Titel: | Ueber das Kadmium, und wie man dasselbe in Menge erhalten kann. |
Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. LXIX., S. 446 |
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LXIX.
Ueber das KadmiumVergl. polyt. Journal Bd. 2. S. 490.
D., und wie man dasselbe in Menge erhalten kann.
Schreiben des Herrn W. Herapath an den Herausgeber der Annals of Philosophy. Daselbst N. XVIII. 1822. S. 435.
Ueber das Kadmium.
Bristol, 1. April 1822.
Als ich uͤber die Eigenschaften des Kadmium, seine
Fluͤchtigkeit im metallischen Zustande, und seine Feuerbestaͤndigkeit
als Oxid nachdachte, vermuthete ich dasselbe unter den Produkten, welche man in den
Zinkhuͤtten sublimirt findet, anzutreffen. Ich besuchte daher eine solche
Huͤtte in der Nachbarschaft, und brachte Staͤke mit, in welchen das
Metall in weit groͤßerer Menge enthalten war, als man dasselbe bisher fand,
naͤmlich zu 12–20 p. C., d.i., sechsmal mehr, als Stromeyer aus den reichsten Stuͤken, die er
untersuchte, erhalten hat.
Es duͤrfte der Muͤhe werth seyn, hier die Lage genau anzugeben, in
welcher man es findet. Bekanntlich wird der Zink aus seinen Erzen durch eine Art von
Destillation gewonnen, in dem man die Blende mit zerkleinten Kohlen als Fluß in
einen oben genau verschlossenen Topf eintraͤgt, welcher an seinem Boden mit
einer Roͤhre versehen ist, wodurch das Zink in ein unter demselben
befindliches Gewoͤlbe geleitet wird. Dicht unter diesem befindet sich ein
Gefaͤß mit Wasser und eine bewegliche Roͤhre, die lang genug ist, um
von der kurzen roͤhre bis beinahe an die Oberflaͤche des Wassers zu
reichen.
Der Huͤttenmann verbindet herkoͤmmlich diese beiden Roͤhren
nicht ehe, bis nicht das sogenannte „braune Feuer“ (brown blaze) voruͤber ist, und das
„blaue Feuer“ (blue blaze)
anfangt. Dieses braune Feuer ruͤhrt vom Kadmium her, welches den Sauerstoff
verschlukt; es sublimirt sich, und haͤngt sich an der Deke des
Gewoͤlbes an, findet sich aber immer am haͤufigsten unmittelbar
uͤber der Oeffnung, aus welcher es herausstroͤmt, und ist mit Ruß,
Schwefel-Kadmium und Zink-Oxid verbunden. Die Farbe ist eine Mischung
von Braun, Gelb, Schwarz und Weiß, verschieden nach den Mengen der verschiedenen
Bestandtheile, welche beigemischt sind.
Um das Metall zu erhalten, bediente ich mich folgenden Verfahrens: ich goß zu der
Masse, welche sich sublimirt hatte, Kochsalz-Saͤure im Ueberflusse;
filtrirte die Aufloͤsung und wusch den Ruͤkstand; goß das
Absuͤßwasser zu der Aufloͤsung, und rauchte bis zur Trokenheit ab, um
die uͤberschuͤßige Saͤure zu entfernen; loͤste den
trokenen Ruͤkstand in so wenig Wasser als moͤglich auf, und filtrirte
neuerdings, um den unaufloͤslichen Theil davon zu entfernen, und senkte dann
eine Zink-Platte in die Aufloͤsung, ans welcher das Kadmium sich in Form kleiner
Blaͤttchen niederschlug. Ich fand, daß es aͤußerst schwer
haͤlt, diese Blaͤttchen ohne Verlust zu einer Masse zu vereinigen, da
dieses Metall so aͤußerst fluͤchtig ist, etc. Ich befolgte Stromeyer's
Verfahren so lang, bis ich fand, daß die Kuͤgelchen, welche sich in den
kalten Theil der Roͤhre sublimirten, mehr haͤmmerbar waren, und sich
nicht mehr, wie er angibt, abschaͤlten, wenn sie lang gehaͤmmert
wurden. Ich that daher den schwammigen Niederschlag in eine Roͤhre von
schwarzem Glase, die an einem Ende verschlossen war, sezte etwas
Lampen-Schwaͤrze oder Wachs zu, und hielt das Ende der Roͤhre,
welches das Metall enthielt, so lang auf einem gewoͤhnlichen Feuerherde in
der Rothgluͤhhize, bis das ganze Kadmium an jenen Theil der Roͤhre
hinauf sublimirt war, der der Nochgluͤhhize am naͤchsten stand.
Nachdem ich das, was am Boden der Roͤhre zuruͤk blieb, herausgeworfen
hatte (und dieß kann ohne alle Gefahr eines Verlustes des sublimirten Theiles
geschehen, der fest an dem Glase anhangt), brachte ich einiges Wachs hinein, und
erhizte dasselbe ganz sacht: waͤhrend das Wachs brennt, schmilzt das Metall,
und bildet, wenn man dasselbe etwas schuͤttelt, ein Zorn, welches erst
abkuͤhlen muß, ehe man dasselbe herausnimmt. Die Farbe desselben ist dem
Silber so aͤhnlich, daß meine Freunde, die es sahen, es fuͤr Silber
hielten; zieht aber, genau mit demselben verglichen, mehr in's Blaͤuliche.
Das Korn war am Grunde und an den Seiten facettirt, und sah gerade so, als ob es auf
allen Seiten mit einem kleinen Hammer geschlagen worden waͤre. Unter einem
starken Vergroͤßerungsglase zeigte seine Oberflaͤche
sternfoͤrmige Krystalle, deren jeder einen Kern bildete, aus welchem 6
Aehrchen strahlenfoͤrmig ausfuhren. Ich habe Ihnen hier ein Blaͤttchen
davon beigelegt; Sie werden finden, daß es mehr haͤmmerbar ist, als Stromeyer
es gefunden: hoͤchst wahrscheinlich hat sein Kadmium noch etwas Zink
enthalten. Die specifische Schwere des Stuͤkes, von welchem dieses Blaͤttchen
genommen ist, war 8,677.
Stromeyer sezt das Gewicht des Atomes = 6,9677; seine Analyse gibt aber
kohlensaures
Kadmium
7,05
schwefelsaures
–
7,05
salpetersaures
–
6,93
salzsaures
–
7,15
phosphorsaures
–
6,89
Oxid –
–
6,96
–––––
Im Durchschnitte
7,005.
Es scheint also, daß man in Ermanglung einer groͤßeren Anzahl von Versuchen 7
als die wahre Zahl annehmen kann. Er sagt, Annals XIV. p. 271, daß der
„aus kochsalzsaurem Kadmium durch kohlensaures Ammonium gebildete
Niederschlag in einem Ueberschuße von Kohlensaͤure unaufloͤsbar
ist.“ Diesem widersprach der seel. Prof. Clarke, Annals, Maͤrz
196. Um diesen Streit beizulegen, verfertigte ich mir kochsalzsaures Kadmium,
(Kadmium und Kochsalzsaͤure waren rein) und gab dann 1/10 Gran in zwei
Uhrglaͤser mit einigen Tropfen Wassers zur Aufloͤsung desselben.
Hierauf goß ich eine Aufloͤsung von kohlensaurem Ammonium (60
graͤdig): bei 227,17 Gr. schien es einen Theil aufgeloͤst zu haben;
nachdem es 12 Stunden lang stand, ward es abgesiehen, der Ruͤkstand
ausgewaschen, und bei 150° F. lang genug gehalten, um alles kohlensaure
Ammonium, welches noch darin enthalten seyn mochte, zu verdampfen: der
Ruͤkstand war 0,08. Da nun 0,1 Gran kochsalzsaures Kadmium gleich ist 0,084
kohlensaurem, so wird, wenn man den Verlust von 0,004 als aufgeloͤst, statt
durch die unvermeidlichen Fehler des Versuches fuͤr verloren betrachtet,
nicht mehr als ein Theil in 56792 aufloͤsbar seyn koͤnnen, was also
der Unaufloͤsbarkeit so nahe kommt, daß man zu dem Schluͤsse
berechtigt wird, Dr. Clarke habe sich geirrt.
In einem Falle, wo ich reines Metall sublimirte, was die obere Oeffnung der
Glasroͤhre nicht geschlossen, und die Roͤhre laͤnger, als
gewoͤhnlich, im Feuer gehalten. Beim Abschaben des Sublimates zeigten sich
statt des Metalles, purpurfarbene, undurchsichtige, strahlenfoͤrmige,
nadelfoͤrmige Krystalle. Da ich sie fuͤr eine kohlenstoffige
Verbindung hielt, so warf ich sie in Kochsalzsaͤure, worin sie sich ohne
Aufbrausen und ohne allen Ruͤkstand aufloͤsten. Sie muͤssen
also krystallisirtes Oxid gewesen seyn; ob hier aber der Sauer-Stoff in einem
anderen, als in dem gewoͤhnlichen, bisher gefundenen, Verhaͤltniße
vorkam, hatte ich nicht Zeit zu bestimmen. Da ich indessen jezt mit Versuchen
uͤber dieses Metall beschaͤftigt bin, so werden sie in Baͤlde
vielleicht etwas Interessantes hieruͤber erhalten. Ich kann nicht schliessen,
ohne Ihnen eine Ansicht uͤber die beßte Methode dieses Metall in einer
solchen Menge zu erhalten, daß man dasselbe mit Vortheil in den Kuͤnsten
anwenden kann, mitzutheilen. Da das Kadmium sich fruͤher sublimirt, als der
Zink, so muͤßen die ersten Produkte der Destillation mehr Kadmium enthalten,
als die lezten. Wenn daher die Roͤhre unmittelbar nach der Fuͤllung
des Topfes angesezt wird, und die ersten paar Pfunde Zink besonders aufgehoben
werden, so zweifle ich nicht, daß der Huͤttenmann genug Kadmium in demselben
finden wird, um dadurch die Muͤhe und Kosten der Sublimation ersezt zu sehen,
welche unbedeutend sind; denn der Zink wird nicht in dem rohen Zustande, wie er
uͤbergeht, verkauft, sondern allzeit wieder in Klumpen geschmolzen. Man
brauchte hiezu nur einen eisernen Topf mit einem luftdichten Dekel, und eine Hize
von ungefaͤhr 200° (F), welche man mit wenigem BrenumaterialeBrennmateriale> erzeugen kann. Man wuͤrde auf diese Weise das neue Metall um einen
Preis erhalten koͤnnen, der jenen des Zinkes nur wenig uͤbersteigen
wuͤrde. Ich verharre etc.
Wilh. Herapath.