Titel: | Ueber Verfertigung der Florentiner-Hüte, und über das Zusammenschlingen oder Nähen derselben). Von Hrn. Joh. Parry. |
Fundstelle: | Band 11, Jahrgang 1823, Nr. III., S. 18 |
Download: | XML |
III.
Ueber Verfertigung der Florentiner-Hüte,
und über das Zusammenschlingen oder Nähen derselbenVergleiche hiemit polyt. Journal B. 5. S.
254. B. 7. S. 310. B. 8. S. 385. Bd. 9. S. 134. Bd. 10. S. 191. D.). Von Hrn. Joh. Parry.
Aus dem XL. B. der Transactions of the Society for
Encouragement of Arts Manufactures et Commerce. In Gill's technical
Repository. Maͤrz 1823. S. 187. im Auszuge.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Die Gesellschaft dankte Hrn. Parry fuͤr diese Mittheilung mit der großen silbernen
Medaille.
Parry's Verfertigung der Florentiner-Hüte.
Um die inlaͤndischen Strohhuͤte-Fabriken
zu heben, und die Einfuhr des rohen Materiales zu beguͤnstigen, (denn das
italiaͤnische Stroh ist ungleich besser hierzu als das Englische, hat die
Regierung auf jedes Duzend aus dem Auslands eingefuͤhrter Strohhuͤte 3
℔ (33 fl.) Mauth, auf noch nicht verarbeitetes Strohgeflecht 17 Shilling per
℔, auf das Stroh selbst aber nur 5 per Cent. dem
Werthe nach Einfuhrs-Zoll geseztEine lobens- und nachahmungswerthe Finanzmaßregel D.). Hr. Bigg, Strohhuͤte-Fabrikant,
ließ sich vor einiger Zeit eine bedeutende Menge Strohes aus Livorno bringen, um aus
demselben Florentiner-Huͤte in England siechten zu lassen: allein die
Unternehmung entsprach seinen Erwartungen nicht, und er uͤberließ das Stroh
dem Hrn. Parry, der die Weise, dasselbe nach Florentiner
Art zu flechten, erst selbst lernte, und sie dann ungefaͤhr 70 Personen,
Weibern und Kindern, die er fuͤr seine Fabrik verwendet, lehrte. Fuͤr
diese seine richtig gedachten und gluͤklich ausgefuͤhrten
Bemuͤhungen beehrte die Gesellschaft ihn mit ihrer Medaille, unter der
Bedingung jedoch, daß er ihr sein Verfahren, Florentiner-Huͤte auf
Florentiner-Art, und Weise zu verfertigen, mittheilen wolle, damit sie
dieselbe unter der aͤrmern Classe verbreiten, dieselbe beschaͤftigen
und zum Wohle des Landes naͤhren koͤnnte.
Hr. Parry sandte der Gesellschaft Muster von rohem
Florentiner-Stroh sowohl, als von daraus verfertigten und nach Florentiner Art zusammengeschlungenen
Geflechten. Sein a. a. O. angegebenes Verfahren ist Folgendes:
„Die Aehren werden von dem Strohe mit einem Messer weggeschnitten, und das
Stroh hierauf sowohl der Laͤnge als der Dike nach sortirt, worauf man
soviel von dem weißen und rothen Enden wegschneidet, als noͤthig ist, um
die moͤglich gleichfoͤrmigste Farbe zu erhalten. Man nimmt hierauf
13 Halme, bindet sie an einem Ende zusammen, und theilt dann den Buͤschel
so, daß die Halme unter einem rechten Winkel gegen einander, und zwar sechs
derselben zur Linken und sieben zur Rechten zu liegen kommen. Der siebente oder
aͤußerste Halm an der Rechten muß mit dem Finger und Daumen der rechten
Hand nieder gebogen, und dann unter zwei Halmen uͤber zwei herauf und
unter zwei durch gefuͤhrt werden, worauf man sieben Halme an die linke
Seite des Winkels legt. Dann dreht man mit dem Daumen und Finger der linken Hand
den siebenten oder aͤußersten Halm abwaͤrts, und fuͤhrt ihn
unter zwei Halmen uͤber zwei Halme und unter zwei Halmen durch, und legt
hierauf wieder sieben Halme auf der rechten Seite hin und so fort, den
aͤußersten siebenten Halm so lang von einer Seite zur anderen duplirend
und flechtend, bis er zu kurz wird, um auf die andere Seite des Winkels zu
reichen. Nun nimmt man einen anderen Halm und legt ihn unter das kurze Ende an
der Spize des Winkes (in der Mitte des Geflechtes), wo er durch einen andern
Halm, der unter und uͤber der Verbindung zu liegen kommt, von beiden
Seiten des Winkels her waͤhrend des Flechtens befestigt wird. Das kurze
Ende wird dann unter dem Geflechte ausgelassen, und der neu befestigte Halm
tritt an jener Seite des Winkels, gegen welche dasselbe hingekehrt war, an
dessen Stelle. So faͤhrt man in Wiederholung des Verbindens Duplirens und
Flechtens so lang fort, bis man ein Stuͤk von ungefaͤhr 20 Yards)
60 Fuß geflochten hat.“ Siehe Tab. II.
Fig. 9.
„Die bei der Verbindung des neuen Halmes ausgelassenen Halmstuͤke
werden mit der Schere abgeschnitten, und das Gesiecht ist dann zum weiteren
Verbrauche fertig.“
Da Hr. Parry nur von dem Flechten nicht aber auch von dem
Zusammenschlingen oder Naͤhen der geflochtenen Streifen in seiner Mittheilung gesprochen
hat, so holte die Gesellschaft hieruͤber noch weitere Erkundigungen ein.
Dieses Zusammennaͤhen oder Schlingen ist das Geschaͤft
italiaͤnischer Juͤdinnen in London, und geschieht auf folgende
Weise:
Fig. 9. auf
Tab. II. ist ein Geflecht in doppelter
Vergroͤßerung dargestellt, damit man die Verfertigungs-Weise desselben
deutlicher ersieht.
Fig. 10.
Stellt zwei Stuͤke Geflecht in vierfacher Vergroͤßerung dar, die zum
Theile zusammengeschlungen sind, und zeigen, wie die Kanten einer Lage auf jene der
anderen passen muͤssen, so daß sie die unterbrochene Linie des Gefechtes
fortsezen, und die Vereinigung auf beiden Seiten unmerklich wird. Der
Vereinigungs-Faden ist an jedem Theile mit zwei Maschen Stroh bedekt,
waͤhrend, bei t. u. v.,Fehlt im Originale. A. d. Ueb) nur eine einzige Maschine denselben umgibt.
Fig. 11.
Zeigt zwei Stuͤke, die an einander geschlungen, und spaͤter etwas von
einander gezogen wurden, um den Durchgang der Faden desto deutlicher zu zeigen.
Dieser wird zuerst unter dem Halme 1, dann unter 2, 3, 4 etc. fortgefuͤhrt,
bis er oben bei 10 heraus kommt.
Fig. 12.
Zeigt zwei Stuͤke Geflechte in natuͤrlicher Groͤße, und die
Nadel aus die oben angegebene Weise durch dieselben gefuͤhrt. Die Nadel wird
durch zwei oder drei Maschen auf einmal durchgeschoben, bis sie beinahe ganz in den
Maschen verborgen ist, worauf sie dann so herausgezogen wird, daß der Faden an ihrer
Stelle liegen bleibt. Wenn die zusammenzuschlingenden Stuͤke mit ihren Kanten
nicht genau an einander liegen, wird die Nadel einige Maschen durch auslassen, und
die Verbindung wird unvollkommen seyn, obschon man den Fehler nicht sieht. Zuweilen
zieht man, damit die Arbeit geschwinder hergeht, den Faden nur durch jede andere
Masche, wodurch die Arbeit allzeit schlecht ausfaͤllt, indem man in diesem
Falle, um dieselbe haltbar zu machen, einen groͤbern Faden nehmen muß,
wodurch dann immer erhabene Linien an der Oberflaͤche des Gefischtes
entstehen, welche die Stelle andeuten, wo der Faden liegt, und die Ebene der
Oberflaͤche der Waare verunstalten, die dadurch an Schoͤnheit, und
folglich an Werth verliert.
Fig. 13.
Zeigt die relative Lage dreier Maschen, w, x, y,Diese Buchstaben fehlen im Original. A. d. Ueb.) (xx wiederholt sich) und den durch dieselben
durchlaufenden Faden. Die Maschen liegen wirklich aneinander, sind aber, der
Deutlichkeit wegen, so dargestellt, als wenn sie in einer entgegengesezten Richtung
von Fig. 11
von einander getrennt waͤren.