an den großen Schiefer-Werken des Lord Penrhyn auf dessen
Landgute bei Bangor in Cardiganshire in Nordwales vorgerichtet hat, ist auf der
ersten Tafel, Fig.
7 und 8 abgebildet. Daselbst sind
mn – m – die
Lauf-Schienen oder Stangen, deren jede an jedem ihrer Ende mit einem
schwalbenschwanzfoͤrmigen Ansaze r versehen ist,
welcher in die hoͤlzernen Unterlagen oder Grundschwellen C von
der Seite eingelassen wirdSpaͤterhin hat man, der groͤßern Dauer und Festigkeit
wegen, die Grund- oder Verbindungs-Schwellen von Gußeisen aus
einem Stuͤke verfertiget..
R – ein Wagenrad von Gußeisen, an seinem Umfange
mit einer elliptischen Vertiefung und zweien vorspringenden Seitenraͤndern
versehen, welche Vertiefung, wie das Profil Fig. 8. zeiget, genau an
die Laufstange passet, auf welcher das Rad sohin à
cheval sich fortwaͤlzen muß.
Da auf diesen abgerundeten oder konvexen Eisenbahnen durchaus kein Sand oder Koth
sich aufhalten kann, und ihre Anlage um vieles einfacher, leichter und wohlfeiler
ist als jene der §. 5. beschriebenen Rail-roads, so ruͤhmte man
dieselben anfaͤnglich als eine wichtige Verbesserung (Improvement). Bald zeigte indessen die Erfahrung, daß die hohlen
Radschienen sehr schnell durchgeschliffen waren, indem sie sich immer tiefer
einschnitten, daher die Raͤder oͤfter ausgewechselt werden mußten.
Auch war die Reibung sehr bedeutend, welches leicht zu begreifen ist; denn da hier
jeder Punkt am Umkreise einen andern Zirkel beschreibt, und mit einer verschiedenen
Geschwindigkeit sich umdrehet (wie bei den konischen Wagenraͤdern), so muß
nothwendigerweise, statt einem regelmaͤßigen Fortwaͤlzen, eine
schleifende und schleppende Bewegung erfolgen, wobei die Reibung und
Abnuͤzung betraͤchtlich vermehrt wirdVersuche,
welche ich mit Raͤdern und Bahnen dieser Art angestellt habe,
uͤberzeugten mich, daß der Widerstand der Reibung fast zweimal
groͤßer als bei flachen Schienen und Raͤdern ist..
Herr Wyatt selbst schlug daher im Jahre 1811 eine wesentliche Abaͤnderung
dieser Eisenbahn vor, welche darin bestand, daß die Schienen oben ganz flach gemacht wurden,
und die Raͤder an ihrem Umfange die gewoͤhnliche cylindrische Gestalt
erhielten, folglich die ganze Vorrichtung von den im vorhergehenden §.
beschriebenen Rail-roads wesentlich in Nichts mehr verschieden warMan sehe
hieruͤber im Repertory of Arts, Manufactures
and Agriculture, Vol. XIX. Second
Series, s. 15. Account of the Rail roads on the late Lord Penrhyn's Wyatt, of Lime
Grove..
Uebrigens ist leicht einzusehen, daß diese stangenfoͤrmigen Schienen bei
Weitem nicht so stark sind, und kein so großes Tragvermoͤgen besizen
koͤnnen als die Fig. 9, 10, 11. abgebildeten
Riegelbahnen; wie denn auch auf der erwaͤhnten Eisenbahn bei Bangor nur sehr
kleine und leichte Wagen (jeder mit 20 Centner Ladung) gefuͤhrt werden.
8. Figur 12
bis 18
stellte eine englische Eisenbahn der zweiten und neuern Art vor, welche dort Tram-road oder Plate-rail-way, auch Edge-rail-way genannt wird, mit einem darauf gehenden Wagen,
nach der in Suͤd-Wales allgemein eingefuͤhrten Anordnung.
Fig. 12. ist
eine Seiten-Ansicht der Straße und des Wagens.
Fig. 13 ein
Quer-Profil der Straße, und Ansicht des Wagens von vorne;
Fig. 14.
Grundriß oder Ansicht der Straße von oben.
Die Bahnen oder Wagengeleise sind hier, wie man sieht, ganz flache Platten von 4 bis
5 Zoll Breite mit einem angegossenen aufrecht stehenden Rande, und liegen mit dem
Boden in einer Ebene (à niveau). – Die
Raͤder, ohne vorstehenden Rand, wie gewoͤhnliche Wagenraͤder
geformt, laufen auf diesen Platten wie auf einer gewoͤhnlichen Straße, ohne jedoch ihre Bahn
verlassen zu koͤnnen, woran sie durch die zu beiden Seiten aufrecht stehenden
Raͤnder gehindert werden.
ABCD, ABCD (Fig. 12 und 13) stellt ein
aus drei Paar solcher Platten oder Schienen (Trams)
zusammengeseztes Stuͤk eines Rollweges vor.
m, m, m, – sind die aufrecht stehenden
Raͤnder dieser Platten, welche in der Mitte jeder Scheine Etwas hoͤher
gewacht werden, um die Tragkraft der leztern zu verstaͤrken, welchen man in
dieser Absicht auch von unten eine etwas groͤßere Dike giebt;
a, a, a, a, – kleine runde Ansaͤze an den
Enden jeder Schiene, welche dazu dienen, die aufliegende Flaͤche der Platten
auf ihren Unterlagen zu vergroͤßern, und sie genauer und fester aneinander zu
fuͤgen.
ss, ss –
Die in die Ende eingegrabenen steinernen Unterlagbloͤke, auf deren jedem zwei
Schienen zusammen stoßen.
Die Zusammenfuͤgung und Befestigung dieser Schienen wird auf folgende Art
bewerkstelligt:
Jede Schiene hat, wie die Zeichnung weiset, an jedem ihrer Ende in der Mitte der
Platte einen kleinen vierekten Ausschnitt n, welcher
oben Etwas weiter ist als unten. Wenn nun zwei Schienen in gehoͤriger Lage
gerade aneinander gerichtet sind, so passen auch diese kleinen Ausschnitte genau
zusammen, und bilden miteinander eine laͤnglichtvierekte Oeffnung, wie bei
B und C zu ersehen ist.
In diese Oeffnung wird sodann ein starker, 4 bis 5 Zoll langer, eiserner Nagel
eingeschlagen, dessen Kopf in dieselbe genau passet, und sich darin, mit den Platten
buͤndig, versenkt. Auf diese Art werden durch einen Nagel immer zwei Schienen
befestigt, und in ihrer Verbindung und gehoͤrigen Richtung zusammen gehalten.
Man schlaͤgt aber diese Naͤgel nicht unmittelbar in den Stein,
welcher davon zersprengt wuͤrde, sondern in einem cylindrischen oder etwas
konischen Pflok p von hartem Holze, den man zuerst in
ein eben so weites und tiefes Loch eintreibt, welches in die Mitte des Steines
gebohrt wird. Fig.
15, nn – stellt einen solchen
Nagel von der Seite, oo von Vorne, und pp einen hoͤlzernen Pflok in
groͤßerm Maßstabe dar.
9. Der Fig.
12. und 13. abgebildete Wagen besteht aus einem oben weitern und unten engern
Kasten abcd, (welcher zum Transport von
Steinkohlen oder Kalksteinen gewoͤhnlich von Eisenblech mit hoͤlzernen
Rahmen gemacht wird) und einem aus eichenen Bohlen zusammengefuͤgten
Bodenstuͤke ef, an welchem von unten zwei
eiserne Achsen gg befestigt sind, woran die
kleinen und sehr schmalen Raͤder von Gußeisen RR laufen. Vorne und Hinten sind zwei eiserne Haken h, h befestigt, an welchen die Zugstraͤnge des vorgespannten
Pferdes eingehaͤngt werden, so daß der Wagen, ohne umzukehren, vor-
und ruͤkwaͤrts gezogen werden kann. Beym Abwaͤrtsfahren werden
die Raͤder auf eine aͤhnliche Art, wie ich beschrieben habe, gehemmt,
oft auch nur mittelst einer zwischen den Speichen beider Raͤnder
durchgestekten hoͤlzernen Stange.
10. Die Bahn fuͤr die Pferde zwischen den beiden eisernen Schienen mm wird, wie Fig. 13. andeutet, mit
Kies ausgefuͤllt, welcher durch die aufstehenden Raͤnder zusammen
gehalten wirdUm das
Regenwasser ablaufen zu lassen, werden von 20 zu 20 Fuß kleine
Abzugoͤffnungen unter den eisernen Schienen angebracht..
Die Breite dieses Ziehweges zwischen den Trams hat gewoͤhnlich 3 1/2 Fuß, an
einigen Orten noch weniger. Doch ist eine zu schmale Bahn fuͤr die Pferde
nicht vortheilhaft, weil sie an den aufstehenden Platten leicht mit den
Fuͤssen anstreifen, sich stossen und verwunden.
Die 16te Figur
ist das Profil einer solchen schmalen Eisenbahn, deren Platten mn durch Grundschwellen von Gußeisen qvvr verbunden und zusammen gehalten sind.
Die Gestaltung dieser Grundschwellen, welche die Englaͤnder Slippers (Pantoffel) nennen (nicht Sleepers (Schlaͤfer) wie einige deutsche Reisende
irrig uͤbersezt haben) und die Art, wie die Platten oder Laufschienen, von
der Seite in die Falze qqss, rrt eingeschoben, durch die uͤberragenden
Leisten qq, rr
in ihrer paralellen Richtung niedergehalten, dann, je zwei und zwei Enden zusammen,
auf den Unterlagern s mit eingesenkten eisernen
Naͤgeln befestigt werden, ist im Grundrisse Fig. 17. ersichtlich, und
Fig. 18.
ist ein besonderes Profil eines solchen Slippers.
Wo der Boden sehr fest, und die Eisenbahn nur fuͤr kleine und leichte Wagen
bestimmt ist, legt man diese Slippers ohne alle steinere Unterlage unmittelbar in
den Grund, und erhaͤlt solchergestalt eine sehr einfache, ganz und rein
eiserne Kunststraße.
Um fuͤr den aufgeschuͤtteten Kies in der Mitte mehr Tiefe zu erhalten,
und das Durchtreten der Pferde auf die eisernen Slippers zu verhuͤten, pflegt
man diesen leztern, statt der geraden, hier abgebildeten, Form, auch wohl die
Gestalt eines niederwaͤrts gebogenen Zirkel-Segmentes zu geben.
11. Nach den genauesten Abmessungen und Berechnungen, die ich mir in
South-Wales und Shropshire, bei meinem lezten Aufenthalte daselbst in den
Jahren 1815–1816, uͤber die Kosten der so eben beschriebenen flachen
Eisenbahnen (Tram-roads), welche Wagen von 30 bis 40 Zentner Ladung fuͤhren, verschafft
habe, wiegt eine einzelne Tram-Schiene, welche eine Yard oder 3 Fuß lang, 4
1/2 Zoll breit, und 5/8 Zoll dik ist, und einen, in der Mitte 4 Zoll hohen,
aufrechtstehenden Rand hat; gewoͤhnlich 56 Pfund; folglich betraͤgt das Gewicht von
einem Paar Schienen 112 Pfund, oder gerade einen englischen Zentner. Da nun eine
englische Meile 1760 Yards haͤlt, so betraͤgt das zu einer Eisenbahn
auf diese Laͤnge erforderliche Gußeisen genau 1760 Zentner oder 88 Tonnen,
und kostet, nach dem damaligen Preise von 10 Pfund Sterling fuͤr die Tonne,
ohne den Transport, 880 Pfund.
Fuͤr die Unterlagen, in Gegenden, wo Steine in der Naͤhe, folglich
wohlfeil zu haben sind, fuͤr das Legen der Schienen u. d. gl. und fuͤr
das Zurichten des Dammes (auf flachem Lande, wo das Niveau keine bedeutenden
Durchstiche oder Aufdaͤmmungen erfordert) rechnet man dort auf die englische
Meile 150–200 PfundEine
eigentliche Chaussirung des 5 Fuß breiten Dammes, auf welchem nur die Pferde
zwischen den eisernen Schienen gehen, ist hier gar nicht noͤthig, so
wenig als der Lein- oder Ziehpfad an einem schiffbaren Fluße oder
Kanale einer regelmaͤßigen Chaussirung bedarf.. Folglich
kostet die ganze Anlage einer solchen einfach gelegten Eisenbahn 1030 bis 1080,
oder, in runder Summe, 1100 Pfund Sterling fuͤr jede englische Meile, ohne
den Ankauf des Grundes. Legt man aber diese Bahnen doppelt, wie solches bei einem
lebhaften Verkehre immer noͤthig ist, da die Wagen auf einer Bahn hin, auf
der andern zuruͤk gehen, so kostet eine englische Meile 2200 Pfund. Eine
erhabene Eisenbahn (Rail-road) nach der oben
gegebenen Beschreibung, welche mehr Material und Arbeit erfordert, koͤmmt
einfach auf 1500 bis 1800 Pfund, doppelt auf 3000 bis 3600 Pfund Sterling zu stehen.
Dieß ist indessen nur von solchen Eisenbahnen zu verstehen, welche in flachen
Gegenden angelegt werden, wo zur Herstellung des Niveau's oder
gleichfoͤrmigen Steigens und Fallens keine besondern, bedeutenden und kostbaren Erdarbeiten,
Bruͤken, oder andere kuͤnstliche Vorrichtungen noͤthig sind,
von welchen in der Folge die Rede seyn wird. Auch ist hiebei, wie gesagt, der Ankauf
oder Werth des Grundes, welchen diese Eisenbahnen mit ihren Daͤmmen und
Ziehpfaden einnehmen, nicht in Anschlag gebracht.
12. Was die Unterhaltungskosten der eisernen Bahnen betrift, so sind diese, da das
Gußeisen sich sehr langsam abnuzet und vom Roste nicht merklich angegriffen wird, im
Vergleiche mit gewoͤhnlichen Straßen aͤußerst unbedeutend, und
beschranken sich hauptsaͤchlich nur auf die Erhaltung des Dammes und die
Auswechslung der von Zeit zu Zeit gebrochenen Schienen, welche leztere indessen,
wenn die erste Vorrichtung auf eine solide Art hergestellt, und das Eisen von guter
Qualitaͤt ist, und wenn keine zu schwer beladenen Wagen daruͤber
gefuͤhrt werden, nur selten vorkoͤmmt. Ueberhaupt werden diese Kosten
hoͤchstens zu einem halben pro Cent des
Anlagkapitals berechnet.
13. Da auf den bisher beschriebenen Eisenbahnen, wenn sie mit der erforderlichen
Genauigkeit angelegt sind, und mit gehoͤriger Sorgfalt von allem Koth und
Sande rein gehalten werden, der auf jeder gewoͤhnlichen Straße mehr oder
minder betraͤchtliche Widerstand am Umfange der Raͤder außerordentlich
vermindert wird, so naͤhern sie sich dem mathematischen Ideal einer
vollkommenen, d.h. absolut harten, festen und glatten Straße, und es ist daher wohl
zu begreifen, daß auf einer solchen ganz horizontalen, oder mit einem unmerklichen
Abhange gelegten Eisenbahn die bedeutendsten Lasten mit einer
verhaͤltnißmaͤßig sehr geringen Kraftanstrengung fortgeschaft werden
koͤnnen. Die Groͤße dieser Wirkung, oder das Verhaͤltniß
zwischen der zur Bewegung noͤthigen Kraft und der gezogenen Last ist nach der
mehr oder minder vortheilhaften Construktion der Wagen, der Groͤße der Raͤder und Dike der
Achsen, und der mehr oder minder glatten oder rauhen Oberflaͤche der
Eisenbahnen verschieden. Der leztere Umstand ist von so großem Einfluße, daß
zwischen einer neugelegten Eisenbahn, deren Geleise noch ein wenig rauh vom Guße
sind, und einer altern, deren Schienen durch laͤngern und taͤglichen
Gebrauch abgeglaͤttet und gleichsam polirt sind, ein bedeutender Unterschied
hinsichtlich der zum Zuge erforderlichen Kraft statt findet. Eben so auffallend und
merkwuͤrdig ist die in England allgemein bekannte Erfahrung, daß der Zug auf
allen Eisenbahnen bei trokenem Wetter um Vieles schwerer geht, als wenn die Schienen
durch Regen benezt und vom Staube abgewaschen sind. Im leztern Falle zieht dasselbe
Pferd auf derselben Bahn 80 Zentner, wenn es im ersten nur 60 fortzuschaffen
vermagSo ist es auch
nur die vollkommene Haͤrte und Glaͤtte des Eises und der im
gefrornen Schnee ausgefahrnen und polirten Geleise, welche das
Schlittschuhlaufen und den Schlittenzug so außerordentlich erleichtern.
Bestreut man solche Flaͤchen mit Etwas Asche oder mit dem feinsten
Sande (wie man bei Glatteis zu thun pflegt, um das Fallen der Menschen und
Thiere zu verhuͤten) so verschwindet diese Leichtigkeit des
Schleifens oder Schluͤpfrigkeit auf der Stelle. Gut gelegte und durch
laͤngern Gebrauch polirte eiserne Schienen gleichen in dieser
Hinsicht dem Glatteise, und uͤbertreffen die beste Schnee-
oder Schlittenbahn. Wenn nun auf der Leztern die Reibung, welche doch eine
schleifende ist, schon ungleich geringer sich zeigt als die rollende Reibung
der Wagenraͤder auf der besten Landstraffe, so wird es begreiflich,
daß eine rollende Reibung auf einer eis- oder spiegelglatten Flache
(wie eine Eisenbahn in gutem Stande ist) noch weit unbedeutender seyn
muͤsse, und daß folglich auf einer solchen Bahn ein Wagen, dessen
Raͤder vollkommen rund und eben so glatt sind, zehnmal leichter
fortgezogen wird als ein mit derselben Ladung beschwertes Fuhrwerk auf der
besten Chaussee, deren Oberflaͤche, selbst in ihrem moͤglichst
vollkommenen Zustande, doch immer, sowohl an Haͤrte als an
Glaͤtte, unendlich weit hinter Eis- und Eisenbahnen stehet.
– Dieses einfache Raisonnement enthaͤlt und erklaͤrt
die ganze physische Theorie der Eisenbahnen, welche in Hinsicht auf
Erleichterung des Transportes die fuͤrtreflichsten und vollkommensten
Chausseen ohngefaͤhr eben so weit uͤbertreffen, als diese
leztern einen ganz ungemachten Weg uͤber Bruchgruͤnde,
Sand- oder Sumpf-Land. –.
Die Eisenbahnen unterscheiden sich also auch darin wesentlich und sehr vortheilhaft
von den gewoͤhnlichen Straßen, daß sie, statt, wie diese, durch
Abnuͤzung und Regen schlechter zu werden, gerade hiedurch sich merklich
verbessern.
14. Bei so vielen verschiedenen und veraͤnderlichen Umstaͤnden, welche
auf die Wirkung der Eisenbahnen Einfluß haben, ist es unmoͤglich, den
Widerstand der auf denselben gezogenen Fuhrwerke, oder das Verhaͤltniß der
erforderlichen Zugkraft zur fortgebrachten Last allgemein genau zu bestimmen, und es
ist daher kein Wunder, wenn dieses Verhaͤltnis von verschiedenen Fuhrleuten,
Werkmeistern und Ingenieurs in England, und nach diesen auch von verschiedenen
Reisenden und Schriftstellern auf eine sehr voneinander abweichende Art angegeben
wird, besonders da dort die meisten Eisenbahnen mit einem schwachen,
gleichfoͤrmig vertheilten, Gefaͤlle angelegt werden, dessen
Neigungswinkel, nach den Umstaͤnden der Lokalitaͤt, bald Etwas
groͤßer, bald Etwas kleiner ausfaͤllt; und so ist es begreiflich, daß
man an einigen Orten 60 Zentner, an andern 80, wieder an andern 100, 120 und mehr
Zentner Ladung auf ein Pferd von mittlerer Starke fuͤr den Zug
abwaͤrts rechnet, und daß alle diese Angaben (jede fuͤr ihre besondern
Verhaͤltnisse) auch richtig seyn koͤnnen. Bei dem
gewoͤhnlichsten Gefaͤlle von 3/16 Zoll auf eine Yard, oder 3/4 Linien
auf einen Fuß, oder 1 Fuß auf 192, zieht ein gutes Pferd, mit einer Anstrengung, wobei es im starken
Schritte taͤglich 2 Schichten, jede von 4 Stunden, machen kann, auf einer gut
unterhaltenen Eisenbahn abwaͤrts, bei trokenem Wetter, hoͤchstens 4
Tonnen oder 80 Zentner, bei Regenwetter 100 bis 110 Zentner; auf einer ganz
horizontalen, gleich guten Bahn hingegen (wie z.B. auf der 16 Meilen langen
Eisenbahn zwischen Wandsworth und Croydon in der Grafschaft Surrey bei London) nur
60 Zentner bei trokner, und 80 Zentner bei nasser Witterung, also ungefaͤhr
fuͤnf bis siebenmal so viel als auf einer gewoͤhnlichen guten
LandstraßeHiemit stimmt
auch die Erfahrung an den seit einigen Jahren in Ober-Schlesien
vorgerichteten, vollkommen wagrecht gelegten, Eisenbahnen uͤberein,
auf welchen ein Pferd auf einem ziemlich großen und schweren Wagen mit hohen
Raͤdern 60 Zentner zieht.; doch werden hierbei die Thiere
viel weniger angegriffen und koͤnnen es langer aushalten, weil sie keine
jener heftigen Stoͤsse und Erschuͤtterungen zu leiden haben, welchen
sie auf ordinaͤren Straßen bestaͤndig ausgesezt sind, und weil der
Widerstand gleichfoͤrmig ist. Rechnet man das Gewicht der beiden Wagen, auf
welchen jene Ladungen vertheilt sind, zu 20 Zentner, so ist im leztern
(guͤnstigsten) Falle die ganze von einem Pferde gezogene Last 100 Zentner,
oder (da der englische Zentner 112 Pfund haͤlt) 11200 Pfund. Wenn nun die
unmittelbare vom Pferde ausgeuͤbte Kraft 175 Pfund betraͤgt (was man
unter obigen Umstaͤnden bei starken Fuhrpferden gewoͤhnlich annimmt)
so ergiebt sich das Verhaͤltniß der bewegenden Kraft zur ganzen bewegten
Last, wie 1 zu 64.
15. Das sicherste und genaueste Maß dieses Verhaͤltnisses giebt indessen
diejenige Neigung der Bahn gegen den Horizont, bei welcher die beladenen Wagen von
selbst hinab zu laufen anfangen, und wo folglich die Tendenz der Schwere dem
gesammten Widerstande aller Reibungen gleich koͤmmt, weshalb dieser Neigungswinkel
auch der Friktionswinkel genannt wird.
Nennt man diesen Winkel
a,
Den gesammten Widerstand des Fuhrwerkes
F,
Die ganze Last, naͤmlich Ladung und Wagen
M,
so hat man F
= M. sin a; denn es ist
F : M
= sin a : 1; das heißt:
Der Widerstand des Fuhrwerks verhaͤlt sich zur ganzen Last wie der Sinus
dieses Neigungswinkels zum Radius, oder, in technischer Sprache: wie das Steigen der
Straße zu ihrer Ausladung.
Hat man daher an irgend einer bestehenden Vorrichtung diesen Reibungswinkel durch
Versuche ausgemittelt, so hat man ohne alle weitere Berechnung und Untersuchung auch
das genaue Verhaͤltniß praktisch gefunden, in welchem auf einer ganz
wagrechten Flaͤche derselben Art, unter uͤbrigens gleichen
Umstaͤnden, die bewegende Kraft P zur
fortgeschafften Last M stehet. Es ist
naͤmlich
P = F = M. sin a,
und, wenn, auf einer gegebenen Laͤnge L, das Steigen oder Gefaͤlle h heißt,
P = M. h/L.
Einige Versuche, welche in dieser Absicht waͤhrend meines lezten Aufenthaltes
in England an den beruͤhmten Eisenhuͤttenwerken der Herrn Crawshay zu
Cyfarthfa bei Merthyr-Tydvil in der Grafschaft Glamorgan in Suͤdwales
angestellt wurden, gaben folgende Resultate: Auf einer mit gehoͤriger
Sorgfalt zugerichteten Tram-road gieng ein beladener Wagen, dessen
Raͤder 28 Zoll, und dessen Achsen 2 1/2 Zoll im Durchmesser hatten und gut
geschmiert waren, durch sein eigenes Gewicht herab, wenn auf die Laͤnge einer
Kette (Chain) von 22 Yards oder 66 Fuß das Steigen 9,6 Zoll betrug. Hier
war also
sin a oder h/L = 9,6/792 =
1/82,5, und P : M = 1 :
82,5.
Auf derselben Eisenbahn mußte einem Wagen mit 22 Zoll hohen Raͤdern und 2 Zoll
diken Achsen ein Gefaͤlle von 9,7 Zoll gegeben werden; folglich war
sin a = h/L = 1/81,6, und P
: M = 1 : 81,6.
Ein anderer Wagen mit 20 Zoll hohen Raͤdern und 2 Zoll diken Achsen lief bei
einem Steigen von 10 Zoll; also war
sin a = h/L = 1/79,2, und P
: M = 1 : 79,2.
Derselbe Wagen mit 18 Zoll hohen Raͤdern und 2 Zoll diken Achsen erforderte
ein Gefaͤlle von 11,9 Zolle; folglich war
sin a = h/L = 1/66,5, und P
: M = 1 : 66,5, u.s.w.
Woraus man sieht, daß hier auf die Hoͤhe der Raͤder, oder eigentlich
auf das Verhaͤltniß ihrer Durchmesser zu jenen der Achsen, d.h. auf das
statische Moment der Achsenreibung sehr Vieles ankoͤmmt, welches auch
begreiflich ist, da diese Reibung bei einem Fuhrwerk auf Eisenbahnen den
vorzuͤglichsten Widerstand ausmacht.
16. Das arithmetische Mittel aus den hier angefuͤhrten vier Versuchen giebt
das Verhaͤltniß der noͤthigen Kraft zur gesammten Last: 1 zu 77,45;
folglich M = 77,45. P.
Wenn also zwey Pferde, nach obiger Annahme, zusammen eine Kraftanstrengung von 350
Pfund ausuͤben, so ziehen sie auf einer vollkommen wagerechten englischen
Eisenbahn an Ladung und Wagen ein Gewicht von 77,45 × 350 = 27107 1/2
Pfund.
Einer unserer vorzuͤglichsten wissenschaftlichen Schriftsteller in diesem Fache der Mechanik,
der hessische Straßenbau-Inspektor, Herr Kroͤncke giebt in seinem
Versuche einer Theorie des Fuhrwerkes etc. (Giessen 1800 – §.
§. 110–113.) nach sorgfaͤltig angestellten Beobachtungen, auf
einer gehoͤrig bekieseten und gut unterhaltenen wagerechten Chaussee P = 0,113. M. und M = 8,8338. P. folglich
fuͤr zwei Pferde, bei gleicher Anstrengung, M =
8,8338 × 350 = 3091,8 Pf.
Hieraus ergiebt sich das Verhaͤltniß der Wirkung einer englischen Eisenbahn
(in ihrem besten Zustande) zur Wirkung einer guten gewoͤhnlichen Landstraße,
wie 8,76 zu 1; d.h. auf einer wagerechten Eisenbahn wird mit demselben
Kraft-Aufwande eine 8,76 mal groͤßere Last (Ladung und Wagen zusammen)
fortgeschafft als auf einer guten wagrechten Chaussee; oder: Ein Pferd zieht auf
einer solchen Eisenbahn mehr als acht gleich starke Pferde auf einer Chaussee im
besten Zustande.
17. Wenn ein bestaͤndiger Zwek durch zwei verschiedene Vorrichtungen zu
erreichen stehet, und die Frage entschieden werden soll, welche von beiden in
oͤkonomischer Hinsicht den Vorzug verdiene, so koͤmmt es offenbar
nicht so sehr auf die erste Auslage, als auf die jaͤhrliche Summe der
bestaͤndig fortlaufenden Kosten an, und diejenige Anlage ist unstreitig die
vortheilhafteste, mittelst welcher die beabsichtigte Wirkung auf die vollkommenste
Art, und zugleich mit dem geringsten Aufwande (in dem eben genannten Sinne) erhalten
wird.
Um nun aus diesem Gesichtspunkte eine richtige Vergleichung zwischen einer
gewoͤhnlichen Chaussee und einer englischen Eisenbahn anzustellen, wollen
wir, ohne uns in allgemeine und zu verwikelte Berechnungen oder Formeln zu
verlieren, den bestimmten Fall annehmen: es sollte zur moͤglichsten
Erleichterung und Befoͤrderung eines Verkehrs von bestimmter Ausdehnung
zwischen zweien gegebenen Punkten, in einer Gegend, wo noch kein gemachter Weg existirt, eine
neue kommerzielle Verbindung hergestellt werden, und es handle sich darum,
vorlaͤufig zu entscheiden, ob diese Verbindung mittelst einer
gewoͤhnlichen Landstraße, oder mittelst einer Eisenbahn (nach der hier
beschriebenen englischen Bauart) mit groͤßerm Vortheil zu bewirken sey.
Es sey z.B. die Entfernung der beiden Punkte in der Richtung der anzulegenden Straße
5 deutsche Meilen, oder 10 geometrische Stunden (die Stunde in baierischem Maaße zu
12703 Fuß), die Gegend ziemlich flach, der Grund von mittlerm Werthe, die Preise der
Arbeit, Materialien und Fuhrloͤhnungen, wie gegenwaͤrtig in den
meisten Provinzen von Altbaiern, und die Quantitaͤt der jaͤhrlich auf
der neuen Straße zu verfahrenden Guͤter und Produkte 600,000 Zentner. Die
Straße soll von Bruchsteinen aufgefuͤhrt werden, wozu das Material in
maͤßiger Entfernung zu haben ist.
Nach einer auf vieljaͤhrige Erfahrung und Beobachtungen gegruͤndeten
Berechnung, welche ein in diesem Fache ausgezeichneter Geschaͤftsmann in
koͤnigl. baierischem Staats-Dienste mir mitzutheilen die
Gefaͤlligkeit hatte, sind die Anlagkosten fuͤr eine
Stundenlaͤnge einer solchen Straße, bei den gewoͤhnlichsten
Mittelpreisen, folgende:
1)
fuͤr den Ankauf des noͤthigen Grundes von 12 bauerischen Morgen oder Tagwerken, das Tagwerk zu 40,000 Quadratfuß im Werthe
zu 250 fl.
3000 fl.
2)
fuͤr Planirung und Zurichtung des Grundes, Durchschneidung kleiner Huͤgel, Formirung der Graben, und saͤmmtliche Erdarbeiten.
10000 fl.
3)
Bildung des Straßenkoͤrpers von Steinen, 20 Fuß breit, 1 1/2 Fuß tief, Kleinschlagen der Steine, und Einebenen der Fahrbahn.
20280 fl.
4)
Mauerarbeiten an kleinen Bruͤken, Durchlaͤssen u. d. gl.
3000 fl.
––––––––
36280 fl.
Demnach kostet der Bau der 10 Stunden langen Straße 362800 fl.
Die jaͤhrlichen bestaͤndigen Auslagen bestehen in den Zinsen des auf
den ersten Bau verwendeten Kapitals, und den Kosten der Unterhaltung. Fuͤr
leztere kann, nach Berechnung desselben Bauverstaͤndigen, bei einer so
starken Benuͤzung und bei ziemlich gutem Material, folgender Aufwand im
Durchschnitt auf eine Stundenlaͤnge angenommen werden:
1) fuͤr einen Wegmacher (NB. Ein Wegmacher fuͤr 2 Stunden gerechnet)
75 fl.
2) 2 Gehuͤlfen
50 fl.
3) fuͤr 800 Material-Fuhren zu 48 Kr.
640 fl.
4) fuͤr Aufsicht
10 fl.
–––––––
775 fl.
Fuͤr die ganze Laͤnge von 10 Stunden betragen daher die Unterhaltungs-Kosten
7750 fl.
Die Interessen des verwendeten Anlag-Kapitals zu fuͤnf vom Hundert
18140 fl.
–––––––
also die saͤmmtlichen jaͤhrlichen Kosten der Straße
25890 fl.
Hiezu kommen nun die Kosten des Fuhrwerkes, der noͤthigen Pferde und Knechte
nebst Zeug und Geschirr, naͤmlich fuͤr 25,000 zweispaͤnnige
Fuhren (24 Zentner auf jede Fuhr gerechnet) jede Fuhr auf obige Laͤnge, nach
einem Mittelpreise zu 4 fl. angenommen, 100,000 fl. Folglich ist die ganze
jaͤhrliche Auslage 125,890 fl.
Wird diese Summe auf die jaͤhrlich verfuͤhrten 600,000 Zentner
vertheilt, so ergiebt sich der eigentliche Kosten der Fracht fuͤr einen
Zentner zu 12,578 Kreuzer.
18. Wir wollen nun annehmen, es sollte an derselben Stelle eine Eisenbahn nach
englischer Art mit platten Schienen, und zwar, wie es bei jedem starken Verkehre
gewoͤhnlich und
noͤthig ist, doppelt fuͤr die hin und zuruͤkgehenden Wagen
vorgerichtet werdenWo der Verkehr
weniger lebhaft ist, und, (auf kurzen Streken) die Einrichtung getroffen
werden kann, daß dieselben Wagen sich nie begegnen, indem sie z.B. einen Tag
hin, den andern zuruͤk, oder Vormittags hin, Nachmittags
zuruͤk gehen, legt man die Eisenbahnen einfach, und ihre Anlage
kostet alsdann nur ohngefaͤhr die Haͤlfte, doch braucht man
eine desto groͤßere Anzahl von Wagen. Man kann aber auch eine
einfache Bahn so einrichten, daß die sich begegnenden Wagen auf besondern
kurzen Nebenbahnen, welche in bestimmten Entfernungen voneinander angebracht
werden, und mit der Hauptbahn von der Seite in Verbindung stehen, sich
ungehindert ausweichen koͤnnen, wie in der Folge dieses Werkes
gezeigt werden wird. Doch ist mit dieser Anordnung ein bedeutender
Zeitverlust verbunden, weil ein Zug immer so lange warten muß, bis der
andere an der selben Stelle angekommen und voruͤber ist.,
so giebt die Berechnung, unter denselben Voraussezungen, die Kosten der Anlage, wie
folgt:
1)
Da der Straßendamm nur 10 Fuß breit werden darf, auch die Graͤben zu beiden Seiten nicht so groß wie bei einer Chaussee zu seyn brauchen, so sind 6 Morgen Grund fuͤr jede Stundenlaͤnge hinreichend, folglich kostet der Ankauf des Grundes 6 × 250 =
1500 fl.
2)
Die noͤthigen Erdarbeiten
5000 fl.
3)
Da der Damm nicht unmittelbar von Wagen befahren, nur von Pferden (und zwar weit weniger als eine gewoͤhnliche Straße) betreten wird, so bedarf derselbe keiner ordentlichen Chaussirung, und braucht nur als Trottoir oder Zieh-Pfad zugerichtet zu werden, wofuͤr man auf die Stunde rechnen kann
5000 fl.
4)
Mauerarbeiten koͤnnen betragen
2000 fl.
5)
Wenn die steinernen Unterlagen fuͤr die eisernen Schienen von 3 zu 3 Fuß angebracht werden, so braucht man fuͤr jede Laͤnge von 3 Fuß 4 kubische Steinbloͤke, also fuͤr die Laͤnge einer Stunde 19936 solcher Bloͤke oder Wuͤrfel von 12 Zoll. Unter der angenommenen Voraussezung, daß hiezu taugliche Sand-, Kalk- oder andere Steinarten in einer maͤßigen Entfernung gebrochen werden, kann ein solcher Blok, rauh behauen, und nur auf seiner obern Flaͤche glatt gemeisselt, fuͤr 30 Kreuzer an Ort und Stelle geliefert, und fuͤr 6 Kreuzer eingegraben und in seiner gehoͤrigen Lage befestigt werden. Demnach kosten saͤmmtliche Unterlagen
10161 fl. 36 kr.Wo die
Steine noch hoͤher zu stehen kommen, da koͤnnen
Grund-Schwellen von Eichenholz, nach der auf der ersten
Kupfertafel angezeigten Weise, zur Unterlage fuͤr die
eisernen Schienen gelegt werden, welche Unterlager zwar nicht so
dauerhaft als Steine, aber in den meisten Gegenden ungleich
wohlfeiler sind.
6)
Wenn auf der Eisenbahn Wagen mit 36 bis 40 Zentner beladen gefuͤhrt werden sollen, und das Gußeisen von guter Beschaffenheit ist, so ist fuͤr die Starke und Sicherheit hinlaͤnglich gesorgt, wenn jede einzelne Schiene von 3 Fuß Laͤnge 48 Pfund (baier. Maaß und Gewicht) wiegtIn
England, wo das Fußmaß groͤßer und das Gewicht kleiner ist,
wiegt eine 3 Fuß lange Schiene (Tram-plate) von der staͤrksten Art
gewoͤhnlich 56 Pfund (s. 9.). Da nun zu einer doppelten Eisenbahn vier Reihen von solchen Schienen nebeneinander gelegt werden muͤssen, welche zusammen fuͤr eine Stunde Weges eine Laͤnge von 50812 Fuß haben, so werden 16938 Schienen erfordert, deren gesammtes Gewicht 8140 Zentner betraͤgt. Rechnet man, nach unsern Mittelpreisen, den Zentner Gußwaaren dieser Art, mit Transport, zu 8 fl., so kosten die Schienen fuͤr eine Stunde
65120 fl.
7)
Fuͤr das Zurichten, Legen und Befestigen der Schienen, mit Einschluß der hiezu erforderlichen eisernen Naͤgel, deren 5 bis 6 auf ein Pfund gehen, kann man auf jede Stunde rechnen
2500 fl.
Die Zusammenstellung aller dieser Kosten giebt die Summe von 81120 fl. 36 kr.
fuͤr eine Stunde oder halbe deutsche MeileDaß dieser
Kostenanschlag den oben (11.) fuͤr die englischen Eisenbahnen
angegebenen merklich uͤbersteigt, ruͤhrt daher, daß das in
England mit Coaks erzeugte Gußeisen weit wohlfeiler ist, indem die Tonne zu
20 Zentner nur 10 Pfund Sterling oder 110 fl. also der Zentner 5 1/2 fl.
kostet, und daß dort fuͤr den Ankauf des Grundes Nichts angesezt
ist., folglich fuͤr die ganze Anlage von 10 Stunden 811200
fl.
Hiezu koͤmmt noch die Beischaffung von 50 besondern Wagen mit Raͤdern
von Gußeisen und Achsen von geschmiedetem Eisen, jeder zu 250 fl. gerechnet, mit
12500 fl. und sohin ergiebt sich die ganze Auslage fuͤr den Bau und die
Zurichtung dieser Eisenbahn mit einer Totalsumme von 823700 fl. 36 kr.
Die jaͤhrlichen Auslagen bestehen nunmehr
a) in den Zinsen des auf die Anlage verwendeten Kapitals zu 5 pro Cent
41185 fl.
b) in den Kosten der Unterhaltung (1/2 pro Cent desselben Kapitals)
4118 1/2 fl.
c) im Unterhalte der Pferde und Knechte, oder in den eigentlichen Bespannungskosten. –
Wenn ein Pferd 60, also zwei Pferde 120 Zentner ziehen, so sind zu dem
jaͤhrlichen Transporte von 600000 Zentner 5000 zweispaͤnnige Fuhren
noͤthig. Jede dieser Fuhren kann leicht in einem Tage gemacht werden, und,
wenn man, mit Abzug der Sonn- und Feyertage, 300 Arbeitstage im Jahr annimmt,
so muͤssen taͤglich 16 2/3, oder 17 solcher Fuhren den Weg
zuruͤklegen, welche zu ihrer Bespannung 34 Pferde und 17 Knechte erfordern.
Hier zu Lande kostet die Unterhaltung von ein Paar starken Zugpferden (bei Mittlern
Haber- und Heupreisen) jaͤhrlich 550 fl., und die Loͤhnung
eines Fuhrknechtes betraͤgt 360 fl. des Jahres. Folglich kommen die
jaͤhrlichen Bespannungskosten auf
17 × 910 = 15470 fl.
und die ganze jaͤhrliche Auslage ist 60773 fl.
Wird diese Summe auf die jaͤhrlich verfuͤhrten 600000 Zentner
vertheilt, so ergiebt sich die Fracht fuͤr einen Zentner mit 6,077 Kreuzer,
also um 6,501 Kreuzer (d.i. mehr als die Haͤlfte) wohlfeiler als auf einer
gewoͤhnlichen Landstraße.
Aus dieser vergleichenden Berechnung geht also hervor, daß zwar die erste Auslage
fuͤr den Bau einer doppelten (englischen) Eisenbahn mit Einschluß der Wagen,
im angenommenen Falle, ohngefaͤhr 2 1/4 Mal so viel als fuͤr eine
Chaussee von gleicher Laͤnge betraͤgt, die eigentlichen Frachtkosten
aber dennoch um 53 pr. Cent geringer sind, indem die Summe der jaͤhrlichen
Auslagen um die Haͤlfte weniger betraͤgt. In dem hier angenommenen
Falle zeigt sich schon ein Unterschied von jaͤhrlich 76136 fi.; und da diese
Ersparniß ganz allein von der so betraͤchtlichen Verminderung der
Bespannungskosten herruͤhrt, so muß der Vortheil zu Gunsten der Eisenbahnen
desto bedeutender ausfallen, je groͤßer die Quantitaͤt der auf derselben jaͤhrlich
transportirten Waaren und Produkte ist.
19. Außer diesen mechanischen und oͤkonomischen Vortheilen haben die
Eisenbahnen noch zwei besondere, fuͤr die Bequemlichkeit, Sicherheit und
Beschleunigung jeder Spedition hoͤchst wichtige und schaͤzbare,
Vorzuͤge vor den gewoͤhnlichen Straßen:
1) Gewaͤhren diese Bahnen die vollkommenste Sicherheit vor
allen Ungluͤksfaͤllen durch Umwerfen, Erschuͤtterung oder
Beschaͤdigung der geladenen Waaren, indem die Wagen in ihren Geleisen,
wie in einer Coulisse, so eingesperrt laufen, daß sie, selbst wenn die
Fuͤhrer und die Pferde es geflissentlich darauf anlegen wollten, diese
Geleise weder verlassen, noch auf denselben umgeworfen werden koͤnnen.
Die Bewegung selbst ist, wenn die Fugen der Schienen genau aneinander gepasset
sind, auch bei schnellerm Zuge, so sanft, daß die zerbrechlichsten
Gegenstaͤnde, z.B. Glas, Porzellan, Flaschen, u. d. gl. ohne besondere
Vorsicht gepakt, hundert Meilen weit mit der vollkommensten Sicherheit
gefuͤhrt werden koͤnnten.
2) Kann eben darum der Transport auf den Eisenbahnen bei jeder
Witterung und zu jeder Jahreszeit (bei sehr tiefem Schnee ausgenommen, wo man
aber auch mit dem gewoͤhnlichen Fuhrwerke nicht fortkoͤmmt)
ununterbrochen, und, wenn es die Umstaͤnde erfordern, Tag und Nacht mit
der groͤßten Sicherheit fortgehen, wenn man naͤmlich von Station
zu Station frische Pferde vorspannt; und auf diese Art kann die Spedition aller
Waaren und Kaufmannsguͤter mit der Schnelligkeit der gewoͤhnlichen
Diligencen betrieben werden. –
20. Es wuͤrde mich zu weit von meinem Ziele abfuͤhren, wenn ich zur
Vergleichung der englischen Eisenbahnen mit schiffbaren Kanaͤlen hier auch uͤber die
Baukosten dieser leztern eine ausfuͤhrliche Berechnung aufstellen wollte, und
ich muß daher meine Leser bitten, sich zu diesem Behufe gegenwaͤrtig mit
einer uͤberhauptigen Angabe, als dem Resultat eines detaillirten
Kostenanschlages zu begnuͤgen, welchen jeder mit diesem Zweige der
Wasserbaukunst hinlaͤnglich bekannte Ingenieur selbst nachrechnen kann, und
welchen ich auch auf Verlangen Jedem vorzulegen erboͤthig bin. Nach diesem
Anschlage duͤrfte in einer ziemlich flachen Gegend, und unter allen
uͤbrigen, oben (§. 17.) vorausgesezten, Umstaͤnden (wo nur drei
Schleusten auf jede Meile noͤthig sind, und die Zuleitung des erforderlichen
Wassers an die hoͤchsten oder Theilungspunkte keine außerordentlichen
Schwierigkeiten leidet, wo keine Schiffahrt unter der Erde durch gewoͤlbte
Stollen, noch uͤber der Erde auf Kanal-Bruͤken oder Aquedukten
vorkoͤmmt) jede Stundenlaͤnge eines Kanals von den in England
gewoͤhnlichen kleinen Dimensionen fuͤr Barken von 400–500
Zentner Ladung, mit dem Ankaufe des hiezu erforderlichen Grundes, mit verschiedenen
Entschaͤdigungen an Muͤller u.a., und mit allen zugehoͤrigen
Arbeiten und Vorrichtungen wenigstens 150000 fl., folglich der ganze Kanal von der
angenommenen Laͤnge von 10 Stunden 1 1/2 Millionen Gulden kostenDieser
Anschlag ist gewiß sehr gering. In England wuͤrde ein solcher Kanal
von der wohlfeilsten Bauart nach Herrn Rennie (§. 5. Bd. 6. S. 326.)
230000 Pfund Sterling = 2530000 fl. kosten, da fuͤnf deutsche Meilen
23 englischen gleich sind..
Was die Unterhaltung eines solches Kanals betrifft, so laͤßt sich
daruͤber zwar im Allgemeinen mit Genauigkeit Nichts bestimmen, doch darf man
im Durchschnitte fuͤr die gewoͤhnliche Unterhaltung und Aufsicht, und
fuͤr die von Zeit zu Zeit vorfallenden groͤßern Reparaturen wenigstens
5 pr. Cent vom
Anlagkapital rechnen. (Hr. v. Gerstner nimmt 10 pr. Cent an). –
Wenn ein Pferd auf einem solchen Kanale eine Barke mit 500 Zentnern beladen ziehen
soll, so kann es nur in sehr langsamen Schritte gehen, weil in einem so
beschraͤnkten Raume der Widerstand des vor dem Schiffe sich anstauenden
Wassers beinahe im kubischen Verhaͤltnisse der Geschwindigkeit zunimmt. Da
uͤberdieß der Durchgang durch jede Schleußt (es mag auf- oder
abwaͤrts geben eine betraͤchtliche Zeit erfordert, so wird eine
beladene Barks, welche 15 Schleußen zu passiven hat, in einem Tage hoͤchstens
fuͤnf Stunden Weges zuruͤk legen, folglich von einem Ende zum andern
zwei volle Tage brauchen, welches so viel ist, als wenn durch einen Zug
taͤglich 250 Zentner an ihre Bestimmung gebracht wuͤrden. Fuͤr
den ganzen Transport von 600000 Zentner wird man demnach 2400 Fuhren, und
fuͤr jede Fuhr ein Pferd, einen Fuhrknecht, einen Steuermann und einen
Schiffsjungen auf der Barke brauchen. Die taͤgliche Unterhaltung dieses
Pferdes mit drei Personen kann, wenn fuͤr das Oeffnen und Schließen der
Schleußen keine besondere Bezahlung entrichtet werden darf, 4 fl. kosten. Sohin
belaͤuft sich das ganze Fuhrwerk jaͤhrlich auf – 9600 fl.
Wir haben also folgende bestaͤndige jaͤhrliche Ausgaben:
1) Die Zinsen von 1 1/2 Millionen zu 5 vom Hundert
75000 fl.
2) Unterhaltung und Aufsicht, eben so viel
75000 fl.
3) Fuhrwerk
9600 fl.
––––––––
159600 fl.
welche Summe auf die jaͤhrlich transportirten 600000
Zentner vertheilt, die Kosten der Fracht fuͤr einen Zentner zu 15,95 oder
beinahe 16 Kreuzer auswirft, also fast 2 3/4 Mal so viel als auf der Eisenbahn.
21. Hieraus ergibt sich, daß unter den angenommenen Umstaͤnden und
Verhaͤltnissen der Transport auf dem Kanale um fast ein Viertel theurer als
auf der gewoͤhnlichen Landstraße, und beinahe dreimal theurer als auf einer
englischen Eisenbahn seyn wuͤrde, und daß also in einem solchen Falle die
leztere die vortheilhafteste und im eigentlichen Sinne wohlfeilste Anlage
waͤre.
In einer gebuͤrgigten Gegend, wo die Anlage eines gegrabenen Kanals noch weit
groͤßere Kosten verursachen, und wo zugleich die Fahrt auf demselben noch
mehr erschwert und verzoͤgert wuͤrde, muͤßte begreiflichermaßen
dieser Unterschied zu Gunsten der Eisenbahnen noch um Vieles bedeutender
erscheinen.
Dahingegen kann aber auch, bei einem außerordentlich starken Verkehre, und in einer
Lage, wo der Bau eines Kanals mit geringen Kosten verbunden ist, die Ersparniß an
Bespannungskosten, worinn der Wassertransport den Transport zu Lande, auf den
(gewoͤhnlichen englischen) Eisenbahnen, weit uͤbertrift, so
uͤberwiegend werden, daß die Anlage eines Kanals der Vorrichtung einer
solchen Eisenbahn in oͤkonomischer Hinsicht vorgezogen zu werden verdient; so
wie auch in den meisten Faͤllen, wo kein starker Transport Statt findet, (aus
demselben Grunde) der Bau einer gewoͤhnlichen Chaussee vortheilhafter als die
Anlage einer Eisenbahn sich bewaͤhren kann, so lange man es nicht dahin
gegebracht hat, Eisenbahnen so wohlfeil als gewoͤhnliche Landstraßen zu
bauen.
Ueberhaupt wird man nicht irren, wenn man nach des Herrn Ritters von Gerstner (des
einzigen Schriftstellers, welcher bis jezt diesen wichtigen Gegenstand einer
gruͤndlichen Untersuchung gewuͤrdigt hat) Berechnungen, welche mit den
meinigen ziemlich nahe uͤbereintreffen, fuͤr die erwaͤhnten
drei Arten von Transport
in oͤkonomischem Bezuge folgende allgemeine Regel annimmt:
Wo auf einer gegebenen Linie uͤber zwei Millionen Zentner jaͤhrlich zu
verfuͤhren sind, und die Ausfuͤhrung eines gegrabenen Kanals mit
keinen besondern oͤrtlichen Schwierigkeiten und außerordentlichen Kosten
verknuͤpft ist, gebuͤhrt diesem vor allen andern bisher bekannten
Mitteln zur Erleichterung des Transportes der Vorzug.
Bei jedem Fracht-Quantum, welches nicht uͤber zwei Millionen, und nicht
unter 150000 Zentner jaͤhrlich betraͤgt, ist der TransportTrasport auf den englischen Eisenbahnen vortheilhafter als auf einem Kanale.
Wo hingegen nicht bedeutend mehr als 150000 Zentner jaͤhrlich zu transportiren
sind, da kann weder ein Kanal noch eine (englische) Eisenbahn, sondern nur eine
gemachte gewoͤhnliche Straße mit Vortheil bestehenMan sehe: Zwei
Abhandlungen uͤber Frachtwaͤgen und Straßen, und uͤber
die Frage, ob, und in welchen Faͤllen der Bau schiffbarer
Kanaͤle, Eisenwege oder gemachter Straßen vorzuziehen sey u.s.w. von
Franz Ritter von Gerstner, k. k. Professor und Wasserbau-Direktor
etc. Prag. 1813. – Der wuͤrdige Herr Verfasser zeigt in diesem
kleinen, doch sehr gehaltvollen, Werke (S. 134.) daß auf dem zwischen
Hohenfurt und Linz zur Verbindung der Moldau mit der Donau projektirten
Kanale von fuͤnf Meilen Laͤnge nicht weniger als vierzehn
Millionen Zentner jaͤhrlich verfuͤhrt werden muͤßten,
um die Frachtkosten nur so weit herab zu bringen, als selbe auf einer
Eisenbahn von derselben Laͤnge und in derselben Richtung sich ergeben
wuͤrden. In diesem Falle wuͤrde jedoch, wie er dabei sehr
richtig bemerkt, noch Jedermann dieselben Vortheile lieber mit einem
Aufwande von 800000 fl. auf dem Eisenweg als mit 5 Millionen Gulden auf dem
Kanale zu erzielen suchen. –.
Es koͤnnen aber auch, wie sich von selbst versteht, im ersten und dritten
Falle, d.i. wenn das jaͤhrliche Fracht-Quantum weit uͤber 2 Millionen,
oder unter 150000 Zentner betraͤgt, Verhaͤltnisse eintreten, wobei die
Eisenbahnen doch den entschiedendsten Vorzug behaupten, wenn naͤmlich in
einer Gegend, welche groͤßere Schwierigkeiten darbietet, der Bau eines Kanals
viel mehr als 150000 fl., oder die Anlage einer Chausee bedeutend mehr als 36000 fl.
fuͤr jede halbe deutsche Meile kosten sollte, welches haͤufig genug
der Fall seyn duͤrfteWie z.B. bei
dem Kanale von Languedoc, dessen Bau mehr als 236000 fl. fuͤr jede
halbe deutsche Meile gekostet hat, (s. Bd. 6. S. 327.) und wo also auch die
Anlage einer Eisenbahn vortheilhafter gewesen waͤre..
22. Die geringern Transportkosten sind aber nicht die einzigen Vorzuͤge, durch
welche die bisher beschriebenen Eisenbahnen sich, in den meisten Faͤllen, vor
den schiffbaren Kanaͤlen auszeichnen. Sie empfehlen sich noch durch
verschiedene andere wesentliche Vortheile, welche den Kanaͤlen mangeln, und
sind von vielen Nachtheilen und Unbequemlichkeiten frey, welchen leztere
uͤberall unterworfen sind.
Fuͤrs 1ste geht der Transport, wie ich bereits erwaͤhnt habe,
weit schneller als auf den Kanaͤlen, wo der Widerstand des Fluidums keine
betraͤchtliche Geschwindigkeit zulaͤßt, wo jede Schleuße einen
Aufenthalt von 8 bis 30 Minuten verursacht, und wo besonders die Fahrt durch
unterirdische Kanaͤle und uͤber die sogenannten
Kanalbruͤken (Ponds-aqueducs) welche
zur Fortsezung des Niveau's an vielen Stellen uͤber Baͤche oder
Thaͤler gebaut werden, aͤußerst langsam und beschwerlich ist, weil
diesen unterirdischen Streken und diesen Kanalbruͤken, zur Verminderung
der Baukosten, meistens nur eine solche Breite gegeben wird, daß ein Schiff
gerade durchkommen kann – lauter Hindernisse und Verzoͤgerungen,
welche bei den
Eisenbahnen nicht vorkommen, auf welchen, da der Widerstand der Reibung durch
groͤßere Geschwindigkeit der Bewegung nicht vermehrt wird, im
staͤrksten Schritte und noͤthigen Falls im Trabbe gefahren werden
kann.
2) Da die Eisenbahnen, wenn sie auch doppelt nebeneinander
angelegt werden, nur einen schmalen Strich Landes erfordern, welcher in der
Breite kaum den sechsten Theil derjenigen Flaͤche betraͤgt, den
der kleinste Kanal mit seinen Ziehwegen, Daͤmmen und Boͤschungen
ein nimmt, und da eine Eisenbahn zwischen zweien gegebenen Punkten meistens auch
kuͤrzer ausfaͤllt als ein Kanal, welcher oft durch große Umwege
gefuͤhrt werden muß, so entziehen selbe dem Akerbau nur sehr wenig, und,
wo solche auf einer schon gemachten Straße, oder auf den Fußsteigen an den
Seiten derselben vorgerichtet werden koͤnnen, gar Nichts von Feld-
oder Wiesengruͤnden.
3) Die Eisenbahnen sind das ganze Jahr hindurch bei jeder
Witterung zu befahren, da hingegen die Kanaͤle oft Monate lang
eingefroren oder vertroknet sind. Bei sehr tiefem Schnee, welcher den Transport
auf den Erstern eine kurze Zeit hindurch hemmen, jedoch bald wieder abgekehrt
werden kann, sind auch die Kanaͤle mit ihren Ziehwegen voͤllig und
auf laͤngere Zeit unbrauchbar.
4) Die Anlage der Eisenbahnen ist nicht so vielen Schwierigkeiten
des Terrains unterworfen, und von unzaͤhligen Hindernissen frey, welche
den Bau eines schiffbaren Kanals oft außerordentlich erschweren, an manchen
Orten ganz unmoͤglich, oder nur mit dem ungeheuersten Aufwande
ausfuͤhrbar machen. Anhoͤhen, welche bei einem Kanalbau mit den
betraͤchtlichsten Kosten durchschnitten, oder mittelst unterirdischer
gewoͤlbter Gaͤnge (Stolln) durchgegraben, oder mit langen Umwegen
vermieden werden
muͤssen; Thaͤler, uͤber welche, zur Fortsezung eines Kanals
im gehoͤrigen Niveau, hohe, breite und kostbare Steindaͤmme, oder
noch kostbarere Kanalbruͤken (ponds-aqueducs) erbaut werden muͤssen, koͤnnen
mit einer Eisenbahn, bei einer schicklichen Vertheilung des Steigens und
Fallens, in der kuͤrzesten Richtung uͤber fahren werden, und wenn
auch hie und da einige Erdarbeiten, Durchschnitte oder Erhoͤhungen
noͤthig werden, sind solche doch bei Weitem nicht so bedenkend und
kostbar wie bei der Anlage eines Kanals.
5) Die an den Eisenbahnen vorfallenden Reparaturen sind
aͤußerst unbedeutend, und wenn auch zuweilen eine eiserne Schiene entzwei
springt oder bricht, so bleibt doch immer der volle Werth des Materials, und es
ist nur der unbedeutende Gießerlohn verloren; die gebrochene Schiene kann durch
eine neue von demselben Guße (deren ein hinlaͤnglicher Vorrath
bestaͤndig bereit liegen muß) auf der Stelle ersezt werden, und der
Transport wird keine Minute aufgehalten, da man der beschaͤdigten Stelle
leicht ausweichen kann. Ganz anders verhaͤlt sich dies bei
Kanaͤlen, wo an den Daͤmmen, an den Schleußen und ihren
Fallthuͤren, an den Wasserleitungen u. d. gl. haͤufige, kostbare
und zeitraubende Reparaturen und Arbeiten vorfallen, wo wegen einer einzigen
beschaͤdigten Stelle sogleich die Fahrt auf dem ganzen Kanale eingestellt
werden muß, und wo die von Zeit zu Zeit noͤthige Raͤumung und das
Ausschlagen des sich anhaͤufenden Schlammes, das Ausrotten von Schilf und
Unkraut u. d. gl. oft Wochen lange Unterbrechungen verursachen.
6) An den schiffbaren Kanaͤlen wird gewoͤhnlich als
ihr groͤßter Vorzug geruͤhmt, daß die beladenen Barken in den
Schleußen ohne alles Zuthun einer thierischen Kraft vom Wasser selbst gehoben
werden, und daß sohin zum Aufwaͤrtsschaffen der bedeutendsten Lasten von
einem tiefen zu einem hoͤhern Niveau, welches sowohl auf
gewoͤhnlichen Straßen als auf Eisenbahnen immer eine außerordentliche
Kraftanstrengung und kostspielige Vorspannungen erfordert, gar keine Pferde
noͤthig sind; und in der That sind diese Schleußen eine hoͤchst
wichtige, nuͤzliche und unentbehrliche Erfindung fuͤr die
Kanal-Schifffahrt, ohne welche diese nur auf ganz wagrechte
Flaͤchen, also auf sehr wenige und kurze Streken beschraͤnkt
waͤre.
Wenn man aber dagegen in Erwaͤgung zieht, daß die Pferde die ganze Zeit
uͤber muͤssig und unbenuͤzt stehen, waͤhrend das Schiff
sich in der Schleuße aufhaͤlt, und daß dieser Aufenthalt ein reiner Verlust
an ihrem Tagwerke ist, da sie doch den ganzen Tag unterhalten, oder fuͤr den
ganzen Tag bezahlt werden muͤssen, so wird man sich bei einer genauen
Berechnung uͤberzeugen, daß dieser Verlust in den meisten Faͤllen so
viel betraͤgt als diejenigen Vorspannkosten, welche auf einer sanft
ansteigenden Eisenbahn noͤthig waͤren, die beladenen Wagen auf
dieselbe Hoͤhe zu bringen, und daß sohin der ganze Vortheil der Schleußen
eigentlich nur darin besteht, daß der Transport zu Wasser auf denselben Fahrzeugen,
ohne umladen zu duͤrfen, ununterbrochen fortgesezt werden kann. Man
koͤnnte vielleicht bemerken, daß jener Zeitverlust in den Schleußen dadurch
wieder ersezt werde, daß die Pferde, nachdem sie ausgeruhet haben, ihren weiten Weg
mit desto groͤßerer Kraft und Geschwindigkeit fortsezen koͤnnen.
Allein auch dieser schwache Anschein eines Vortheils verschwindet, wenn man bedenkt,
daß, fuͤrs Erste, bei jeder Schleuße schon der Eintritt und Austritt durch
einen Raum, welcher so eng ist, daß ein Schiff gerade durchkommen kann, und wo
folglich der Widerstand ungleich groͤßer ist als auf dem uͤbrigen
weitern Kanale, die außerordentlichste Anstrengung der Pferde erfordert, welche ihre durch eine kurze
Ruhe gesammelten Kraͤfte vollends erschoͤpft, und zweitens, daß es
uͤberhaupt mit der Beschleunigung bei dem Wassertransporte eine ganz andere
Bewandtniß hat als bei dem Landfuhrwerke, indem der Widerstand des Wassers in einem
so beschrankten Raume bei einer doppelt schnellern Bewegung nicht etwa nur
verdoppelt, sondern ohngefaͤhr achtmal groͤßer wird, so daß z.B. an
einer Barke, welche von einem Pferde in einer Stunde eine halbe deutsche Meile weit
gezogen wird, noch sechs bis sieben Pferde vorgespannt werden muͤßten, wenn
sie denselben Weg in einer halben Stunde zuruͤk legen sollte. – Herr
Ritter von Gerstner hat in seiner angefuͤhrten Abhandlung (S. 67 bis 68.)
durch eine eben so scharfsinnige als einleuchtende allgemeine Berechnung dargethan,
daß die Kosten der Vorspannpferde, welche die Landfracht zur Ersteigung der
Gebuͤrge noͤthig hat, nicht mehr betragen als die Kosten des
Aufenthaltes der Schiffzugpferde bei den Schleusten. Es ist aber auch leicht zu
beweisen, daß zu demselben Zweke auf einer Eisenbahn bei gehoͤriger Anordnung
nicht Einmal Vorspannpferde noͤthig sind, und daß dieselben Anhoͤhen
mit denselben Pferden in derselben Zeit erstiegen werden koͤnnen, in welcher
sie auf einem Kanale mittelst einer oder mehrerer aufeinander folgenden Schleußen
erreicht werden.
Es sey z.B. auf einem Kanale die Entfernung von einer Schleuße zur andern 1000 Fuß,
das Gefaͤlle jeder Schleuße, wie gewoͤhnlich, 8 Fuß, und man nehme an,
daß, bei einem hinlaͤnglichen Wasserzuflusse von Oben, das Fuͤllen
einer Schleuße, also die Hebung einer geladenen Barke auf das obere Niveau, das
Oeffnen und Schließen der Fallthuͤren mit dem Ein- und Austritte der
Barke nicht mehr als acht Minuten Zeit erfordern, welches gewiß der schnellste
Durchgang ist, den man unter den vortheilhaftesten Umstaͤnden nur immer
erwarten kann. Und nun denke man sich an derselben Stelle eine Eisenbahn
vorgerichtet, welche bei derselben Laͤnge von 1000 Fuß zur Hoͤhe von 8
Fuß gleichfoͤrmig ansteigt, so wird fuͤr ein auf dieser Bahn
aufwaͤrts gezogenes Fuhrwerk, dessen gesammte Last durch M ausgedruͤkt ist, der von der Schwere allein
herruͤhrende Widerstand = 0,008. M seyn. Hiezu
koͤmmt aber noch der Widerstand der Reibung, welcher ohne merklichen Fehler
eben so groß angenommen werden kann, als er auf derselben Bahn in ganz horizontaler
Lage waͤre, und welcher nach §. 16) = 1/77,45 M = 0,0129. M ist. Die ganze erforderliche
Kraft P fuͤr den Zug aufwaͤrts wird
demnach = (0,008 + 0,0129) M = 0,0209. M seyn. Es bestehe nun die Ladung in 140 Zentnern, auf
vier Wagen vertheilt, deren jeder fuͤr sich selbst 10 Zentner wiegt, so
betraͤgt die ganze Last 180 Zentner, also M =
18000 Pfund, und P = 0,0209 × 18000 = 376,2 Pfund
fuͤr den Zug aufwaͤrts, folglich um 144,2 Pfund mehr als auf der
Ebene, wo der ganze Widerstand nur 0,0129 × 18000 = 232 Pfund waͤre,
und es muͤßten also, wenn auf der Ebene zwei Pferde hinreichen, zum
Berganfahren drei vorgespannt werden. Nun theile man aber die Last so, daß nur die
Haͤlfte, naͤmlich zwei Wagen mit 70 Zentner Ladung, miteinander
hinaufgezogen werden, so wird M = 9000 Pfund, und P = 0,0209 × 9000 = 188 Pfund, und sohin werden
zwei Pferde die Haͤlfte der Last diesen Weg aufwaͤrts noch merklich
leichter ziehen, als sie die ganze Last auf der Ebene fortgeschafft haben. Da die
Geschwindigkeit der Pferde bei einem so leichten Zuge wenigstens zu 4 Fuß in jeder
Sekunde angenommen werden darf, so werden selbe zum Aufwaͤrtsziehen der
beiden ersten Wagen auf der 1000 Fuß langen Eisenbahn 250 Sekunden, oder 4 Minuten
und 10 Sekunden brauchen. Werden sie dann sogleich ledig wieder
zuruͤkgefuͤhrt (welches in drei Minuten leicht geschehen kann) um das
Unten zuruͤkgelassene Paar Wagen zu holen, so brauchen sie zum
Aufwaͤrtsschaffen desselben wieder 4 Minuten 10 Sekunden, folglich im Ganzen
11 Minuten 20 Sekunden, oder, mit Einrechnung der zum Umspannen erforderlichen Zeit,
hoͤchstens 12 Minuten, um alle vier Wagen auf die Hoͤhe von 8 Fuß, und
1000 Fuß weit zu bringen. Da hingegen brauchen die an der Barke gespannten Pferde,
bei derselben Geschwindigkeit, zuerst 4 Minuten 10 Sekunden zum horizontalen Zuge
auf der Kanalstreke von 1000 Fuß bis an die obere Schleuße; dann bedarf die Barke in
der Schleuße 8 Minuten zu ihrem Steigen auf die bestimmte Hoͤhe. Folglich
geht auf die ganze Operation eine Zeit von 12 Minuten und 10 Sekunden mehr hin, als
bei dem Land-Transporte auf der Eisenbahn.
23. Gesezt aber auch, daß die Schleußen beim Aufwaͤrtsfahren wirklich einigen
Vortheil oder einige Ersparniß an Zeit und an Zugkraͤften im Vergleiche gegen
den Land-Transport auf den Eisenbahnen gewaͤhrten, so geht doch
offenbar dieser Vortheil beim Abwaͤrtsfahren in doppeltem Maße wieder
verloren; und hier ist es eben, wo die Eisenbahnen vor den Kanaͤlen einen
ganz entschiedenen Vorzug behaupten. Denn eine Barke braucht zum Herabgehen durch
eine Schleuße eben so viele Zeit als zum Steigen in derselben; ihre Fahrt auf dem
Kanale von einer obern zur naͤchsten tiefern Schleuße geht um Nichts
schneller als in der entgegen gesezten Richtung, und da der Zug immer horizontal
ist, so werden auch die Pferde nicht im geringsten erleichtert, sondern
muͤssen mit derselben Anstrengung arbeiten, wie beim Steigen. So wird also
beim Abwaͤrtsfahren weder an Zeit, noch an Kraftaufwand gegen das
Aufwaͤrtsfahren das Geringste gewonnen, und ein betraͤchtlicher Vortheil, welchen bei
diesen Gelegenheiten die Natur selbst darbietet, geht gaͤnzlich verloren. Da
hingegen fuͤhlen die Pferde auf einer Eisenbahn bei dem kleinsten, fast
unmerklichen, Gefaͤlle schon eine so bedeutende Erleichterung, daß sie mit
derselben Last, welche sie auf der Ebene im Schritte ziehen, trabben, oder eine
doppelte Ladung ziehen koͤnnen; und bei einer Etwas staͤrkern Neigung,
wie z.B. in dem vorhin angenommenen Falle bei einem Gefaͤlle von 8 Fuß auf
1000 (also von einem Schleußen-Punkte zum andern) laufen die Wagen (wenn die
Bahn gut gebaut ist, und vorzuͤglich bei Regenwetter) von selbst fort, und
brauchen nur einen Mann, welcher die zu große Beschleinigung ihres Laufes durch die
angebrachte Premsung maͤßigt, indeß die losgespannten Pferde ganz ledig
nachgefuͤhrt werden. Hier wird demnach wirklich an Zeit und Kraft zugleich
bedeutend gewonnen, der Transport beschleunigt, und den Zugpferden, ohne daß sie auf
einer Stelle unnuͤz verweilen, eine wirkliche Erleichterung verschafft,
welche sie in Stand sezt, den vermehrten Widerstand bei der naͤchst kommenden
kleinen Anhoͤhe mit erneuerten Kraͤften desto leichter zu
uͤberwinden.
24. Bei so vielen wichtigen und auffallenden Vortheilen und Vorzuͤgen, durch
welche die Eisenbahnen in Hinsicht auf leichtern, bequemern, schnellern und
wohlfeilern Transport sich nicht nur vor den gewoͤhnlichen Landstraßen,
sondern auch vor den schiffbaren Kanaͤlen auszeichnen, und welche sich durch
die Erfahrung von einem halben Jahrhundert immer mehr bewaͤhrt haben, ist es
denn kein Wunder, daß diese Bahnen in England in den neuesten Zeiten immer
haͤufiger geworden sind, und wirklich schon angefangen haben, die schiffbaren
Kanale in einigen Gegenden zu verdraͤngenBei meinem
lezten Aufenthalte in England in den Jahren 1815–1816 fand ich
mehrere eiserne Straßen neben altern Kanaͤlen mit Vortheil angelegt
und benuͤzt. So z.B. existirt neben dem Kanal, welcher von den großen
Eisenwerken zu Merthyr Tydvil in Glamorganshire im suͤdlichen Wales
nach dem Seehafen Cardiff gefuͤhrt ist, eine neue, 27 englische
Meilen lange, Eisenbahn, auf welcher der Transport bereits lebhafter und
wohlfeiler ist als auf dem Kanale. Auf diesem betraͤgt das Weggeld 5
Pence (17 3/4 Kreuzer) von einer Tonne fuͤr jede Meile, auf der
Eisenbahn hingegen nur 1 1/2 Pence (4,125 Kreuzer). Dasselbe
Verhaͤltniß findet bei einer englische Meilen langen Straße in
Monmouthshire statt, welche von Trudygar bis an den Seehafen Newport in
paralleler Richtung mit dem dortigen Kanale angelegt ist.. Es
scheint vielmehr nur unbegreiflich, daß eine so nuͤzliche, schon so lange bekannte und
erprobte Erfindung bis jezt auf unserm festen Lande noch gar nicht, und selbst in
England nur an besondern Stellen und zu besondern Zweken (vorzuͤglich in der
Naͤhe großer Steinkohlen-Bergwerke und Schmelzhuͤtten)
eingefuͤhrt ist, und daß man sich uͤberhaupt noch immer mit dem
schweren, kostbaren, beschwerlichen und langsamen Transporte auf unsern Kies-
und Schuttstraßen fortschleppen mag, da uns ein so leichtes, einfaches und sicheres
Mittel zu Gebote stehet, nicht nur die Kosten der Bespannung auf den siebenten oder
achten Theil herab zu sezen, sondern noch uͤberdies an der Unterhaltung der
Landstraßen selbst, welche alsdann nur noch von dem leichten und schnellen Fuhrwerke
benuͤzt werden duͤrften, unermeßliche Summen jaͤhrlich zu
ersparen. –
Die Ursachen, aus welchen eine so unbegreifliche Vernachlaͤßigung
herruͤhren mag, liegen (außer der gewoͤhnlichen Traͤgheit des
menschlichen Geistes und dem Widerstreben der großen Menge gegen alle wichtigen
Neuerungen, vorzuͤglich in Gegenstaͤnden des gemeinsten
alltaͤglichen Verkehrs) ohne Zweifel in folgenden, der englischen Erfindung
selbst noch anklebenden Unvollkommenheiten.
1) Sind die Kosten der Anlage dieser Eisenbahnen fuͤr die
meisten Laͤnder und Gegenden, besonders wo keine Eisenhuͤtten in
der Naͤhe sich befinden, und wo nur ein mittelmaßig starker Verkehr statt
findet, noch immer zu betraͤchtlich, und obwohl dieser Aufwand nur Einmal
zu machen ist, und in der Folge (bei einem hinlaͤnglich starken
Transporte) sich reichlich verzinset und verguͤtet, so werden doch viele
Regierungen, Gemeinden, Gesellschaften und Individuen von einer Unternehmung
abgeschrekt, welche so bedeutende Vorauslagen auf der Stelle erfordert. Auch
fehlt es hiezu oft an den noͤthigen finanziellen Mitteln, an
hinreichenden Fonds oder Kredit, ohne welche man ja uͤberall auch auf die
anerkannt nuͤzlichsten Unternehmungen, auf die erwiesen vortheihaftesten
sogenannten Spekulationen Verzicht leisten muß.
2) Nehmen die englischen Eisenbahnen, wenn solche, zur
Verminderung der Kosten, auf einer schon vorhandenen Landstraße doppelt
(nebeneinander oder an beiden Seiten) gelegt werden sollen, wenigstens zwei
Drittel von der Breite dieser Straße ein, so daß fuͤr das
gewoͤhnliche Fuhrwerk, welches sich der eisernen Geleise weder der
Laͤnge nach bedienen, noch quer daruͤber gehen kann, nebenher kein
hinlaͤnglicher Raum mehr uͤbrig bleibt.
3. Weil auf den eisernen Schienen nur besonders hiezu gebaute
Wagen mit kleinen eisernen Raͤdern gehen, diese aber wieder auf keiner
gewoͤhnlichen Straße fortkommen koͤnnen, so beschraͤnkt
sich der bisherige Gebrauch dieser Eisenbahnen eigentlich nur auf solche
ununterbrochene Linien, auf welchen keine Stadt, kein Dorf, keine engen
Hohlwege, keine schmalen Bruͤken, keine breiten, die Linie
durchschneidenden, Seitenstraßen sich befinden, durch, und uͤber welche
die eisernen Geleise nicht fortgesezt, und folglich auch die Wagen nicht
fortgebracht werden
koͤnnen. Solche Hindernisse zu umgehen, ist oft nicht moͤglich,
und selten vortheilhaft; das Umladen der Wagen ist beschwerlich, zeitverderbend
und kostbar. Gewoͤhnlich dienen daher gegenwaͤrtig diese
Eisenbahnen in England nur zur unmittelbaren Verbindung großer Berg- und
Huͤttenwerke, großer Fabriken und Manufakturen auf eine maͤßige
Entfernung untereinander oder mit dem naͤchsten schiffbaren Kanale oder
Seehafen.
4) Da die Wagen auf der eisernen Bahn eingeschlossen (en Coulisse) gehen, und daher entweder die
Raͤder (auf den Rail-roads) oder die
Geleise (auf den Tram-roads) mit einem
vorstehenden Rande versehen werden muͤssen (wie selbe §.
6–9. beschrieben, und auf der 1ten und 2ten Kupfertafel abgebildet sind)
so entsteht in beiden Faͤllen eine betraͤchtliche Seitenreibung,
welche (da sie nicht von der rollenden, sondern schleppenden Art ist) wenn der
Zug der Pferde nur Etwas Seitswaͤrts gerichtet ist, oder die beiden
Geleise der Bahn nicht uͤberall auf das genaueste in derselben
horizontalen Flaͤche gelegt sind, oder die Unterlager auf der einen Seite
nur ein Wenig nachgegeben haben, sehr bedeutend werden, und die Wirkung gar sehr
vermindern kann. Dieser Widerstand wird bei den Tram-roads noch dadurch um Vieles vermehrt, daß sich in den
Eken oder Winkeln der flach auf der Erde liegenden Schienen oder Platten durch
das unvermeidliche Aufwerfen der zwischen denselben gehenden Pferde
bestaͤndig so viel Koth und Sand anhaͤuft, daß, wenn solche nicht
taͤglich auf das sorgfaͤltigste gereinigt werden, die
Wagenraͤder oft eben so viel Widerstand leiden als auf den
gewoͤhnlichen StraßenIch habe
dergleichen Eisenbahnen in England gesehen, welche an einzelnen Stellen
mit Koth ganz ausgefuͤllt und so bedekt waren, daß man von den
aufstehenden Raͤndern der Schienen kaum Etwas herfuͤrragen
sah. – Wirklich muß es jedem Fremden, der nach England
koͤmmt, auffallen, mit welcher Vernachlaͤßigung (man
duͤrfte wohl sagen: Liederlichkeit) diese so wichtige
Vorrichtungen dort an vielen Orten behandelt werden, wo man doch auf
alle andere Arten von Maschinen die groͤßte Aufmerksamkeit
verwendet, und weder Muͤhe noch Kosten scheut, um ihnen den
hoͤchstmoͤglichen Grad von Vollkommenheit zu geben, und
die moͤglich groͤßte und vortheilhafteste Wirkung durch
dieselben zu erhalten. Aeußerst schlecht aneinander gepassete, nicht
parallel, in ungleicher Hoͤhe, und schief liegende
Tram-schienen, mit vorragenden Nagelkoͤpfen und
aufstehenden Enden, und Wagen mit diken, nicht abgedrehten, Achsen von
geschmiedetem, oder noch dikern und rauhern Achsen von gegossenem Eisen,
kann man dort haͤufig antreffen. Ueberhaupt scheint dieser
Gegenstand in jenem Lande noch groͤßtentheils der
Willkuͤhr, dem Eigensinne und den beschraͤnkten Einsichten
der gemeinsten Arbeiter und der unwissensten Fuhrknechte
uͤberlassen zu seyn, und die großen Mechaniker scheinen es unter
ihrer Wuͤrde zu halten, ihre Kenntnisse und Talente auf die
Straße zu werfen. –. Aus diesem Grunde, und zugleich
um die sehr starke
Seitenreibungen der Raͤder an den aufstehenden Raͤndern
moͤglichst zu vermeiden, gibt man auch diesen Tramschienen eine so
betraͤchtliche Breite, von 4–4 1/2 Zoll im Lichten, da doch die
Felgen der Raͤder an ihrem Umfange gewoͤhnlich nicht uͤber
1/2 Zoll dik sind. Ich fragte einst einen Werkmeister in
Suͤd-Wales, welcher mit der Anlage solcher Eisenbahnen sich
vorzuͤglich beschaͤftigte, warum sie ihren Raͤdern keine
groͤßere Breite geben, oder ihre Schienen-Platten nicht
schmaͤler machten, und ich erhielt zur Antwort: Dieß muͤsse so
seyn, damit die Raͤder einen hinlaͤnglichen Spielraum
haͤtten, und nicht bestaͤndig an den Seitenraͤndern
anstreiften, und damit selbe den Koth leichter durchschneiden koͤnnten!
– Bei den erhabenen Rails, auf welchen der Koth sich nicht so leicht
ansezen kann, findet zwar dieses Hinderniß weniger statt; dagegen ist aber die
bestaͤndige Seitenreibung der Raͤder an den Schienen desto bedeutender.
5) Ein anderes wesentliches Gebrechen dieser Eisenbahnen (der Tram-roads)
bestehet darin, daß die Naͤgel, durch welche uͤberall die Enden
zweier Schienen zusammen auf den steinernen Unterlagen befestigt und verbunden
werden, wenn selbe gleich anfaͤnglich mit der Oberflaͤche dieser
Schienen ganz eben (buͤndig) eingeschlagen und flach gehaͤmmert
sind, allmaͤhlig loker werden, und mit ihren Koͤpfen hervorragen,
da dann die Wagenraͤder gegen dieselben stossen, und daruͤber
holpern muͤssen, wodurch nicht nur ein neuer betraͤchtlicher
Widerstand entsteht, sondern oͤfters auch Bruͤche an den
Raͤdern und Schienen verursacht werden. –
6) Da der wesentlichste Vorzug aller Eisenbahnen in der
Verminderung der Reibung bestehet, so sind solche in ihrem bisherigen Zustande
eigentlich nur auf ganz ebenen, oder auf einem unmerklich steigenden oder
abhaͤngigen Grunde, wo naͤmlich der Widerstand der Schwere ganz
und gar nicht, oder nur in sehr geringem Maße entgegen wirkt, oder der
bewegenden Kraft selbst zu Huͤlfe koͤmmt, mit großem Vortheile
gegen gewoͤhnliche Straßen anwendbar. Bei betraͤchtlich steilen
und zugleich langen Anhoͤhen hingegen verschwindet dieser Vorzug in dem
Verhaͤltnisse, als der Widerstand der Schwere jenen der Reibung
uͤbertrifft, und, obwohl der gesammte Widerstand zwar allemal kleiner ist
als auf einer gewoͤhnlichen, unter demselben Neigungswinkel ansteigenden,
Straße, so wird doch der Unterschied zwischen beiden Arten von Fuhrwerk desto
geringer, je groͤßer dieser Winkel ist, und daher muß beim Berganfahren
auf einer Eisenbahn die Bespannung in einem viel groͤßern
Verhaͤltnisse zu jener auf der Ebene vermehrt werden, als auf einer
gewoͤhnlichen gemachten Straße. So z.B. erfordert ein
gewoͤhnliches Fuhrwerk, welches mit 72 Zentner beladen auf flachem Lande
von sechs Pferden gezogen wird, wenn dasselbe uͤber eine Anhoͤhe
hinauf geschafft werden soll, deren Steigen 1 Fuß auf 12 Fuß Ausladung
betraͤgt, noch eine Vorspann von 6 Pferden, deren jedes mit einer Kraft
von 100 Pfund Berganziehen muß, und es ist also des Berges wegen eine doppelte
Bespannung (von 12 Pferden) noͤthig. Da nun die Schwere auf einer
Eisenbahn eben so stark entgegen wirkt, so wird auf dieser ein mit 72 Zentner
beladenes Fuhrwerk, welches auf horizontaler Ebene (wo nur die Reibung allein zu
uͤberwinden ist, von einem Pferde gezogen wird, denselben Berg hinan noch
sechs andere Pferde brauchen, und die ganze Bespannung (welche zwar noch immer
um fuͤnf Pferde geringer als auf der Landstraße bleibt) sieben mal
groͤßer als auf der Ebene seyn. Auf dieser verhaͤlt sich die
noͤthige Bespannung im Vergleiche gegen das gewoͤhnliche Fuhrwerk
wie 1 zu 6, Bergaufwaͤrts hingegen wie 7 zu 12, oder wie 3 1/2 zu 6.
– Aus dieser Ursache werden auch die Eisenbahnen in England bis jezt nur
in ganz flachen, oder in solchen Gegenden ausgefuͤhrt, wo das
Gefaͤlle entweder schon von selbst mit einem gleichfoͤrmigen
sanften Abhange so vertheilt ist, oder durch die Kunst, mittelst einiger
Durchschnitt oder Erhoͤhungen, so vertheilt werden kann, daß das
Aufwaͤrtsfahren hoͤchstens zweimal so viel Kraft als das
Abwaͤrtsfahren erfordert, oder (wo der Transport nur in einer Richtung
von hoͤhern zu einem liefern Punkte geht, und nur wenige oder keine
Ruͤkfracht statt findet) daß die beladenen Wagen abwaͤrts
ohngefaͤhr denselben Widerstand verursachen, und keine groͤßere
Kraftanstrengung erfordern als das Zuruͤkbringen der leeren Wagen
AufwaͤrtsWenn diese
Bedingniß erfuͤllt werden soll, so muß das Gewicht der Ladung zum
Gewichte der Wagen ein gewisses Verhaͤltniß haben, welches
fuͤr jeden Neigungswinkel der Bahn, welcher kleiner als der
Friktionswinkel ist, allgemein auf folgende Art bestimmt wird.Es sey das Gewicht der
LadungM;Es sey das Gewicht der
WagenW;Es sey der Neigungswinkel der
Eisenbahna;Es sey der Widerstand der
Reibung beim Abwaͤrtsfahren der beladenen WagenF;Es sey der Widerstand der
Reibung beim Aufwaͤrtsfahren der leeren Wagenf;Es sey die noͤthige
Kraft zum AbwaͤrtsfahrenP;Es sey die noͤthige
Kraft zum AufwaͤrtsfahrenR;So wird fuͤrs
ErsteP = F – sin
a (M + W) undK = f + sin a.
W seyn.Soll nun K = P werden, so muß F – sin a (M +
W) = f + sin a, also F – f = sin a (M + 2W) seyn. Nun sey der
Coeffizent der Reibung, oder das Verhaͤltniß der Reibung zum
Druke l: n, so
wirdF = 1/n (M + W) und f =
1/n W; folglich F
– f = 1/nM = sin a (M + 2W)und Textabbildung Bd. 7, S. 50Wenn L die Laͤnge, und h das Steigen der Bahn ausdruͤkt, so
ist L/h = sin a, und die lezte Formel
verwandelt sich in folgende:Textabbildung Bd. 7, S. 51sich ergiebt. Es sey z.B. 1/n = 1/80; L = 1120; h = 10; so findet manTextabbildung Bd. 7, S. 51Wenn also das Gewicht eines Wagens 8 Zentner waͤre, so
muͤßte derselbe mit 40 Zentner beladen werden. Beim
Abwaͤrtsziehen waͤre dann die erforderliche KraftP = 1/80. 4800 – 1/112. 4800 = 60
– 42,857 = 17,14 Pfund, und beim Aufwaͤrtsziehen R = 1/80. 800 + 1/112. 800 = 10 + 7,14 =
17,14 Pfund, also P = R, wie zu erweisen war. Mit einer Kraft von 172 Pfund
koͤnnte also ein Pferd auf einer solchen Eisenbahn zehn solche
Wagen, zusammen mit 400 Zentner beladen abwaͤrts, und mit
derselben Anstrengung die zehn leeren Wagen zuruͤk
aufwaͤrts ziehen.. In bergigen oder huͤgeligen
Gegenden, wo eine solche gleichfoͤrmige Vertheilung des Gefaͤlles
auf die ganze Laͤnge einer Eisenbahn nicht thunlich ist, fuͤhrt
man diese, so lang es angeht, ganz wagrecht, oder mit einem geringen
Gefaͤlle bis an solche Stellen fort, wo das Terrain auf einmal sehr
bedeutend faͤllt; an diesen Stellen werden sodann schiefe Flaͤchen
(inclined planes) vorgerichtet mit doppelt und
parallel nebeneinander liegenden Geleisen, auf welchen mittelst eines langen, um
ein großes, mit einer Premsung versehenes, Rad geschlungenen Seiles oder Kette durch die
beladenen abwaͤrts gehenden Wagen die zuruͤkkommenden leeren
heraufgezogen werden. Diese (zwar einfache) Vorrichtung hat indessen, ausser der
Unbequemlichkeit, daß eine Reihe (oder Train) von Wagen immer auf die andere
warten muß, den Fehler, daß sie nur an solchen Stellen anwendbar ist, wo aller
Transport abwaͤrts geschieht, im umgekehrten Falle hingegen gar nicht
gebraucht werden kann. Man findet daher diese schiefen Rollflachen auch
groͤßtentheils nur bei betraͤchtlichenbebetraͤchtlichen Steinkohlen-Bergwerken vorgerichtet, wo die Kohlen nach dem
niedrigen flachen Lande, nach einem Kanale oder Seehafen herabgefuͤhrt
werden, und die Wagen leer zuruͤk gehen.
25. Aus dem bisher gesagten geht demnach zur Ueberzeugung herfuͤr, daß die
Eisenbahnen in ihrem gegenwaͤrtigen gen Zustande noch weit von jenem Grade
mechanischer Vollkommenheit entfernt sind, dessen sie ihrem Prinzip nach
faͤhig waͤren, und daß besonders der Transport uͤber die
Anhoͤhen bei der bisherigen Anordnung denselben Hindernissen und Gebrechen
unterworfen ist, welche wir (Bd. 6. S. 341.
§. 16.) einen der vorzuͤglichsten Fehler des gemeinen Fuhrwerkes auf
gewoͤhnlichen Straßen bemerkt haben. Diese wichtige Erfindung bedarf daher
noch großer Verbesserungen, um selbe gemeinnuͤziger, auf laͤngere
Entfernungen, und vorzuͤglich auch auf unserm festen Lande mit Vortheil
anwendbar zu machen. Eine Aufgabe, welche freilich zu den schwersten in der
ausuͤbenden Mechanik gehoͤrt, da hier durchaus nur die einfachsten
Vorrichtungen anwendbar sind, und der Erfinder auf wenige Mittel und Elemente zu
neuen Combinationen beschraͤnkt ist, und auf die sinnreichsten Ideen, welche
ihm zu Gebote stuͤnden, verzichten muß. – In welchem Grade es mir nun
gelungen ist, diese schwere Aufgabe zu loͤsen, moͤgen unbefangene und
gruͤndliche Sachverstaͤndige in folgenden Blaͤttern
beurtheilen.