Titel: | Ueber die Braunstein-Oxide. Von Hrn. P. Berthier, Markscheider. |
Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. XXX., S. 243 |
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XXX.
Ueber die Braunstein-Oxide. Von Hrn. P. Berthier, Markscheider.
Aus denAnnales de Chimie. Juli 1822. S. 186.
Berthier über Braunstein-Oxide.
Der Braunstein hat vier Oxidations-Grade, außer
demjenigen, in welchem er als Braunsteinsaͤure (acide
manganésique) erscheint. Die Zusammensezung dieser vier Oxide haben
die HHn. Berzelius und Arfvedson mit der groͤßten Genauigkeit bestimmt.
Den ersten Grad, oder das Protoxid, erhaͤlt man mit leichter Muͤhe,
wenn man in einem mit Kohlen gefuͤtterten Tiegel kohlensauren Braunstein,
oder was immer fuͤr ein reines Braunstein-Oxid weiß gluͤht. Man
kann mit ziemlich bedeutenden Massen arbeiten, vorausgesezt, daß man eine
hinlaͤnglich lange Zelt gegluͤht hat: die Reduktion dringt auf dem
Wege der Caͤmentation bis in das Innere der Massen.
Der rothe Braunstein-Oxid entsteht durch Calcination des Deuteroxides oder des
Protoxides: seine Farbe ist nach dem verschiedenen Aggregations-Grade des
Oxides, aus welchem dasselbe bereitet wurde, verschieden: wenn dieses sehr dicht
ist, wie das natuͤrliche Peroxid, so hat das rothe Oxid eine sehr dunkle,
beinahe schwarze, Farbe; ist es hingegen sehr vertheilt, so wie man es durch das
Chlor erhaͤlt, so hat das rothe Oxid eine helle Farbe, die dem hellsten
Eisen-Peroxid nur wenig nachgibt.
10 Gr. dieses Oxides in einem mit Kohlen gefuͤtterten Tiegel in der
moͤglich hoͤchsten Temperatur eines Probier-Ofens 4 Stunden
lang gehalten, reducirten sich vollkommen, und gaben ein 7 Gr. 34 schweres Korn
metallischen Braunsteines. Dieses Korn war groͤßten Theils dicht, an seiner
Oberflaͤche etwas schlakig, sehr bruͤchig, und ließ sich selbst unter
dem Stoͤßel puͤlvern; sein Bruch war koͤrnig und
glaͤnzend, und sein Grau viel weißer, als das des Gußeisens.
Der Verlust von 2,66 zeigt das Verhaͤltniß des Sauerstoffes; er ist etwas
geringer, als Berzelius ihn fand, wahrscheinlich weil der Braunstein, wie das Eisen,
mit etwas Kohlenstoff verbunden ist.
Concentrirte und siedende Salpetersaͤure wirkt schnell auf das rothe
Braunstein-Oxid; sie macht dasselbe erst braun, und wenn man sie einige Zeit
damit kochen laͤßt, wird der Ruͤkstand vollkommen schwarz. Dieser
Ruͤkstand ist nicht Deuteroxid, sondern Peroxid, wie Hr. Gay-Lussac
bemerkte; denn, nachdem er gehoͤrig getroknet wurde, verlor er durch starkes
kalciniren, 0,10 bis 0,12, waͤhrend das Deuteroxid nur 0,053 verlieren
wuͤrde. Das Verhaͤltniß, welches man daraus erhaͤlt, ist
dieses, daß es durch Calcination 0,35 des angewandten Oxides an rothem Oxide gibt.
Es scheint mir hiernach, daß es weit natuͤrlicher ist, das rothe Oxid aus
zwei Atomen Protoxid und einem Atome Peroxid, oder aus
Protoxid, 0,621 Peroxid, 0,379
2 n + n.
zusammengesezt zu betrachten, als aus einem Atome Protoxid und
zwei Atomen Deuteroxid, oder
Protoxid, 0,297 Deuteroxid, 0,703
n + 2 n.
Ich bin um so mehr geneigt, die erstere Annahme vorzuziehen, als das Peroxid bereits
die Rolle einer Sauere in den Baryt-Braunsteinerzen spielte, und es der
Analogie gemaͤß ist, daß dieses Oxid mehr geeignet ist, diese Rolle zu
spielen, als das Deuteroxid. Man kann, zum Ueberflusse, die ZusammensezungZusammnnsezung des rothen Oxides durch die Formel Mn
8/3 ausbruͤten, die von jeder Hypothese unabhaͤngig ist.
Es ist schwer, sowohl das Deuteroxid, als das Peroxid vollkommen rein zu erhalten:
das eine dieser Oxide ist bei nahe immer mit einem geringen Antheile des andern
gemengt; sie kommen indessen einzeln unter den Mineralien vor.
Um das Deuteroxid zu erhalten, muß man salpetersauren Braunstein ziemlich lang
dunkelroth gluͤhen, um alles Peroxid zu zersezen, und die Temperatur auf
diesem Grade erhalten, damit das Deuteroxid sich nicht selbst zersezen kann.
Concentrirte Salpetersaͤure greift dieses Oxid sehr leicht an, und verwandelt
es in Protoxid, das sich aufloͤst, und in Peroxid, welches einen
Ruͤkstand bildet.
Es gibt zwei Methoden, das Peroxid zu bereiten: 1. in dem man, wie oben angegeben
wurde, das rothe Oxid mit konzentrirter Salpetersaͤure behandelt und kocht;
2. den salpetersauren Braunstein in Feuer zersezt. Das auf die erstere Weise
erhaltene Oxid ist sehr schoͤn schwarz, es verliert aber etwas Sauerstoff,
wenn man dasselbe zu stark troknet.
Der allmaͤhlig bis zum Rothgluͤhen erhizte salpetersaure Braunstein
gibt ein zaͤhes, hartes Oxid, das ein metallartiges Schwarz zeigt, wie
gewisse natuͤrliche Peroxide.
Um dieses Oxid sehr rein und frei von aller Salpetersaͤure zu erhalten, muß es
zerrieben, mit koncentrirter Salpetersaͤure heiß gewaschen, und neuerdings
mit Vorsicht und unter bestaͤndigem Umruͤhren calcinirt werden. Es
verliert durch Calciniren 0,118 und 0,120 Sauerstoff., waͤhrend es sich in
rothes Oxid verwandelt. Es laͤßt schon bei der dunkeln Rothgluͤhehize
Sauerstoff fahren, und wenn man dasselbe dieser Temperatur waͤhrend einer
hinlaͤnglich langen Zeit uͤber aussezt, verwandelt es sich endlich
ganz in ein Deuteroxid. Das natuͤrliche Peroxid verhaͤlt sich durchaus
unter gleichen Umstaͤnden auf dieselbe Weise. Krystallisirtes Peroxid aus
Deutschland, das waͤhrend einer starken Calcinirung 0,12 bis 0,15 seines
Gewichtes verlor, und eine halbe Stunde lang in einer
Dunkelroth-Gluͤhehize erhalten wurde, verlor spaͤter, durch
Calcinirung, nur mehr 0,06. Es wurde braun, ohne daß es seinen Metallglanz verlor,
und ward nur zum Theile in Deuteroxid verwandelt.
Salpetersaͤure wirkt selbst im concentrirten Zustande, kalt angewendet, nicht
auf den Braunstein; bei der Siedehize fuͤhrt es jedoch etwas von demselben in
den Zustand des Protoxides zuruͤk, und entwikelt Sauerstoffgas. Wenn man
dasselbe eine Stunde lang kocht, so betraͤgt dasjenige, was sich
aufloͤste, etwas mehr als 0,06 des angewandten Oxides.
Durch Kohle laͤßt das rothe Oxid, so wie das Deuter-Oxid und Peroxid
des Braunsteins, sich sehr leicht auf Protoxid zuruͤkfuͤhren; man darf
es bloß in einem mit Kohlen gefuͤtterten Tiegel weiß gluͤhen. Hat man
mit ganzen Stuͤken zu thun, so laͤßt sich die Menge Sauerstoffes,
welche sich entwikelte, leicht bestimmen. Ich habe diesen Versuch mit metallartigem
Peroxide von Crettnich angestellt: ein Stuͤk dieses Minerales, das 20 Gr.
wog, und das wie ich wußte, 1 Gr. steiniger Gangart enthielt, und 0 Gr., 2 Wasser,
das folglich 18 Gr., 80 reines Peroxid enthielt, reduzirte sich, nachdem es in einem
gefuͤtterten Tiegel er hizt wurde, auf 15 Gr. 38, und verwandelte sich
durchaus, ohne zu zerfallen, in Protoxid. Zieht man nun von dem Verlust, 3 Gr., 62,
die 0 Gr., 2 Wasser ab, so bleiben 3 Gr., 42 Sauerstoff in 18 Gr., 80 Peroxid, was =
0,1802 Sauerstoff. Die Versuche des Herrn Berzelius gaben 0,1799 Sauerstoff: es ist
unmoͤglich Resultate zu erhalten, die einander naͤher
kaͤmen.
Das Peroxid verliert demnach bei seiner Verwandlung in Protoxid 0,18 Sauerstoff, und
0,12 bei seiner Verwandlung in rothes Oxid, und das rothe Oxid enthaͤlt
hoͤchstens 0,734
Metall. Diese Thatsachen reichen hin, die Zusammensezung dieser drei Oxide zu
bestimmen, und zeigen, daß leztere sich genau so verhalten, wie die Herrn Berzelius
und Arfvedson sie bestimmten. Ueber das Deuteroxid habe ich keine Versuche
angestellt.
Wenn man Chlor durch Wasser stroͤmen laͤßt, das frisch
niedergeschlagenen oder selbst bloß gepulverten, kohlensauren Barunstein schwebend
enthaͤlt, so wird diese kohlensaure Verbindung schnell braun, die
Kohlensaͤure entwikelt sich, und es bildet sich kochsalzsaurer Braunstein und
ein Hydrat, das ein uͤber das Protoxid gestelltes Oxid zur Base hat.
Laͤßt man in diese Fluͤßigkeit einen solchen Ueberguß von Chlor, daß
sie, nach 2 Stunden Ruhe, noch freies Chlor enthaͤlt, so hat das gebildete
Hydrat Peroxid zur Basis; wenn man aber, im Gegentheile, nicht genug Chlor anwendet,
um alle kohlensaure Verbindung verschwinden zu wachen, kann nur ein Hydrat des
Deuteroxides sich bilden: meisten Theils erhaͤlt man aber ein Gemenge von
zwei Hydraten, weil das Chlor oͤfters auf das Deuteroxid wirkt, ehe es bis in
den Mittelpunkt der kleinen Koͤrner des kohlensauren Braunsteines eindringen
konnte, um denselben zu zersezen.
Den kohlensauren Braunstein, welcher mit dem einen oder mit dem anderen Hydrate in
Verbindung geblieben seyn mag, kann man mittelst Essigsaͤure oder
verduͤnnter Salpetersaͤure, wodurch diese Hydrate bei niedriger
Temperatur nie angegriffen werden, abscheiden.
Die beiden Hydrate haben dasselbe Aussehen: sie zeigen sich als voluminoͤses,
sehr leichtes Pulver, voll kleiner glaͤnzender Blaͤttchen. Dieses
Pulver faßt, au ein Filtrum geschuͤttet, eine große Menge Wassers. Troknet
man dasselbe im Sandbade, so vermindert es sich weder dem Umfange nach, noch ballt
es sich zusammen: es ist dunkelbraun, und faͤrbt sehr ab.
Um dasselbe zu analysiren, calcinirte ich zuerst eine gewisse Menge desselben sehr
stark, wodurch ich das Verhaͤltniß des erzeugten rothen Oxides und des
entwikelten Wassers und Sauerstoffes erhielt. Ich destillirte hierauf einen andern
Theil in einer glaͤsernen kleinen Retorte, welche ich allmaͤhlig bis
zur anfangenden Rothgluͤhehize erhizte, und an welcher ich eine sehr leichte
und vollkommen trokene glaͤserne Roͤhre anbrachte. Ich zwang alles
Wasser, sich in dieser Roͤhre zu sammeln, in dem ich der Flamme einer
Weingeistlampe nach und nach jene Theile des Halses der Retorte aussezte, in welchen
ich Troͤpfchen von dieser Fluͤssigkeit gewahr wurde. Da die
roͤhre vorlaͤufig genau abgewogen wurde, durfte sie nur nach der
Operation wieder abgewogen werden, um die Menge des Wassers mit der hoͤchsten
Genauigkeit zu bestimmen. Zur genaueren Bestaͤtigung sammelte ich den
Ruͤkstand, der nach der Operation uͤbrig blieb, wog ihn, und brachte
ihn durch gehoͤrige Calcination in den Zustand eines rothen Oxides. Ich fand,
daß waͤhrend der Distillation sich ein Viertel bis ein Drittel der Menge des
Sauerstoffes entwikelt, welchen das Oxid verlieren kann, um sich in rothes Oxid zu
verwandeln. Das Sauerstoffgas faͤngt an, sich zugleich mit dem Wasser zu
entwikeln, selbst schon bei der dunkeln Hize; um sich hievon zu uͤberzeugen,
darf man nur bei dieser Temperatur eine gewisse Menge Hydrates in einer engen
Roͤhre hizen; kaum faͤngt das Wasser an, sich an den Waͤnden
der Roͤhre abzusezen, so ist dieselbe auch schon mit Sauerstoffgas
gefuͤllt.
Das mit einem Ueberschusse von Chlor bereitete, und in einem mit
Wasserdaͤmpfen erhizten Abrauchofen gehoͤrig abgetroknete, Hydrat gab
mir im Mittel-Durchschnitte einet großen Menge von Versuchen:
rothen Oxides
0,77,
Sauerstoffes
0,11,
Wassers
0,12.
Nun bilden, nach Berzelius, 0,770 rothen Oxides und 0,106 Sauerstoffes das Peroxid;
das analysirte Hydrat war demnach ein Peroxid-Hydrat. Dieß Hydrat
enthaͤlt aber das Wasser nicht in einem sehr einfachen atomistischen
Verhaͤltniße; auch ist wirklich dieselbe Menge Sauerstoffes, die sich durch
Calcination entwikelt, in dem Wasser enthalten, und diese Menge ist ein Drittel
derjenigen, welche das Peroxid enthaͤlt. Die Formel fuͤr das Hydrat
ist also:
n + 4/3 Aq.
Die Hydrate, welche mit einer Menge Chlor bereitet wurden, die nicht hinreichte, um
sie in den Zustand eines Peroxid-Hydrates zu versezen, gaben mir immer,
nachdem sie vom kohlensauren Braunsteine mittelst schwacher Salpetersaͤure
gereinigt wurden, ungefaͤhr 0,12 Wasser und 0,04 bis 0,03 Sauerstoff: also,
wie ich oben angegeben habe, bloße Mischungen. Reines Deuteroxid-Hydrat
sollte beilaͤufig nur 0,05 dieses Gasts geben.
Wenn man etwas concentrirte Salpetersaͤure auf Deuteroxid-Hydrat oder
auf Peroxid-Hydrat des Braunsteines kochen laͤßt, so loͤst sich
ein Theil desselben mit Entwiklung von Sauerstoff auf, und es bildet sich ein
Peroxid-Hydrat, welches weniger Wasser enthaͤlt, als das unmittelbar
mit Chlor erzeugte.
Dieses neue Hydrat bildet, gehoͤrig gewaschen und im Abrauchofen getroknet,
dichte, zaͤhe, Stuͤke, die unter dem Stoͤßel sich
kluͤmpern, einen erdigen Bruch haben, und etwas braͤunlich schwarz
sind. Nach einer Untersuchung besieht es aus
0,840
rothem Oxide,
0,115
Sauerstoff.
0,045
Wasser.
Es scheint also dreimal weniger Wasser als ersteres zu enthalten: die Analyse
naͤhert sich jedoch gleichfalls einer in folgender Formel
ausgedruͤkten Zusammensezung:
n + 1/2 Aq.