Titel: | Ueber die Fabrikation der Schwefelsäure in Frankreich, und über den Gebrauch derselben. |
Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. XXV., S. 188 |
Download: | XML |
XXV.
Ueber die Fabrikation der Schwefelsäure in Frankreich, und über den Gebrauch derselben.
Aus dem Dictionaire Technologique in Gill's technical Repos. Juli 1822. S. 45.
Mit Abbildungen auf Tab. IV.
Ueber die Fabrikation der Schwefelsäure in Frankreich.
Schwefelsaͤure wurde in Frankreich erst seit 40 Jahren
und auf eine noch sehr mangelhafte Weise bereitet. Die gewoͤhnliche Methode besieht darin,
daß man in eine mit Blei ausgefuͤtterte Kammer von 5–10000
Cubik-Fuß (121–243 Metres) einen eisernen Wagen rollt, der mit einem,
mit brennendem Schwefel gefuͤllten, Behaͤlter aus Guß-Eisen
beladen ist. Die Verbrennung des Schwefels wird durch Beimischung von 12,15, ja
sogar 20 p. C. Salpeter befoͤrdert. Wenn man vermuthen kann, daß die
Verbrennung voruͤber ist, und die dadurch gebildete Saͤure sich
hinlaͤnglich in einigen Zollen Wassers, mit welchem man den Boden der Kammer
bedekte, verdichtete, (denn waͤhrend der Operation sind Arbeiter damit
beschaͤftigt, mittelst eines an einer Pumpe angebrachten Gießkolbens Wasser
in die Kammer zu sprizen) so wird das Thor geoͤffnet, bei welchem der Wagen
hineingerollt wurde, dieser wieder herausgezogen, und der Ruͤkstand von der
Verbrennung abgeleert. Ehevor war man diese weg, obschon er noch 25 bis 30 p. C.
unangegangenen Schwefel und schwefelsaure Pottasche enthielt; spaͤter ward er
zum Theile auf Alaun benuͤzt. Der Behaͤlter wurde hierauf neuerdings
mit Schwefel und Salpeter gefuͤllt, und die vorige Operation mit demselben
wiederholt. Die in der Kammer enthaltene Saͤure wurde in bleiernen Beken
abgeraucht, bis dieselbe am Beauméschen Araͤometer 50° zeigte,
hierauf in glaͤsernen Retorten, 20 bis 40 in doppelte Reihen gestellt, in
einem Sandbade concentrirt, welches durch einen einzigen Herd der ganzen
Laͤnge der Oefen hin geheizt wurde, und diese Concentration wurde so lang
fortgesezt, bis es unmoͤglich ward, noch etwas Wasser von der Saͤure
abzutreiben. Dieß war, wie jezt, der Fall bei 66° Beaumé oder bei
einer specifischen Schwere von 1,845, die specifische Schwere des Wassers = 1,000.
Auf diese, von einigen Chemikern zuweilen etwas abgeaͤnderte, Weise erhielt
man aus 100 Theilen Schwefel im Allgemeinen 150–200 Schwefelsaͤure von
66°, und sehr oft mißlangen diese Operationen im Großen gaͤnzlich.
Man gab hierauf den Wagen auf, und baute einen feststehenden Ofen unter der Kammer.
Die concave Platte, auf welcher der Schwefel ausgebreitet wurde, wurde durch einen
darunter stehenden Ofen erhizt. Das Verbrennen von 100 Theilen Schwefel mit 10 bis
12 Salpeter wurde durch eine kleine Thuͤre, die man gelegentlich
oͤffnete, unterhalten und geregelt. Ein Loch, zwei Zoll uͤber der
Oberflaͤche des Schwefels, gewaͤhrte der aͤußeren Luft
bestaͤndigen Zutritt, und ein Kamin an der entgegengesezten Seite der Kammer
erzeugte einen Luftzug, welcher haͤufig die nicht verdichteten sauren
Gasarten abfuͤhrte. Diese Gasarten fallen, zumal bei feuchtem Wetter, in
einiger Entfernung von dem Gebaͤude nieder. In der Kammer bleibt einige Zoll
tief Saͤure zuruͤk, und, je nachdem die Kammer und die Erzeugung groß
ist, wird taͤglich eine verhaͤltnismaͤßige Menge abgezogen, und
auf obige Weise in den Retorten concentrirt. Dieses Verfahren, an welchem zeither
einige nuͤzliche Veraͤnderungen getroffen wurden, (unter welchem jene
eines einzelnen Platinna-Kessels an der Stelle von 20 bis 40 Retorten die
wichtigste ist) ist bisher noch immer das Allgemeine. Man erhaͤlt hiedurch
aus 100 Theilen Schwefel 250 bis 260 – Saͤure von 1,845 specif.
Schwere, oder 66° Beaumé. Nach den bisher bestimmten
Verhaͤltnissen sind die eigentlichen Menge
des Schwefels
100
Sauerstoffes
150
Wassers
62,50
–––––
312,50.
Genauer laͤßt sich die Rechnung fuͤr Erzeugung im Großen nicht
treiben.
Beschreibung des Apparates. Fuͤr eine Kammer A (sieh Tab. IV. Fig. 1) von 20,000
Cubik-Fuß Inhalt sind 50 Fuß Laͤnge, und 27 Fuß Breite bei 15 Fuß
Hoͤhe die schiklichsten Maße. Allerdings kann man auch in einer Kammer, die nach anderen
Verhaͤltnissen gebaut ist, diesen Proceß durchfuͤhren: nach
sorgfaͤltig angestellten Beobachtungen hat man aber gefunden, daß, wenn
derselbe sicher gelingen soll, die Verhaͤltnisse den so eben angegebenen nahe
kommen muͤßen. Ein bleierner Cylinder B, 8 Fuß im
Durchmesser, und 6 Fuß hoch, 10 Zoll uͤber das Floͤz CC aufsteigend, ist an einem Ende der Kammer
angebracht. Das untere Ende des Cylinders, DD, ist
nach Innen aufgebogen, so daß er einen kreisfoͤrmigen Kayal oder einen Graben
EE bildet, welcher mit dem Cylinder
concentrisch ist, in welchem sich stets eine schwache Saͤure sammelt. GG kann aufgefuͤhrt werden, um zu
verhindern, daß der bleierne Cylinder nicht zu heiß, und doch durch die immer
erzeugte Hize gehoͤrig gewaͤrmt wird. Das Ganze wird durch die
Ziegel-Mauer H getragen, in deren Mitte eine
kreisfoͤrmige Platte von Gußeisen, K, ruht,
welche 3 Fuß 4 Zoll im Durchmesser haͤlt, 1 Zoll dik und oben etwas concav
ist, an ihren Kanten aber 3 Zoll uͤber dem Feuerherde LL steht, welcher die ganze untere Flaͤche
des Bodenstuͤkes waͤrmen soll. In gleicher Hoͤhe mit der Kante
dieser Platte ist die Thuͤre M in dem bleiernen
Cylinder angebracht, 2 Fuß hoch und 18 Zoll breit, mit einer 1 Zoll im Durchmesser
Haltenden Oeffnung an ihrem unteren Theile. An dem anderen Ende der Kammer sind 2
Wasser-Klappen, P, von 18 Zoll im Durchmesser,
uͤber welche 2 hoͤlzerne Schornsteine Q
angebracht sind, hoch genug, um einen sehr starken Luftzug zu veranlassen: also
wenigstens 15 Fuß hoch.
Nach dem alles so vorgerichtet, und Thuͤre und Schornstein geschlossen ist,
wird das Feuer unter der Platte angeschuͤrt, und nachdem diese so heiß
geworden ist, daß Schwefel, den man darauf wirft, sich augenbliklich
entzuͤndet, wird dieser darauf aufgeschuͤttet: 50 Kilogramme sind zu
jedem Abbrennen noͤthig. Zu gleicher Zeit wird eine im Sandbade befindliche Retorte, R, welche 4 Kilogramme, und 300 Gramme
Salpetersaͤure, und 500 Gramme (ein halbes Kilogramm) Melasse,
gehoͤrig mit der Salpetersaͤure gemischt, enthaͤlt, gehizt, und
das salpeterige Gas, welches sich daraus entwikelt, mittelst einer Roͤhre in
den unteren Theil des bleiernen Cylinders, 2 Fuß uͤber dem brennenden
Schwefel, geleitet. Mit dieser Operation wird fortgefahren, bis alles salpeterige
Gas aus der oben beschriebenen Mischung ausgetrieben ist. Aus dem Ruͤkstande
erhaͤlt man Sauerklee-Saͤure.
Ungefaͤhr zwei Stunden nach dem Anfange des Versbrennens des Schwefels wird
der Hahn eines Dampf Kessels S geoͤffnet, dessen
Roͤhre in die Mitte der Kammer reicht. Diese Roͤhre T hat einen Zoll im Durchmesser, an ihrer
Muͤndung U in der Kammer aber nur mehr 6 Linien
(13 Millimetres), damit der Dampf mit Gewalt ausfaͤhrt. Mit dieser
Einsprizung des Dampfes muß so lang fortgefahren werden, bis aller zur Aufnahme der
Saͤure noͤthige Dampf in die Kammer gebracht ist. Die hiezu
noͤthige Menge betraͤgt 50 Kilogramme, und die Oberflaͤche des
hiezu noͤthigen Kessels 5 Quadrat Schuhe.
Einige Minuten nach Anfange der Einfuͤhrung des Dampfes in die Kammer bemerkt
man eine Verdichtung in dem Inneren desselben. Das kleine Loch N in der Thuͤre des Cylinders muß dann
geoͤffnet werden, um der atmosphaͤrischen Luft freien Zutritt zu
verschaffen. So wie der Dampf eingeleitet wird (das Verbrennen des Schwefels und die
Entwikelung des Salpetergases braucht kaum 2 Stunden) beginnt, da alles geschlossen
ist, die Verdichtung, und wenn diese aufgehoͤrt hat, wird die Thuͤre
des Cylinders mit den beiden Schornsteinen geoͤffnet, um die Luft in der
Kammer so vollkommen als moͤglich zu reinigen, und zu erneuen, ehe irgend
eine neue Operation unternommen werden kann. Diese Operation kann vielmal in 24 Stunden
unternommen werden; es ist indessen sehr schwer, dieselbe so schnell auf einander
folgen zu lassen. Leichter geht es mit dreien, und man erhaͤlt bessere
Resultate. Ja es ist sogar noch besser, nur zweimal waͤhrend 24 Stunden zu
brennen, weil dabei weniger Sorgfalt noͤthig ist, und weniger Unfaͤlle
zu besorgen sind, die Verdichtung vollkommner geschieht, und das Blei der Kammer,
weniger haͤufig der Ausdehnung und Zusammenziehung bloß gestellt, weniger
dabei leidet.
Der ganze Boden der Kammer muß stets mit einer Schichte von Fluͤßigkeit bedekt
seyn. Da dieser Boden eine Neigung von 18 Centimetres besizt, so wird diese
Schichte, VV, an einem Ende 22 Centimetres in der
Tiefe halten, an dem anderen Ende aber nur vier. Man darf daher niemals so viel
Fluͤßigkeit abziehen, daß die in der Kammer enthaltene unter die oben
angegebene Hoͤhe herabsaͤnke. Die taͤglich abgezogene
Saͤure muß 40° Beaumé zeigen; sie kann noch hoͤher
gebracht werden, und einige Chemiker thun dieß auch wirklich, in der Absicht, das in
der Folge bei der Concentration noͤthige Feuerungs-Material zu
ersparen; sie erhalten aber weniger Saͤure, und, wenn sie dieselbe in der
Kammer auf 50 und mehr Grade getrieben haben, so verschlingt sie, bei einer solchen
specifischen Schwere, einen Theil salpetersaures Gas wovon man sie in der Folge bei
der Concentration nicht mehr befreien kann. Die Vermeidung dieser Nacktheile
entschaͤdigt vollkommen fuͤr die Auslagen bei der Abrauchung, welche
man durch dieselben zu ersparen wuͤnschtMan hat in Deutschland einige andere Vorrichtungen in den Blei-Kammern
zur bessern Contensirung der Schwefel-Daͤmpfe in Anwendung
gebracht. Die Folgende verdient mehr gekannt zu wer den: Auf dem Boden der
Bleikammer A, Fig. 5 Tab. IV.
sind ausgebogene Kanten von Bleiplatten aa, die Kanaͤle bilden, welche außer der
Blei-Kammer cylinderfoͤrmig hervorragen. Diese
cylinderfoͤrmige Behaͤlter bb dienen zur Aufnahme der Gefaͤße mit
Salpetersaͤure, und derer, in denen der Schwefel verbrannt wird. Die
Schwefel-Daͤmpfe ziehen durch hie Oeffnung cc in die Kanaͤle aa, uͤber welche bleierne Kappen
dd befestigt sind, an denen sich die
Schwefel-Daͤmpfe herunter ziehen, und von der nahen, auf dem Boden der Blei-Kammer
befindlichen, Fluͤßigkeit angezogen
werden. B, ist der Querdurchschnitt der
Bleie-Kammer mit den zu beiden Seiten angebrachten Vorstoͤßen
zur Verbrennung des Schwefels; C, der
Durchschnitt der Kanaͤle mit den daruͤber befindlichen Kappen
oder Gewoͤlben. D. ist die Vorrichtung
zur Aufnahme der Salpetersaͤure und des zu verbrennenden Schwefels,
nach einem groͤßern Maaßstabe gezeichnet. Der cylinderfoͤrmige
Behaͤlter ist an seinem oberen Rande mit einem Kanaͤle ee, zur Wasseraufnahme, versehen. Der
darauf gehoͤrige Dekel f hat einen Reif
g, welcher beim Auflegen in das in dem
Kanaͤle ee befindliche Wasser
taucht, und dadurch den Behaͤlter luftdicht verschließt. N ist das zur Aufnahme der
Salpetersaͤure, und des zu verbrennenden Schwefels bestimmte
Gefaͤß, dessen Daͤmpfe durch die Oeffnung c in die Kanaͤle aa ziehen. In die Vorstoͤße b, b, werden abwechslungsweise Porzelan-
oder Steingut-Gefaͤße mit Salpetersaͤure und eiserne
oder gebrannte Thon-Gefaͤße mit dem vorher auf
Kohlen-Feuer besonders erhizten, Schwefel gestellt, welchen man, vor
dem Verschließen mit dem Dekel f,
anzuͤndet. Das Verbrennen des Schwefels wird ununterbrochen
fortgesezt, und nur dann eine neue Quantitaͤt Salpetersaͤure
wies der in die Gefaͤße gegeben, wenn ein bestimmtes Gewicht von
Schwefel verbrannt ist. Vielleicht ließen sich beide Methoden vereinigen,
wodurch der Prozeß sicherer gefuͤhrt werden koͤnnte. D..
Eine Art von Probe der Reinheit der Schwefelsaͤure, deren man sich im Handel
bedient, und wodurch dieselbe auch hinlaͤnglich erwiesen wird, ist die
Eigenschaft der reinen Schwefelsaͤure, den Indigo aufzuloͤsen, ohne
daß die schoͤne blaue Farbe dadurch veraͤndert wuͤrde. Die auf
obige Weise erhaltene Schwefelsaͤure fuͤhrt kaum eine Spur von
schwefelsaurem Kalke bei
sich, weil beinahe alles Wasser in Dampft Gestalt, folglich als destillirtes Wasser,
zugesezt wurde.
Wenn, entweder um die noͤthigen Ausbesserungen an dem Boden der Kammer
vorzunehmen, oder aus was immer fuͤr einem Grunde alle Saͤure aus der
Kammer abgezogen werden muß, so muß, ehe man eine neue Operation beginnt, der ganze
Boden mit schwacher Schwefelsaͤure von 10 bis 12° Beaumé bedekt
werden; denn wenn man Wasser allem, oder gar nichts zur Dekung nimmt, so ist man
sehr der Gefahr ausgesezt, wenig oder gar keine Saͤure zu erhallen. Eben
diese Gefahr hat auch dann Statt, wo man die Operation bei sehr kaltem und trokenem
Wetter anfaͤngt, ohne vorher die Kammer durch Einleitung von Daͤmpfen
in dieselbe er, waͤrmt zu haben. Fabrikanten, die diese Vorsicht
vernachlaͤßigten, haben die Frucht ihrer Arbeit dadurch oft gaͤnzlich
Verloren, waͤhrend sie, ohne dieses Versehen, die schoͤnsten Resultate
erhalten haben wuͤrden. Man darf nie vergessen, daß Wasser und Waͤrme
unerlaͤßliche Bedingungen zur Bildung der Schwefelsaͤure sind. Ein
sonderbarer Umstand hat sich oͤfters in jenen Fabriken ereignet, wo man, wie
man zu sagen pflegt, bei stetem Zuge (à courant continu) arbeitet. Man sah
naͤmlich, daß bei trokenem Wetter, und vorzuͤglich waͤhrend des
Frostes, die Kammern, in welche die Produkte der Schwefel und
Salpeter-Verbrennung auf die gewoͤhnliche Weise geleitet wurden, auch
nicht die geringste Menge von Schwefelsaure verdichteten: diesen Zufall nannte man
zu Marseille die Stuben-Krankheit (Maladie des chambres). Man fand kein anderes Mittel, als
das Werk fuͤr einige Zeit uͤber still stehen zu lassen; wenn man dann
spaͤter wieder die Arbeit anfing, hatte dieser Zufall nicht mehr Statt. Das
beßte Mittel, demselben dann, wenn er einzutreten droht, vorzubeugen, ist, eine
hinlaͤngliche Menge Dampf in die Kammer einzulassen, so daß sie in ihrem
Inneren gehoͤrig feucht und warm wird.
Die Concentration der Schwefelsaͤure wird in bleiernen Kesseln begonnen, deren
Oberflaͤche so groß ist, daß die in denselben enthaltene Saͤure nur 30
Centimetres tief steht. In diesen Kesseln wird die Saͤure durch Abrauchung so
lang concentrirt, bis sie an Beaumés Ardometer 50° Grad steigt;
hierauf wird sie in ein Gefaͤß von Platinna, von der gewoͤhnlichen
Form einer Retorte abgezogen. Dieß Gefaͤß muß in zwei Dritteln seiner
Hoͤhe ungefaͤhr den vierten Theil der taͤglichen Erzeugung der
Fabrik fassen, wenn viermal in derselben gebrannt wird: wenn alles gehoͤrig
vorgerichtet ist, kann aber leicht auch sechsmal des Tags gebrannt werdenDieß steht mit den obigen Bemerkungen im Widerspruche. A. d. Ueb.. Auch der Kopf (Helm) der Retorte ist von Platinna, und leitet die Dampfe in
eine bleierne Schlangen-Roͤhre, in welcher sie verdichtet werden. Es
geht waͤhrend der Destillation eine hinlaͤngliche Menge Saͤure
uͤber, um die Verdichtung der Daͤmpfe der Muͤhe werth zu
machenBei der Temperatur, bis zu welcher die Schwefelsaure waͤhrend ihrer
Concentration erhizt wird, verbindet das Blei sich mit der Platinna und
macht dieselbe schmelzbar. Es geschah bereits in einigen Fabriken, daß
kleine Blei-Theilchen in die Platinna-Gefaße fielen, und
Loͤcher von der Groͤße mehrerer Millimetres in denselben
erzeugten. Der Gebrauch des Bleies sollte also sorgfaͤltig vermieden,
(was wohl nicht leicht moͤglich ist. Ueb.) und alle zufaͤllig
entstandene Loͤcher oder Spruͤnge muͤßen durch
Einloͤthung kleiner Platinna-Stuͤkchen, wobei man sich
des Goldes als Lothes bedient, geschlossen werden. A. d. O..
Nachdem die. Saͤure ihren Concentrations-Punkt erreicht hat, wird sie
aus dem Destillir-Gefaͤße mittelst eines zu denselben passenden
Platinna-Hebels abgezogen. Der Arm des Hebers ist von aussen seiner ganzen Laͤnge nach
(ungefaͤhr 2 Metres) mit einer doppelten kupfernen Roͤhre
uͤberzogen, durch welche ein Strom von kaltem Wasser laͤuft, so daß
die Saͤure, wenn sie das Ende des Hebers erreicht, hinlaͤnglich
abgekuͤhlt ist, um die steinernen Behaͤlter, in welchen sie aufbewahrt
wird, nicht zu zersprengen. Aus diesen wird sie sodann in die steinernen
FlaschenIn den Ober- und Niederrheinischen Departements, in der Schweiz u.a.
a. O. wird die Schwefelsaͤure in glaͤsernen Ballon's, in mit
Stroh ausgefuͤllten, Weiden-Koͤrben verpakt, versendet.
D. abgezogen, welche mit Stroh in Koͤrbe gepakt werden, die mit
Handhaben versehen sind. Die Flaschen werden mit irdenen, mit Thon bedekten,
Stoͤpseln geschlossen, und dann in grobes Paktuch eingeschlagen, und
geschnuͤrrt. In diesem Zustande werden sie zu Markte gesendet.
Es gibt zweierlei Methoden, die Kammern mit Blei auszukleiden: wir wollen beide
beschreiben, in dem die Erfahrung noch nicht entschieden hat, welcher von beiden wir
den Vorzug geben sollen. Die aͤlteste in Frankreich bekannte Methode ist
diese: die Bleiplatten, welche den Boden der Kammer bilden, werden dadurch
verbunden, daß man sie an ihren Kanten so umbiegt, daß sie an den Fugen
kegelfoͤrmige, 4 Centimetres weite und 5 Centimetres tiefe, Rinnen bilden:
die ganze innere Oberflaͤche dieser Rinne wird gehoͤrig abgekrazt, und
mit Loch gefuͤllt, welches aus zwei Theilen Blei und einem Theil Zinn
besteht. Die Bleiplatten fuͤr die Waͤnde der Kammer werden mittelst
aͤhnlicher Rinnen verbunden, und in Holzwerk eingelassen. Der obere Theil
oder die Deke der Kammer wird von 16–18 Centimetres breiten, gebogenen
Bleiplatten gebildet, welche aussen an der Kammer zwischen zwei Stuͤken
Holzes befestigt sind, deren Laͤnge mit jener der Kammer im
Verhaͤltniß steht: die beiden Bleiplatten werden dicht an diese Holzstuͤke
angeschlagen, und lassen konische Rinnen zwischen sich, welche mit dem oben
angegebenen loche ausgefuͤllt werden muͤßen. Diese Art von
Austaͤfelung verbindet mit vieler Leichtigkeit in der Ausfuͤhrung
zugleich hohe Dauerhaftigkeit: indessen hat man neuerlich, um sowohl das Loch als
die Arbeits-Kosten zu ersparen, ein anderes Verfahren hiebei eingeschlagen,
welches in der Art der Vereinigung der Bleiplatten von der vorigen abweicht, die
hier mittelst des sogenannten englischen Lothes auf
folgende Welse geschieht:
Nachdem die Bleiplatten laͤngs ihren Kanten in der Breite von vier Centimeters
gehoͤrig abgekrazt wurden, werden die beiden, gehoͤrig auf einander
gepaßten, Theile horizontal uͤber einander gelegt, und etwas reines
geschmolzenes Zinn zwischen dieselben eingelassen: der groͤßte Theil
desselben wird hierauf durch einen starken Druk wieder herausgedruͤkt. Die
auf diese Weise vereinigten Platten werden oben an der Kammer seitwaͤrts
mittelst bleierner Ringe, die ein Stuͤk Holz umfassen, und an jedem Ende an
die Bleiplatten angeloͤthet sind, festgehalten. Diese Art von
Bleifuͤtterung ist wohlfeil und dauerhaft, aber schwierig in ihrer
Ausfuͤhrung; denn, wenn z.B. nicht der groͤßte Theil des Zinnes, das
man zwischen die Kanten der Bleiplatten einrinnen ließ, herausgepreßt wird, so
loͤset die Schwefelsaure bald dasselbe auf, und findet daselbst einen
Ausweg.
Man mag uͤbrigens was immer fuͤr eine Bauart bei diesen Kammern
befolgen, so ist es noͤthig, daß sie auf allen Seiten von dem
Gebaͤude, in welchen sie sich befinden, frei stehen, damit man jede Stelle an
denselben, welche entweder aus Fehlern im Baue, oder durch Abnuͤzung, oder
durch unwahrnehmbare Fehler in den Bleiplatten, oder aus was immer fuͤr eine
Ursache schadhaft geworden sind, alsogleich entdeken, und ausbessern kann.
Kennzeichen. Die in dem Handel verkaͤufliche, und
in den Kuͤnsten gewoͤhnlich gebraͤuchliche,
Schwefelsaͤure ist weiß, geruchlos, von einer sirupartigen Consistenz; ihre
specifische Schwere (jene des Wassers zu 1000 angenommen) ist 1,845; sie wird bei
hoͤherer Temperatur verfluͤchtigt, und ihre Dampfe sind weiß, scharf
und kraͤftig auf die thierische Oekonomie einwirkend. Man erkennt ihr Daseyn
durch Baryt-Aufloͤsung oder durch aufloͤsbare salpetersaure
Baryt-Salze, mit welchen sie unaufloͤsbare Niederschlage bildet. Sie
dient als Mittel die Saͤttigungs-Kraft der im Handel vorkommenden
Laugensalze und den relativen Werth derselben zu bestimmen, und, umgelehrt, kann man
ein Laugensalz zur Bestimmung der Menge der wirklichen Saͤure in
Schwefelsaͤuren von verschiedenem Grade und von verschiedener Staͤrke
benuͤzen. Wenn man z.B. dieselbe mit kristallisirter basischer kohlensaurer
Soda als Aequivalent von 28 Centimen reiner Schwefelsaͤure oder 35/100
Schwefelsaͤure von 66° gefunden hat, so ist es offenbar, daß 100
Theile basischer kohlensaurer Soda das AequivalentAeqnivalent fuͤr 28 Theile wirklicher Schwefelsaͤure sind, oder
fuͤr 35 von 66°Es heißt im Originale; „or 35 to 60“ ; es muß aber offenbar
heißen: or 35 of
66°. A. d. Ueb.; die gesammte bei dem Versuche angewendete Menge basischer kohlensaurer
Soda, welche die verhaͤltnißmaͤßige correspondierende Menge der reinen
Schwefelsaͤure oder der Schwefelsaͤure von 66 Grad anzeigt.
Gebrauch. Unter allen Saͤuren ist
Schwefelsaͤure diejenige, die am haͤufigsten gebraucht wird; denn man
bedarf derselben zur Erzeugung beinahe aller uͤbrigen, um diese aus ihren
Verbindungen zu entwikeln: durch sie wird, im Großen, Salpetersaͤure,
Hydrochlorsaͤure, Schwefelwasserstoffsaͤure, Weinsteinsaͤure,
Essigsaͤure etc. erzeugt; man braucht sie in Alaunsiedereien, Kupfer-
und Zinkvitriol-Fabriken und zur Erzeugung von schwefelsaurer Pottasche und
Soda; bei Bildung des Schwefel-Aethers, des Alkohols, des Zukers aus der
Staͤrke, des Phosphors; man braucht sie zum Auftreiben der Haͤute bei
dem Gaͤrben; zur Reinigung der Metalle; zur Untersuchung der Natur so vieler
Salze, deren Saͤure man durch dieselben ausscheidetAuch mit großem Vortheil zum Bleichen der vegetabilischen, und als
schwefelige Saͤure zum Bleichen der animalischen Stoffe. D..
Theorie der Bildung der Schwefelsaͤure. Die jezt
angenommene Theorie ist jene, welche die HHn. Désormes
und Clément aufstelltenEinige Jahre spaͤter hat Hr. Pluvinet
dieselbe Erklaͤrung in einem Schreiben an Hrn. Grafen Chaptal, Sen.,
uͤber die Eigenschaften des Schwefels gegeben. A. d. O.. Diese Chemiker dachten, daß das salpeterig saͤure Gas, und das
schwefelig saͤure Gas durch Beihuͤlfe von etwas Wasser, so bald sie
mit einander gemengt sind, auf einander wirken, und daß aus dieser Einwirkung eine
Verbindung von Schwefelsaure und Deuteroxid von Stikstoff und Wasser hervorgeht;
eine Verbindung, welche durch Zusaz einer groͤßeren Menge von Wasser
augenbliklich zersezt, und aus welcher die Schwefelsaure in fluͤßiger Form
sich scheiden, und das Deuteroxid Stikstoff-Gas frei zuruͤklassen
wird. Dieses wird aber mit dem Sauerstoffe der Atmosphaͤre wieder
salpeterigsaures Gas bilden, und, unter die vorigen Umstaͤnde
zuruͤkversezt, wieder neuerdings auf dieselbe Weise auf das salpeterigsaure
(schwefelig saͤure? Uebers.) Gas zuruͤkwirken, dieselbe Verbindung
erzeugen, und durch diese dieselben Produkte liefern; und diese abwechselnden
Ein- und Gegenwirkungen werden so lang fort waͤhren, bis alles
schwefeligsaure Gas, oder der Sauerstoff der atmosphaͤrischen Luft
zerstoͤrt ist.
Um zu beweisen, daß dieses in den Kammern wirklich so Statt hat, mengten sie in einer
durchsichtigen Retorte die drei Bestandtheile, Stikstoff-Deuteroxid, die
schwefelige Saͤure und Luft. Die Bildung rother Daͤmpfe zeigte
augenbliklich die Verwandlung des Stikstoff-Deuteroxides
(Salpeter-Gases) in salpeterig saures Gas. Spaͤter fing die
Ein- und Gegenwirkung, durch Beihuͤlfe von etwas Wasser an, und es
bildeten sich weiße undurchsichtige Daͤmpfe, welche weiße
sternfoͤrmige Krystalle innenwendig an den Waͤnden der Retorte
bildeten. Das Gas wurde dann durchscheinend und farbenlos. Neuerdings hinzugeseztes
Wasser loͤste diese Krystalle mit Aufbrausen auf, und die rothen
Daͤmpfe kamen neuerdings zum Vorscheine. So wechselten diese Erscheinungen
ab, bis aller Sauerstoff aus der Luft, und das schwefeligsaure Gas verzehrt war. Da
nun die noch uͤbrigen Gasarten salpeterig saures Gas und Stikstoff ohne
schwefeligsaures Gas waren, und die fettige Schwefelsaure die inneren Waͤnde
der Retorte ganz uͤberzog, so schloß man, daß diese Theorie durch Erfahrung
dargethan ist.
Hr. Gay-Lussac hat indessen einige Zweifel uͤber die Art erhoben, nach
welcher die salpeterige Saͤure bei dieser Operation wirkt. Wenn man nach der
Bildung der sternfoͤrmigen Krystalle ein Vacuum in der Retorte erzeugt, und
dieses so, dann mit kohlensaurem Gase fuͤllt, so erzeugt der Zusaz von
einigen Wassertropfen das rothe salpeterigsaure Gas, welches sich unter Aufbrausen
entwikelt. Das salpeterigsaure Gas tritt dann mit diesen Krystallen in Verbindung,
welche Désormes und Clément als Bildung der Schwefelsaͤure, und
des Deuteroxides des Stikstoffes betrachten; woher sie auch schloßen, daß das
Deuteroxid des Stikstoffes bei dieser Bildung wahrscheinlich unthaͤtig blieb,
und daß die Oxidation der schwefeligen Saͤure einzig durch die
Dazwischenkunft der salpeterigen Saͤure bewirkt wurde. Es scheint mir nicht,
daß sie zu diesem
Schluͤsse berechtigt sind: haͤtten sie alles salpeterigsaure und
schwefeligsaure Gas, und etwas Wasserdampf in die Kammer gelassen, so wuͤrde
die Bildung und Verdichtung der Schwefelsaͤure ein Vacuum gebildet haben, und
das Gas farbenlos geworden seyn. So wie die atmosphaͤrische Luft Zutritt
erhaͤlt, erscheint die Saͤure roth; die Gegenwirkung beginnt; wird der
Zutritt der aͤußeren Luft abgehalten, waͤhrend, die Verdichtung der
Schwefelsaͤure Statt hat, so wird das in der Kammer enthaltene Gas wieder
weiß und durchscheinend, auf der Stelle aber wieder roch, so bald neue Luft
verschlungen wird. Und so verschwinden die rothen Daͤmpfe so oft, als die
Verwandlung des salpetersamen (salpeterigsauren?) Gases in Deuteroxid des
Stikstoffes Statt hat; und so oft als die Wiedererzeugung des salpetersauren
(salpeterigsauren?) Gases durch neuen Zutritt der Luft bewirkt wird, zeigt sich
dieselbe durch Wiedererscheinung des rothen Gases. Das Deuteroxid des Stikstoffgases
spielt demnach hier eine bedeutende Rolle.
Die salpeterige Saͤure bildet aber, nach Gay-Lussac, einen Bestandtheil der Sternkrystalle; salpeterige
Saͤure, in concentrirte Schwefelsaͤure gegossen, verbindet sich mit
derselben, und bildet augenbliklich Krystalle; die salpeterige Saͤure ist
selbst wieder mit der fluͤßig gewordenen Schwefelsaͤure verbunden. Die
salpeterige Saͤure hat demnach eine ganz entschiedene Wirkung auf die
Schwefelsaͤure, sey es nun, daß sie bei Bildung derselben als integrirender
Bestandtheil thaͤtig war, oder daß sie erst dann sich mit ihr verband,
nachdem sie bereits gebildet war. Es ist allerdings hoͤchst wichtig, diese
Verbindung und die Umstaͤnde zu kennen, welche dieselbe beguͤnstigen
oder hindern, wenn man die Entwikelung der salpeterigen Saͤure
gehoͤrig kennen lernen willEine zu große Einwirkung des Wassers koͤnnte die Zersezung der
salpeterigen Saͤure so weit treiben, daß sie ein Protoxid des
Stikstoffes bildete. A. d. O.. Die Anwendung der verschiedenen hier aufgestellten gestellten Grundsaͤze bei
den hier angedeuteten Vorsichts-Maßregeln und den Mitteln zur Beseitigung
einiger Schwierigkeiten bei Erzeugung derselben im Großen laͤßt sich leicht
von selbst einsehen.
Fig. 1 Tab.
IV. ist ein Durchschnitt der Blei-Kammer, der Oefen etc. zur Erzeugung der
Schwefelsaͤure.
Fig. 2
Grundriß der Platte, auf welcher der Schwefel etc. verbrennt wird. VV die Roͤhre zur Entleerung des Kanales
E.
Fig. 3
Durchschnitt des hoͤlzernen Schornsteines Q und
der Wasserklappe P von Fig. 1 in groͤßerem
Maßstabe.
Fig. 4
Durchschnitt der Sparren, welche die Bleiplatten verbinden, die die Deke der Kammer
bilden.