Titel: | Ueber Bohr-Instrumente. Von Hrn. Gill. |
Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. XL., S. 301 |
Download: | XML |
XL.
Ueber Bohr-InstrumenteVergl. dieses polyt. Journal S. 58 und
64. D.. Von Hrn. Gill.
In dessen technical Repository. September 1822. S. 145.
Mit Abbildungen auf Tab. V.
Gill über Bohr-Instrumente.
Der halbrunde Bohrer.
Fig. 9. Tab.
V. zeigt diesen Bohrer von Vorne, von der Seite und an seinem Ende, so daß die
Gestalt desselben deutlich daran zu erkennen ist: er ist halbrund, und endet auch
halbrund. Er dient vorzuͤglich zum Bohren der Loͤcher in Horn, Schildkroͤte u.
dgl. Er ist weder allgemein bekannt, noch allgemein im Gebrauche, obschon er es in
hohem Grade zu seyn verdient.
Stahl-Bohrer.
Es thut uns leid, daß wir, in Hinsicht der Haͤrte des zu bohrenden Materiales,
nicht im Stande sind, dem kleinen Stahl-Bohrer eine bessere Form, als die in
Fig. 10
von Vorne und von der Seite dargestellte, zu geben: gluͤklicher Weise ist
dieß eine Form, die sich leicht geben, und die, wo das Bohreisen abgenuͤzt
ist, sich durch Wezen auf einem levantischen Oelsteine leicht wieder herstellen
laͤßt. Er hat nur zwei etwas zugerundete Kanten, und der Stahl, aus welchem
er verfertigt wird, muß sehr guter Guß-Stahl seyn, und so hart
gehaͤrtet werden, als es mittelst des Hammers bei der moͤglich
geringsten Hize nur immer geschehen kann: beim Temperiren darf er nur bis zur
blaßgelben Farbe gehizt werden.
Messing-Bohrer.
An diesem laßen sich viele Verbesserungen anbringen. Fig. 11 zeigt die
gewoͤhnliche Form desselben, die wir nur deßwegen darstellten, damit man sie
beseitigt, und eine bessere dafuͤr waͤhlt. Man sieht, daß er an seinem
Ende an beiden Kanten zugewezt, und, da er auf der gegenuͤber stehenden Seite
eben so geformt ist, nothwendig nur krazen, aber nicht schneiden kann, und starke
Gewalt und maͤchtigen Druk erfodert, wenn er das Metall auch nur angreifen
soll.
Fig. 12 zeigt
eine bessere Form, die Hr. Gill dem seel. Hrn. Wilh.
Troughton, einem Lieblings-Neffen des beruͤhmten astronomischen
Instrumentenmachers, Hrn. Troughton, verdankt, der ein vortrefflicher Arbeiter war,
und dessen fruͤher Tod wahrlich ein großer Verlust fuͤr die
Wissenschaft ist. Man wird in dieser Figur bemerken, daß nur eine Kante an jeder
Seite dieses Bohrers zugeschaͤrft ist, und daß er folglich nur in einer Richtung sich
drehend schneidet, naͤmlich in jener, in welcher die Hand des Arbeiters den
Drill- oder Drehebogenversteht sich wohl ohnehin, daß hier nur von sogenannten Drill- oder
Drehebohrern die Rede ist. A. d. Ueb. gegen sich zieht: dessen ungeachter schneidet er doch so stark und so
leicht, daß der Nachtheil, der dadurch entsteht, daß er nicht schneidet, wenn er von
der Hand weggeschoben wird, vollkommen ersezt ist. Die Spize dieses Bohrers muß
ziemlich scharf, und jeder Ruͤken der Schneide etwas abgerundet seyn, was man
bei einiger Uebung auf dem Oelsteine sehr leicht lernt. Mit einem solchen Bohrer
werden die Loͤcher innenwendig waͤhrend des Bohrens zugleich sehr
schoͤn polirt. Fuͤr eine Drehebank, auf welcher der Bohrer stets in
einer Richtung gedreht wird, ist ein solcher Bohrer ganz vorzuͤglich
geeignet, und wir koͤnnen ihn zur Messing-Bohrerei nicht dringend
genug empfehlen.
Bohrer fuͤr hartes Holz.
Dieser treffliche Bohrer ist, wie in Fig. 13, gebaut, ganz
nach denselben Grundsaͤzen, wie der so eben beschriebene
Messing-Bohrer, nur daß seine Seiten noch mehr zugerundet sind. Er wird in
einem Griff aufgezogen und auf der Drehebank auf gewoͤhnliche Weise
befestigt: das Holz wird gleichfalls befestigt, und durch die Drehebank gedreht.
Bohrer fuͤr Guß-Eisen.
Dieses Instrument muß nothwendig sehr stark seyn, um dem Druke zu widerstehen, den
man darauf anbringen muß, wenn es in Thaͤtigkeit gesezt werden soll. Fig. 14 gibt
eine Idee von seiner Gestalt, von Vorne naͤmlich und von dem Ende her
betrachtet: man pflegt dasselbe indessen an dem Ende staͤrker, als absolut
noͤthig waͤre, zu machen, und der stumpfe Winkel, der uͤber
seine Spize hinlaͤuft, ist ein bedeutendes Hindernis in dem Fortschreiten desselben.
Diesem Nachtheile kann dadurch abgeholfen werden, daß man das Instrument an der
Spize duͤnner macht, jedoch nicht gar so duͤnn, wie an dem
Meßigbohrer, in dem es dadurch zu schwach werden wuͤrde; oder was noch besser
ist, die Schneiden koͤnnen mit einer kleinen Rundfeile (wie links in der
Figur, die die Vorderseite dieses Bohrers darstellt, angedeustet ist)
ausgehoͤhlt werden, damit sie desto besser schneiden. Diese Vertiefungen
muͤßen auch uͤber die Spize, so wie an den Kanten, hingefuͤhrt
werden, wodurch dieser Bohrer eine Art von Schraubenform erhaͤlt.
Bohrer aus Stahl-Draht.
Es ist sehr bequem, Bohrer aus Stahl-Draht zu verfertigen, weil man sich
hiebei die Notwendigkeit erspart, den Schenkel, wie gewoͤnlich, an denselben
abfeilen zu muͤßen; man hat hiebei nichts anderes zu thun, als das Ende mit
dem Hammer breit zu schlagen, der Spize die gehoͤrige Form zu geben, und sie
dann gehoͤrig zu Hirten und zu temperiren.
Diese Draht-Bohrer brauchen indessen Bohr-Stoͤke, damit man sie
gehoͤrig festhalten kann. Wir wollen hier nun einen solchen Bohr-Stok,
von der Erfindung des seel. Wilh. Allen beschreiben, der
ein vortrefflicher Arbeiter in Schildkroͤte und Elfenbein etc. gewesen ist,
und der, bei den Fassungen von Tabatieren und anderen daraus verfertigten Ars
Zeiten, Bohrer von verschiedener Staͤrke, vorzuͤglich bei den Chiffern
von Gold-Draht etc. wo die feineren und staͤrkeren Striche durch
Gold-Draht von verschiedener Staͤrke ausgedruͤkt, und wozu
verhaͤltnismaͤßig feinere und staͤrkere Loͤcher gebohrt
werden mußten, noͤthig hatte.
Hrn. Allen's Bohr-Stok zu Draht-Bohrern.
Die Basis dieses Stokes bildet eine Roͤhre von Eisen-Blech, Fig. 15,
welche mit Zink-Schlagloth geloͤthet, und in deren einem Ende ein
staͤhlener Zapfen mit einer Spize eingeloͤthet ist, wie an einem
gewoͤhnlichen Drehe-Bohrer, oder mit einem Auge, um die Schnur des
Lauf-Bohrers durchzulassen. In das andere Ende ist eine staͤhlerne
Roͤhre eingeloͤthet, durch welche ein Loch von der Dike des in
demselben aufzunehmenden Drathes gebohrt ist. An der Spize dieser Roͤhre ist
eine verduͤnnt zulaufende maͤnnliche Schraube mit zwei quer durch
dieselbe der Laͤnge nach gesaͤgten Einschnitten, die sich unter
rechten Winkeln durchkreuzen, wenigstens so weit, als der Durchmesser des Loches,
und die (wie die Figur zeigt) sich uͤber die Schraube hinaus erstreken, bis
beinahe an den Theil der roͤhre, welcher in die Roͤhre von Eisenblech
eingeloͤthet ist. Die vier durch diese Querschnitte gebildeten
Winkel-Kanten muͤßen so scharf als moͤglich gelassen werden,
damit sie desto besser in den weichen Stahl-Draht eindringen, und denselben
festhalten. Der Theil der staͤhlernen Roͤhre, welcher außer der
Schraube gelegen ist, muß vierekig gefeilt werden, theils damit er nachgeben und
schnellen, theils damit er in dem Schluͤssel oder Spanner, Fig. 16, festgehalten
werden kann. Das Loch darin kann, ausser der Schraube, weiter gemacht werden. Diese
Roͤhre muß dann gehaͤrtet werden, und der vierekige Theil derselben
Federhaͤrte bekommen: der Theil, woran die Schraube sich befindet, muß so
hart gelassen werden, als er nun eben seyn mag, und mit weichem Loche in die eiserne
Roͤhre eingeloͤthet werden. An dem Ende dieser maͤnnlichen
Schraube werden zwei Schraubennieten mit spizig zulaufenden Loͤchern, (wovon
eines in Fig.
15 dargestellt ist) die genau auf die Schraube passen maͤßen, und
wovon eines ein kleineres Loch haben muß, als das andere, damit die Schraube auch
einen duͤnneren Draht festhalte, aufgeschraubt. Ueberdieß muß noch ein
anderer Schluͤssel oder Spanner mit einem spizig zulaufenden Loche bei der
Hand seyn, um die
Schraubennieten, die in dasselbe passen muͤßen, gehoͤrig anziehen zu
koͤnnen. Dieser Bohr-Stok kann also in seiner Roͤhre
Draht-Bohrer von der Staͤrke einer Striknadel bis zu jener einer
kleinen Naͤh-Nadel aufnehmen und festhalten, und da jeder Draht an
beiden Enden mit einer Rohrspize versehen ist, so kann man sich auf diese Weise eine
große Menge von Abstufungen in der Staͤrke der Bohrer verschaffen.
Um einen solchen Draht-Bohrer einzulegen oder herauszunehmen, wird der
Schluͤßel, Fig. 16, auf den vierseitigen Theil der Stahl-Roͤhre
zunaͤchst an der Schraube angelegt, und der Schluͤssel, Fig. 17, auf
beide Nieten aufgesezt, wodurch man die noͤthige Kraft erhaͤlt, den
Draht-Bohrer mit Bequemlichkeit in dem Stoke zu befestigen, oder aus
demselben heraus zu schrauben.
In Fig. 15 ist
ein Querl, Ballen oder Gewicht von Blei oder Zinn durch punctirte Linien angedeutet,
dessen man sich bedienen kann, wenn der Stok als Lauf-Bohrer dienen soll; wo
er aber in einem gemeinen Drill-Bohrer dienen soll, wird ein Querl von hartem
Holze mit Furchen von verschiedener Weite, wie die punctirten Linien zeigen,
aufgesezt, und, damit dieser Querl sich nicht auf der Roͤhre drehen kann,
werden zwei Stuͤke Eisenblech unter rechten Winkeln gebogen auf die
Roͤhre aufgeloͤthet, um ein Vierek zu bilden, auf welchem der Querl
feststeht.
Ein aͤhnlicher Apparat laͤßt sich auch sehr bequem an dem Schnabel
einer Drehbank mit einer hohlen Doke anschrauben, um Draht-Bohrer in
derselben zu befestigen. Hr. Stock hat einen messingenen
Kopf an diesem Stoke angebracht, wodurch eine Brustplatte uͤberfluͤßig
wird. Wo man tiefe Loͤcher bohren will, wird man einen solchen Stok
hoͤchst brauchbar finden, da niemals mehr, als noͤthig ist, von der
Bohrstange hervorsteht, und dieselbe in dem Maße hervorgelassen werden kann, als das
Loch tiefer wird.
Es ist vielleicht nicht uͤberfluͤßig zu bemerken, daß Hr. Lowey und
einige andere Kupferstecher sich seit langer Zeit schon eines Haͤlters aus
Messing zur Aufnahme und zum Festhalten ihrer Aeznadeln bedienten, ohne daß sie den
Vortheil hatten, den Stahl sicher und fest zu halten, was bei einem Haͤlter
von hartem Stahle mit scharfen Kanten so leicht moͤglich ist.
Fig. 18 und
19
stellen zwei Bohrer aus Draht vor, die dieser Bohr-Stok halten soll, und
welcher auch alle dazwischen vorkommende Groͤßen derselben faßt.
Ein anderer Bohr-Stok von der Erfindung des Hrn. Gill.
Der Vortheil bei diesem Bohr-Stoke besteht in der großen Leichtigkeit, mit
welcher man die Bohrer in denselben einsezen kann. Fig. 20 zeigt das Ende
dieses Bohr-Stokes von der Seite, vom Ende und von Vorne. Ein cylindrisches
loch von der Groͤße der Staͤmme der Bohrer, die man anwendet, ist in
denselben eingebohrt: wenn diese von Stahl-Draht sind, so braucht es nichts
anderes um sie in dem Stoke fest zu halten, als sie auf einer Seite flach und schief
zu zu feilen, wie Fig. 20 und 21 zeigen, Diese
Abdachung wirkt gegen einen anderen schief zulaufenden Stahl-Stift, der quer
durch ein schief zu laufendes Loch an dem Ende des Bohr-Stokes eingetrieben
ist, und so den Bohrer fest an seiner Stelle eingekeilt haͤlt.
Wenn die Schenkel oder Staͤmme der Bohrer groͤßer sind, so wird der
staͤhlerne Stift herausgenommen, und das Ende des Bohr-Stokes
gesaͤgt oder gezaͤhnt, so daß es eine Drille bildet, welche, wenn sie
um den Stamm, der vorlaͤufig schon so ziemlich zugeformt war, gedreht wird
denselben zu einem Cylinder von demselben Kaliber, wie die Hoͤhlung in dem
Bohre Stoke, abdrehen wird. In dem Bohr-Stoke ist ein Einschnitt angebracht,
um ein Instrument in denselben einfuͤhren zu koͤnnen, womit man gegen
das Ende des Stammes
des Bohrers wirken, und denselben noͤthigen Falles Hinaustreiben kann. Sowohl
das Ende des Stammes als der Stahlstift muß gehaͤrtet und gehoͤrig
temperirt seyn.
Es ist offenbar, daß dieser Bohrstok sich auf alle Arten von Bohrer, sowohl auf die
gemeinen Drehe- oder Drill- als auf die Lauf- oder
Zug-Bohrer, und auf die Bohrer an der Drehebank anwenden laͤßt.
In Rees's Encyclopaͤdie ist eine kurze Notiz uͤber diesen Bohrstok des
Hrn. Gill mitgetheilt, jedoch ohne das Verfahren bei dem
Formen der Staͤmme der Bohrer.