Titel: | Beschreibung eines Skoliographen (Curvagraph). Mitgetheilt von Wilh. Taylor, Esqu. |
Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. VI., S. 80 |
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VI.
Beschreibung eines Skoliographen (Curvagraph)Das Wort Curvagraph ist ein zu gewaltiger Barbarismus, als
daß wir dasselbe in unserer Sprache aufnehmen koͤnnten. Der Kopf klingt
latein und der Schweif griechisch und das Wort Curvagraph ist eben so laͤcherlich als das Elsasser-
oder Schweizer-Deutsch: „wer scherschet, der truvet“
etc. A. d. Ueb.. Mitgetheilt von Wilh. Taylor, Esqu.
Im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. Dezember 1812. N. CCXXXV. S. 17.
Taylor's Beschreibung eines Skoliographen.
Herr Warcup hat in dem Repertory of
Arts, II. Series, (Band 33. S. 346.) einen sehr
sinnreich ausgedachten, aber umstaͤndlichen, Skoliographen (Curvagraph) zur leichten und schnellen Zeichnung krummer
Linien beschrieben.
Er brachte solche Zeugnisse fuͤr die Brauchbarkeit desselben vor, daß die Society of Arts ihm als Erfinder eine Medaille und 10
Guineen ertheilte.
Es scheint mir, daß ein weit einfacheres Instrument dieselbe Wirkung auf eine noch
viel leichtere Weise hervorzubringen vermag, naͤmlich ein Streifen einer gerollten Bleyplatte von der Breite eines halben Zolles,
von der Dichte eines sechzehntel Zolles, und von der in jedem gegebenen Falle
noͤthige Laͤnge. Dieser Streifen ist das Lineal. Da gerolltes Bley
sehr biegsam und durchaus nicht elastisch ist, so behaͤlt es jede Krumme,
nach welcher man es biegt, und sezt den Kuͤnstler in den Stand, dieselbe mit
der Feder oder mit dem Pinsel alsogleich auf dem Papiere, oder worauf er immer will,
nachzuzeichnen.
Ist die Krumme so lang, daß man durch die Schwere des Metalles selbst Entstellung
derselben besorgen muͤßte, so darf man sie nur theilweise nachbilden, wenn
man den Bleystreifen selbst nicht in einer zu seiner Laͤnge
verhaͤltnißmaͤßige Dike nehmen will. Duͤnnere Streifen werden
zur Nachbildung sehr zarter krummer Linien in kleinen Zeichnungen noch besser
seyn.
Die Kanten muͤssen senkrecht auf die Seiten geschnitten werden, damit sie auf
dem Modelle und auf dem Papiere eben aufstehen. Der Bleystreifen, oder wenn man so
sagen darf, das Lineal, wird senkrecht auf seine Kante gestellt, und nach jener
krummen Linie gebogen, welche man uͤber tragen will. So gebogen wird es auf
aͤhnliche Weise auf das Papier oder auf die Flache gestellt, und unten an der
Seite derselben wird mit dem Pinsel oder mit der Feder nachgefahren. Auf diese Weise
erhaͤlt man eine Copie von einer ebenen Flache auf die andere. Bei erhabenen
und vertieften Modellen wird der Kuͤnstler sich dadurch zu helfen wissen, daß
er bald die Kanten bald die Seiten des Bleystreifens, so wie die Umstaͤnde es erfordern,
anlegt. In dieser Hinsicht wuͤrden jedoch vierekige Bleystaͤbe viel,
leicht besser seyn, deren Durchmesser mit der Groͤße des Modelles in
Verhaͤltniß stehen muͤßte. Sie muͤßten
verhaͤltnismaͤßig kuͤrzer seyn, damit ihr groͤßeres
Gewicht bei ihrer leichteren Biegsamkeit nach allen Seiten die krumme Linie bei dem
Abklatschen und Auftragen nicht verruͤkt.
Es wird nicht noͤthig seyn, das Lineal nach jeder Anwendung desselben wieder
gerade zu biegen, da hierdurch nur die Zahl der Biegungen vermehrt werden
wuͤrde. Da das Materials so wohlfeil und die Verfertigung eines solchen
Instrumentes so leicht ist, so kann, wenn ein solches Lineal durch das
haͤufige Biegen bricht, oder auf was immer fuͤr eine Welse unbrauchbar
wird, dasselbe leicht durch ein anderes ersezt werden. Vom Metalle selbst geht
nichts verloren: es kann neuerdings gerollt oder zu andern Zweken verwendet
werden.
Will man das Papier oder dasjenige, worauf das Lineal zu stehen kommt, vor dem
Abschmuzen des Bleyes sichern, so darf man den Bleystreifen nur mit etwas Gummi oder
Firniß uͤberziehen. Ein Ueberzug von gekochtem Oele oder von Oelfarbe, die
weniger abspringt, dient hierzu am besten.
Hendon Gange, 10. November 1821.
Wilhelm Taylor.