Titel: | Ueber eine abwechselnde Dampf-Maschine von der Erfindung des Minus Ward in Süd-Carolina, in den vereinigten Staaten. |
Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. XXXVIII., S. 291 |
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XXXVIII.
Ueber eine abwechselnde Dampf-Maschine von der Erfindung des Minus Ward in Süd-Carolina, in den vereinigten Staaten.
Aus Sillimann's American Journal of Science et the Arts, Vol. IV. Nr. 1. in Gill's technical Repository, Juli 1822. S. 4.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI. Fig. 1. im Auszuge.
Ward über eine abwechselnde Dampf-Maschine.
Nachdem der Herr Verfasser die bisherigen Schwierigkeiten,
Dampfmaschinen zu einer drehenden Bewegung zu benuͤzen, aufgefuͤhrt,
erwogen, und manche falsche Ansicht widerlegt hat, und zwar auf eine Weise, die
fuͤr den hoͤheren Mechaniker, dem wir das Studium dieses Aufsazes
empfehlen, mehr Interesse besizt, als fuͤr den bloß technischen, so
beschraͤnken wir uns hier bloß auf die gute Beschreibung der Maschine selbst,
bei welcher Einfachheit und Verminderung der Reibung das vorzuͤglichste
Augenmerk des Erfinders gewesen sind.
„An dieser Maschine ist die Staͤmpelstange zugleich die
Verbindungsstange. Wo sie an Wasser-Raͤdern, zur Treibung der
Bothe, angebracht wird, ist der Cylinder innerhalb des Wasserrades angebracht.
Zwei zu jeder Seite des Ausschnittes, in welchem das Rad spielt, wohl befestigte
Mittelstuͤke dienen dem Rad als Achsen, dessen Buͤchsen auf
Haͤlsen laufen, die zur Aufnahme derselben vorgerichtet sind. Die
Mittelstuͤke steigen, nachdem sie durch die Buͤchsen liefen, unter
rechten Winkeln auf, und dehnen sich innerhalb des Rades und gegen die
Peripherie desselben in einer Weite aus, die der halben Spielweite des
Staͤmpels gleich ist. In dieser Entfernung von dem Mittelpunkte des Rades sind
Buͤchsen in den Mittelstuͤken zur Aufnahme der Lagerzapfen des
Cylinders angebracht, um welche dieser sich in dem Mittelpunkte seiner Schwere
dreht. Der Dampf wird mittelst einer doppelten Roͤhre in den Cylinder und
aus demselben geleitet, so daß das Mittelstuͤk dem vierfachen Zweke einer
Zu- und Abfuͤhrungsroͤhe, und eines Lagers fuͤr das
Wasserrad und fuͤr den Cylinder entspricht.“
„Der Dampf wird abwechsend an beiden Enden des Cylinders durch eine
aͤhnliche Vorrichtung zugeleitet, wie jene, deren Herrn Hornblower sich, meines Wissens, zuerst bei der
Dampfmaschine mit doppelten Cylindern bediente, und welche sich aus folgender,
Ree's Cyclopaedia, Art. Stean-Engine entlehnter Beschreibung leicht wird begreifen
lassen.“ – „Die Haͤhne an dieser (Hornblower's) Dampf-Maschine bestehen aus
zwei kreisfoͤrmigen Platten, die sehr genau aufeinander geschliffen sind,
und von welchen die eine sich um einen Stift dreht, der durch ihre Mittelpunkte
laͤuft. Jede derselben hat drei Sectorial-Oeffnungen welche genau
miteinander korrespondiren, und etwas weniger als die Haͤlfte ihrer
Oberflaͤchen einnehmen. Wenn die bewegliche Platte so gedreht wird, daß
die Oeffnungen aufeinander fallen, so wird dem Dampfe ein weiter Durchgang
eroͤffnet, und wenn sie so gedreht wird, daß die festen Theile der einen
Platte die Oeffnungen der andern schließen, so ist der Hahn
geschlossen.“ – „Statt der drei
Sectorial-Oeffnungen, die an Hornblowers Cylinder noͤthig sind,
haben die Haͤhne meiner Maschine bloß deren zwei, die denselben Raum
einnehmen, in dem jede beinahe 90 Grade in der Laͤnge haͤlt. Diese
Haͤhne sind an der Seite meines Cylinders angebracht, dessen
Lager-Zapfen die Stelle des Stiftes an Hornblowers Klappe vertretten. Die
bewegliche Platte ist an dem Cylinder angebracht, und wird von demselben
gedreht, waͤhrend die andere an dem Mittelstuͤke befestigte Platte fest und
in Ruhe bleibt. Die Dampfroͤhre gelangt, nachdem sie aus dem Kessel durch
das Mittelstuͤk ging, zu den Haͤhnen, und tritt bei einer dieser
Sectorial-Oeffnungen von Ruͤkwaͤrts in die an dem
Mittelstuͤk angebrachte Platte. Auf dieselbe Weise laͤuft die
Ableitungsroͤhre aus dem Grunde der entgegengesezten Oeffnung in
derselben Platte durch das Mittelstuͤk zu dem Verdichter, oder, wenn kein
solcher vorhanden ist, endet die roͤhre in der freien Luft, und
laͤßt den Dampf in dieselbe entweichen. Eine roͤhre laͤuft
von dem Grunde jeder Oeffnung in der an dem Cylinder angebrachten Platte an
jedes Ende des Cylinders, und tritt dort in die Hoͤhlung desselben ein.
Die Umdrehung des Cylinders und der an demselben angebrachten beweglichen Platte
bringt die an jedem Ende des Cylinders befindliche Oeffnung abwechselnd auf die
Oeffnung der unbeweglichen Platte, durch welche der Dampf eintritt,
waͤhrend zu gleicher Zeit die Oeffnung an dem anderen Ende des Cylinders
uͤber die zur Ableitungs-Roͤhre gehoͤrige Oeffnung
laͤuft.“
„Das aͤußere Ende der Staͤmpelstange ist an einem
Kreuzstuͤke befestigt, das auf Lagerzapfen ruht, die sich in
Buͤchsen bewegen, welche in den Armen des Wasser-Rades befindlich
sind. Aus der Mitte dieses Kreuzstuͤkes und senkrecht auf dasselbe
entspringen zwei Fluͤgel, zu jeder Seite einer, aus deren Enden zwei
Stangen auslaufen, welche in Leitungsloͤchern an den Seiten des Cylinders
spielen. Diese Stangen sind nothwendig, um wechselweise die Traͤgheit zu
uͤberwinden, und dem Momente des Cylinders zu widerstehen, welches in
Folge der Unregelmaͤßigkeit seiner BewegungBewewegung entsteht.“
Die Maschine spielt aus folgende Weise. Der Dampf treibt mittelst des
Staͤmpels, der abwechselnd auf das Kreuzstuͤck, welches in den Armen des
Wasser-Rades arbeitet, zieht und dritte, das Rad herum, waͤhrend
der Cylinder, durch seine Verbindung mit dem Kreuzstuͤke, gleichfalls
umgetrieben wird; die Gegenwirkung wird von dem Lager-Zapfen des
Cylinders, die auf den Mittelstuͤken ruhen, getragen.“
„Da der Cylinder sich um einen andern Mittelpunkt, als jenen des Rades,
dreht, so sind die Halbmesser seiner Winkelbewegung von den Halbmessern des
Rades verschieden, und fallen nur an zwei entgegengesezten Punkten allein mit
denselben zusammen, naͤmlich in dem Augenblike, wo die Maschine
uͤber die sogenannten tobten Punkte laͤuft. Wenn die Umdrehung des
Rades als einfoͤrmig angenommen wird, so wird die Umdrehung des Cylinders
unregelmaͤßig seyn, in dem sie waͤhrend der einen Haͤlfte
der Umdrehung beschleunigt, und waͤhrend der anderen langsamer seyn wird;
die umdrehende Bewegung ist aber immer stetig, und immer nach derselben Seite.
Die Schnelligkeit der Umdrehung, oder die Schnelligkeit der
Winkel-Bewegung nimmt aber regelmaͤßig und abwechselnd
waͤhrend der einen Haͤlfte der Umdrehung zu, und vermindert sich
waͤhrend der Haͤlfte der andern gerade um eben so viel: dieser
Umstand ist indessen, aus den oben angegeben Gruͤnden, mit keinem
Nachtheile verbunden; denn das Moment, welches der Cylinder waͤhrend
seiner Beschleunigung von dem Rade erhaͤlt, lehrt, waͤhrend der
langsameren Bewegung, wieder von demselben zu dem Rade zuruͤk, so daß der
Cylinder, waͤhrend er selbst sich langsamer bewegt, das Rad um eben so
viel beschleunigt, als er dasselbe waͤhrend seiner schnellen Bewegung
langsamer sich drehen ließ. Diese Eigenheit in der Bewegung des Cylinders
(naͤmlich seine regelmaͤßig und abwechselnd beschleunigte und
langsamere Bewegung) veranlaßt mich, diese Dampfmaschine die abwechselnde Dampfmaschine (The Alternating Steam-Engine) zu nennen.“
„Um keines Flugrades zu beduͤrfen, hat man laͤngst schon
bemerkt, daß wenn zwei Winkelhebel so eingebracht sind, daß der eine in der
hoͤchsten Wirkung steht, waͤhrend der andere auf dem todten Punkte
(in voller Unthaͤtigkeit) ist, die Bewegung beinahe regelmaͤßig
seyn wird. Herr Brunel baute vor wenigen Jahren in
England eine Maschine nach diesem Plane mit zwei Cylindern, welche auf zwei
Winkel-Hebel unter rechten Winkeln gegen einander auf derselben Achse
wirkten. An meiner Maschine geschieht dasselbe mittelst zweier Cylinder, welche
auf zwei Kreuzstuͤke unter rechten Winkeln gegeneinander wirken. Die
Cylinder sind nebeneinander in dem Wasser-Rade zwischen denselben zwei
Mittelstuͤken aufgehangen; von ihren nebeneinander liegenden Seiten hat
die eine Buͤchse, die andere einen in derselben sich bewegenden
Lagerzapfen; sie werden noch uͤberdieß von einer Bruͤke getragen,
die sich von dem Ende des einen, uͤber das des anderen hin erstrekt, und
den gegenuͤberstehenden Zapfen umfaßt. Die Haͤhne sind außen an
den Cylindern auf die oben beschriebene Weise angebracht, und der Dampf wird
durch jedes Mittelstuͤk nach, und von jedem Cylinder
gefuͤhrt.“
Man wird bei einem fluͤchtigen Blicke bemerkt haben, daß meine Maschine,
– so wie alle anderen, die bisher praktisch nuͤzlich waren,
– nach dem Grundsaze des Winkelhebels, oder, um einen mehr allgemeinen
Ausdruk zu gebrauchen, nach dem Grundsaze eines immerdar sich aͤndernden
Hebels wirkt. Nebst dem angeblichen Verluste an Kraft, der durch die
Wechsel-Verbesserung entsteht, hat man schon vor langer Zelt den Grundsaz
aufgestellt, daß der Winkels Hebel einen andern Nachtheil mit sich
fuͤhrt, der auf der steten Abwechslung seiner Hebekraft beruht. Das
Unstatthafte der ersteren von diesen Ansichten habe ich, wie ich glaube, bereits
erwiesen; und daß die lezte gleichfalls auf einem Irrthume beruht, wird man mir
erlauben zu behaupten.“
„Mathematiker haben den Verlust der angewendeten Kraft zu 4/2 berechnet;
bei Schaͤzung der hervorgebrachten Wirkung haben sie aber, wie es
scheint, die verbrauchte Kraft außer Augen gelassen.“
Wir uͤbergehen hier die mathematischen Beweise, welche her Herr
Verfasser zur Vertheidigung seiner Ansicht anfuͤhrt. A. d. Ueb.
„Die Vorzuͤge meiner Maschine vor der Hebelmaschine sind folgende:
1. Die abwechselnde Uebertragung des Momentes der Bewegung von der wechselnden
Masse auf das Flugrad und umgekehrt veranlaßt einen Trieb an jenen Theilen der
Maschine, welche die Theile der wechselnden Bewegung mit jenen der
radfoͤrmigen verbindet, und dieser Trieb nimmt genau in demselben
Verhaͤltniße zu, als die Zeit, waͤhrend welcher er Statt hat,
abnimmt: denn so, wie die Zeit abnimmt, nimmt die Geschwindigkeit, und folglich
auch das Moment der Bewegung zu. An der Hebel-Maschine hat diese
Uebertragung viermal waͤhrend jeder Umdrehung Statt, d.h. die Bewegung
des Baumes wird schneller und langsamer waͤhrend der ersten
Haͤlfte der Umdrehung, und eben dieß wieder waͤhrend der
zweiten.“
„An meiner Maschine hat diese Uebertragung nur zweimal waͤhrend der
ganzen Umdrehung Statt, d.h. die Bewegung wird waͤhrend einer halben
Umdrehung beschleunigt, und waͤhrend der anderen Haͤlfte
langsamer. Wenn wir also annehmen, daß in jedem Falle die Umdrehung
waͤhrend derselben Zeit geschieht, so folgt: Ums, daß an der
Hebel-Maschine zwei Uebertragungen des Momentes der Bewegung in derselben
Zeit Statt haben, waͤhrend welcher bei der meinigen nur eine geschieht,
und daß, bei jeder Uebertragung, Geschwindigkeit, Moment und Trieb doppelt so
groß ist, als an der meinigen. Der Trieb ist auch noch aus zwei anderen Ursachen
groͤßer; erstens weil das Gewicht des Cylinders, welcher der
Koͤrper ist, dessen Bewegung an meiner Maschine beschleunigt, und wieder
langsamer wird, nicht so schwer ist, als der Wellbaum; und zweitens, weil er
naͤher an dem Mittelpunkte der Bewegung liegt, als die Theile des
Wellbaumes. 2tens da der in den Roͤhren, von den Haͤhnen bis zu
den Enden des Cylinders enthaltene Dampf bei jeder Umdrehung nochwendig verloren
gehen muß, so sind diese je kuͤrzer desto besser: da aber an meiner
Maschine die Haͤhne an den Seiten des Cylinders angebracht sind, so ist
die gesammte Laͤnge dieser Roͤhren nicht viel groͤßer, als
die Laͤnge des Cylinders selbst, 3tens die Reibung wird aus dem doppelten
Grunde vermindert, weil meine Maschine weniger Theile hat, und Wirkung und
Gegenwirkung auf Zapfen ruht, die sich stets nach derselben Seite drehen, außer
jenen an den Kreuzstuͤken an dem oberen Ende der
Staͤmpel-Stange, die eine schwingende Bewegung bekommen. 4tens da
hier weniger Dampf noͤthig ist, so braucht man auch weniger
Feuer-Materiale; und man erspart hiedurch nicht nur Auslagen, sondern
auch Raum und Last. Es ist bekannt, daß die groͤßere Menge Holzes, die
man bei dem Baue der Dampfboͤthe noͤthig hat, einen bedeutenden
Abzug an dem Gewinne verursacht, den man bei denselben erlangt. 5tens da an
meiner Maschine viele Theile entbehrt werden koͤnnen, die an den
gewoͤhnlichen aͤlteren noͤthig sind, so bedarf dies selbe
weniger Raum, und ist leichter, wohlfeiler, und dauerhafter, als irgend eine
andere. 6tens dadurch, daß die Maschine innerhalb des Wasser-Rades
angebracht wird, wird sehr viel Raum erspart. 7tens, wenn an jeder Seite des
Bothes ein Wasser-Rad angebracht ist, zu welchem
Dampf-Roͤhren laufen, kann das Both mit vieler Leichtigkeit
gewendet werden, in dem man bloß die Klappe an der einen oder an der anderen
Seite schließen darf, je nachdem man dasselbe auf diese oder jene Seite wenden will. Ich
halte es fuͤr uͤberfluͤßig, bei der besonderen Angabe der
Art, wie die Theile dieser Maschine geoͤlt der Cylinder in ein
Gehaͤuse gebracht werden muß, um das Wasser des Rades abzuhalten n. d.
gl. laͤnger zu verweilen.“
In der beigefuͤgten Figur ist
a die Staͤmpel-Stange.
bb der Cylinder.
cccc das Wasser-Rad.
dd der anstehende Theil des Bothes.
e und f die Theile des
Mittelstuͤkes.
g die Lagerzapfen des Cylinders.
h der Hals, um welchen das Wasser-Rad sich
dreht.
i und k Anfang und Ende der
Einleitungs-Roͤhre.
l und m Anfang und Ende der
Ausleitungs-Roͤhre.
n Lagerzapfen der Haͤhne.
o beweglicher Theil derselben.
p Kreuzstuͤk an der
Staͤmpel-Stange.
q Lager desselben.
rrrr Arme des Wasser-Rades.
ss Stangen, welche durch
Leitungs-Loͤcher in dem Cylinder spielen.
tttt Stangen.
uuu Leitungs-Loͤcher.