Titel: | Ueber ein Mittel, die dynamische Wirkung (oder die Kraft, Uebers.) der Maschinen, die sich drehen, zu messen. Von Herrn de Prony. |
Fundstelle: | Band 8, Jahrgang 1822, Nr. LV., S. 431 |
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LV.
Ueber ein Mittel, die dynamische Wirkung (oder die Kraft, Uebers.) der Maschinen, die sich drehen, zu messen. Von Herrn de Prony.Wir konnten diesen Aufsatz nicht fruͤher
mittheilen, weil die dazu gehoͤrige Figur erst im April-Hefte der
Annalen vorkam, welches wir erst Ende Junius erhielten. A. d.
U.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Feb. 1822. S. 165.
Mit einer Abbildung auf Tab. VII.
de Prony über das Messen der dynamischen Wirkung der Maschinen.
Das Verfahren, wovon hier die Rede ist, diente mir sehr gut
bey Versuchen, welche ich an Dampf-Maschinen mit hohem Druke anzustellen
hatte; es gewaͤhrt den Vortheil, die dynamische
Wirkung (d.h. die Kraft, Uebers.) eines sich
drehenden Maschinen-Systems durch das Gewicht und durch die Lage einer in
Ruhe erhaltenen Masse ganz oder theilweise zu messen. Dieß geschieht zwar mittelst der Reibung; allein man
erhaͤlt doch alle verlangten Resultate, abgesehen von allen Betrachtungen
sowohl uͤber die Natur dieser Art von Widerstand, als uͤber das
Verhaͤltniß derselben zum Normal-Druke. Die Groͤßen, die sich
auf diese verschiedenen Umstaͤnde beziehen, verschwinden in der
Ende-Gleichung, eben so wie der Halbmesser des Cylinders oder der Achse, um
welche die Reibung statt hat. Folgendes ist die Beschreibung und die Theorie des
Apparates, dessen Anwendung, wie ich glaube, mehr verbreitet zu werden verdient.
Der Kreis K, K' K'' K''' stellt irgend ein System einer
sich drehenden Maschine dar, welches an der Achse ADBE, die auf
festen Stuͤzen ruht, und deren mathematische Achse A, die durch C laͤuft, horizontal ist,
befestigt ist. Dieses System und seine Achse sollen sich nach der Richtung des
angebrachten Pfeiles mit einer bestaͤndigen Winkel-Bewegung
drehen.
Die Achse ADBE umfaßt ein Zaum, welcher aus zwei
Stuͤken, GF und G'F' besteht, die unter sich parallel, und mittelst zweier Bolzen bb und b'b', verbunden
sind, deren Koͤpfe sich an den unteren Extremitaͤten b, b', befinden, und mittelst Schraubenmuͤtter,
e è, die mit einem
Schrauben-Schluͤssel gedreht werden, den Zaum nach Belieben um die
Achse anschließen lassen.
Die Stuͤke des Zaumes sind im Gleichgewichte um die horizontale Achse, welche
durch C laͤuft; d.h. ihr Schwerpunkt befindet
sich in dieser Achse; allein ein Gewicht P, das sich bei
H auf dem Arme GF
befindet, strebt das System GF
G'F' in einer der Richtung des Pfeiles entgegengesezten Richtung zu
drehen.
Man nehme an, daß der Zaum so angezogen sey, daß er auf die Achse ADBE einen Druk ausuͤbe, durch welchen eine
solche Reibung entsteht, daß, waͤhrend der Umdrehung des Systemes K, K', K'', K''', die Arme GF G'F' dieses Zaumes sich in horizontaler Lage,
und folglich das Gewicht P in einer staͤten
Hoͤhe erhalten. Erfahrung hat mir gezeigt, daß ein mittelmaͤßig
geschikter Arbeiter, der, mit einem Schraubenschluͤssel in der Hand, bei den
Bolzen bb, b'b'' steht, das
System GF, G'F'' sehr leicht
in dieser Lage erhalten kann, je nachdem er die Schrauben nach Bedarf anzieht oder
nachlaͤßt. Man muß die Vorsicht brauchen, jenen Theil der Oberflaͤche
des Zaumes, der sich auf der Achse reibt, mit Eisen- oder Kupferblech zu
belegen, um den Wirkungen der Erhizung der sich beruͤhrenden Koͤrper
vorzubeugen.
Es handelt sich nun darum, im Allgemeinen den Werth der dynamischen Wirkung zu bestimmen, welche entsteht, wenn diese Bedingungen
erfuͤllt sind.
Es sey das im Punkte H des Zaumes angebrachte Gewicht =
P.
Die Entfernung zwischen der durch den Schwerpunkt dieses Gewichtesgezogenen Senkrechten und der horizontalen Achse, die durch C laͤuft =
R.
Wenn r der Halbmesser der Achse, und π der halbe Umfang ist, dessenHalbmesser = 1 ist, so ist n eine Zahl, welche den durch einen Punkt dercylindrischen Oberflaͤche dieser Achse beschriebenen Bogen waͤhrendder Einheit der Zeit ausdruͤkt =
2πnr
Die Einheit der Kraft, oder die dynamische Einheit,auf welche man irgend eine dynamische Wirkung zuruͤkfuͤhrt,und die dem Produkte aus dem Gewichte eines beliebigen Werkes mit einerbeliebigen Hoͤhe gleich ist, auf welche man dieses Gewicht waͤhrend derEinheit der Zeit sich gehoben denkt, sey =
Q.
Die Zahl der Einheiten der Kraͤfte, welche die dynamischeWirkung mißt, um deren Bestimmung es sich handelt, sey =
M.
Ich nenne dΠ den Normal-Druk, welcher
von einem der Bestandtheile des Theils der Oberflaͤche des Zaumes, der mit
der Achse in Beruͤhrung steht, auf den correspondirenden Bestandtheil der
Oberflaͤche dieser Achse hervorgebracht wird. Dieser Druk dΠ, welcher uͤberhaupt auf einem
Punkte der in Beruͤhrung stehenden Oberflaͤchen anders seyn kann, als
auf dem andern, erzeugt, durch die Reibung, eine Tagential Kraft, die ich dF nenne. Nun ist es aber unbestreitbar, daß, das
Gesez der Veraͤnderung der normalen Druke dΠ, und das Gesez der Verhaͤltnisse zwischen diesen Druken
und den Tagential-Kraͤften dF mag
was immer fuͤr eines seyn, 1tens jede dieser lezteren Kraͤfte ein
Moment auf die horizontale Achse, die durch den Punkt C
laͤuft, besizt, welches gleich ist rdF, und
daß folglich die Summe ihrer Momente, in dem ganzen Umfange der in Beruͤhrung
stehenden Flaͤchen genommen, gleich ist rF.
2tens, daß der Werth der Summe rF unwandelbar ist,
so lange die Balken des Zaumes sich in einer horizontalen Lage befinden, und daß
folglich das Gewicht P weder steigt noch faͤllt;
daß folglich, indem die Staͤtigkeit dieser Lage und dieser Hoͤhe
einzig und allein von den Kraͤften dF
abhaͤngt, die Bedingungen des Gleichgewichtes zwischen diesen Kraͤften
und dem Gewichte P vorhanden sind, woraus
PR = Fr; daher auch F = PR/r,
indem die Summe der Momente des Systemes der Massen des Zaumes
= Null ist, weil der Schwerpunkt dieses Systemes sich auf der Achse befindet, welche
durch C laͤuft.
Ich bemerke nun, daß die Tagential-Kraft dF,
waͤhrend der Einheit der Zeit, auf einen Guͤrtel, als Bestandtheil der
cylindrischen Oberflaͤche der Achse, wirkt, dessen Laͤnge gleich ist
2nπr; die dynamische Wirkung dieser Kraft hat also, in Einheiten
ihrer Art, einen Werth der gleich ist
Textabbildung Bd. 8, S. 434
und die Gesammtzahl M der dynamischen Einheiten, welche waͤhrend der Zaum in
seiner horizontalen Lage erhalten wird, vorhanden sind, ist durch die Gleichung
Textabbildung Bd. 8, S. 434
gegeben, oder, wenn man fuͤr F den Werth desselben
Textabbildung Bd. 8, S. 435
Man sieht, daß Alles, was auf Betrachtung der Reibung Bezug hat, aus dieser
Ende-Gleichung verschwunden ist, und daß selbst der Halbmesser der Achse r sich nicht mehr in derselben befindet. Der Werth von
M haͤngt folglich einzig von dem Gewichte P, von der Entfernung R der
Senkrechten, die durch den Mittelpunkt der Schwere desselben geht, von der
Umdrehungs-Achse (im Verhaͤltnisse zum Umfange 2πR, der mit dem Halbmesser R beschrieben ist) und von der Zahl n ab, die bekannt ist, sobald man weiß, wie viel das
sich umdrehende System in einer gegebenen Zeit Umdrehungen macht; wenn K die Zahl dieser Umdrehungen, und t die Zahl der Einheiten der Zeit ist, waͤhrend
welcher sie Statt haben, so hat man
n = k/t.
Wenn man von der Wirkung einer Dampf-Maschine
spricht, so schaͤzt man gewoͤhnlich diese Wirkung nach Pferden, und sagt, eine Maschine von 10, 20, 30
u.s.w. Pferden. Nach dieser Schaͤzung werden die Preise dieser Maschinen
zwischen den Fabrikanten und den Kaͤufern verabredet. Um mit dieser Einheit
der Kraft einen bestimmten Begriff zu verbinden, ist man uͤberein gekommen,
die Hebung eines Gewichtes von 80 Kilogrammen auf ein MetreEin Kilogramm ist gleich 2 Pf. 9 Lth. 34 Gr.
Wiener Apotheker Gew. Ein Metre = 3,1635 Wiener Fuß. A. d. U.
Hoͤhe
waͤhrend einer Sekunde, oder 1/80400 eines mittlern Tages, durch den Ausdruk:
Kraft eines Pferdes, zu bezeichnen.
Diese Uebereinkunft gibt, wenn man, als Einheit der Zeit die
Sexagesimal-Sekunde oder den 86400sten Theil eines mittleren Tages annimmt,
Q = 80 Kilogr. XI Metr. XI''Diese Schaͤzung der Kraft eines
Pferdes, auf die Bewegung einer sich drehenden Maschine angebracht, ist
uͤbertrieben; man kann sie indessen als Einheit
der Nominal-Kraft betrachten. Ein an einem
Pferde-Goͤpel angespantes Pferd gibt, wo es acht Stunden lang
arbeitet, in jeder Sekunde eine Wirkungs-Menge (oder aͤussert in jeder Sekunde eine
Kraft, uͤ) die ungefaͤhr 40
Kilogramme ist. Vergl. Additions de M. Navier a l'Arch. hydr. de Bélidor
T. 1. p. 396. A. d. O.; und
da das Metre und Kilogramm die respektive Einheit der Linie und des Gleichgewichtes
ist, so werden die vorhergehenden Gleichungen
M = AnPR; R = BM/nP . . . . (2).
A = 0,0785398; B = 1/A = 12,7324.
Log. A = 2,8950899Log. B = 1,1049101
Die Charakteristik allein ist im Log. A negativ.
Wenn man die Einheit der Kraft der dynamischen Wirkung,
welche ein Mensch hervorzubringen vermag, der eine sich drehende Maschine bewegt,
bestimmen will, so kann man diese Wirkung an Zahnraͤdern oder Trommeln und an
Kurbeln betrachten.
Die Erfahrung hat gelehrt, daß, im ersten Falle, wenn das Gewicht eines Menschen
unten am Rade angebracht ist, die Wirkungs-Menge waͤhrend einer
Sekunde (die Sekunde als Einheit der Zeit angenommen) gleich ist der Hebung eines
Gewichtes von 12 Kilogrammen auf eine Hoͤhe von 0 Metre, 70; dieß gibt
Q = 12 Kil. × 0 Metre, 70
× 1'' = 8,40;
und die Gleichungen (1) werden
M = anPR; R = bM/nP . . . (3)
a = 0,7479984; b = 1/a = 1,3369.
Log. a = 1,8739006.
Log. b = 0,1260994.
Im zweiten Falle, bei Anwendung auf die Kurbel, ist die Wirkungs-Menge in
einer Secunde Zeit gleich der Hebung eines Gewichtes von 8 Kilogr. auf eine
Hoͤhe von 0 Metre, 75 H.; dieß gibt Q = 8
× 0,75 × 1'' = 6,00, und die Gleichungen (1) werden
M = αnPR; R = βM/nP (4)
α = 1,049198; β = 0,95493.
Log. α = 0,200286.
Log. β = 1,9799714.
Ein Mensch, der nur mittlere Staͤrke besizt, kann, ohne sich zu
uͤberarbeiten, wo er nur dynamische Wirkungen von obigem Werthe hervorbringen
soll, acht Stunden im Tage arbeiten.
Beispiele. Man seze, das sich umdrehende System mache in
Einer Minute, oder in 60'', 18 Umdrehungen, und der Zaum behalte seine horizontale
Lage, wenn ein Gewicht von 70 Kilogr. in einer Entfernung von 2 Metres, 214 von der
Umdrehungs-Achse angebracht ist, so wird man erhalten:
n = 18/60; P = 70; R = 2,214;
und wenn man diese Werthe in der ersten Gleichung (2)
substituirt,
Textabbildung Bd. 8, S. 437
die dynamische Wirkung ist also jene von drei Pferden und
65/100.
Die Gleichung
R = BM/nP
kann zur Bestimmung der Entfernung dienen, in welcher man,
wenn die mit n im Verhaͤltnisse stehende
Winkel-Geschwindigkeit gegeben ist, ein bestimmtes Gewicht anbringen muß,
damit dieses Gewicht mit einer gleichfalls bestimmten Menge von Pferden im
Gleichgewichte ist. Man seze, man wolle, bei 20 Umdrehungen waͤhrend einer
Minute, den Punkt finden, auf welchem 20 Kilogramme einem Pferde gleich sind; so hat
man M = 1, P = 20, n = 20/60, und bekommt, durch die Gleichung (2),
R = 60B/400
= 3B/20 = 1 Metre, 90986.
Bei dieser Annahme von Winkel-Geschwindigkeit wuͤrde also ein Gewicht,
dessen Schwerpunkt in einer Entfernung von 1 Metre 91 von der vertikalen Ebene,
welche durch C geht, angebracht ist, eben so viele
Pferde ausdruͤken, als es vielmal 20 Kilogramme enthaͤlt.
Wenn man in der ersten Gleichung (3) die numerischen Werthe, die oben zur Anwendung
der ersten Gleichung (2) dienten, substituirt, so wird die Zahl der Menschen, zu der aus dieser ersten Gleichung (2)
hergeleiteten Zahl der Pferde sich verhalten, wie 0,748 :
0,079, wie ungefaͤhr 9 1/2 : 1.
Dieselben Daten auf die erste Gleichung (4) angewendet geben, hinsichtlich des
Verhaͤltnisses der Zahl der Menschen gegen jene der Pferde, wenn dieselbe
dynamische Wirkung hervorgebracht werden soll, 1,047 : 0,079; ungefaͤhr 13 1/2 : 1Im Allgemeinen werden, wenn die gegebenen
Groͤßen n, P und R dieselben sind, die aus der ersten Gleichung (2) hergeleiteten
Zahlen der Pferde, und die ans den ersten Gleichungen (3) und (4)
hergeleiteten Zahlen der Menschen sich wie die Zahlen A, a et α verhalten, oder wie die Zahlen 10000, 95 238 und
133333. A. d. O. Es fehlt hier im Originale, wenigstens in unserem
Exemplare, eine Ziffer in der zweiten Zahl 95 238 zwischen 5 und 2. A. d.
Ueb.. Man sieht aus diesen Zusammenstellungen, daß die Nominal-Einheit, als Vergleichungs-Punkt
angenommen, bei der Schaͤzung der Wirkungen der Dampf-Maschinen, wie
ich bereits bemerkte, uͤbertrieben ist, wenn man sie auf die mittlere Kraft
eines an einen Pferdegopel gespannten Pferdes bezieht, welches 8 Stunden des Tages
arbeitet.