Titel: | Ueber das Streichen der Barbiermesser mit kristallisirtem Eisentritoxide, oder Eisenglanz (fer olig iste spéculaire ). Von Hrn. Mérimée. |
Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. XLVIII., S. 331 |
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XLVIII.
Ueber das Streichen der Barbiermesser mit kristallisirtem Eisentritoxide, oder Eisenglanz (fer olig iste spéculaire Man vergleiche
hiemit die Abhandlung „Bereitung eines guten
Schleifpulvers“ von Cadet de Gassicourt,
polyt. Journal Bd. 6. S. 233. D.). Von Hrn. Mérimée.
Im Auszuge aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXXXVII. Februar 1822. S. 179.
Mérimée über das Streichen der Barbiermesser.
Wenn man gute Barbiermesser haben will, muß man dieselben
gehoͤrig streichen lernen, und dieß lernt sich leichter, als Barbieren. Wenn
aber zu dem Streichen einige Geschiklichkeit gehoͤrt, so ist ein guter
Streichriemen noch weit mehr dazu noͤthig. Die verschiedenen Formen dieser
Riemen, und mehr noch die vielen neuen und hochgepriesenen Compositionen, deren man
sich bei Verfertigung derselben bedient, zeigen wenigstens von der Wichtigkeit
dieses Gegenstandes. Um das Verfahren zur Erreichung des Zwekes desselben einfacher und sicherer
zu machen, theile ich hier eine Methode mit, die wenigstens mir und denjenigen, die
sich derselben bedienten, einfach und sicher scheint, und die die Barbiermesser
außerordentlich scharf macht. Ich ziehe die flache Form an dem Streichriemen jeder
anderen vor, indem ich sie mehr geeignet finde, die Schneide des Barbiermessers in
derselben Ebene zu erhalten. Die Guͤte des Leders, aus welchem dieser
Streichriemen verfertigt wird, ist von hoher Wichtigkeit. Er muß feinkoͤrnig,
dicht und unter dem Druke der Klinge gleich nachgiebig seyn. Da man selten Leder von
diesen Eigenschaften findet, welches dik genug waͤre, so muß man zwei
Streifen desselben sorgfaͤltig uͤbereinander kleben, und, um die
Wirkung der, zur Schaͤrfung der Barbiermesser angewendeten, Substanzen
gehoͤrig abzustufen, muß der Streichriemen zwei Flaͤchen bekommen. Die
Pulver, welche auf die erste Flaͤche desselben zu liegen kommen,
koͤnnen aus irgend einer Substanz bestehen, welche auf gehaͤrteten
Stahl wirkt, z.B. Schmergel, feinerem oder groͤberem Wezschiefer, Bimsstein,
calcinirtem Thone, Eisenschlaken oder Hammerschlage: je haͤrter, desto
besser; denn desto laͤnger dauern sie. Diese Pulver muͤssen
gehoͤrig abgerieben, und durch ein seidenes Tuch durchgebeutelt werden. Man
mag was immer fuͤr eine Mischung zu diesen Pulvern waͤhlen, so ist es
noͤthig, etwas gepulverte Holzkohle derselben zuzusezen, wodurch das
Anhaͤngen dieser Composition an dem Barbiermesser vermieden wird: hat man das
wahre Verhaͤltniß der Holzkohle getroffen, so gleitet das Messer
daruͤber weg, ohne daß es den geringsten Theil der Composition mit sich
naͤhme.
Man mengt diese Pulver gewoͤhnlich mit Fett zu einer Art von Pomade, welche
man gleichfoͤrmig auf dem Riemen aufstreicht. Am besten ist es, wenn man
zuerst eine duͤnne Schichte von Fett auf dem Riemen auftraͤgt, dann
das Pulver
aufstreut, und dieses, durch Einreiben mit dem Finger, uͤberall uͤber
dem Riemen gleichfoͤrmig vertheilt. Auf diese Weise kann man jedes Theilchen,
das allenfalls noch groß genug waͤre um die Schneide des Messers zu
gefaͤhrden, mit dem Finger fuͤhlen, und durch fortgeseztes Reiben von
der Oberflaͤche des Riemens entfernen.
Fett ist aus dem Grunde besser als Oel, weil dieses nicht eintroknet, und weil
troknendes Oel das Leder zu bald hart und unbrauchbar machen wuͤrde.
Um der Schneide des Messers die hoͤchste Feinheit zu geben, gebrauchte man
bisher gepulvertes Colcothar, den feinsten Schmergel, Schwarzblei (Black-lead) etc. Ich habe alle diese Substanzen
versucht, und gefunden, daß sie weit weniger wirksam sind, als kristallisirtes
Eisentritoxid, welches die franzoͤsischen Mineralogen fer oligiste spéculaire (Eisenglanz) nennen. Man kann entweder den
in der Natur vorkommenden Eisenglanz anwenden, oder sich denselben auf folgende Art
kuͤnstlich bereiten. Man nehme gleiche Theile schwefelsaures Eisen
(gruͤnen Vitriol) und hydrochlorsaure Soda (Kochsalz), reibe beide in einem
Moͤrser, und trage sie in einem Schmelztiegel ein, in welchem man sie bis zur
Rothgluͤhhize erhizt. Es wird sich eine bedeutende Menge Daͤmpfe
entwikeln, und die Masse wird einem im Flusse stehenden Metalle gleichen. So bald
keine Daͤmpfe mehr aufsteigen, hebe man den Tiegel aus dem Feuer, und lasse
ihn erkalten. Die salzige Substanz, welche er enthaͤlt, wird violetbraun und
mit sehr stark glaͤnzenden Blaͤttchen bedekt seyn, die dem Eisenglanze
gleichen.
Diese Masse loͤse man nun in Wasser auf, um sie von allen salzigen
Nebentheilen zu befreien, und die mehr oder minder bedeutende Menge nicht
kristallisirten Oxides, welches, weil es leichter ist, im Wasser schwebend erhalten
wird, waͤhrend die glimmerartigen Blaͤttchen zu Boden fallen, davon zu entfernen.
Diese Blaͤttchen allein duͤrfen zum Schaͤrfen der Barbiermesser
aufbewahrt werden; das Uebrige gibt ein treffliches rothes Polierpulver.
Will man sich eine groͤßere Menge hiervon bereiten, so ist eine flache Schale
besser als ein Tiegel, weil sie der Luft eine groͤßere Oberflaͤche
darbiethet. Das Feuer darf weder zu heftig seyn, noch zu lange anhalten; denn sonst
wird das Pulver schwarz, außerordentlich hart, und wirkt nicht gehoͤrig. Je
mehr die Farbe sich dem violetten Aventurino naͤhert, desto besser.
Dieses Pulver darf mit keinem Fette gemengt werden: wenn jedoch der Riemen neu und
troken ist, muß derselbe etwas mit Talg gerieben und dann abgepuzt werden. Auf diese
Weise wird er immer fett genug seyn, um das Pulver fest halten zu machen. Das Messer
muß daruͤber hingleiten, ohne auf den Riemen selbst zu kommen: kaͤme
es einmal auf diesen, so muͤßte neues Pulver aufgestreut werden. Ehe man das
Messer auf der lezten Seite des Riemens streicht, um demselben die lezte
Schaͤrfe zu geben, muß es abgepuzt werdenStatt eines Riemens habe ich eine flache Metallplatte, welche aus einer
Zinn-Composition bestand, und mit Oele bestrichen war, mit vielem
Vortheile zum Streichen der Barbiermesser und chirurgischer Instrumente
anwenden sehen. Man sagt dem Leder nach, daß es die Schneide zu sehr
zuruͤnde. (D. engl. Ueb.)Herr Karl Walter zu
Landshut hat ein koͤnigl. baier. Privilegium auf Streichriemen
erhalten, die sehr wohlfeil und sehr gut sind. Wir bedienen uns derselben
seit Jahren mit vielem Nuzen. (D. deutsche Ueb.).