Titel: Beschreibung hängender Brüken. Von Rob. Stevenson, Esqu. F. R. S. E. bürgl. Baumeister.
Fundstelle: Band 10, Jahrgang 1823, Nr. LXX., S. 397
Download: XML
LXX. Beschreibung hängender Brüken. Von Rob. Stevenson, Esqu. F. R. S. E. bürgl. Baumeister. Aus dem Edinburgh Philosophical Journal. Im Repertory of Arts, Manufactures and Agriculture. N. CCXLIX. Maͤrz 1823. S. 219. Mit Abbildungen auf Tab. VII. (Beschluß.) Stevenson's Beschreibung hängender Brüken. Die Union's Kettenbruͤke (Union Chain-bridge). Diese Bruͤke fuͤhrt bei Norhamford, ungefaͤhr 5 Meilen von Berwik, uͤber den Tweed, und ist hier, Fig. 3. in einer Skize dargestellt. Sie wurde im August 1819 angefangen, und am 26. Julius 1820 eroͤffnet: ihre Errichtung brauchte also nur ein Jahr, waͤhrend eine steinerne Bruͤke drei Jahre gekostet haben wuͤrde. Plan und Ausfuͤhrung derselben sind das Werk des Capitaͤns Samuel Brown, von der k. Flotte, der mit so gluͤklichem Erfolge die Ketten-Taue bei den Kriegsschiffen, wie bei den Kauffahrern eingefuͤhrt hat. Der Fahrweg auf diesem kuͤhnen Baue ist von Holz, auf welchem ein eisernes Geleise fuͤr die Fuhrwerke angebracht ist. Er ist 18 Fuß breit, und nicht weniger als 361 Fuß lang. Die Hauptbaͤume sind 15 Zoll hoch, und 7 Zoll dik. Die Bekleidung ist 12 Zoll breit, und 3 Zoll dik. Diese Bruͤke haͤngt 27 Fuß uͤber dem Sommer-Wasserstande des Flusses, hebt sich in der Mitte ungefaͤhr 2 Fuß, und endet sich zu beiden Seiten in ein Karnieß von 15 Zoll Tiefe, welches derselben sowohl zur Zierde als zur scheinbar groͤßern Staͤrke gereicht. Der Fahrweg haͤngt an den Hauptketten (catenarian chains) in kreisfoͤrmigen Eisenstangen von einem Zolle im Durchmesser. Diese senkrechten Stangen sind in Kappen oder in Stuͤke von Gußeisen eingekeilt, die man Saͤttel nennt, und die 5 Fuß weit von einander stehen. Diese Saͤttel ruhen auf den Fesseln oder Gelenken der Hauptketten, wie die Zeichnung c in Fig. 3 zeigt. Die unteren Enden dieser Stangen verbinden sich mit den Bruͤkenbaͤumen, durch welche sie laufen dadurch, daß sie eine Eisenstange umfangen, welche der ganzen Laͤnge der Bruͤke nach unter den Baͤumen des Fahrweges zu jeder Seite desselben hinlaͤuft. Diese Stangen sind drei Zoll tief, und mit den Haͤngstangen mittelst eines Bolzens verbunden, wodurch der Fahrweg auf eine sehr einfache Weise mit den senkrechten Haͤngestangen und den Hauptketten vereinigt wird. Die Hauptketten dieser Bruͤke, zwoͤlf an der Zahl, sind paarweise so gereiht, daß zwischen den Aufhaͤngepuncten zu jeder Seite der Bruͤke ein Paar uͤber das andere zu stehen kommt. Diese Ketten, und uͤberhaupt alles, was an dieser Bruͤke von Eisen ist, ist aus dem beßten Walliser Eisen (Welis-iron). Die Ketten sind kreisfoͤrmig, und halten ungefaͤhr 2 Zoll im Durchmesser. Die Glieder, wenn man sie so nennen darf, bestehen aus 15 Fuß langen Stangen, und sind mit stark geschweißten Bolzenloͤchern versehen und an beiden Enden nett und sauber ausgearbeitet. Diese Glieder oder Stangen sind, wie die zu Fig. 3 gehoͤrige Zeichnung weiset, mittelst starker Gelenke oder Fesseln verbunden, durch welche ein Bolzen von ovaler Form laͤuft, der 2 1/4 Zoll auf 2 1/2 Zoll mißt. Auf jedem Gelenke der drei Bindereihen der Haupt- Ketten ist ein Sattel von Gußeisen wie oben erwaͤhnt wurde, angebracht. Der erste Sattel z.B. ruht mit seiner Haͤngestange zu jeder Seite der Bruͤke auf dem oberen Kettenpaare, wie der Aufriß Fig. 3 zeigt; der zunaͤchst darauf in der Laͤngenrichtung des Fahrweges folgende Sattel ruht auf dem mittleren Kettenpaare, und der dritte auf dem untersten und so abwechselnd fort uͤber die ganze Laͤnge der Bruͤke hin. Auf diese Weise tragen alle Ketten gleiche Last, und die Gelenke sind so genau gestelt, daß alle fuͤnf Fuß ein Sattel und eine Haͤngestange zu liegen kommt, und der Abstand zwischen jedem Paare Haͤngestangen genau einen Raum von fuͤnf Fuß bildet. Durch diese eben so einfache als schoͤne Anordnung ruhen die Haͤngestangen auf den Gelenken der Hauptketten, so, daß die Glieder oder Stangen, aus welchen sie bestehen, von aller Verbiegung und Verdrehung verschont bleiben, wenn der Bruͤkenweg auf denselben aufgehaͤngt wird. Der Raum von 5 Fuß zwischen den oben erwaͤhnten Haͤngestangen ist in Augen von 6 Zoll im Gevierte zu einer Hoͤhe von 5 Fuß zu jeder Seite der Bruͤke ausgebildet, und dient so statt einer Brustwehre zur Sicherheit der Daruͤbergehenden. Obschon der Bruͤkenweg nur 361 Fuß betraͤgt, so betraͤgt doch die Laͤnge der Hauptketten von einem Aufhaͤngepunct zum anderen nicht weniger als 432 Fuß, mit welchem sie einen Winkel von beilaͤufig 12° bilden. Die Beugung der Ketten-Krummen betraͤgt Einen Fuß senkrecht auf 7 Fuß in der Laͤnge, so daß der Sinus versus des mittleren Ketten-Paares ungefaͤhr 26 Fuß betraͤgt. Von den zwoͤlf Haupt-Ketten wiegt jede, mit ihrem ganzen Zugehoͤre, ungefaͤhr 5 Tonnen, (10,000 ℔) und das Gewicht der ganzen Bruͤke zwischen den Aufhaͤngepuncten wurde auf 100 Tonnen (100 × 2000 = 2,000 Ctr.) geschaͤzt. Auf dem schottischen Ufer laufen die Hauptketten uͤber einen Bogen-Pfeiler, der 60 Fuß hoch, 36 Fuß in der Mitte weit und 17 1/2 Fuß dik ist. Die Seiten der unteren 10 Fuß der Winde dieses Pfeilers sind vierekig: von dieser Hoͤhe an aber die Waͤnde im Verhaͤltnisse von 1/12 (1 senkrecht auf 12 horizontal) abnehmen. Der Bogengang in dem Mauerwerke dieses Pfeilers, der die Einfahrt auf die Bruͤke bildet, ist 12 Fuß weit, und 17 Fuß hoch. Jedes Paar der Hauptketten, das horizontal aufgehaͤngt ist, laͤuft durch correspondirende Oeffnungen in dem Mauerwerke in einer Entfernung von ungefaͤhr 2 Fuß uͤber einander, und geht uͤber Rollen, welche mit dem Gebaͤude in Verbindung stehen. Die Glieder der Hauptketten sind an diesen Puncten so kurz gemacht, als die Staͤrke oder Dike des Eisens, das zusammengeschweißt werden muß, es gestattet, damit sie, ohne alle Biegung und unzwekmaͤßige Spannung des Eisens uͤber die Rollen laufen. Nachdem die Ketten durch das Mauerwerk des Pfeilers durchgegangen sind, laufen sie, wie Fig. 3 zeigt, in einer schiefen Richtung gegen die Erde herab. Dort sind sie 24 Fuß tief in die Erde versenkt, und laufen durch Ballast-Platten von Gußeisen, in welchen sie mittelst eines starken ovalen Bolzens von 3 Zoll auf 3 1/2 Zoll Dike festgehalten werden. Die Ballast-Platten von Gußeisen sind 6 Fuß lang, 5 Fuß breit, und in der Mitte 3 Zoll dik: gegen den Rand hin nehmen sie aber bis auf 2 1/2 Zoll an die Dike ab. Die auf diese Weise befestigten Enden der Ketten werden dann noch mit Wall-Steinen (Mound-Stonu) und Erd-Schutt bis zur Hoͤhe des Bruͤkenweges belegt. Auf dem englischen Ufer der Tweed ist der Pfeiler oder Thurm, an welchem die Ketten aufgehaͤngt sind, auf einer Grundfeste erbaut, die in einen senkrecht in den Fluß fallenden Sandstein-Felsen eingehauen ist, und ist nur ungefaͤhr 20 Fuß hoch: die uͤbrigen Dimensionen correspondiren aber mit dem oberen Theile des Mauerwerkes auf dem schottischen Ufer. Auf dem englischen Ufer ruhen die Ketten auf Platten von Gußeisen, die in dem Mauerwerke eingeschlossen sind, statt, wie auf dem gegenuͤberstehenden Ufer, uͤber Rollen zu laufen. Die Ballast-Platten sind auf der englischen Seite eben so groß, wie auf der schottischen; statt aber, wie auf dieser, in die Erde versenkt zu seyn, liegen sie vielmehr uͤber der Grundfeste des Pfeilers, und sind daselbst beinahe senkrecht aufgestellt und so gelagert, daß sie mit der Richtung der Spannung oder des Zuges der Kette correspondiren. Zur groͤßern Sicherheit der Lage dieser Platten auf der englischen Seite sind sie mit einem horizontal gemauerten Bogen verbunden, der in den Felsen schwalbenschweifartig eingelassen ist. Dieser Theil war indessen noch nicht ganz vollendet, als Verfasser dieses die Bruͤke bei Gelegenheit ihrer feierlichen Eroͤffnung am 26. Julius 1820 gesehen hat. Auf dieser Seite bildet, wie der Aufriß und die Zeichnungen, Fig. 3, zeigen, der Eingang auf die Bruͤke eine Krumme an der Fronte des Pfeilers, statt daß er, wie auf der schottischen Seite, durch einen Bogengang liefe. Der Effect der hier beschriebenen Union's-Bruͤke ist wirklich sonderbar und anziehend: ihre Groͤße, Leichtigkeit und Eleganz veranlaßte mehrere, sie nicht so ganz unschiklich, mit einem umgekehrten Regenbogen zu vergleichen. Wer immer diese, die Ufer des Tweed so sehr verschoͤnernde, neue Anlage zu besichtigen kommt, wird sicher in seinen Erwartungen sich nicht taͤuschen: als National-Sache aber muß sie, als großer Fortschritt in der Kunst, die Aufmerksamkeit des ganzen Landes erregen. Fuͤr den Baumeister von Profession muß sie insbesondere, als die erste fuͤr Postwagen bestimmte Haͤngebruͤke in Groß-Britanien, von hohem Interesse seyn. Man darf auch den unternehmenden Geist der Hrn. Molle, und der Herren in den benachbarten Grafschaften Berwik und Northumberland, bei Ausfuͤhrung dieser Unternehmung nicht unbeachtet lassen, indem er uͤber die Anwendbarkeit solcher Bruͤken in verschiedenen Gegenden der vereinigten Koͤnigreiche, wo man weder Stein noch Gußeisen, theils wegen der Groͤße des Werkes, theils wegen des hohen Preises des Materiales, anwenden kann, eine große praktische Lehre gewaͤhrt. Wer sehr schwer zu befriedigen ist, wird vielleicht, bei genauer Untersuchung, einiges an dem allgemeinen Plane zu verbessern finden, und wenn ein zweites aͤhnliches oder groͤßeres Werk ausgefuͤhrt werden soll, so wird die Erfahrung ohne Zweifel auf einige Verbesserungen leiten. Indessen sind wir der Meinung, daß Capitaͤn Brown durch Plan und Ausfuͤhrung der Unions-Bruͤke im Kettenbruͤken-Baue sich den hoͤchsten Credit verdiente. So viel wir hoͤrten, uͤbernahm der Capitaͤn die ganze Bruͤke, Mauerwerk, Zimmer- und Schmiede-Arbeit, fuͤr die Summe von ungefaͤhr 5000 ℔, waͤhrend eine steinerne Bruͤke wenigstens viermal soviel gekostet haben wuͤrde. Die Absicht des Erbauers scheint indessen nicht so sehr die Hereinbringung der Kosten gewesen zu seyn, als vielmehr die Ausfuͤhrung der Lieblings-Idee desselben, die Anwengung der Ketten-Seile auf den Bruͤkenbau. Wir wollen hoffen, daß seine verdienstvollen Bemuͤhungen endlich darin ihren Lohn finden werden, daß er mehrere aͤhnliche Werke zur Ausfuͤhrung bringen kann. Die Anwaͤlte dieser Bruͤke haben seit Vollendung derselben, Hrn. Capitaͤn Brown ein Geschenk von 1000 Guineen verehrt. Plan zur Cramond-Bruͤke. Fig. 4 ist der Plan jener Bruͤke, die uͤber den Almond, auf der großen Nord-Straße zwischen Edinburgh und Queensferry, vorgeschlagen wurde. Die Laͤnge der Spannung zwischen den Aufhaͤngepuncten ist zu 150 Fuß berechnet. Das Eigene in diesem Plane ist die Befestigung der Hauptketten an den Haͤngepuncten auf jedem Ufer, und in der Beseitigung jenes Theiles der Pfeiler, der uͤber den Bruͤkenweg emporragt, wodurch es unmoͤglich wird, daß die Ketten sich gleichfoͤrmig unter dem Bruͤkenwege vertheilen. Die Hauptketten sind so eingerichtet, daß sie zusammentreffen, oder um das Gemaͤuer laufen, wie man aus dem Durchschnitte sieht, wo die Theile so eingerichtet sind, daß man auf jeder Seite mittelst eines Bogenganges, d in Fig. 4. zu den Ketten gelangen kann. Nach diesem Plane sind die beiden Enden der Hauptketten in große Naͤgel oder Bolzen mit konischen Naͤgeln ausgeschlagen, die in correspondirende Roͤhren von Gußeisen passen, welche in dem Mauerwerke der Pfeiler eingeschlossen sind. Aus dieser Beschreibung wird der Leser leicht eine Idee von der Einfachheit und der Wirkung dieser Art von Kettenbefestigung sich bilden koͤnnen, indem jede einzelne Kette abgenommen und ausgewechselt werden kann, ohne daß die ganze Bruͤke dadurch in Unordnung geriethe. Statt daß der Bruͤkenweg hier von den Hauptketten herab haͤngt, geht er hier bis zur gehoͤrigen Hoͤhe an den Hauptketten hinan, was mittelst eines Gestelles aus Gußeisen zur Aufnahme der noͤthigen Steine fuͤr den Weg selbst geschieht. Diese Einrichtung des Bruͤkenweges und der weitere Aufhaͤnge-Winkel scheinen indessen die Spannung oder Laͤnge von Bruͤken dieser Art auf ungefaͤhr 200 Fuß zu beschraͤnken. Die in Fig. 4. vorgestellte Vorrichtung scheint solchen kleinen Bruͤken manchen Vortheil zu gewaͤhren, und die Weise, die Hauptketten zu befestigen, ist auf alle Haͤngebruͤken anwendbar, und, unsers Wissens, neu. Staͤrke des Eisens. Verfasser dieses hat Gelegenheit gehabt, die Staͤrke des Eisens, welches einen so wesentlichen Artikel bei Haͤngebruͤken bildet, von Amtswegen zu untersuchen. Er beachtet zugleich die Geseze der Ausdehnung, und andere diesen wichtigen Gegenstand betreffende Puncte, und begnuͤgt sich, mit Uebergehung aller Gemeinplaͤze, bloß die Bemerkung beizufuͤgen, daß, wenn man im Allgemeinen die Staͤrke eines Kubikzolles gehaͤmmerten Eisens auf 27 Tonnen schaͤzt, man dieselbe in vielen Faͤllen zu hoch anschlagen wird. Durch die schaͤzenswerthen und hoͤchst interessanten Berichte des Ausschusses des Hauses der Gemeinen, der uͤber die Ausfuͤhrbarkeit einer Bruͤke uͤber die Engen von Menai aburtheilen sollte, erhielten wir uͤber diesen Gegenstand, in Bezug auf die Staͤrke der Materialien zu solchem Bruͤkenbau, die wichtigsten Beitraͤge. Die sinnreichen und entsprechenden Methoden, deren man sich zur Untersuchung der Staͤrke des Eisens bediente, sind von der hoͤchsten Wichtigkeit fuͤr den Baumeister, und berichtigen seine Erfahrungen. Mit Maschinen dieser Art, die wir bei den Werken des Capt. Brown und der HHn. Brunton in London in Thaͤtigkeit sahen, wird mit der groͤßten Leichtigkeit eine Kraft von mehr dann 100 Tonnen (2000 Ctn.) hervorgebracht, und dieß mit einer Genauigkeit und Praͤcision, die bei einem Versuche von solcher Groͤße Erstaunen erregen muß. Mit so leicht anwendbaren Maschinen ist der Ketten-Tau-Fabrikant im Stande praktisch zu bestimmen, wieviel jedes Glied, jedes Gelenk und jeder Bolzen zu tragen vermag, und er kann auf diese Weise mit Zuversicht und Gewißheit einen Gegenstand bearbeiten, der, noch vor wenigen Jahren, beinahe bloß auf einer Hypothese beruhte. Bei einem dieser interessanten Versuche der Herren Brunton waren wir Zeuge der Resultate, die sich an einem kreisfoͤrmigen Bolzen ergaben, auf welchen eine allmaͤhlich zunehmende Kraft so lange angewendet wurde, bis die Maschine ein Maximum von 92 Tonnen zeigte. Als bei diesem Versuche die Kraft bis auf 60 Tonnen stieg, konnte man deutlich sehen, wie kleine oxidirte Theilchen an der Oberflaͤche ansingen sich zu abloͤsen, und als die hydrauliche Maschine bis auf einen Druk von 75 Tonnen hinaufgetrieben wurde, ward der Theil, der zulezt sich trennte und los ging, merklich kleiner und auch die Temperatur desselben erhoͤht. Als das Register der Maschine 92 Tonnen zeigte, theilte sich derselbe ploͤzlich, und brach entzwei. Dieser Versuch ward mit einer Stange von waͤlschen Eisen gemacht, welches Hr. Brunton, bei genauer Untersuchung, und nach dem angewandten Druke und der Art des Bruches urtheilend, nicht fuͤr besonders gutes Eisen erklaͤrte. Es ist kaum noͤthig zu bemerken, daß man bei langen Kettenbruͤken von der gewoͤhnlichen Schwere der daruͤber gehenden Lasten nichts zu befuͤrchten hat. Man muß aber bei Unternehmungen dieser Art auch fuͤr das Aeußerste sorgen, und eine Anhaͤufung von Menschen und von Vieh auf dem Bruͤkenwege nicht vergessen in Rechnung zu bringen. Erstere erzeugt, nach unserer Ansicht, eine weit groͤßere Schwere, ist gefaͤhrlicher, und laͤßt sich sogar, unter bestimmten Umstaͤnden, weniger in Ordnung halten, als leztere. Wir finden durch Rechnung, daß eine bestimmte, mit Menschen bedekte, Flaͤche weit schwerer wird, als eben diese Flaͤche, wenn Vieh darauf ist, und zwar im Verhaͤltnisse von 9 zu 7. Und wer weiß nicht, daß man das Vieh weit eher nach und nach uͤber die Bruͤke treiben kann, als ein Haufen Menschen, die die Neugierde auf irgend einen Punct der Bruͤke treibt, nicht zu leiten ist. Ein solcher merkwuͤrdiger Fall ereignete sich bei Eroͤffnung dieser Bruͤke des Capitaͤns Brown uͤber den Tweed im Julius 1820, wo man wegen der Feierlichkeit des Tages, den Bruͤkenweg leer haben wollte: es war unmoͤglich: die Leute brachen uͤberall durch, und auf einmal waren mehr dann 700 Menschen auf der Bruͤke. Rechnet man nun jeden Menschen nur zu 150 ℔, so gibt dieß 47 Tonnen Schwere, und diese Last hielt die Bruͤke, nebst ihrer eigenen Schwere, ohne allen Nachtheil. Die Hauptketten der Union's Bruͤke bestehen, wie wir gesehen haben, aus kreisfoͤrmigen Eisenstangen von ungefaͤhr 2 Zollen im Durchmesser, und eine solche Eisenstange traͤgt, ohne von der beßten Qualitaͤt zu seyn, eine Last von 92. Tonnen. Da die Union's-Bruͤke 12 solcher Ketten hat, so ist, wenn wir die Kraft jeder Stange mit ihrem Gelenke zu 92 Tonnen sezen, die gespannte Kraft des Ganzen 92 × 12 = 1104 Tonnen. Wir haben bereits das Gewicht der ganzen Bruͤke zwischen den Aufhaͤngepuncten auf 100 Tonnen geschaͤzt; wenn wir hiezu noch 47 Tonnen, als das wahrscheinlich groͤßte Gewicht, welches auf einmal uͤber die Bruͤke kommt, zaͤhlen, so gibt dieß 100 47 = 147, oder in runder Zahl 150 Tonnen. Sezt man den Aufhaͤngungs-Winkel = 12°, so wird das wirkliche Gewicht um ungefaͤhr 370 Tonnen durch die Spannung der Haupt-Ketten vermehrt. Da aber die Staͤrke dieser Ketten 1104 Tonnen ist, so bleibt noch Ueberschuß an Kraft von ungefaͤhr 734, oder, in runder Zahl, von 700 Tonnen, mit welchem man in jedem Falle einen Ueberschuß, der uͤber 50 Tonnen betraͤgt, aufwiegen kann. Was wir indessen bei den Haͤngebruͤken vorzuͤglich zu beachten haben, ist nicht bloß das, was man in der Mechanik das todte Gewicht nennt: ploͤzliche Stoͤße, oder eine schuͤttelnde Bewegung der Last, wie wir sie oben bei der Driburgner Bruͤke kennen lernten, wirken weit staͤrker. Die staͤrkste Probe, welche die hoͤlzerne Bruͤke zu Montrose zu bestehen hatte, die ungefaͤhr 500 Schritte lang ist, war das Defiliren eines Regimentes zu Fuß in Parade. Cavallerie wuͤrde nicht so stark gewirkt haben, weil die Pferde nicht gleichzeitig auftreten; eben so ein Haufen Volkes, der durch einander daruͤber gelaufen waͤre, oder ein Trieb Viehes: denn diese wirken gegen jene wellenfoͤrmige Bewegung, die man zuweilen an der Bruͤke von Montrose bemerkt, wenn Infanterie daruͤber geht. Daher auch die Wirkung der Windstoͤße, wenn sie sich oͤfters und mit Heftigkeit wiederholen, und so die Theile einer Haͤngebruͤke aus den Gleichgewichte bringen, und daher die Nothwendigkeit den ganzen Bruͤkenweg und die Seitengelaͤnder auf die moͤglich staͤrkste Weise verfertigen zu lassen. Man kann nicht wissen, wie weit man es noch in dieser Art des Bruͤkenbaues bringen wird. Wer kuͤhn genug waͤre, dem menschlichen Geiste hier Graͤnzen vorschreiben zu wollen, dem wuͤrden wir die Geschichte der Dampfmaschinen zum Studium empfehlen. Als dem Marquis of Worcester die Idee kam, Wasser zum Kochen zu bringen, und die Daͤmpfe, die daraus aufsteigen, als bewegende Kraft zu benuͤzen, konnte Niemand die nicht zu berechnenden Vortheile ahnden, die unser hochberuͤhmte Landsmann, der seel. Jakob Watt, durch Benuͤzung und Vervollkommnung dieser Idee, der Welt gegeben hat. Wie weit ist es nicht schon mit den Haͤngebruͤken gekommen? Wenn aus den Drahtbruͤken und aus der Haͤngebruͤke uͤber den Tees vom Jahre 1741 bis 1820 die Unionsbruͤke geworden ist, kann wohl auch noch eine Bruͤke uͤber die Meerengen von Menai daraus hervorgehen. Die Theoreme, die Hr. Davies Gilbert in dem London Journal of Science X. p. 230 eben so genuͤgend als schoͤn und einfach hieruͤber aufstellte, gewaͤhren uns die Sicherheit, daß, wenn die Praxis auch nicht so weit gehen kann, als die Theorie, die Kunst des Baues der Haͤngebruͤken noch nichts weniger als erschoͤpft ist.Der Uebersezer, der der Meinung ist, daß man in unseren nicht bloß hoͤlzernen, sondern papierenen, lumpigen Zeiten auf dem festen Lande, wo man Papier-Schnizel Metalliques nennt, wohl vor 2823 kaum eine eiserne Haͤngebruͤke sehen wird, glaubt, daß das so beliebt gewordene Ketten-Princip sich, wo nicht bei dem Baue der Bruͤken, doch wenigstens bei dem Baue der Haͤuser und uͤberhaupt in vielen Faͤllen der buͤrgerlichen Baukunst, selbst bei dem jezt so oft besprochenen Theater-Baue, leicht und sicher anwenden laͤßt, wenn man sich nur die Muͤhe geben will, das Eisen zu benuͤzen, das man hat. A. d. Ueb. Ein Deutscher, Carl Immanuel Loͤscher in Freiberg stellte zuerst, und zwar im Jahre 1784, den Grundsaz auf, die gewoͤhnliche Unterstuͤzung der Bruͤken durch Pfeiler oder Joche dadurch entbehrlich zu machen, daß man auf beiden Ufern erhoͤhte Pfeiler aufrichtete, und an den hoͤchsten Puncten derselben die unten ganz freie Bruͤkenbahn aufhaͤngte oder befestigte. Wie eine solche Bruͤke von Holz erbaut werden koͤnne, also fuͤr den allerschwierigsten Fall, weil eine Verbindung mit eisernen Stangen oder Ketten leichter auszufuͤhren ist, zeigt Loͤscher an einem Beispiele, in welchem die frei liegende Bruͤkenbahn eine Laͤnge von 105 Fuß einnimmt, durch spezielle Zeichnungen von der ganzen Bruͤke und den dazu gehoͤrigen Verbandstuͤken. Die daruͤber handelnde Schrift fuͤhrt den Titel: C. J. Loͤscher, Angabe einer ganz besondern Haͤngewerksbruͤke, welche mit wenigem und schwachem Holze, ohne in Bogen geschlossen, sehr weit uͤber einen Fluß kann gespannt werden, die groͤßten Lasten traͤgt, und vor den staͤrksten Eisfahrten sicher ist. Leipzig 1784. 8. Behrnauers Anm. uͤber Haͤnge-Bruͤken in d. Verh. d. V. z.B. D. Gewf. in Preussen. D.

Tafeln

Tafel Tab. VII
Tab. VII