Titel: | Ueber die Bestandtheile und die Anwendung des Hopfens (Humulus Lupulus). Von Hrn. Wimmer, Inspector der k. b. landwirthschaftlichen Lehranstalt in Schleißheim. |
Autor: | Wimmer |
Fundstelle: | Band 11, Jahrgang 1823, Nr. XIII., S. 91 |
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XIII.
Ueber die Bestandtheile und die Anwendung des
Hopfens (Humulus Lupulus). Von Hrn. Wimmer, Inspector der k. b.
landwirthschaftlichen Lehranstalt in Schleißheim.
Wimmer, über die Bestandtheile des Hopfens.
Bei meinen Vortraͤgen uͤber die Bierbrauerei
schien es mir, daß man bisher uͤber die zwekmaͤßigste Art, den Hopfen
aufzubewahren und anzuwenden, weder in Deutschland noch in England
uͤberzeugende Versuche angestellt habe, und daß man hierin immer noch mit
schwankenden Ansichten und Meinungen sich behelfeMan sucht vergeblich in allen chemischen oder technischen Schriften nach
einer vollstaͤndigen Untersuchung des Hopfens. Die beßten
oͤkonomischen und technologischen, deutschen und englischen,
Woͤrterbuͤcher geben keinen befriedigenden Aufschluß und
enthalten zwar Vieles, aber nur Schwankendes und Allgemeines uͤber
den Hopfen. .
Der Umstand, daß neuerlich einige EnglaͤnderIves uͤber Hopfen in chemischer- und technischer Hinsicht.
Polyt. Journal Bd. 5. S. 188 u. f.
D. und FranzosenVorstehende Abhandlung von HH. Payen und Chevallier. D. das Hopfenmehl (den gelben Hopfenstaub) fuͤr den allgemein wirksamen
und brauchbaren Theil im Hopfen erklaͤrten, welches sie durch angeblich
angestellte Versuche nachzuweisen bemuͤht waren, und der Mangel einer
einigermaßen verlaͤßigen chemischen Zergliederung des Hopfens, machen den Vortrag noch
unsicherer und zweifelhafter.
Ich entschloß mich daher zu einer Reihe von Versuchen hieruͤber, deren
Ergebnisse der oͤffentlichen Mittheilung werthscheinen.
Hr. Ives will in 120 Gewichtstheilen Hopfenstaub
5 Theile Gerbestoff,
10 Theile Extractivstoff,
11 Theile Bitterstoff,
12 Theile Wachs,
36 Theile Harz,
46 Theile Fasern;
aber kein aͤtherisches Oel gefunden haben. Nach ihm
enthalten 6 ℔ Hopfen 1 ℔ Hopfenstaub. Den Hopfenstaub nennt Hr. Dr.
Ives Lupulin und glaubt, daß man ihn allein, und ohne die Hopfendolden zum Bier
anwenden soll.
Die Hrn. Payen und Chevallier fanden in 200 Theilen
Hopfenmehl, ausser wesentlichem Oel, Saͤueren und Alkalien etc.
Bitterstoff
25 Theile
Harz
105 Theile
Kieselerde
8 Theile und in 10 ℔ Hopfen 1 ℔
HopfenmehlDiese beiden Analysen waren die vollstaͤndigsten, welche ich
finden konnte. Erstere befindet sich (ohne Quellenangabe aus dem
polytechnischen Journal a. a. Ort entlehnt. D.) in dem 3. Heft des
landwirthschaftlichen Wochenblatts von Baiern fuͤr 1822,
leztere im Journal de Pharmacie Juny
1822. (Vorstehende Abhandlung). Ausserdem findet man noch einige,
aber keineswegs befriedigende Bruchstuͤke im Wochenblatt
fuͤr Kunst und Gewerbfleiß in Baiern, in den
landwirthschaftlichen Wochenblaͤttern von 1812 und 1813, und
in einigen andern Zeitschriften. .
Ich erhielt aus 6 Loth sehr guten, fleißig zerrißenem Hopfen durch viermaliges Sieben
und Klopfen
4,9637 Hopfendoldenblaͤtter,
0,7187 groben Hopfenstaub, und
0,3125 feinen Hopfenstaub, also etwas mehr als 1/6 Hopfenstaub.
Allein der grobe Hopfenstaub hatte noch immer mehr als die Haͤlfte kleine
Hopfendoldenblaͤtter und der feine etwa 1/3 solche enthalten, ohne daß er
hievon zu befreien gewesen waͤre.
Bei lezterm konnte dieß jedoch nicht mit freiem Auge, sondern nur mit Huͤlfe
einer guten Lupe erkannt werden. Die Hopfendolden waren aber hiedurch noch immer
nicht von allem Hopfenstaub befreiet worden, und man konnte kaum durch ein
dreimaliges sorgfaͤltiges Auswaschen dazu gelangen; wobei noch 0,221 Loth
Hopfenmehl gewonnen wurden.
Nun wurden
A,
die Hopfendoldenblaͤtter
B,
das grobe Hopfenmehl
C,
das feine Hopfenmehl
einer chemischen Analyse unterworfen.
Sie wurden einer viermaligen Extraction mit Wasser in glaͤsernen Retorten
unterzogen, bis das Wasser weder Farbe noch Geschmak mehr angenommen. Die
Hopfendoldenblaͤtter lieferten keine Spur von einem aͤtherischen Oele,
waͤhrend der Hopfenstaub von 100 Gewichtstheilen 0,6 gewaͤhrte.
Die Fluͤssigkeit, welche Lakmuspapier roͤthete und Saͤuere
zeigte, wurde abgedampft und ich erhielt von 100 Theilen bei
A
15 Theile troknen Extract
B
22 Theile troknen Extract
C
30 Theile troknen Extract
Von diesem Extract wurde durch Digestion mittels Alkohol an Extractivstoff
aufgeloͤset und nachher durch Abdampfen gewonnen: von
A
5,6
B
11,51
C
19,2
Bei einer Versezung mit gleichviel Wasser zeigte A eine
kaum merkliche, B eine betraͤchtliche, C eine geringe Truͤbung; erstere enthielt daher
am wenigsten Harz geloͤset.
Aus dem uͤbrigen Ruͤkstand wurde an Gerbestoff ausgeschieden von
A
2,02
B
2,34
C
4,38
An Gummi blieb geloͤset bei
A
7,3
B
6,71
C
5,55
Der mit Alkohol extrahirte Faserstoff betrug von
A
80,
B
58,6
C
34,
Die Loͤsung abgedampft, gab, im Schwefelaͤther voͤllig
loͤsbares Pflanzenharz bei
A
2,
B
9,80
C
21 TheileDie große Menge von Harz, welche die Hrn. Payen und Chevallier
erhielten, naͤmlich 52,25 pr. Ct.
ist mir unbegreiflich. .
Demnach finden sich in 100 Theilen
Textabbildung Bd. 11, S. 94
Hopfenbätter; Hopfenstaub; Extractivstoff; Gerbestoffe; Harz; Faserstoff
Wachs war nicht auszumitteln, und es scheint nur das
taͤuschende Gefuͤhl des mit Wasser extrahirten Hopfenstaubes auf die
irrige Vermuthung, daß Wachs vorhanden sey, gefuͤhrt zu habenDie mir zu diesem Behuf sehr bemessen gewesene Zeit und mein zum Grunde
gelegter beschraͤnkter Zwek waren Ursache, daß der Hopfen nicht auch
mit Salpetersaͤure behandelt und auf Salze etc. gepruͤft
wurde. Wir haben in dieser Hinsicht eine weitere vollstaͤndige
Analyse eines mit Wasserdaͤmpfen extrahirten Hopfens von dem k.
Professor an der hiesigen landwirthschaftlichen Lehranstalt, Hrn. Dr. Zierl,
zu gewaͤrtigen.
Das aͤtherische Hopfenoͤl verfluͤchtigt sich bei einer
Temperatur von 60 70° R. unverzuͤglich und nur dann dauert die
Verfluͤchtigung laͤnger, wenn ungetheilte Hopfendolden der Extraction unterzogen
werden.
Dieses Oel ist ein Product des Hopfenstaubes.
Der Bitterstoff ist am schwierigsten zu extrahiren, besonders aus dem Hopfenstaub,
aus welchem er mittelst einer fuͤnfmaligen, 3 bis 6 stuͤndigen
Digestion bei einer Temperatur von 70 bis 75° mit dem 120 fachen Gewicht an
Wasser kaum vollstaͤndig gewonnen werden konnte. Uebrigens ist er in allen
loͤsbaren Theilen des Hopfens vorhanden.
Zur Hopfen Extraction ist sehr viel Wasser nothwendig; indem der Hopfen sein
6-8 faches Gewicht an Wasser zu sich nimmt, ohne es tropfenweise von sich zu
lassen. Selbst nach gelindem Auspressen behaͤlt der Hopfen noch sein
dreifaches Gewicht an Wasser bei sich und laͤßt es sehr ungerne fahren, so
daß in 6 Tagen bei einer Temperatur von 8° R. an einem luftigen Raume nur 1/6
entwichen war.
Zur Pruͤfung auf Saͤure wurden acht verschiedene Extracte bereitet.
Diejenigen, welche mit kaltem Wasser oder mittelst Infusion bereitet wurden, zeigten
keine Spur von Saͤure. Jene hingegen, welche zwei bis drei Stunden einer Hize
von 70° R. ausgesezt waren, hatten schon Saͤure enthalten, die um so
staͤrker gewesen, je laͤnger die Extracte dem Feuer ausgesezt
waren.
Die Saͤure fand sich bei der Bereitung im geschlossenen Raume so gut wie im
offenen, bei Anwendung des Flammenfeuers und des Sandbades.
Sie ist nicht fluͤchtig, und daher im eingedikten Extract um so bemerkbarer.
Sie konnte mit Kreide gesaͤttiget werden.
Ich entfernte den Gerbestoff aus der Fluͤssigkeit und versuchte sie auf
Eisen.
Aus der Eisenaufloͤsung wurde das Eisen durch die Saͤure schwarz
niedergeschlagen. Ich halte sie demnach fuͤr GallussaͤureDer damit geschwaͤngerte Extract zeigt große Begierde nach der Luft
und uͤberzieht sich in kurzer Zeit mit Schimmel, welches ebenfalls
fuͤr das Daseyn von Gallussaͤure zeugt. Es ist dem ungeachtet
moͤglich, daß, wie die Hrn. Payen und Chevallier fanden, sich auch
noch andere. Saͤuren in dem Hopfen befinden, wie es bei mehreren
Vegetabilien der Fall ist. Zwar soll die Gallussaͤure auch im kalten
Wasser aufloͤslich seyn; was hier nicht der Fall war. Indessen hat
meine Infusion nur 2 Stunden gedauert, und eine seit diesem zufaͤllig
gemachte Beobachtung, laͤßt mich vermuthen, daß diese im Hopfen
befindliche Saͤure auch im kalten Wasser, aber erst nach 48 bis 72
Stunden loͤslich sey. .
Inzwischen eingetretene dringendere Berufsgeschaͤfte hielten mich ab, ihre
Quantitaͤt zu bestimmen, sie findet sich sowohl im Extract aus
Hopfendoldenblaͤttern als in jenem aus Hopfenstaub.
Diese Saͤure kann dem Bier und dessen Haltbarkeit nicht nachtheilig seyn, denn
die Englaͤnder bereiten ihre staͤrksten und am laͤngsten
haltbaren Biere mit Extract, welcher, meiner Erfahrung nach, betraͤchtlich
viel solcher Saͤure enthaͤlt. Alle unsere Schenk- und
Lagerbiere enthalten sie ebenfalls, nur in geringerer Quantitaͤt.
100 Theile des zu meinen Versuchen verwendeten HopfensDer zur Untersuchung verwendete Hopfen ist baierischer, in der Gegend von
Eichstaͤdt gewachsen. bestehen aus:
a)
76,76 Hopfendoldenblaͤttern
b)
11,93 groben Hopfenstaub
c)
5,21 feinen Hopfenstaub
3,10 feinen Hopfenstaub durch Auswaschen
gesondert,
Diese enthalten aber
Textabbildung Bd. 11, S. 96
Payen und Chevallier schaͤzen das gewonnene Hopfenoͤl auf 0,2
Prozent; Hr. Sigel in Muͤnchen fand 1813 im Spalter-Hopfen
0,237, und im boͤhmischen Hopfen 0,381 wesentliches Oel.
Hopfenöl; Extractivstoff; Gerbestoff; Harz; Fasern
Gibt 95,01 Theile, und es zeigt sich noch ein Verlust von 4,99, welcher bei einer
Analyse des Hopfens, wo, wegen des verhaͤltnißmaͤßig großen
Wasserbedarfs, die kleinsten Quantitaͤten in großen Geschirren behandelt
werden muͤssen, unvermeidlich scheint.
Aus dieser Zergliederung resultirt, wie sehr Unrecht diejenigen haben, welche
glauben, man solle nur den Hopfenstaub anwenden, und die Doldenblaͤtter
wegwerfen. Denn es zeigt sich, daß leztere von allen wirksamen Stoffen bei Weitem
die groͤßte Quantitaͤt enthalten, mit Ausnahme des aͤtherischen
Oels.
Der Hopfenstaub, kann uͤberdieß als zum großen Theil praktisch untrennbar von
den Blaͤttern betrachtet werdenDaß der Hopfenstaub allein ebenfalls in der Bierbrauerei angewendet werden
kann, unterliegt wohl keinem Zweifel, aber
daß es vortheilhaft waͤre, und daß man mit geringerm Kostenaufwand
dadurch besseres Bier erhalte, ist wohl voͤllig unmoͤglich.
Die Hrn. Payen und Chevallier wollen damit ein helleres und wohlschmekenderes Bier
erhalten haben; sie gaben aber die Quantitaͤt des verwendeten Hopfens
nicht an, und es scheint ihnen auch entgangen zu seyn, daß es nicht der
Hopfen, sondern die Gattung des verwendeten Malzes ist, welche dem Bier die
Farbe vorzugsweise ertheilt.Mit Unrecht haben diese HHrn. voraus gesezt, daß die Ergebnisse einer Analyse
der Hopfendolden voͤllig werthlos gewesen waͤren.Es ergibt sich ferner, daß auch diejenigen Unrecht haben, welche verlangen,
daß der Hopfen nicht mit der Wuͤrze gekocht, sondern erst nach
Beendigung des Kochens zugesezt werden soll, um, wie sie glauben, kein
Hopfenoͤl und keine aromatischen Theile zu verfluͤchtigen.
Denn das Hopfenoͤl verfluͤchtigt sich sogleich, sobald es sich
in der Waͤrme entbindet, und die in eine Vorlage uͤbergezogene
Fluͤssigkeit hatte qei vielmal wiederholten Versuchen immer nur
Hopfenoͤl enthalten, und einen faden, seifenartigen Geschmak gehabt,
ohne die mindeste Spur von Bitterkeit etc. – Die Hrn. Payen und
Chevallier fanden in diesem Wasser, ausser dem wesentlichen Oel, dem es
seinen gewuͤrzhaften Geruch verdankt, basisches essigsaures Amonium.
.
Aus keinem der sechs, auf verschiedene Weise gemachten, Hopfenextracte konnte durch
Destillation mehr Hopfenoͤl gewonnen werden; es hatte sich also
uͤberall gleich bei der Extraction vollstaͤndig
verfluͤchtigt.
Um uͤber die zwekmaͤßigste Anwendung des Hopfens
in der Bierbrauerei noch mehr in's Klare zu kommen, fertigte ich drei Extracte mit
Flußwasser:
Den Iten nach Art der Englaͤnder, indem ich 1 Pfund zertheilten Hopfen mit dem
12fachen Gewicht an Wasser 9 Stunden bei einer Hize von 68 bis 72° R. in
einer mit einem Hut und Kuͤhlapparat versehenen Blase digeriren ließ.
– Das aͤtherische Oel, welches mit 1 1/2 Pfund Wasser
uͤbergegangen war, wurde zum Theil abgenommen, zum Theil verbindet sich
dasselbe aber so sehr mit dem Wasser, daß es selbst durch Destillation nicht
voͤllig getrennt werden kann. Hierauf wurde 1 1/4 Maaß Hopfenextract
abgelassen, dessen spezifisches Gewicht 1,1111 war.
Der Ruͤkstand wurde nochmal mit 5 Pfund Wasser uͤbergossen und einer
neuen 9 stuͤndigen Digestion unterworfen, wovon kein Hopfenoͤl,
sondern nur seifenartig schmekendes Wasser in die Vorlage uͤbergieng. Es
wurden jezt durch Abziehen und Auspressen 2 1/4 Maaß Extract gewonnen, genau von
obigem spezifischen Gewicht und an Geschmak demselben ganz gleich.
Der IIte Extract wurde nach Art der Anwendung des Hopfens von unsern Bierbrauern
mittelst 2 1/2 stuͤndigem, wallendem Kochen, jedoch bei aufgeseztem Hut und
mit 1 Pfund ungetheiltem Hopfen, welcher mit dem 40 fachen Gewicht Flußwasser
uͤbergossen worden, gefertigt. Es sind davon 9 Maaß in die Vorlage
uͤbergegangen, welche fortwaͤhrend aͤtherisches Oel enthielten,
das bei dem zertheilten Hopfen in der ersten halben Stunde uͤbergieng.
Abgezogen und ausgepreßt wurden 3 Maaß Extract, dessen spezifisches Gewicht 1,0715
war. Der Ruͤkstand mit einer Lupe untersucht, zeigte sehr viel,
voͤllig gelbes Hopfenmehl, welches nicht merklich extrahirt war.
Der IIIte Extract wurde nach Hermbstaͤdt's Vorschlag bereitet, und der Hopfen
erst dann in gekochtes Wasser gesezt, als darunter kein Feuer mehr brannte, sondern
nur eine schwache Glut die Waͤrme unterhielt und die Temperatur desselben
bereits auf 70° R. herabgesunken war. Der Hopfen blieb 1 1/2 Stunden bei
oͤfterm Umruͤhren darin. Ich erhielt durch Abseihen und gelindes
Auspressen von 1 Pfund ungetheilten Hopfen 16 Maaß Extract von einem spez. Gewicht
von 1,0345. Der Ruͤkstand war noch frischer und bitterer, wie der vorige, und
hatte auch mehr gut erhaltenes Hopfenmehl.
Diese Extracte, auf ein gleiches Maaß eingedikt und verduͤnnt, zeigten
Nro. I. spezifisches Gewicht 1,0917
Nro. II. spezifisches Gewicht 1,0713
Nro. III. spezifisches Gewicht 1,0572
bei einer Temperatur von + 4,5° R.
Die Hopfenruͤkstaͤnde, welche sonst in diesem Zustande bloß zu Nachbier
verwendet oder weggeworfen werden, wurden neuerdings einer dreistuͤndigen
Extraktion in einem offenen Kessel bei Siedhize unterworfen und, da der
Ruͤkstand noch immer Bitterkeit zeigte, wurde solches wiederholt und hiedurch
noch 21 Maaß Extract gewonnen, dessen spezifisches Gewicht 1,0681 war; also
verhaͤltnismaͤßig mehr, als die fruͤhern Extractionen zusammen
geliefert hatten.
Ich ließ nun den Extract von 6 1/2 Pfund Hopfen eindiken und zwar, – nachdem
ich mich vorgaͤngig uͤberzeugt hatte, daß nur seifenartig schwelendes
Wasser ohne allen Geruch daraus verfluͤchtigt – in offenem Raume, und
erhielt
a) 1/2 Maaß Extract von 1,3636
b) 3/4 Maaß Extract von 1,4281
c) 1 1/2 Maaß Extract von 1,8750
d) 1/2 Maaß Extract von 4,2857
Eine verschiedene Dichtigkeit beabsichtigte ich zu kuͤnftigen Versuchen und
auch aus Ruͤksicht auf Aufbewahrung des Extractes. Der lit: d bemerkte Extract ließ das Areometer
kaum mehr einsinken und gestattete keine sichere Bewegung. Seine hiedurch bestimmte
spezifische Schwere kann deßhalb auch nicht als voͤllig richtig betrachtet
werden.
Bei dem spaͤter gewonnenen Extract ist von dem fruͤhern kein
Unterschied des Geschmakes bemerkbar.
Der Extract wird nun in Bouteillen aufbewahrt.
Aus diesen Untersuchungen scheint fuͤr die Anwendung des Hopfens Nachstehendes
zu resultiren:
1) Das Hopfenoͤl koͤmmt dem Biere nur zu gut, wenn es besonders
aufgefangen und der Wuͤrze oder dem Hopfenextract zugesezt wird.
2) Der Hopfen enthaͤlt sonst keine verfluͤchtigbaren wirksamen, und
keine schaͤdlichen Theile. Waͤhrend der Extraction wird etwas. Harz
aufgeloͤst, weniger von den Hopfendoldenblaͤttern als vom
Hopfenstaube.
3) Der Hopfen soll vor seiner Anwendung zertheilt werden, weil dann alle wirksamen
Theile schneller ausgezogen werden koͤnnenHopfentheilungsmaschinen, nach der Erfindung des Hrn. Professors Dr. Herrmann
in Muͤnchen, werden in mehreren Brauereien Baierns gebraucht. .
4) Es ist vorteilhafter, den Hopfen vorerst mit Wasser zu extrahiren und der
Wuͤrze den Extract beizusezen, als ihn erst in der Wuͤrze zu
extrahiren; weil dadurch mehr als nochmal soviel wirksamer Extract gewonnen wird.
Dieses Verfahren macht es den Englaͤndern moͤglich, mit viel weniger
Hopfen ihre staͤrksten Lagerbiere zu bereiten.
5) Außerdem ist das in Baiern uͤbliche Verfahren, den Hopfen mehrere Stunden
mit der Wuͤrze zu kochen, viel vortheilhafter als das zum Theil in andern
Laͤndern uͤbliche und auch vom geh. Rth. Hermbstaͤdt
vorgeschlagene: denselben erst nach beendigtem Kochen der Wuͤrze zuzusezen;
weil das aͤtherische Oel in allen Faͤllen verfluͤchtigt, bei
dem Kochen aber mehr Bitterstoff gewonnen, und dennoch nur weniges, im Grunde
unschaͤdliches, Harz geloͤset wird.
6) Da der Hopfen keine verfluͤchtigbaren wirksamen Theile, ausser dem
aͤtherischen Oel, enthaͤltDas basische essigsaure Amonium wird wohl nicht dazu gerechnet werden; denn
man muß froh seyn, wenn man desselben enthoben wird. , so laͤßt er sich jederzeit ohne Nachtheil mit Wasser extrahiren und
der Extract bequem so weit eindiken, daß derselbe von 1 Pfund Hopfen in eine 3
Quart-BouteileEin baierisches Quart enthaͤlt 10,75 baier. Decimal-Cubic ''
oder 8,689 Pariser Cub. '', und wiegt an Wasser 12,88 Loth baierischen
Handelsgewichts. gebracht und darin gut aufbewahrt werden kann.
Dieser Umstand ist fuͤr Bierbraͤuer, Hopfenhaͤndler, und
Hopfenproducenten sehr wichtig, und ich will deßhalb hieruͤber noch
Nachstehendes aus den erhobenen Erfahrungen mittheilen:
a) Man kann bei der Bereitung des Hopfenextractes nur im
Großen mit Erfolg arbeiten, indem ausser diesem zuviel Holz- und
Arbeitsaufwand erfodert wuͤrde.
b) Der Hopfen kann mittels einer einfachen Maschine
zerrissen werden. Man hat zur Extraction einen mit einem Hut versehbaren, wohl
verzinnten Kessel nothwendig, der so groß seyn muß, daß jedes Pfund Hopfen
mindestens einen Raum von 1 Cubicfuß erhaͤlt.
c) Man uͤbergieße den Hopfen mit seinem
zwanzigfachen Gewicht Fluhwasser, seze den Hut auf, welcher ein Leitungs-Rohr
durch ein Kuͤhlfaß haben und am Ende mit einer großen Glasflasche oder
Vorlage versehen seyn sollDieser Kuͤhlapparat ist nothwendig, damit theils das Wasser nicht so
schnell verfluͤchtigen, theils das entweichende aͤtherische
Oel wieder gewonnen werden kann. .
d) Man heize, wo moͤglich, mit
Wasserdaͤmpfen, wodurch ein besserer Extract gewonnen und
Brenn-Material erspart wird.
e) Die Abkochung kann 3 Stunden dauern, und dann der
Hopfenextract abgezogen, wenn man will, der Ruͤkstand auch ausgepreßt
werden.
f) Der Ruͤkstand wird auf gleiche Weise noch
dreimal mit Wasser extrahirt. Das bei der ersten Extraction gewonnene
aͤtherische Oel wird abgenommen und spaͤter erst dem eingedikten
Extract wieder zugesezt. Das mit Oel geschwaͤngerte Wasser wird aber dem
naͤchsten Hopfen bei der erstmaligen Extraction beigegebenDurch diesen Zusaz wird bewirkt, daß man in den folgenden Extractionen die
ganze Quantitaͤt des aͤtherischen Oels abnehmen, dem Extracte
zusezen und denselben verbessern kann. .
g)Wenn nun auf solche Weise 40 bis 45 mal frischer
Hopfen extrahirt wurde, so kann der Extract eingedikt werdenSoviele Extraktionen werden in der Regel nothwendig, um daraus einen ganzen
Kessel voll eingedikten Extract zu erhalten. .
Man fuͤlle dann den naͤmlichen, stets rein erhaltenen Kessel, oder
einen andern von ungefaͤhr gleicher Groͤße, ganz voll, und lasse ihn
unbedekt kochen. Waͤhrend dem Kochen wird nun von dem vorhandenen Extract
immer soviel zugesezt, als an Wasserdaͤmpfen
verfluͤchtigt, damit der Kessel stets voll bleibe.
Unterlaͤßt man solches und ruͤhrt nicht fleißig um, so legt sich an den
Seitenwaͤnden Extract an, der eingedikte erhaͤlt einen etwas brandigen
Geschmak und die Eindikungs-Operation dauert laͤnger.
Werden aber 40 bis 45 Extractionen auf diese Weise eingedikt, so wird
saͤmmtlicher Extract in diesem Kessel zureichend Raum und, wenn er alle in
dem Kessel ist, etwa ein spezifisches Gewicht von 1,8 haben.
7) Von solchem Extract sind auf einen Eimer Sommerbier nur 12 bis 18 Cb.'' oder nahe
1 bis 1 1/2 Quart erfoderlich, waͤhrend aus 1 Pfund guten Hopfen 36 bis 42
Cb.'' oder nahe eine Maaß gewonnen werden, und gegen den jezigen Verbrauch mehr als
die Haͤlfte erspart werden kann; welches, abgesehen von dem starken Wechsel
des Hopfenpreises, eine betraͤchtliche Ersparung gewaͤhrt.
8) Um dem Hopfenextract, als Handelsproduct, einen bessern Geschmak, mehr Haltbarkeit
und selbst mehr Werth zu geben, waͤre es vorteilhaft, ihn in einem geistigen
Fluidum darzustellen. Dazu gibt es dreierlei Mittel:
A) Die Extraction mittels einer weinigen Gaͤhrung
zu bewirken.
Dieses kann nur durch Zusaz von Zuker oder Syrup geschehen, indem alle
uͤbrigen zukerstoffhaltigen Substanzen zuviel unaufloͤsbaren
Koͤrper haben, welcher dem beabsichtigten Extract eine große
Quantitaͤt Bitterstoff entziehen wuͤrde.
Man nimmt naͤmlich auf jedes Pfund zertheilten Hopfen sechs Maaß Flußwasser,
12 bis 18 Loth Zuker, oder 18 bis 26 Loth Syrup und 2 Loth gute Bierhefe, vermengt
alles gut, und laͤßt es in einem Gaͤhrbottich die Weingaͤhrung
in der Art machen, daß der Bottich bedekt und das entweichende kohlenstoffsaure Gas
mittels Roͤhren durch Wasser geleitet wird. Nach beendigter Gaͤhrung
wird die wenige Fluͤssigkeit abgezogen, der Ruͤkstand gut ausgepreßt,
filtrirt und in Faͤssern aufbewahrt. Diese Darstellungsweise hat indessen,
obschon sie ein sehr gutes Product verspricht, zwei wesentliche Nachtheile; denn
1) ist es nicht moͤglich, auf diesem Wege den Hopfen vollstaͤndig zu
extrahiren, selbst nicht, wenn die Operation wiederholt wird; und
2) wird das Volumen des Extractes zu groß, welches ein Hinderniß der Aufbewahrung und
des bequemen Transportes ist.
B) Besser ist es, den bereits eingedikten Extract mit
irgend einer Gattung von selbst bereitetem oder erkauftem Zuker oder Syrup in
Gaͤhrung zu sezen. Es bedarf hiezu vielleicht gar keines Ferments; aber die
weinige Gaͤhrung erfolgt dann sehr langsam. Es scheint daher
zwekmaͤßiger, auf jedes Pfund Hopfenextract 20 Loth Syrup oder 16 Loth in
etwas Wasser aufgeloͤsten Zuker und 1/2 Loth der beßten Bierhefe beizusezen,
die Gaͤhrung aber ebenfalls in verschlossenem Raume, aus welchem das
kohlensaure Gas nur durch Wasser entweichen kann, zu bewirken.
Der weinige Extract duͤrfte sich in Bouteillen am vortheilhaftesten
aufbewahren lassen.
C) Oder man versezt jedes Pfund Extract von einem
spezifischen Gewicht von 1,8 bis 2,0 mit 1/2 Pfund Weingeist von 75 bis 80 Prozent
nach Richter, welcher mittels chlorinsaurem Kalk oder durch Salpetersaͤure
gereinigt worden.
Der auf solche Weise verduͤnnte Extract ist angenehm und kann in – mit
Blasen gut verschlossenen – Bouteillen viele Jahre aufbewahrt werdenIch begnuͤge mich, auf die hier Lit. A und
B angefuͤhrte kuͤnstliche
Weingaͤhrung aufmerksam zu machen, ohne sie zur Nachahmung im Großen
empfehlen zu wollen. Wir sind uͤber das Maaß der Temperatur und des
erfoderlichen Ferments zu Gaͤhrungen, welche in – mit Wasser
abgeschlossenen Raͤumen – statt finden sollen, durch
zureichende Erfahrungen noch so wenig belehrt, daß wir hieruͤber mit
Gewißheit nichts sagen koͤnnen, als daß eine so geleitete
Gaͤhrung fuͤr die Bildung des Alkohols guͤnstiger sey.
Es kann einem hiebei aber sehr leicht begegnen, daß man die Masse gar nicht
in Gaͤhrung bringt, oder, wenn sie erfolgt, daß sie im Laufe von
Monaten kaum endiget.Die Methode Lit. C ist daher die sicherste und
mit den wenigsten Umstaͤnden verknuͤpft. Die dabei angegebene
Staͤrke des Weingeistes und die Art seiner Reinigung sind
empfehlenswerth, aber nicht unbedingt notwendig. Jeder andere gute
Branntwein, wenn er rein und ohne Fuselgeschmak ist, kann hiezu verwendet
werden. .
Alle drei Gattungen dieser geistigen Hopfen-Extracte duͤrften der
Wuͤrze erst mit dem Gaͤhrungsmittel, d.h. wenn selbe von der Kuͤhle in den
Gaͤhrkeller koͤmmt, zugesezt werden. Sie werden das Bier
zuverlaͤßig wohlschmekender, staͤrker und haltbarer machenDa indessen zur Bereitung eines guten Hopfenextractes besondere Vorrichtungen
nothwendig sind; so ist zu zweifeln, ob, des großen Gewinnstes ungeachtet,
seine Anwendung allgemein werden wird. Als ein Nothbehelf, welcher
gleichwohl mit erheblichem Gewinne verbunden waͤre, koͤnnte
folgendes Verfahren in den Bierbrauereien beobachtet werden:Man koͤnnte naͤmlich dieselbe Quantitaͤt unzertheilten Hopfen zum Sommerbier verwenden,
wie hisherbisher, und ihn nach dem Gebrauch wieder etwas abtroknen lassen. Wird
dieser Hopfen nun mit der Hopfentheilungsmaschine zerrissen, oder mit den
Haͤnden gezupft, und zu Winterbier und allem Nachbier angewendet, so
werden diese noch betraͤchtlich bitterer, als bei der Anwendung der
gewoͤhnlich dafuͤr bestimmten Quantitaͤt frischen
Hopfens. Es wuͤrde also hiedurch das Winterbier und der sogenannte
Convent verbessert und der Hopfen hiezu dennoch gaͤnzlich
erspart.Es versteht sich wohl von selbst, daß man das Malz nicht zugleich ersparen
koͤnne, wie mehrere unsere Braͤuer jezt versuchen, welche in
dem Wahne zu stehen scheinen, daß man im Biere den Zukerstoff durch
Bitterstoff ersezen, und sich hiezu der wolfeilen Quassia bedienen
duͤrfe. .
Ueber die Ergebnisse der mechanischen Extraction des Hopfens mittels
Extractions-Pressen oder auch jener mittels Daͤmpfen, welche
vortheilhaft aber nicht allgemein anwendbar scheinen, werde ich spaͤter
Versuche anstellen, und die Resultate mittheilenDie Ausziehung mittelst Extractions-Pressen laͤßt nichts zu
wuͤnschen uͤbrig. Resultate derselben werde auch ich
demnaͤchst mittheilen. D. .
Zu bewundern ist, daß der Hopfenextract nicht schon lange als Arzneimittel angewandt
worden. Er sieht dem Chinadekokt so aͤhnlich, und sein Geschmak ist demselben
so gleich, daß es vielleicht schwer fallen duͤrfte, zwischen beiden zu
unterscheiden.
Die bisherigen Analysen der verschiedenen China-Arten haben ohnehin so
abweichende Resultate gegeben, daß hiedurch schon der Einwurf nichtig wird: der
Hopfen enthalte nicht dieselben Bestandtheile wie die China. Was hat man denn in den
fruͤhern Untersuchungen der China gefunden? – Gummi, Bitterstoff,
Gallussaͤure, Gerbestoff, ein Aroma und Harz – in abweichenden
Quantitaͤten; – und finden sich nicht dieselben Stoffe im Hopfen weit
aͤhnlicher als in der substituirten Eichenrinde, welche nach Davy in 100
Theilen zwar 6,8 Gerbestoff und etwas Gallussaͤure, aber sonst wenig
Aehnliches enthaͤlt? – Zwar wurden von Fourcroy,
Fabbroni, Pelletier und Caventon in der China in neuerer Zeit auch noch andere Bestandstoffe, wie:
salpetersauere Pottasche, salzsauerer Kalk, Magnesia, Kieselerde,
Zitronensaͤure, Aepfelsaͤure und sogar ein Ferment entdekt! aber es
ist ja auch noch die Frage, was diese HHrn. im Hopfen gefunden haͤtten, wenn
sie ihn unter gleichen Umstaͤnden derselben Behandlung wuͤrden
unterzogen haben?Gelegentlich der in der Note Nr. 27 bemerkten Analyse wollen die Hrn. Payen
und Chevallier im Hopfenstaube ebenfalls: Kohlensaͤure, basisches
essigsaures Amonium, kohlensaures, salzsaures, und schwefelsaures Kali,
kohlensauren und phosphorsauren Kalk, freie Aepfelsaͤure,
aͤpfelsauren Kalk, Eisenoxid, Schwefel, Osmazom, und eine
vegetabische fettige Substanz bemerkt haben. Also sehr aͤhnliche
Bestandtheile, wie sie einige in der peruvianischen China gefunden.
Dazu koͤmmt der Umstand noch, daß die in der China gefundenen Stoffe unter
einander um nichts weniger abweichen, als mit jenen des Hopfens; so, daß man ihnen
zum Theil neue Namen, wie: Cinchonin, Chinin, Chinasaͤure etc.Diese großen Theils in Alkohol loͤslichen Stoffe koͤnnen sich
auch im Extractivstoff des Hopfens befinden, welcher mehrere Eigenschaften
jener Materien besizt. geben mußte, um sie besser unter eine Benennung zusammen fassen zu
koͤnnen.
Die tauschende Aehnlichkeit des Geschmaks und der Bestandtheile von Chinarinde und
Hopfen ist so auffallend, daß ich glaube, eine weitere Untersuchung des leztern
muͤsse ihm nochwendig eine ausgedehnte Anwendung in der Medizin verschaffen;
wenn er sich auch gleich nicht als vollstaͤndiges Ersazmittel der China
bewaͤhren sollte. Immer bleibt es seltsam, wie einer so ausgezeichneten
deutschen Gewuͤrzpflanze so viele Jahrhunderte alle arzneiliche Anwendung
verweigert werden konnte, ohne daß es nur der Muͤhe werth geachtet wurde, sie zu versuchen!
– Wenigstens mir ist von derartigen Versuchen nichts bekant geworden, und
wenn solche gemacht wurden, wuͤrde das Publikum eine Mittheilung
hieruͤber gewiß mit Dankaufnehmen. (Im April 1823.)