Titel: | Ueber die Ausmessung des Bauholzes von Wilhelm Gutteridge. Aus einem Schreiben desselben an den Herausgeber des Philosophical Magazine and Journal. Nro. 296. December 1822. S. 418. |
Fundstelle: | Band 11, Jahrgang 1823, Nr. XXXV., S. 211 |
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XXXV.
Ueber die Ausmessung des Bauholzes von Wilhelm Gutteridge. Aus
einem Schreiben desselben an den Herausgeber des Philosophical Magazine and Journal. Nro. 296.
December 1822. S. 418.
Gutteridge über die Ausmessung des Bauholzes.
Ich kenne die Schwierigkeit sehr wohl, verjaͤhrte
Gebraͤuche, die durch das Vorurtheil tief eingewurzelt sind, aufzuheben; da
aber vorlaͤngst die geschiktesten Schriftsteller erwiesen haben, daß die
gegenwaͤrtige Weise, das Bauholz auszumessen, hoͤchst fehlerhaft und
eine Aegide fuͤr diejenigen ist, die auf Betruͤgereien ausgehen, so
fodert die Gerechtigkeit ihre Abschaffung. Meinen Saz zu unterstuͤzen, will
ich nur Bonnycastle's Art zu messen anfuͤhren;
denn in diesem Werke (unter dem Titel „Zimber-Measure“) finden wir hinreichende Belege
uͤber diesen Gegenstand von dem gelehrten und scharfsinnigen Dr. Hutton, so daß ich jede weitere Auseinandersezung
fuͤr uͤberfluͤssig halte. Unter den vielen Ungereimtheiten
unserer gegenwaͤrtigen Art zu messen, haben diese Schriftsteller auch
gezeigt, daß, wenn der Umfang an der groͤßeren Basis eines
kegelfoͤrmigen Bauholzstammes groͤßer als dreimal so groß ist als
jener der kleineren, ein Theil eines solchen Stammes weggenommen werden kann, ohne
daß dadurch die scheinbare Richtigkeit in der Rechnung merklich verringert
wuͤrde. Daraus folgt nun, daß hier Betruͤgereien, wie
Taschenspielerkuͤnste, ausgefuͤhrt werden koͤnnen, ohne daß man
sie so leicht entdeken kann. Dieser Kunstgriff kann indessen vereitelt werden, wenn
man die Spize dort
wegnimmt, wo der Durchmesser nicht weniger als den dritten Theil des am unteren Ende
befindlichen Durchmessers betraͤgt. Ich verweise den Leser auf Hutton's Anweisungen uͤber diesen Gegenstand in
„Bonnycastle's Mensuration.“ Daß
einige scheinbare Beweise von den Vertheidigern des gegenwaͤrtigen
Messungs-Sistems zu Gunsten der Fortsezung desselben aufgestellt worden sind,
laͤßt sich wohl erwarten; denn sonst haͤtte eine so fehlerhafte Sache
nicht so lang dort die Oberhand behaupten koͤnnen, wo Schriftsteller von so
großer Gelehrsamkeit und Rechtschaffenheit dieselbe so laut getadelt haben; zumal
bei einer Nation, wo das Bauholz ein so kostbarer Artikel, und die Aufmunterung zur
Erziehung desselben von so großer Wichtigkeit fuͤr den Staat ist, wie bei
uns.
Herr Bonnycastle bemerkt, daß der einzige Grund zu Gunsten
dieses fehlerhaften Verfahrens der war, daß es „in seiner
Ausfuͤhrung leicht ist“; und diesen Grund glaube ich dadurch
beseitigen zu koͤnnen, daß ich einen Plan aufstelle, der kaum die
Haͤlfte von Zeit und Muͤhe der gegenwaͤrtigen fehlerhaften
Methode erfodert, und der zugleich dem Pflanzer einen Verlust von 20 per Cent. in jedem Falle erspart. Die
gegenwaͤrtige Verfahrungsart ist: die Laͤnge des Stammes mit dem
Quadrate des vierten Theiles des Umfanges desselben in der Haͤlfte der
Laͤnge zu multipliren; in der wirklichen Praxis aber wird das
Zieh-Lineal angewendet, was in der That auf die vorige Regel
hinauslaͤuft, da der Gebrauch dieses Lineales so einfach ist, daß der
unwissendste Bauholz-Faͤller dasselbe eben so gut anwenden kann, als
der erfahrenste Mathematiker; und ich bin so offenherzig zu gestehen, daß noch keine
Methode an dessen Stelle vorgeschlagen worden ist, die eben so kurz waͤre,
obschon eine von Herrn Bonnycastle angegebene
Annaͤherung, den Inhalt eines Cylinders zu finden, gewiß sehr einfach ist. Er
behauptet, daß „sie in ihrer Anwendung eben so leicht ist, als die falsche
Methode;“ sie ist aber sicher nicht das, was das Zieh-Lineal
in der Hand eines unwissenden Handwerkers ist. Die Methode, welche er
vorschlaͤgt, ist, den fuͤnften Theil des Quadrates des mittleren
Umfanges mit der doppelten Laͤnge des Stammes zu multipliciren; und da dieß
den Inhalt eines Cylinders von derselben Laͤnge und von demselben Durchmesser, wie jener in
der Mitte oder bei der halben Laͤnge geben wuͤrde, so will ich nun
zwei leicht anwendbare und einfache Methoden angeben, welche das, was er bezwekte,
ausfuͤhrbar machen sollen, und waͤhrend sie dem Pflanzer in jedem
Falle um 20 per Cent. mehr von dem Werthe seines
Eigenthumes sichern, doch noch einen reichlichen Ueberschuß gewaͤhren, um dem
Kaͤufer die Unregelmaͤßigkeit des Wuchses zu verguͤten, indem
die wirkliche Quantitaͤt, als das Stuͤk eines Kegels betrachtet, immer
mehr als die Quantitaͤt betragen wird, die man aus dem Durchmesser in der
Mitte erhaͤlt, welchen man zum Maße eines Cylinders annimt, wie man aus der
Abbildung Fig. Tab. IV. deutlich ersehen kann:
Vorausgesezt diese Figur stelle einen Stamm runden Bauholzes von 40 Fuß
Laͤnge dar;
der groͤßere Durchmesser bei
a = 3 Fuß,
der mittlere Durchmesser bei
c = 2 Fuß, und
der lezte Durchmesser bei
e = 1 Fuß, so ist
der wirkliche Inhalt eines solchen Stammes richtig 136 Fuß, und 136 Tausendtheile eines anderen
Fußes, nach folgender Rechnung; naͤmlich:
3 × 1 × 3 = 9 = dem 3fachen Producte der aͤußersten
Durchmesser.
3 – 1 = K² = 4 = dem Quadrate der Differenz dieser Durchmesser.
Summe = 13 × 0,7854 × 40/3 = 136,136 Fuß.
Wenn nun dieser Stamm nach der jezt gebraͤuchlichen Methode gemessen wird, so
ist ein Viertel des Umfanges bei c = 1,5708, welches zum
Quadrate erhoben = 2,4674; welches mit der Laͤnge (40 Fuß) multiplicirt 98,7
Fuß sehr nahe gibt; ziehen wir nun
98,7 Fuß (den gewoͤhnlich angenommenen Inhalt) von
136,136 Fuß (dem wirklichen Inhalte) ab; so bleibt
––––––––
37,436 Fuß (der Verlust, den der Pflanzer erleidet), ein Betrag von fast 27 1/2 per Cent.
Man wird nun bemerken, daß, je groͤßer die Ungleichheit der Basen, desto
groͤßer der Verlust des Pflanzers seyn muß, denn hier ist ein
bestaͤndiges Schwanken; so groß dieser Verlust aber auch seyn mag, so ist er
dock, wie ich oben bemerkte, nie kleiner als 20 per
Cent. Ich will daher zwei Original Methoden zeigen, den Cylinder-Inhalt eines Stammes zu bestimmen.
Erste Original-Methode.
1tens. Man mißt die Laͤnge, wie gewoͤhnlich.
2tens. Man mißt den Durchmesser bei der halben Laͤnge mit einem Paar
Zieh-Lineal-Caliber, die ich bloß fuͤr diesen Zwek eingerichtet
habe. Und
3tens, sezt man (auf diesem neuen Instrumente) den Durchmesser bei C zu dem bei D, und der
Laͤnge A gegenuͤber steht der Inhalt bei
B.
Die Operation fuͤr die Figur wird seyn:
bei C.
bei D.
bei A.
bei B.
2
:
2
:
40
:
125,66 = Fuß in einem Cylinder.
Durchm.
Durchm.
Laͤnge.
Inhalt.
Und wenn wir von
125, 66 Fuß, dem Cylinder-Inhalte
Abziehen
98, 70 Fuß, den gewoͤhnlichen Inhalt,
–––––––––
so bleibt Rest
26, 96 Fuß, die der Pflanzer bei der hier
vorgeschlagenen Methode gewinnt. Und wenn wir von
136,136 Fuß, dem wirklichen
Inhalte
abziehen
125,600 Fuß, den Cylinder
Inhalt
–––––––––
so bleiben noch
10,476 Fuß fuͤr den Kaͤufer als Ersaz
fuͤr die Unregelmaͤßigkeiten des Wuchses.
Wenn aber das Bauholz regelmaͤßig gewachsen ist, und zugleich auch eine so
große Ungleichheit zwischen den beiden aͤußersten Durchmessern, wie 3 : 1 und
wie in der Figur Statt hat, und das Holz mehr gilt, so hat derselbe Vortheilt nicht
Statt. In diesem Falle nun sollte der Stamm in 2 Stuͤken von gleicher
Laͤnge auf folgende Art gemessen werden.
Man nimmt den Durchmesser des groͤßern Stuͤkes bei b in der Figur, oder den vierten Theil der Laͤnge
des ganzen Stammes fuͤr die eine halbe Laͤnge, und bei d, oder bei 3/4 der Laͤnge, nimmt man den
Durchmesser fuͤr die andere halbe Laͤnge, was nun, um die vorher
aufgestellte Regel beizubehalten. Folgendes geben wird; naͤmlich
bei C.
bei D.
bei A.
bei B.
25
:
2,5
:
20
:
98,175 Fuß.
Durchm.
Durchm.
halbe Laͤnge
Inhalt des groͤßeren Stuͤkes.
bei C.
bei D.
bei A.
bei B.
und 1,5
:
1,5 :
:
20
:
35,343 Fuß
Durchm.
Durchm.
halbe Laͤnge
Inhalt des kleineren Stuͤkes.
Hier ist das groͤßere
Stuͤk
= 98,175 Fuß,
und das kleinere Stuͤk
= 35,343 Fuß.
––––––––
133,518 Fuß, Inhalt beider Stuͤke.
Wenn nun vom wirklichen Inhalte
136,136 Fuß
der vorige Inhalt abgezogen wird
133,518 Fuß,
––––––––
so bleiben zu Gunsten des
Kaͤufers
2,618 Fuß uͤbrig.
Es ist bemerkenswerth, daß der Inhalt dieses ganzen Stammes nach der
gewoͤhnlichen Methode 98,7 Fuß betraͤgt, waͤhrend das
groͤßere Stuͤk, als Kegel gemessen, wirklich 99,485 Fuß haͤlt, indem lezteres nur als halbe
Laͤnge angenommen wurde; nach der vorhergehenden Methode haͤlt
hingegen das groͤßere Stuͤk des Cylinders 98,175 Fuß, was nur
ungefaͤhr ein halber Fuß weniger, als der ganze gewoͤhnliche Inhalt,
ist; es haͤlt daher der halbe Cylinder
a, b, c, genau gemessen
mehr Bauholz, als der ganze Stamm auf die gewoͤhnliche
Weise gemessen!!!
Daß Fehler, wie die oben geruͤgten, bei unserer Holzbemessung
gesezlich sanctionirt und als legitim erklaͤrt sind, wird Niemanden
befremden, der hinter die Coulissen der Zimmerleute, Forstleute und
Finanz-Maͤnner gesehen hat. Daß man aber so einfaͤltig
seyn kann, einen Baum von 3 Fuß im Durchmesser in der Mitte seiner
Laͤnge zu einem vierekigen Balken von anderthalb Fuß im Gevierte zu
hauen, d.h., alles diesen Balken in dem Cylinder, in welchem er stekt,
umgebende Holz mit der Art der Zimmerleute zu unbrauchbaren Spaͤnen
hauen zu lassen, waͤhrend man aus diesem vergebens
verwuͤsteten Holze die herrlichsten Bretter, Latten etc.
haͤtte schneiden koͤnnen, und wie man auf
diese Weise jaͤhrlich Millionen fuͤr Nichts und wider Nichts,
und selbst zum Verderben des geretteten Restes, zerschnizeln kann, das wird
Niemand begreifen koͤnnen, als der, der nicht weiß, daß bei diesem
Verfahren mehr als der fuͤnfte Theil des Werthes der Bauholzes rein
verloren geht. A. d. Eins.
Zweite Original-Methode.
Als ein Beispiel gebe ich eine Copie von einer Tafel aus meinem Manuscripte, die ich
eigens zu diesem Zweke verfaßt habe:
Textabbildung Bd. 11, S. 216
Durchmesser; Fuß
Diese Tafel zeigt bei dem ersten Blike den Inhalt fuͤr jede Laͤnge bei
2 Fuß Durchmesser. So steht bei 40 Fuß Laͤnge derselbe, der durch die
Operationen nach der ersten Original-Methode gefunden worden ist; und da alle
anderen Durchmesser auf dieselbe Weise berechnet wurden, so ist dadurch in meiner
allgemeinen Tabelle das ganze deutlich genug auseinander gesezt.
Der Factor oben an der Columne ist ein gemeinschaftlicher Multiplicator, um jede
Laͤnge von diesem Durchmesser auf den Inhalt zu reduciren. Auf diese Art:
Factor
3,1416
40 Laͤnge
–––––––
Fuß
125,6640 Inhalt;
welches zugleich mit dem Inhalte bei 40 Fuß Laͤnge, den
die Tabelle angibt, und mit dem Inhalte, den man durch die Operation findet,
uͤberein kommt.
Der bisher so beliebte Grund: „Leichtigkeit und Kuͤrze,“
faͤllt daher auf einmal weg; denn keine der beiden Original-Methoden,
die ich hier vorgeschlagen habe, fodert so viel Zeit und Muͤhe, wie die
Methode bei der Bemessung des Umfanges. Auch die doppelte Messung des Stammes in
zwei Staͤken fodert nicht mehr Zeit als die Bemessung des Umfanges; denn
offenbar kostet das Abstechen des Durchmessers nicht den vierten Theil der
Muͤhe, die man sich geben muß, um den Umfang zu messen, und diesen in 4
Theile zu theilen, und dann auf das Zieh-Lineal anzuwenden, um das wahre Maß
zu finden. Bei'm Abschaͤzen des stehenden Holzes fodern diese
Original-Methoden nicht den vierten Theil der Muͤhe, die das Messen
des Umfanges, oder die gewoͤhnliche Methode kostet. Da dieser Gegenstand von
vielen Ihrer Leser nicht als Trivialitaͤt angesehen werden kann, so ersuche
ich Sie schließlich, denselben sammt und sonders meine persoͤnliche Dienste
anzubiethen, wo sie diese Theorie in unmittelbare Ausuͤbung bringen wollen;
und wofern sie ihr eigenes Interesse achten, und die Wahrheit der Taͤuschung
vorziehen, so lade ich sie ein, sich mit mir zur Verbannung eines Sistems zu
verbinden, das schon so lange der Gegenstand gerechten Tadels war.
Eine Acte uͤber die kuͤnftige Einrichtung der Gewichte und Maße von
mir, befindet sich vor der Legislatur.
Man lasse die Vorschriften, die ich hier vorgeschlagen habe, durch diese Acte
angenommen werden, und ich mache mich verbindlich, binnen sechs Monaten sie in allen
Theilen des Koͤnigreiches in Ausuͤbung zu bringen. Ihr ergebenster
Wilhelm Gutteridge.