Titel: | Beobachtungen über weinige Gährung, nebst Beschreibung eines Apparates zur Verbesserung derselben nach der Methode der Frau Gervais . |
Fundstelle: | Band 11, Jahrgang 1823, Nr. LXIX., S. 414 |
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LXIX.
Beobachtungen über weinige Gährung, nebst
Beschreibung eines Apparates zur Verbesserung derselben nach der Methode der Frau
Gervais
Vergl. hiemit polyt. Journal. Bd. 8. S.
441. D. .
Aus Tilloch's und Taylor's Philosophical Magazine and
Journal, Nro. 297. S. 36, im Auszuge
uͤbersezt.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Gervais Beobachtungen über wenige Gährung.
Wenn die weinige Gaͤhrung (die man vielleicht besser
die alkoholische oder die geistige nennte) vollkommen gelingen soll, so muß ein sehr
genaues Verhaͤltniß zwischen dem Pflanzenschleime und dem Zukerstoffe Statt
haben, so daß einer den anderen zerstoͤren oder verduͤnnen kann. Das
Resultat dieser Waͤhrung, wo sie gehoͤrig geleitet wurde, ist eine
Mischung von Alkohol und Wasser, deren Geschmak verschieden ist, je nachdem man
verschiedene Stoffe zu derselben genommen hat, wie Trauben, Birnen, Aepfel, Malz,
Hopfen etc.
Allein, es laͤßt sich wohl niemals eine vollkommene Gaͤhrung erwarten,
und alles, was man dabei thun kann, ist, die Fehler in der Mischung zu verbessern,
und den Gaͤhrungsproceß so gut wie moͤglich zu leiten.
Bis auf die lezten Jahre her ließ man allgemein die Gaͤhrung in offenen
Gefaͤßen geschehen, obschon man eben so allgemein wußte, daß eine gewisse
Menge Geistes sowohl als Wohlgeruches waͤhrend der Gaͤhrung nur in
Form von Daͤmpfen vorhanden ist. Niemand dachte indessen an Anwendung des
Verdichtungs-Sistems; denn man hielt es fuͤr unmoͤglich, daß
Gaͤhrung in luftdichten Gefaͤßen Statt haben koͤnne, weil man
glaubte, daß Niemand die Schwierigkeiten zu besiegen vermag, welche die
Baͤndigung der Ungeheuern Menge von Gasen, die nicht verdichtet werden
koͤnnen, und die waͤhrend der Zersezung des Zukerstoffes entwikelt und
noch uͤberdieß durch die bei jeder Gaͤhrung gradweise vermehrten
Waͤrme ausgedehnt werden, der Kunst entgegenstellt.
Eine Besizerin von betraͤchtlich großen Weingaͤrten um Montpellier,
Frau Gervais, kam indessen auf die Idee, daß weinige Gaͤhrung nichts anderes
als eine sanfte, ruhige, und natuͤrliche Destillation ist, Gaͤhrung fangt beim 48° F an, und hat noch bei 138° F
Statt, (A. d. O.) (d.i. bei 8,89 R. und 47,11 R.) und diese Idee ist in so fern richtig, als weder vor der Gaͤhrung
noch nach derselben auch nur ein Troͤpfchen Weingeist gebildet wird. Nach
dieser Idee entwarf sie einen Apparat, der den aus der Meisch aufsteigenden Geist
und Geruch in den Meischbottich zuruͤkwirft, und nur jene nicht zu
verdichtende Gase fahren laͤßt, welche bei zunehmender Hize eine solche
Ausdehnungskraft erhalten, daß sie den Meischbottich zersprengen wuͤrden.
Dieser Apparat sieht einem alten Destillir-Helme gleich, und ist so
eingerichtet, daß er mit Sicherheit auf das Gaͤhrungs-Faß aufgesezt
werden kann; das Faß selbst muß luftdicht, und oben mit einem Loche versehen seyn,
welches mit dem sogenannten Kegel oder Verdichter in Verbindung sieht. Dieser Kegel
wird mit einem Cylinder oder Behaͤlter umgeben, den man mit kaltem Wasser
fuͤllt, damit die weinigen oder Alkohol-Daͤmpfe verdichtet
werden, sobald sie mit der inneren kalten Flaͤche des Kegels in
Beruͤhrung kommen, wo sie dann in tropfbare Gestalt uͤbergehen, an der
inneren Seite des Kegels herabtroͤpfeln, und durch eine lange Roͤhre
in das Gaͤhrungs-Faß zuruͤkgeleitet werden. Auf diese Weise
wird eine bedeutende Menge Alkoholes, die sonst in Dampfgestalt verloren ging,
verdichtet, und in die gaͤhrende Fluͤssigkeit
zuruͤkgefuͤhrt, waͤhrend die Gase, die nicht verdichtet werden
koͤnnen, durch eine Roͤhre abgeleitet werden, welche aus dem unteren
und inneren Theile des Kegels entsteht, an der inneren Seite desselben aufsteigt,
bei dem Austritte aus demselben seitwaͤrts in das kalte Wasser gelangt, und
mit ihrem Ende etwas unter die Oberflaͤche des Wassers in einem besonderen
Gefaͤße gelangt, wodurch nicht bloß das Entweihen dieser Gase moͤglich
wird, sondern dieselben auch bestaͤndig unter einem gewissen Druke erhalten
werden, damit der Alkohol und die Gase unter dem Kegel hinlaͤnglich
verdichtet und abgekuͤhlt werden koͤnnen.
Wenn die Gaͤhrung bei Wein oder Bier gehoͤrig gelingen soll, muß die
moͤglich vollkommenste Zersezung des Mostes und der Wuͤrze, und die
moͤglich vollendeteste Wiederbildung des Alkohols Statt haben. Zu ersterer
ist Fluͤssigkeit, Waͤrme und Bewegung, zu lezterer Verdichtung,
Kuͤhle und Ruhe noͤthig.
Was die Fluͤssigkeit betrifft, so ist die zur Erzeugung einer guten
Gaͤhrung vortheilhafteste specifische Schwere derselben zwischen 1,020 und
1,140, oder zwischen achtzehn und ein hundert und zwei und dreißig Pfund auf Dicas's verbessertem Sachareometer von Jos. Long in Nro.
20, Little Tower-Street, London. Unter achtzehn Pfund wirklichen Extractes
auf das Faß (barrel) Ein Barrel ist 36 Bier- und 32 Ale-Gallonen; ein Gallon = 3,264
Wiener Maß. A. d. Ueb. ist die Fluͤssigkeit zu duͤnn, um eine gute Gaͤhrung zu
erzeugen, und uͤber 132 Pfund ist sie zu dik. Wenn man aber auch annimmt, daß
die gehoͤrige specifische Schwere genau getroffen wurde, so kann der Most
oder die Wuͤrze doch durch zu viel Hize zu sehr ausgedehnt, und durch zu
große Kaͤlte zu sehr zusammen gezogen werden, und ein Gewitter oder eine
ploͤzlich eintretende Kaͤlte kann die Gaͤhrung in ihrem Gange
stoͤren, und nachtheilig auf dieselbe wirken. Jede Methode, durch welche
Gleichfoͤrmigkeit in der Temperatur erhalten werden kann, muß daher von hoher
Wichtigkeit seyn, und eine solche Gleichfoͤrmigkeit erhaͤlt man durch
obige Vorrichtung, durch welche der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft der
Zutritt zur gaͤhrenden Fluͤssigkeit versperrt wird. Wenn die
Temperatur dieser Fluͤssigkeit einmal auf den gehoͤrigen Grad, d.i.,
zwischen 65 und 80 Fahrenh. (15 bis 27 R.) gebracht ist, geht die Gaͤhrung in
diesem Apparate sowohl in den heißesten Sommer- als in den Herbst- und
Fruͤhlingstagen gleichfoͤrmig fort.
Was Bewegung betrift, so hat Hr. Gay-Lussac, ein beruͤhmter
franzoͤsischer Chemiker, in einem schoͤnen und lehrreichen Versuche
uns gezeigt, daß Most, wenn derselbe auch noch so sehr alle zu einer guten
Gaͤhrung noͤthigen Eigenschaften besizt, nicht eher anfangen wird zu
gaͤhren, bis nicht ein fremder hinzukommender Koͤrper denselben in
Thaͤtigkeit sezt. Er brachte den Most in einem verschlossenen Gefaͤße in
luftleeren Raum, und dieser Most blieb mehrere Tage ohne alle Zeichen von
Gaͤhrung in demselben; sobald er aber nur etwas Sauerstoff in das
Gefaͤß eintreten ließ, fing der Most alsogleich an zu gaͤhren, zum
deutlichen Beweise der Nothwendigkeit des Zutrittes der aͤußeren
atmosphaͤrischen Luft, welche Sauerstoff enthaͤlt, wenn
Gaͤhrung beginnen soll. Dieser Versuch beweist aber auch zugleich, daß der
große Feind aller gegohrenen Fluͤssigkeiten, genannt atmosphaͤrische
Luft, fuͤglich von der Gaͤhrung ausgeschlossen bleiben kann, indem die
geringe Menge Sauerstoffes, die Hr. Gay-Lussac zusezte, bald von dem
Kohlenstoffe verschlungen ward, und mit diesem kohlensaures Gas bildete, so daß
sonst nichts anderes mehr zur Unterhaltung der Gaͤhrung noͤthig
war.
Diese Entdekung ist von der hoͤchsten Wichtigkeit, indem sie uns erlaubt, die
atmosphaͤrische Luft ohne den mindesten Nachtheil fuͤr die
Gaͤhrung auszuschließen, da gerade diese es ist, die den gaͤhrenden
Saft stets mit demjenigen Stoffe versieht, der ihm spaͤter jene
Schaͤrfe und jenen unangenehmen Geschmak mittheilt, der die meisten unserer
Getraͤnke verdirbt.
Auch in dieser Hinsicht zeigt der neue Apparat sich von der vortheilhaftesten Seite;
denn sobald in dem gaͤhrenden Safte kohlensaures Gas sich zu entwikeln
anfaͤngt, wird die atmosphaͤrische Luft, welche leichter ist, aus dem
oberen Theile des Gaͤhrungs-Fasses ausgetrieben, und da
spaͤterhin keine neue atmosphaͤrische Luft eintreten kann, so
vermindert jede neue Menge des in der Folge entwikelten kohlensauren Gases die Menge
des in dem Zaͤhlenden Safte enthaltenen Sauerstoffes, indem dieser sich mit
dem Kohlenstoffe eben so schnell verbindet, als der Kohlenstoff sich von dem
Zukerstoffe waͤhrend der Zersezung desselben entwikelt, und hiedurch ein so
gesundes und mildes Getraͤnk bildet, wie man auf eine andere Weise nicht
leicht erhalten kann.
Um nach der auf diese Weise erlangten vollkommenen Zersezung des Zukerstoffes guten
Alkohol reichlich zu erhalten, ist zuvoͤrderst eine gewisse Verdichtung
noͤthig, wodurch die verschiedenen getrennten Bestandtheile sich wieder zu
vereinigen vermoͤgen. Es laͤßt sich allerdings zweifeln, ob jemals
wieder eine solche
Wiedervereinigung Staat haben kann, wenn nicht die Temperatur der gaͤhrenden
Fluͤssigkeit, nachdem sie ihre groͤßte Hoͤhe erreicht hat,
wieder um einige Grade abgekuͤhlt wird. Eine Erscheinung, die diesen Zweifel
beguͤnstigt, ist diese, daß, wenn man einen Theil dieser Fluͤssigkeit
in der hoͤchsten Temperatur herausnimmt, und destillirt, man wenig oder gar
keinen Weingeist erhaͤlt. Indessen darf diese Abkuͤhlung nicht zu
ploͤzlich geschehen, denn sonst koͤnnte sie den noch ungereizten
Schleim verdiken, und die fernere Einwirkung desselben auf den noch uͤbrigen
Theil des Zukerstoffes hindern, und dadurch, daß sie diese Operation, die noch eine
laͤngere oder kuͤrzere Zeit uͤber, nach Verschiedenheit der
specifischen Schwere der gaͤhrenden Fluͤssigkeit, fortgesezt werden
muß, unterbricht, jene Erscheinung hervorrufen, die man das Schleimig- oder
Rozigwerden nennt, indem der geronnene Schleim in Aufloͤsung erhalten
wird.
Auch hier wird dieser Apparat von großem Nuzen seyn; denn wenn das kalte Wasser in
dem Behaͤlter fleißig erneut wird, wird durch die Hize der gaͤhrenden
Fluͤssigkeit die mit der Kaͤlte des Inneren des Kegels in
Beruͤhrung kommt, leztere nach und nach vermindert. Damit dieß aber geschehen
kann, ist die oben erwaͤhnte Ruhe noͤthig: denn der Sauerstoff, der
immer neue Verbindungen mit dem Kohlenstoffe eingehen will, erzeugt eben dadurch
immer neue Waͤrme.
Wenn man diesen Apparat bei gaͤhrendem Traubenmoste anwendet, gibt er, in
Hinsicht auf Menge, in einigen Faͤllen, um 10-12 per Cent. mehr, was
aber theils von der Lage und Jahreszeit, theils von der fruͤheren Behandlung
abhaͤngt; in keinem Falle gibt er aber weniger als 5-6 per Cent.
Eben dieser Apparat, auf Bier angewendet, hat immer zwischen 4 1/2 und 5 per Cent.
mehr gegeben. Diese Verwehrung ist allerdings geringer als jene an dem Weine; sie
wird indessen nicht unbedeutend scheinen, wenn man bedenkt, daß dieser Gewinn ein
dem Biere ganz analoger Geist und ein wesentliches Oel ist, das zu seiner Erhaltung
nothwendig wird, und das demselben eine besondere Milde und ausgezeichneten
Wohlgeruch ertheilt.
Wir wollen nun die vorzuͤglichsten Einwuͤrfe gegen dieses neue
Verfahren hier auffuͤhren, indem man allerdings nicht erwarten kann, daß Leute, die
altes Herkommen fuͤr die beßte Regel halten, ein neues Verfahren, das ihnen
Geld kostet, befolgen sollten, ohne von den dadurch zu erhaltenden Vortheilen
vollkommen uͤberzeugt zu seyn.
Der erste Einwurf, den man gegen dieses Verfahren machte, war der, daß der ganze
Proceß in einem und demselben Gefaͤße durchgefuͤhrt werden sollte; man
fuͤrchtete, daß das Bier dadurch Hefen-Geschmak erhalten
„(Yeast-bitten)“
(„oder, wie man auf gut baierisch sagt, nach der Germ
riechen“ Ueb.) wuͤrde. Allein schon der erste Versuch hat in
Hinsicht auf diese Gefahr alle Furcht beseitigt, indem das auf diese Weise bereitete
Bier von wenigstens fuͤnfzig der beßten Bierkenner in London untersucht, und
frei von allem Hefen-Geschmake erklaͤrt wurde.
Wenn man diese Frage etwas aufmerksamer untersucht, so wird man finden, daß das Bier
niemals, weder in dem Gaͤhrungs-Bottiche, noch in den
Klaͤr- und Lager-Faͤssern frei von allen Hefen und außer
Beruͤhrung mit denselben gehalten werden kann: wuͤrde das Bier daher
durch laͤngere Beruͤhrung mit den Hefen allein einen unangenehmen oder
bitteren Geschmak erhalten, so muͤßte dieß nach dem aͤlteren Verfahren
so gut, wie nach dem neueren, geschehen. Hefen geben dem Biere keinen unangenehmen
Geschmak, außer sie haben denselben dadurch erhalten, daß sie laͤnger der
atmosphaͤrischen Luft ausgesezt waren, was bei diesem Apparate nie der Fall
seyn kann, da hier keine Abzuͤge vorhanden sind, und weder die Hefen noch das
Bier mit der atmosphaͤrischen Luft in Beruͤhrung kommen.
Ein zweiter Einwurf war der, daß die Hefen, durch eine so lang fortgesezte
Gaͤhrung, erschoͤpft werden muͤssen, und dann unfaͤhig
sind, eine zweite Gaͤhrung zu erzeugen. Wenn dieß der Fall waͤre,
wuͤrden unsere Brauer sich allerdings in einer mißlichen Lage befinden, wo
sie dieses neue System befolgten, indem ihre Arbeit hoͤchstens 9 bis 10 Tage
dauern koͤnnte. Nun fand aber Lavoisier bei einem Versuche uͤber die
Gaͤhrung, daß nur der zwei und siebzigste Theil eines Pfundes Hefen, welches
500 Pfund Wuͤrze in Gaͤhrung sezte, zerstoͤrt wurde. Und
uͤberdieß lehrt uns die Erfahrung, daß die Hefen ihre Kraft dadurch nicht
verlieren, daß sie lange Zeit im Biere liegen bleiben; denn, wenn man ein Faß Bier
ruͤhrt, das sechs
Monate oder ein Jahr lang auf dem Lager lag, so entsteht eine neue Gaͤhrung,
und zwar um so leichter, wenn die Waͤrme einen gewissen Grad von Hoͤhe
erreicht hat. Da indessen dieser Einwurf von einem der ersten Brauer in London
gemacht wurde, so schien es noͤthig, denselben durch einen Versuch auf der
Stelle zu widerlegen. Man nahm Hefen von blassem Ale, die bereits fuͤnfzehn
Tage lang unter diesem Apparate in Gaͤhrung standen, und bewahrte sie acht
Tage lang auf. Man nahm ferner Hefen, die man von Porter erhielt, der nach der alten
Methode gebraut wurde: beide erzeugten gleich gute Gaͤhrung, nur wirkten die
ersteren etwas spaͤter, naͤmlich erst 10 Stunden nachdem sie zugesezt
wurden, waͤhrend die lezteren schon nach den ersten zwei Stunden anfingen zu
arbeiten.
Der Brauer, der diesen Versuch leitete und der ein Mann von vieler Erfahrung war,
erklaͤrte die Ursache dieser spaͤteren Wirkung der ersteren Hefen
durch den Umstand, daß sie von blassem Ale hergenommen und zu lang aufbewahrt
wurden, indem er auch bei dem gewoͤhnlichen Brauverfahren nie so alte Hefen
brauchen wuͤrde. Man stellte daher noch einen Versuch in der Brauerei der HH.
Gray und Dacre an. Die Hefen, die man hier versuchte, waren von Tischbier, und
hatten acht Tage lang unter dem Apparate gegohren. Sie wurden noch drei Tage lang
aufbewahrt, und brachten eine vollkommen gute Gaͤhrung hervor.
Einige Brauer machten den Einwurf, daß diese Gaͤhrungs-Art in
verschlossenen Gefaͤssen zu lang hergeht. Allein, obschon der
Gaͤhrungs-Proceß in verschlossenen Gefaͤßen langsamer von
Statten geht als in offenen, so wird das Bier selbst doch fruͤher fertig:
starke Biere, wie Ale und Porter, die in verschlossenen Gefaͤßen gegohren
haben, sind in 6 Wochen nach dem Brauen so gut trinkbar, wie das auf
gewoͤhnliche Art bereitete Ale- und Porter-Bier es kaum nach
drei Monaten ist. Tisch- oder Tafel-Bier wird mit diesem Apparate in
15-20 Tagen vollkommen gut; wogegen freilich die Brauer bemerken, daß sie,
nach ihrer gewoͤhnlichen Methode, in zwei mal 24 Stunden damit fertig werden:
allein es ist kaum zu glauben, daß sie dieß im Ernste so meinen, denn in so kurzer
Zeit kann keine Gaͤhrung vollendet werden. Gaͤhrung fodert Zeit, wie alle
Operationen, die die Natur bewirkt, und muß sachte und langsam vor sich gehen, wenn
sie nicht unsichere und schlechte Resultate gewaͤhren soll. Ein gesottener
Hopfen-Aufguß mit ungegohrener Wuͤrze ist noch kein Bier; jener
erzeugt Taumel und verdirbt den Magen; dieses erheitert den Kopf und foͤrdert
die Verdauung.
Was die Anwendung dieses Apparates beim Brantweinbrennen und Essigsieden betrifft, so
ist bekanntlich der Hauptzwek dieser Operationen die moͤglich vollkommenste
Zersezung des Zukerstoffes und Bildung des Alkoholes in der kuͤrzesten Zeit.
Dieß soll nun durch die hoͤchste Gaͤhrung geschehen: wenn aber die
atmosphaͤrische Luft auf den Maisch in diesem hohen Grade von Ausdehnung
wirken kann, so wird sie demselben neuen Sauerstoff mittheilen, und einen Theil
desselben in saure Gaͤhrung versezen, ehe noch der Alkohol sich ganz
ausgebildet hat, so daß folglich die Branntweinbrenner und Essigsieder entweder die
Gaͤhrung vor ihrer Vollendung unterbrechen, oder den Verlust einer gewissen
Menge Alkoholes durch die so fruͤhe entstehende Essiggaͤhrung erleiden
muͤssen: in beiden Faͤllen entsteht also positiver Verlust. Der neue
Apparat wird nicht nur diesem Schaden vorbeugen, sondern selbst den Alkohol
vermehren, indem er die geistigen Daͤmpfe hier, wie bei der
Weingaͤhrung, verdichtet.
Die englischen Wein- und Cider-Fabrikanten koͤnnen sich der
Hoffnung schmeicheln, mittelst dieses Apparates ihre Producte schmakhafter und
geistreicher als manche auslaͤndische Weine zu erhalten: Aepfel- und
Birn-Most insbesondere wird dadurch ungemein verbessert.
Die Aepfel, und beinahe alle Fruͤchte, enthalten eine sehr siechende
Saͤure, Aepfel-Saͤure genannt. Wenn der Sauerstoff der
atmosphaͤrischen Luft sich mit dieser Saͤure verbindet, so erzeugt er
eine so starke sogenannte Schneide in dem Cider (gegohrenen Aepfel-Moste),
daß man denselben kaum trinken kann: wo man aber alle aͤußere
atmosphaͤrische Luft waͤhrend der Gaͤhrung von demselben
abhaͤlt, wird dieser Aepfel-Most ein mildes und angenehmes
Getraͤnk. Eben dieß gilt auch vom Birnen-Moste, welcher, wenn er
gehoͤrig bereitet ist, dem Champagner sehr nahe kommt. Was den Wein betrifft,
'so wissen wir allerdings, daß Alkohol und der eigene Wohlgeruch und Geschmak des
Weines die
Haupteigenschaften desselben sind, und daß man ersteren, welcher die Starke und
Haltbarkeit des Weines begruͤndet, aus allen vegetabilischen Substanzen
erhalten kann, welche Zukerstoff und Schleim besizen. Allein, mit der Natur des
Riechstoffes und desjenigen, was dem Weine einen eigenen Geschmak gibt, sind wir
weniger bekannt: dieser Stoff, nur durch Nase und Zunge wahrnehmbar, ist so
fluͤchtig, daß er jede Analyse vereitelte. Wir kennen wohl einige Ursachen,
die seine Entweichung beguͤnstigen; z.B. Hize; wir wissen, daß schlechter
Wein durch beigemengten guten nicht besser wird, daß jede Verfaͤlschung ihn
verdirbt, und daß der Wein krank werden kann. Allein dieser Riechstoff liegt im
Weine so verborgen, bis er ausgegohren hat, und kommt dann erst als die Krone seiner
uͤbrigen guten Eigenschaften zum Vorscheine.
Man glaubte, daß dieser Riechstoff, und dasjenige, was dem Weine den eigenen Geschmak
gibt, harziger Natur ist, indem er in dem Verhaͤltnisse bemerkbar wird, als
das beßte Aufloͤsungs-Mittel des Harzes, der Alkohol, sich ausbildet,
und in dem Weine vorwaltend wird. Auch in dieser Hinsicht wuͤrde, wenn die
Sache sich so verhielte, dieser Apparat eines Theiles die Richtigkeit dieser Ansicht
erweisen koͤnnen, indem er Alkohol bildet, und der harzige Stoff, wenn dieser
die Ursache des Weingeruches seyn sollte, sich aus der Aufloͤsung in Alkohol
durch reines Wasser niederschlagen ließe. Es ist uͤbrigens bekannt, daß die
beliebtesten Weine nicht immer aus dem beßten Moste hervorgehen, und daß die
Guͤte des Weines haͤufig von der Art der Gaͤhrung und von der
Behandlung desselben abhaͤngt. Und eben dieß gilt auch vom Biere und von
anderen gegohrenen Fluͤssigkeiten, so daß man wohl behaupten darf, die
Fabrikanten derselben koͤnnen nicht achtsam genug auf zwekmaͤßige
Leitung der Gaͤhrung seyn.
Die Erfindung der Frau Gervais hat in Frankreich die Aufmerksamkeit der ersten
Chemiker erregt, und eine Gesellschaft, bestehend aus dem Herzoge von Belluno, dem
Grafen Chaptal und Vicomte Chaptal, dem Grafen Dullau Dallemans, Grafen de Brissac,
Hrn. Troidfond de Bellisle, Hrn. Gaston Deurbroucq etc. hat der Frau Gervais ihr
Patent abgekauft, um diese nuͤzliche Erfindung in Frankreich zu verbreiten,
welche bereits mit dem
beßten Erfolge auch in der großen Brauerei des Hrn. Chappeller zu Paris angewendet
wurde.
Die HHrn. Deurbrucq und Nichols ließen sich auf diesen Apparat auch bei uns ein
Patent ertheilen, und derselbe wurde bereits von den HHrn. Gray und Ducre in Westham
in der Grafschaft Sussex mit so gutem Erfolge angewendet, daß diese die alte Methode
nach und nach gaͤnzlich aufgeben werden.
Dieser Apparat ist auf Tab. VII.
Fig. 44
abgebildet, und besteht aus folgenden Theilen:
AA, geschlossenes Faß, in welchem der
Gaͤhrungs-Proceß geleitet wird.
B, Verdichtungs-Kegel, welcher unmittelbar mit
dem Inneren des Gaͤhrungs-Fasses in Verbindung steht.
CC, kleiner Canal, der rings um die innere Basis des
Kegels laͤuft, und zur Aufnahme des verdichteten Alkoholes und wesentlichen
Oeles bestimmt ist, welche beide durch die kleine Roͤhre D in das Faß hinabgeleitet werden.
EE, Behaͤlter fuͤr kaltes Wasser, welches
den Kegel umgibt.
F, Ausgangsroͤhre, welche mit dem Inneren des
Kegels in Verbindung steht, und deren Ende einige Zoll unter die Oberflaͤche
des Wassers in dem kleinen Faͤßchen G taucht,
wodurch die nicht verdichtbaren Gase in die Atmosphaͤre entweichen
koͤnnen.
H, Hahn zum Ablassen des Wassers aus dem
Behaͤlter EE.