Titel: | Ueber verbessertes Zeichen-Papier, oder sogenannte Tablets, für Künstler. Von Georg Steart. |
Fundstelle: | Band 8, Jahrgang 1822, Nr. XLII., S. 363 |
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XLII.
Ueber verbessertes Zeichen-Papier, oder sogenannte Tablets, für Künstler. Von Georg Steart.
Aus Briefen an Arthur Aikin, Esqu., Sekretaͤr der Gesellschaft etc. im 39 Band der Transactions of the Society for Encouragement. Besonders abgedrukt in Th. Gill's technical Repository. N. II. Februar 1822. S. 148.
Die Gesellschaft belohnte Hrn. Steart mit der silbernen Isis-Medaille.
Steart über verbessertes Zeichen-Papier.
Mein Zeichenpapier oder meine
Lino-Stereo-Tablets sind entweder rauh oder
glatt; erstere haben eine Art von Korn oder
Koͤper an der Oberflaͤche um den Pinsel, die Kreide oder den Stift
desto kraͤftiger angreifen zu lassen, waͤhrend die lezteren mit
glatter Oberflaͤche vorzuͤglich zu Gemaͤhlden mit Wasserfarben
und anderen feinen und zarten Zeichnungen geeignet sind. Sie kommen nicht
hoͤher als das gewoͤhnliche geleimte Kartenpapier (pasted card-boards), und ich habe deren bereits
mehrere tausend Duzende verfertigt.
Das extra steife Zeichenpapier oder Kastenpapier (extra-stout drawing-papers or card-boards), wie man
es gewoͤhnlich nennt, wird stets durch Aufeinander leimen mehrerer
Papierblaͤtter verfertigt, wie das gewoͤhnliche geleimte Kartenpapier,
und erhaͤlt durch Pressen und Rollen seine glatte Oberflaͤche. Dieses
Leimen ist eine schmuzige Operation und veranlaͤßt viele Fehler, deren einige
sogar es unmoͤglich machen, dem Papiere die zum Zeichnen noͤthige
Vollkommenheit und Reinheit zu geben; es geschieht naͤmlich nicht selten,
daß, wenn die Arbeiter auch noch so aufmerksam sind, waͤhrend der Arbeit ein
Troͤpfchen Leim auf die Oberflaͤche des Papieres kommt, welches dem
Kuͤnstler selbst vielleicht anfangs entgeht, und das er oft zu spaͤt
erst dann entdekt, wenn das Gemaͤhlde der Vollendung nahe ist. Ein noch weit
bedeutenderer Fehler, als dieser, dem man weder vorbeugen, und den man eben so wenig
vermeiden kann, entsteht haͤufig dadurch, daß, nachdem der Kuͤnstler
Tage und Wochen auf ein Lieblings-Werk verwendet hat, wenn er einzelne
Stellen oͤfters nezen muß, um denselben die verlangte Staͤrke zu
geben, der Leim unter denselben nachlaͤßt, das obere Blatt sich
loͤset, und dadurch Blasen an der Oberflaͤche entstehen, welche sein
ganzes Werk verderben. Man hat auch nur zu oft gesehen, daß Zeichnungen auf solchem
Papiere, wenn sie in Zimmern aufgehangen sind, die selten geheizt werden, sehr bald
zu Grunde gehen, waͤhrend Kupferstiche oder Zeichnungen auf einem einfachen
Blatte Papier durchaus unverdorben bleiben; was sich sehr leicht durch die Neigung
des Leimes zur Verwitterung erklaͤren laͤßt. Ein vierter großer Fehler
ist: daß der groͤßte Theil unseres heutigen englichen Schreib- und
Zeichenpapieres hohl und schwammig ist, was davon berruͤhrt, daß es aus einem
Gemenge von Leinen und Baumwolle verfertigt wird, und die groͤßere
Elastizitaͤt der Fasern der lezteren eine engere Verbindung mit jenen des
Flachses einzugehen hindert: dadurch entsteht nun nothwendig eine ungleiche
Oberflaͤche, und ein schwammiges loͤcheriges Wesen in dem Papiere, das
von demjenigen gar sehr verschieden ist, welches, nach loͤblichem alten
Brauche in guten Papier-Fabriken, bloß aus feinen Leinen-Lumpen
verfertigt wurde. Noch ein anderes großes Unheil besteht darin, daß einige
Papier-Fabrikanten zur Chemie ihre Zuflucht nehmen, um schlechte Lumpen mit
oxidirtsalzsaurem Kalke zu bleichen, oder weiß zu machen, wodurch zwar das
Zeichenpapier sehr schoͤn in's Auge faͤllt, aber zugleich auch, da es
noch immer einen Theil von Kochsalzsaͤure enthaͤlt, die feinen und
zarten Toͤne der darauf aufgetragenen Farben schnell zerstoͤrt
werden.
Meine Lino-Stereo-Tablets sind von allen diesen Fehlern frei: denn,
erstens bestehen sie nicht aus uͤbereinander geleimten
Papierblaͤttern, sondern werden in gehoͤriger Dike auf einmal mittelst
der Form aus der Buͤtte geschoͤpft: alle Nachtheile des Leimens, alle
Gefahren der Abloͤsung der Blaͤtter fallen hier also weg, mag das
Papier auch noch so oft benezt werden. Zweitens sind sie bloß aus den
auserlesensten, beßten und reinsten Leinen-Lumpen, und nicht aus einem
Gemenge von Leinen- und Baumwollen-Hadern verfertigt, folglich auch
ohne allen uͤbersauren kochsalzsauren Kalk, und ohne alle Kuͤnsteleien
der Bleiche.
Die Werkzeuge, deren ich mich zur Verfertigung der
Lineo-Stereo-Tablets bediene, sind:
1) eine Form von der gehoͤrigen Groͤße, aͤhnlich der
gewoͤhnlichen Papiermacher-Form, aber bedeutend staͤrker, und
unten durch Leisten gehoͤrig gestuͤzt, so, daß sie, ohne sich zu
biegen, eine bedeutende Schwere, einen ziemlichen Druk an ihrer Oberflaͤche
ertragen kann; ihr Dekel hat anderthalb bis zwei Zoll Tiefe, um die mittelst der
Form geschoͤpfte Masse auf der Oberflaͤche derselben zu erhalten, und
dem Papiere die gehoͤrige Dike zu geben; um dikere oder duͤnnere Bogen
schoͤpfen zu koͤnnen, wird man drei oder vier solcher Dekel von
verschiedener Tiefe noͤthig haben.
2) eine zweite solche Form, oder ein Druͤker; sie ist in jeder Hinsicht der
ersten Form aͤhnlich, nur um soviel kleiner, daß sie in dieselbe einfallen,
und den Dekel auf der Oberflaͤche der ersten Form fuͤllen kann.
3) eine leichte Presse, ungefaͤhr wie eine Servietten-Presse, und groß
genug, um die Form und ihren Druͤker aufnehmen zu koͤnnen. Diese
Presse wird in eine bequeme Lage neben der Buͤtte gebracht. Statt derselben
koͤnnte man sich auch eines, an einer Rolle uͤber dem Stege auf der
Buͤtte angebrachten, Gewichtes bedienen. Ich halte aber die Presse
fuͤr weit besser.
4) Filze von der moͤglich feinsten Art, und von gehoͤriger
Groͤße sind unerlaͤßlich nothwendig.
5) ein Paar große Walzen, so wie man sie bei dem Streken feiner Metalle gebraucht,
aus Eisen oder aus Messing: sie muͤssen so genau als moͤglich
zugedreht werden, und den hoͤchsten Grad von Politur an ihrer
Oberflaͤche besizen. Ueberdieß ist noch alles andere in einer
wohleingerichteten Papier-Fabrike noͤthige Geraͤthe
unentbehrlich.
Das Verfahren bei Verfertigung dieser
Lino-Stereo-Tablets ist Folgendes: Man waͤhlt zu denselben die
beßten und weissesten Leinen-Lumpen, mit
Verwerfung aller Baumwollen-Lappen von Mousselinen, Calicos u. d. gl. Die
Leinen-Lumpen werden sorgfaͤltig sortirt, durchgesehen, gereinigt,
gewaschen und auf die in Papier-Muͤhlen erster Klasse
gewoͤhnliche Weise zu Brei gestampft.
Wenn der Brei fertig, und in der Buͤtte mit der gehoͤrigen Menge reinen
Wassers verduͤnnt ist, taucht der Schoͤpfer seine erste Form in die
Buͤtte, und schoͤpft dieselbe bis oben an den Dekel voll, haͤlt
sie horizontal, schuͤttelt sie, sachte, laͤßt das Wasser durchlaufen,
und den Zeug sich auf der Form gleichfoͤrmig eben sezen. Nachdem er dieselbe
einen Augenblik, oder ein paar Augenblike auf dem Stege ruhen ließ, wird der
Druͤker, mit seiner oberen Flaͤche nach Unten gekehrt,
sorgfaͤltig auf das geschoͤpfte Blatt aufgelegt, und mit demselben
selben unter die kleine zur Hand stehende Presse gebracht, und etwas sacht gepreßt,
um das in dem Papiere noch zuruͤkgebliebene Wasser großen Theiles zu
befestigen: hierauf wird alles aus der Presse genommen, der Dekel und der
Druͤker werden abgehoben, und der Pauscher schlaͤgt das Papier, indem
er die Form geschikt umkehrt, auf den Filz, der bereits auf einem vollkommen ebenen
Preßbrette vorgerichtet da ligt, druͤkt dasselbe mit seinen Haͤnden
auf diesen, ziemlich kraͤftig, an, und laͤßt sodann das Blatt auf dem Filze. Nun wird
die Form dem Schoͤpfer wieder zugeschoben, der auf die vorige Weise ein neues
Blatt schoͤpft. Indessen hat der Pauscher einen neuen Filz auf das so eben
von ihm aufgeschlagene Papier gelegt, und schlaͤgt auf diesen Filz wieder das
zweite Blatt, eben so wie das erste, auf, und faͤhrt mit dieser Operation
fort, bis alle Filze vollgelegt sind. Auf den obersten Filz kommt ein anderes ebenes
Brett zu liegen, und der ganze Pausch von Filzen wird auf einem Wagen, der in
Furchen laͤuft, unter die große Presse gerollt, und daselbst kraͤftig
gepreßt.
Nach dem Pressen wird man das Papier fest genug finden, um es mit Sorgfalt weiter
behandeln zu koͤnnen: man nimmt es von den Filzen ab, legt ein Blatt auf das
andere, und bildet daraus einen Pak, der neuerdings unter die Presse kommt, um das
noch uͤbrige Wasser aus demselben auszupressen. Dann wird Blatt von Blatt
abgezogen, gepreßt, und wieder abgezogen, und dieß so oft wiederholt, als
noͤthig ist, wohl beachtend, daß der Druk der Presse bei jedem neuen Pressen
verstaͤrkt werden muß, bis die Oberflaͤche des Papieres
hinlaͤnglich glatt, und eben ist. Dann wird das Papier getroknet,
zugerichtet, gepuzt, und sortirt, und in die Walzen-Muͤhle gebracht,
wo es mehrmalen unter den geglaͤtteten Zilindern durchlaͤuft, und
seine lezte Vollendung erhaͤlt.
Wenn das Papier gefaͤrbt werden soll, muß Folgendes beachtet werden:
Die Lumpen werden gereinigt, gewaschen, und auf die gewoͤhnliche Weise zu
halbem Zeuge gestampft. Nachdem man das Wasser von demselben ablaufen ließ, kommt er
in die Buͤtte, in welcher essigsaure Thonerde oder schwefelsaures Eisen als
Beize oder Grund zur Festhaltung der Farbe aufgeloͤst ist. Man laͤßt
den Zeug diese Beize gehoͤrig einsaugen, und ihn deßwegen eine halbe Stunde,
oder noch laͤnger, in derselben liegen, und dann wird die vorherbereitete
Farben-Bruͤhe nachgegossen. Der Zeug kommt hierauf in die Maschine
zuruͤk, bis er daselbst fein Zeug wird, und auf
die gewoͤhnliche Weise ferner verarbeitet werden kann.
Die Farben-Materialien, deren ich mich bediene, sind Mangrove-bark,
Querzitron-Rinde, die beßten blauen Aleppo-Gallaͤpfel,
schwefelsaures Eisen und essigsaure Thonerde. Gehoͤrige Verbindung dieser
Materialien gibt eine zahllose Menge Nuͤancen von grau, sandbraun, drab: und
diese Farben sind fester und dauerhafter, als sie es auf irgend eine andere Weise
werden koͤnnten.
De Montalt Mills, Bath, 4. Maͤrz 1819.
G. Steart.