Titel: | Bericht der von der Akademie des Sciences zu Paris abgeordneten Commission, (bestehend aus den HHrn. Laplace, de Prony, Ampére, Girard und Dupin, als Berichterstatter) über die Vortheile, Unbequemlichkeiten und Gefahren der Dampfmaschinen mit einfachem, mittlerem und hohem Druke. |
Fundstelle: | Band 11, Jahrgang 1823, Nr. LXXVI., S. 466 |
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LXXVI.
Bericht der von der Akademie des Sciences zu Paris abgeordneten Commission, (bestehend
aus den HHrn. Laplace,
de Prony, Ampére, Girard und Dupin, als Berichterstatter)
über die Vortheile, Unbequemlichkeiten und Gefahren der Dampfmaschinen mit einfachem,
mittlerem und hohem Druke.
Aus dem Mercure technologique. Mai 1823. S. 113. Im
Auszuge.
Bericht der Akademie des Sciences zu Paris über Vortheile und
Gefahren der Dampfmaschinen.
Um der Absicht der Akademie zu entsprechen, theilte die
Commission die Aufgabe derselben in zwei Fragen:
1tens, welche Vortheile gewaͤhren, unter sich verglichen, die Dampfmaschinen
mit mittlerem und hohem Druke?
2tens, welche Gefahr ist mit der Anwendung derselben verbunden?
I. Abschnitt. Vergleichung der Vortheile der
Dampfmaschinen.
Dampfmaschinen mit mittlerem Druke nehmen einen geringeren Raum ein; denn man braucht
weniger Raum, um sehr zusammengepreßten Dampf einzusperren, als man bei einem
Dampfe, der kaum den Druk der Atmosphaͤre uͤbersteigt, noͤthig
hat: sie werden folglich, alles Uebrige gleich gesezt, bei beschraͤnktem
Raume, und bei hohem Preise des Flaͤchenraumes vortheilhafter seyn. Daher
ihre Anwendbarkeit in engen Fabrikgebaͤuden, in Bergwerken. Sie ersparen
2tens viel an Brenn-Materiale. Daß dieser Umstand nicht gleichguͤltig
ist, erhellt daraus, daß die in einer einzigen großen Kohlengrube in Cornwallis im
Gange stehenden Maschinen 25,500 Pf. Sterl., oder 630,000 Franken jaͤhrlich
Unterhaltungs-Kosten fodern.
Diese großen Auslagen spornten zur Verbesserung dieser Maschinen, und man brachte es
an denselben, durch aufmerksame Beobachtung bald so weit, daß die in Cornwallis
errichteten Maschinen, welche
im Aug. 1811 mit
1
Schfl.
Steinkohlen
15,760,000 Pf.
Einen Fuß
hoch hoben, Ein gestrichener englischer Scheffel ist
35 Litr, 24. Ein englisches Pfund (avoir du pois) ist 453 Grammes. Gin englischer Fuß 3 Decimetres und 5 Millimetres. A. d. O.
im Dec. 1811 mit
dtto
dtto
17,075,000 Pf.
dtto
dtto
im Dec. 1812 mit
dtto
dtto
18,200,000 Pf.
dtto
dtto
im Dec. 1814 mit
dtto
dtto
19,784,000 Pf.
dtto
dtto
im Mai 1815 mit
dtto
dtto
20,766,000 Pf.
dtto
dtto
Jezt n. Watt mit
dtto
dtto
30,000,000 Pf.
dtto
dtto
Noch mehr leisten aber Woolf's Dampfmaschinen mit
mittlerem Druke und Verdichtung; eine solche Maschine, deren groͤßerer
Cylinder 53 engl. Zoll (1 Metr. 35) und dessen kleinerer 0m, 135 im Durchmesser hat,
hebt, mit einem Scheffel Kohlen, 49,980,882 Pf. Einen Fuß hoch.
Die Maschinen mit mittlerem und hohem Druke haben allerdings den Nachtheil, daß sie,
in so fern ihre feineren Theile sich durch laͤngeren Gebrauch
abnuͤzen, an Kraft verlieren; indessen hat man auch diesem Nachtheile jezt
abgeholfen.
Die Versuche, welche die HHrn. Girard und Prony, als Mitglieder dieser Commission, jeder einzeln,
zur Vergleichung der Staͤrke der Dampfmaschinen mit einfachem Druke, und mit
Verdichtung, nach Woolf und Edward's Verbesserung, anstellten, bezeugen die Vorzuͤge der
lezteren hinsichtlich auf Ersparung des Feuer-Materiales. Der Bericht
Erstatter schlaͤgt hier vor, statt des unbestimmten Ausdrukes der Kraft einer
Maschine, als Einheit derselben, dessen man sich bisher bedient, naͤmlich
„Kraft eines Pferdes“ (force d'un cheval eine bestimmte Last, die auf eine
bestimmte Hoͤhe waͤhrend einer bestimmten Zeit gehoben wird, z.B. 100
Kilogramme auf 1 Metre in jeder Secunde, anzunehmen, und diese Kraft oder Masse von
Wirkung, als Einheit betrachtet, „Dynam“ zu nennen, und nach diesen „Dynamen“ die Kraft der Maschine zu
berechnen. Um die Spannung des Dampfes zu messen, muß, sagt er, wo der Druk der
Atmosphaͤre als Einheit angenommen wird, dieser Druk stets auf jenen
zuruͤkgefuͤhrt werden, den eine Barometer-Saͤule von 76
Millimetres Hoͤhe bei dem 0 Puncte am Thermometer anzeigt.
Wenn es nun nach allen unbestreitbaren Erfahrungen besser ist, eine Dampfmaschine,
deren Druk dem Druke mehrerer Atmosphaͤren gleich kommt, statt einer, die dem
einfachen Druke der Atmosphaͤre gleich ist, anzuwenden; wie weit wird man
diesen Druk, oder die Spannung des Dampfes treiben duͤrfen? Welche
mathematische Formel druͤkt das Product der DamfmaschineDampfmaschine als Function der Temperatur und der dadurch erzeugten Spannungen aus?
Diese Aufgabe laͤßt sich bisher durch die Theorie allein mit der
gehoͤrigen Strenge nicht loͤsen, und wir muͤssen uns jezt noch,
nach vieljaͤhrigen im Großen angestellten Erfahrungen, zu begnuͤgen
wissen, daß, im Vergleiche mit Maschinen von einfachem Druke, bei Anwendung der
Dampfmaschinen mit groͤßerem Druke als jener von zwei Atmosphaͤren
bedeutende Ersparung Statt hat.
Die Maschinen mit hohem Druke, die ohne Verdichtung des
Dampfes spielen, sind noch weit vortheilhafter in Hinsicht auf Ersparung.
Trevithick schikte aus dem suͤdlichen England im
Jahre 1814 neun solche Maschinen nach den Bergwerken von Peru, die ersaͤuft
waren. Diese Maschinen legten die ersaͤuften Bergwerke troken, und der
Schazmeister von Peru schlug vor, Hrn. Trivithick's
Statue aus Silber gießen zu lassen, als Denkwahl der Dankbarkeit der neuen Welt
fuͤr einen – Kezer der Alten.
Oliver Evans baute eine Menge aͤhnlicher Maschinen
in America. Als man zu Philadelphia die Maschine mit einfachem Druke durch eine
Maschine mit hohem Druk von Evans ersezen ließ, ersparte man taͤglich 85,
also jaͤhrlich mehr als 30,000 Franken. Diese Maschine hebt in 24 Stunden zu
Philadelphia 20,000 Tonnen Wasser 30 Metres hoch, braucht taͤglich 43 1/2
Steres Holz, und kostete nur 123,000 Franken, waͤhrend eine Maschine von
gleicher Kraft bei einfachem Druke 200,000 Fr. gekostet haben wuͤrde. Evans's Maschinenarbeiten mit einem Druke von 8 bis 10
Atmosphaͤren. Hr. Evans erhielt von den
vereinigten Staaten als Belohnung fuͤr seine Erfindung eine
Verlaͤngerung seines Patentes auf 10 Jahre, wie Watt und Boulton in England fuͤr ihre
Maschine mit einfachem Druke.
Parkins, ein ander Amerikaner, hat seine
Vorgaͤnger alle uͤbertroffen. Er arbeitet mit seinem Dampfe unter
einem Druke von mehr als 30 Atmosphaͤren, und hat es uͤber das Maximum
an Ersparung gebracht.
„Und doch ist noch die Anwendung verdichteter Daͤmpfe in ihrer
Kindheit, und weit entfernt von dem Ziele, das sie einst erreichen wird, wenn
man die Kunst, sie gehoͤrig anzubringen, besser als jezt verstehen
wird.“
II. Abschnit. Sicherheits-Maaßregeln.
Wenn ein Dampfboth in die Luft springt oder verbrennt, werden alle Zeitungen aller
Voͤlker mit dieser Neuigkeit erfuͤllt, und man verschreit diese Art
von Schiffahrt, die doch zumal bei der Kuͤstenfahrt, weit weniger
gefaͤhrlich ist als jede andere, als die allergefaͤhrlichste,
waͤhrend man gar nicht mehr daran zu denken scheint, daß jaͤhrlich,
Hunderte oder vielmehr Tausende ein Opfer des allgemeinen eingefuͤhrten
Sistemes werden, die Schiffe mittelst der Segel durch den Wind treiben zu lassen. Es
scheint, daß es in der Natur des Menschen liegt, eine Explosion, gleichviel ob von
Dampf oder von Pulver, mehr zu fuͤrchten, als jede andere Todesart, oder
wenigstens mehr daruͤber zu erschreken. Das Zerspringen der Dampfmaschinen
hat oft weniger Verheerungen angerichtet, als das Bersten jenes ungeheueren
Bierfasses des Hrn. Meux zu London, das die Mauer des
Gebaͤudes einschlug, in welchem es verwahrt stand, und die Leute in dem daran
angebauten Hause in Bier ersaͤufte.
Alles, was der Mensch als Maschine bei seinen Arbeiten gebraucht, hat seine Gefahren,
und man muͤßte den Menschen lediglich auf seine paar Arme
beschraͤnken, wollte man ihm vor allem demjenigen sichern, was durch
Ungeschiklichkeit, Fahrlaͤßigkeit, Kekheit, ihm gefaͤhrlich werden
kann. Man muß bei Beurtheilung einer Gefaͤhrlichkeit nie auf die Vorurtheile
Ruͤksicht nehmen, die sie vergroͤßern; es waͤre aber eben so
straͤflich zu erlauben, daß man Mittel zur Erreichung eines Zwekes anwende,
durch welche die Existenz der Mitbuͤrger gefaͤhrdet ist, als es
erbaͤrmliche Furchtsamkeit seyn wuͤrde, alle Gefahr bei Maschinen
dadurch vermeiden zu wollen, daß man alle Maschinen aufgibt.
Die Frage, uͤber welche die Akademie von der Behoͤrde aufgefodert
wurde, ihre Meinung abzugeben, ist: „sind die Dampf-Maschinen
uͤberhaupt, oder ist nur eine Art derselben dem Leben der Buͤrger
gefaͤhrlich? Muß man die Anwendung der Dampfmaschinen mit mittlerem oder
hohem Druke auf gewisse Localitaͤten beschraͤnken?“
Die Commission glaubte diese Frage nicht besser beantworten zu koͤnnen, als
wenn sie die Ansicht eines Untersuchungs-Ausschusses, welchen das Haus der
Gemeinen in England niedersezte um die Maßregeln zu untersuchen, welche die
Regierung zur Aufrechthaltung der oͤffentlichen Sicherheit hinsichtlich der
Dampf-Maschinen vorschreiben muß und vorschreiben kann, hier vorlegt.
„Euer Ausschuß,“ sagen die Mitglieder desselben zu dem
Unterdause, „konnte sich der Untersuchung, die ihr demselben aufgetragen
habt, nur mit dem innigsten Gefuͤhle der Unschicklichkeit unterziehen,
die Statt haben wuͤrde, wenn die gesezgebende Behoͤrde sich in
Privat-Interessen tiefer mengen wollte, als es die Sorgfalt fuͤr
oͤffentliche Sicherheit fodert; wenn sie den Versuchen der Talente, der
Genies fuͤr Mechanik, die die Kuͤnstler unseres Landes so sehr
auszeichnen, Graͤnzen sezen wollte. Nur durch Ersparung der
Menschenhaͤnde, nur durch unsere Maschinen haben sich unsere Fabriken in
England uͤber jene des Auslandes, das mit uns anfing wettzueifern,
erhoben; nur dadurch hat der englische Handel jenes Uebergewicht in allen
Welttheilen erhalten.“
„Unter den Mitteln, auf jene Stufe von Hoͤhe zu gelangen,
faͤllt die Dampfmaschine zuerst in die Augen. Ihre Wirkung ist so groß,
ihre Anwendung so allgemein und so vortheilhaft, daß ohne sie der groͤßte
Theil der Arbeiter in den Berg-Werken Englands heute zu Tage verhungern
muͤßte.“
„Man wird aus unserer Eingabe entnehmen, welchen grossen Vortheil der
Gewerbfleiß in England allein schon durch Anwendung des Dampfes auf die
Schifffahrt errungen hat, und wie, wollen wir mit America gleichen Schritt
halten, dieselbe noch mehr Ausdehnung erhalten muß.“
„Diese Betrachtungen haben Euren Ausschuß noch mehr abgeneigt gemacht, als
er es ehevor schon war, irgend eine gesezgebende Maßregel vorzuschlagen, durch
welche das Genie und
der Geist der Kuͤnstler Englands, wir wollen nicht sagen, gefesselt
werden, sondern auch nur gefesselt scheinen koͤnnte.“
„Euer Ausschuß weiß, daß die Betrachtung dessen, was man der
oͤffentlichen Sicherheit schuldig ist, aͤhnliche Maßregeln bei
mehreren Gelegenheiten ergreifen machte: wenn die oͤffentliche Sicherheit
durch Unwissenheit, Geiz oder Nachlaͤssigkeit gefaͤhrdet ist, und
das Publicum sich gegen diese nicht schuͤzen kann, oder nicht versteht,
sich zu schuͤzen, ist es Pflicht des Parliamentes, sein Ansehen dagegen
eintreten zu lassen.“
„Nach diesen Grundsaͤzen hat man Geseze uͤber den Bau und
die Befrachtung der oͤffentlichen Kutschen, uͤber die Bedingungen,
unter welchen man Arzt, Steuermann etc. seyn kann, erlassen.“
„Euer Ausschuß glaubt, daß diese Grundsaͤze mit eben so vielem
Rechte auch auf den gegenwaͤrtigen Fall, wegen der schreklichen Folgen,
die durch das Zerspringen eines Dampf-Kessels auf einem mit Reisenden
angefuͤllten Dampfbothe entstehen, ausgedehnt werden koͤnnen. Die
Ursachen, die diese Unfaͤlle herbeifuͤhrten, ließen sich nicht
vorher entdeken, und die Reisenden konnten nichts dagegen vermoͤgen,
selbst wenn man ihnen die Maschinen frei vor Augen gelegt
haͤtte.“
„Euer Ausschuß hat sich aber uͤberzeugt, so wie dieß auch der
einmuͤthige Ausspruch aller derjenigen ist, die Erfahrung uͤber
diesen Gegenstand besizen, daß Dampfmaschinen, wenn sie gehoͤrig gebaut
sind, mit vollkommener Sicherheit auf Schiffen, selbst auf Paketbothen,
angewendet werden koͤnnen. Eben diese Sachverstaͤndigen kommen
noch (obschon mit einigen Ausnahmen) allgemein darin uͤberein, daß auch
Dampfmaschinen mit hohem Druke zu eben diesem Dienste mit aller Sicherheit
angewendet werden koͤnnen, wenn man anders die Vorsicht gebraucht, gute
Sicherheits-Klappen und gute Kessel anzuwenden. Man muß uͤbrigens
noch bemerken, daß eine große Majoritaͤt von Stimmen den Kesseln aus
geschlagenem Eisen vor jenen aus Gußeisen den Vorzug gibt.“
„Euer Ausschuß unterlegt demnach folgende Beschluͤsse Euerer
Einsicht:“
„1tens. Nach dem Verhoͤre mehrerer erfahrenen Mechaniker, die der
Ausschuß hieruͤber befragte, ist es offenbar, daß das Zerspringen des
Dampfbothes zu Norwich Dieser Ungluͤksfall veranlaßte vorzuͤglich diese
Untersuchung vor dem Parliament. A. d. O. nicht nur durch den schlechten Bau und die schlechten Materialien des
Kessels, sondern auch durch Ueberladung der Sicherheits-Klappe an diesem
Kessel entstanden ist. Dadurch wurde die Expansiv-Kraft des Dampfes auf
eine Hoͤhe von Druk gebracht, fuͤr welche die Staͤrke des
Kessels nicht berechnet war.“
„2tens. Eine oder die andere dieser Ursachen hatte, in allen
aͤhnlichen Ungluͤksfaͤllen, auf Schiffen, wie in Fabriken
und Werkstaͤtten, Statt.“
„3tens. Der Ausschuß glaubt, daß diese Unfaͤlle leicht zu vermeiden
sind, ohne daß dadurch ein Nachtheil fuͤr die Eigenthuͤmer der
Dampfbothe, oder eine neue fuͤr sie verderbliche Ausgabe, oder irgend ein
Umstand hervortraͤte, der die Verbreitung der Dampfbothe hindern
koͤnnte.“
„Diese Mittel, welche der Ausschluß vorschlaͤgt, sind
folgende:“
„1. Alle Dampfkessel der Dampfbothe werden an dem naͤchsten Hafen
des Ortes, von welchem sie ausgehen, einregistrirt. 2. alle diese Dampfkessel
muͤssen aus geschlagenem Eisen, oder aus Kupfer verfertigt seyn. 3. ehe
ein Dampfboth gebraucht werden darf, muͤssen die Kessel desselben von
einem erfahrenen Mechaniker oder von einem anderen Sachverstaͤndigen
untersucht werden. Der Untersucher hat sich durch Versuche zu
uͤberzeugen, daß die Kessel hinlaͤnglich stark sind, und mit
voller Sicherheit gebraucht werden koͤnnen.“
„Der Kessel muß mit hinlaͤnglich starken und gehoͤrig
eingerichteten Sicherheits-Klappen versehen seyn. Zu einer dieser Klappen
darf der Arbeiter, der die Maschine zu bedienen hat, nicht gelangen
koͤnnen; die andere hingegen ist nicht nur demselben, sondern jedermann
auf dem Schiffe zugaͤngig. Der Untersucher wird diese Klappen
pruͤfen, und die Staͤrke des Drukes bescheinigen, die sie zu
oͤffnen vermag. Diese Staͤrke darf nicht mehr als ein Drittel der
Staͤrke betragen, fuͤr welche der Kessel berechnet, und auf welche
derselbe gepruͤft wurde, und nie das Sechstel der Kraft
uͤbersteigen, die der Kessel wirklich noch, vor der berechneten Berstung desselben,
zu ertragen vermag. Jeder wird gestraft, der auf eine der
Sicherheits-Klappen ein Gewicht legen wird.“
„4. Der Praͤsident des Ausschusses wird das Haus ersuchen zu
erlauben, daß eine Bill diesen Beschluͤssen Gesezes-Kraft
ertheilt.“
Dieß geschah auch; und das Parliament hat nicht einmal den Gebrauch der
Dampfmaschinen mit hohem Druke auf Schiffen, viel weniger in Staͤdten und
bewohnten Orten verbothen oder beschraͤnkt. Man hat indessen bisher immer in
England auf Dampfbothen Maschinen mit einfachem Druke angewendet. Die traurigen
Unfaͤlle bei Dampfmaschinen mit hohem Druke, die sich in America, in England,
in Frankreich ereigneten, erregten sehr hohes Mißtrauen gegen dieselben: indessen
weiß man auch nicht ein einziges Beispiel eines Ungluͤkes an Maschinen, die
Hr. Evans in den vereinigten Staaten baute, obschon
dieselben mit einem Druke von 10 Atmosphaͤren arbeiten. Allein es sprangen
auch viele Maschinen mir einfachem Druke in Amerika und in England, die man
fuͤr Maschinen mit hohem Druke ausgab.
In den Annales de Phys. et de Chim. befindet sich die
Geschichte einer zu Edinburgh gesprungenen Dampfmaschine, die Hr. R. Stevenson im Edinburgh Philos.
Magazine erzaͤhlte. (Vergl. polytechn. Journal, B. X. S. 370). Der Kessel war zwar aus
geschlagenem Eisen, aber zu sehr vernagelt.
Auch sogenannte Maschinen mit niedrigem Druke sprangen und
toͤdteten Menschen; allein sie hoͤren in dem Augenblike auf, Maschinen
mit niedrigem Druke zu seyn, wo das Feuer zu stark angeschuͤrt, oder der
Dampf durch eine Stoͤrung an den Klappen an seiner Entweichung gehindert
wird. Ein solcher Unfall, der mehreren Menschen das Leben kostete, ereignete sich zu
Creusot an einer Dampfmaschine mit niedrigem Druke. Zu Peronne
brach an einer Maschine mit hohem Druke ohne Verdichtung der Wagbalken und der Dampf
trieb den Staͤmpel sammt seiner Stange durch Deke und Dach des
Gebaͤudes, ohne Jemanden zu verlezen. Zu Paris zersprang an einer
Dampfmaschine mit mittlerem Druke der Kessel unten: das Wasser loͤschte das
Feuer aus, und erschuͤttert nicht einmal die Ofenmauer. Ein aͤhnlicher Fall
ereignete sich, ohne alles weitere Ungluͤk, an einer anderen Fabrik. Der
lezte Unfall hatte zu Essonne an einer Dampfmaschine von mittlerem Druke Statt,
deren Kessel schlecht gegossen war. Dampfmaschinen mit guten Kesseln sind in
Frankreich bisher noch nicht zersprungen, obschon seit dem J. 1815 mehr dann 120
Maschinen mit mittlerem und hohem Druk verfertigt wurden.
Ein Mitglied der Commission untersuchte vorzuͤglich die gegossenen Kessel, als
die weniger sicheren, an Maschinen von mittlerem Druke nach Woolf's Sisteme, an welchen der Druk 1-3 Atmosphaͤren
betraͤgt. Diese Verschiedenheiten des Drukes, die durch die groͤßere
oder geringere Hize entstehen, werden durch eine mit Queksilber gefuͤllte
Roͤhre, das Manometer, angezeigt. Man muß an den
Woolf'schen Maschinen, in Hinsicht auf Unfaͤlle, vorzuͤglich auf die
Kessel und deren Zugehoͤr Ruͤksicht nehmen: denn an den Cylindern
geschieht selten Ungluͤk. Der Kessel und die Sudroͤhren sind aus Eisen
vom zweiten Gusse, welches viel milder, viel zaͤher und fester ist. Der
Kessel hat die Form eines horizontal liegenden Cylinders, der sich an beiden Enden
halbkugelfoͤrmig schließt. Die Dike der Kessel und der Sudroͤhren
spielt zwischen 34 und 35 Millimetres. Anfaͤnglich machte man dieselben noch
einmal so dik, erkannte aber bald das Unschikliche einer solchen Dike. Die Theile,
die unmittelbar der Wirkung des Feuers ausgesezt waren, mußten eine sehr hohe
Temperatur annehmen, ehe sie dem in dem Kessel und in den Sudroͤhren
enthaltenen Wasser, ohne dadurch sehr zu leiden, eine gehoͤrige Temperatur
mittheilen konnten. Die aͤußeren Waͤnde erlitten eine viel
groͤßere und schnellere Erweiterung, als die inneren.
Bei eintretender Abkuͤhlung entweicht die Waͤrme eben so ungleich aber
umgekehrt, naͤmlich an den dikeren Theilen zulezt. Die dikeren Stellen
springen demnach zuerst auf eine fuͤr das Auge unbemerkbare Weise; nach und
nach aber nehmen diese Spruͤnge an Laͤnge, Breite und Tiefe zu. Diesen
Beobachtungen zu Folge machte man die Waͤnde nach und nach so duͤnn,
wie man sie heute zu Tage findet.
Die Sudroͤhren haben einen weit kleineren Durchmesser, als die Kessel; an
kleineren Maschinen ist er kaum halb so groß, als jener des Kessels; an
groͤßeren betraͤgt er kaum ein Drittel. Die Achse dieser
Roͤhren ist parallel mit jener des Kessels, unter welchem sie unmittelbar
uͤber dem Feuerherde angebracht sind. Sie werden von einer Reihe horizontal
gelegter Binde-Ziegel in den kleinen Zwischenraͤumen, die sie trennen,
der ganzen Laͤnge nach (und sie sind alle gleich lang) unter einander
verbunden, so daß die Flamme und die strahlende Hize des Herdes sie, und zwar nur
sie allein, unmittelbar treffen kann. Seitenroͤhren lassen die Hize in
Windungen aufsteigen, und sich in dem hohlen Raume verbreiten, den man absichtlich
zwischen den Waͤnden, so wie unter dem Kessel und uͤber den
Sudroͤhren, angebracht hat.
Da der Kessel durch die Hize weniger stark und weniger ploͤzlich angegriffen
wird, als die Sudroͤhren, so ist er auch weniger dem Verderben ausgesezt,
welches das Feuer hervorbringen kann. Wenn daher irgend ein Theil springen
koͤnnte so muͤßte es der untere Theil der Roͤhren seyn, und
nicht der Kessel; dieses Springen des unteren Theiles der Roͤhren hat aber
keine andere Wirkung, als daß dadurch das Feuer auf dem Herde ausgeloͤscht
wird, wie der obige Fall erweiset.
An Maschinen, die weniger Kraft haben, als 4 Pferde, besteht der Kessel aus einem
einzigen Stuͤke; an groͤßeren besteht er aus zweien, so lang sie noch
unter der Kraft von 24 Pferden sind; an noch groͤßeren aus drei. Diejenigen
Stellen, an welchen die Theile des Kessels aneinander stoßen, sind durch innere
Halsbaͤnder von gleicher Dike, aber viel groͤßerer Breite, mit den
Waͤnden des Kessels verbunden. Diese Halsbaͤnder liegen platt auf
einander, und werden durch Schrauben-Bolzen von geschlagenem Eisen
untereinander verbunden: man nimmt gewoͤhnlich so viel Bolzen, als die Zahl
der Pferde betraͤgt, deren Kraft die Maschine gleich kommt, wenn diese Zahl
nicht zwanzig betraͤgt.
Der Durchmesser der Bolzen, die Staͤrke der Koͤpfe und der
Schrauben-Windungen derselben ist so bemessen, daß der Kessel an der Stelle
der Zusammenfuͤgung seiner Theile staͤrker ist, als an jedem anderen
Theile. Ein eisenhaͤltiger Kitt wird mir Meißel und Hammer zwischen die Fugen
der aneinander liegenden Theile eingetrieben, um dem Dampfe auch nicht den mindesten Durchgang zu
gestatten.
Die Sudroͤhren, die an ihrem unteren Theile gebogen sind, passen an dieser
Biegung in kreisfoͤrmige Oeffnungen, die man am fuͤglichsten mit,
uͤber dem Kniee abgeschnittenen Hosen vergleichen kann, unter der
Voraussezung naͤmlich, daß der horizontale Theil den Bauch des Kessels
darstellt, und daß die Schenkel gleichfalls horizontal liegen. Die Verbindung der
Sud-Roͤhren mit dem Kessel geschieht auf dieselbe Weise, wie die der
Theile des Kessels unter einander.
Ehe man die Roͤhren und den Kessel wirklich anwendet, bringt man sie einzeln
unter einen sehr starken, von Innen heraus wirkenden Druk, der mehr als das
Fuͤnffache des Drukes betraͤgt, den die Maschine, wo sie im Gange ist,
von dem Dampfe zu erleiden hat, und 11-14 Kilogramme auf das
Quadrat-Centimetre betraͤgt, waͤhrend das Maximum des Drukes,
welchen der Kessel innenwendig von dem Dampfe her erleidet, kaum 3 Kilogrammen
gleich ist. Dieser Probe-Druk wird mittelst der hydraulischen Presse erzeugt,
und durch das Gewicht bemessen, mit welchem man den großen Arm des Hebels beschweren
muß, dessen kleiner Arm auf einer Klappe von gegebener Oberflaͤche ruht.
Obschon in Frankreich bisher noch keine Maschine irgend einen Nachbar derselben an
Leib oder Gut beschaͤdigte, und daher keine bestimmte Entfernung derselben
von anderen Gebaͤuden vorgeschrieben werden kann (welche Bestimmung einer
gewissen Entfernung den Gebrauch dieser Maschinen auch beinahe unmoͤglich
machen wuͤrde), so kann man doch nicht behaupten, daß nicht einst noch eine
solche Maschine springen, und dadurch Schaden anrichten koͤnnte; und schon
diese bloße Idee einer Gefahr wirkt nachtheilig auf die Nachbarschaft. Man muß sich
also bemuͤhen, jede Wahrscheinlichkeit einer Gefahr soviel moͤglich zu
beseitigen, und in dieser Hinsicht schlaͤgt die Commission folgende Maßregeln
vor:
1tens: zwei Sicherheitsklappen an dem Dampfkessel anzubringen, wovon die eine ausser
dem Bereiche des Arbeiters bleibt, der die Heizung und das Spiel der Maschine zu
besorgen hat; die andere muß aber dem Arbeiter zur Disposition uͤberlassen
werden, damit er,
nach Umstaͤnden, den Druk dieser Klappe vermindern kann, aber nicht
vermehren, indem die Klappe, die außer feinem Bereiche liegt, dem Dampfe mehr
Durchgang gestatten, und folglich den Druk des Dampfes jedesmal um eben so viel
geringer machen wuͤrde, als er unkluger Weise, denselben verstaͤrken
will Der Berichterstatter bemerkt, daß, wo man sich durch zwei
Sicherheits-Klappen noch nicht genug geschuͤzt gegen
Explosionen glaubte, indem die Klappen durch die Laͤnge der Zeit oder
aus unverzeihlicher Nachlaͤssigkeit schmuzig oder rostig werden, und
so aufhoͤren koͤnnten zu spielen, man nur an dem oberen Theile
des Kessels ein paar Scheiben eines Metalles einsezen duͤrfe, welches
bei einem, nach dem Druke, unter welchem die Maschine spielen muß,
bestimmten Grade fluͤßig wird. Man bedient sich dieses Verfahrens
bereits bei den sogenannten Schließ-Toͤpfen (marmites autoclaves) auf folgende Weise. Man
seze z.B. die Temperatur, unter welcher man den Schließ-Topf braucht,
sey 110; so braucht man Scheiben, wovon die eine bei 120, die andere bei 130
schmilzt. Die schmelzbarere Scheibe muß kleiner seyn, als die weniger
schmelzbare, damit der Dampf haͤufiger und schneller entweichen kann,
wenn die Oeffnung in der kleinen Scheibe nicht zureichen sollte. Jede
Scheibe wird unter dem Dekel des Schließ-Topfes angebracht, und zwar
in einem offenen und kreisfoͤrmigen Gehaͤuse, welches nach
Innen zwei bis drei Schraubengaͤnge darbiethet. Unter die schmelzbare
Scheibe wird eine maͤnnliche Schraube angeschraubt, die, wie ein
Schaumloͤffel, mit einer Menge von Loͤchern durchbohrt ist,
damit der aus dem Kessel aufsteigende Dampf eine Menge
Beruͤhrungs-Puncte an dem schmelzbaren Metalle findet. Die
Erfahrung hat erwiesen, daß die Schmelzung der kleineren Scheibe immer
hinreichte; denn wenn diese einmal geschmolzen war, so konnte man die
Temperatur in dem Kessel niemals mehr so hoch erheben, daß die
groͤßere Scheibe auch geschmolzen waͤre. Man findet
hieruͤber interessante Details im IV. B. S. 5. des Mercure polytechnique. A. d. O. .
2tens: mittelst der hydraulischen Presse die Staͤrke eines jeden Kessels zu
pruͤfen; jeder derselben muß, bei dieser Probe einen 4 bis 5 mal
groͤßeren Druk auszuhalten vermoͤgen, als er bei dem
gewoͤhnlichen Gange der Maschine nicht erleidet, vorausgesezt, daß der Druk
auf dieselbe in diesem Falle 2-4 Atmosphaͤren betraͤgt. Wenn
dieser leztere Druk aber mehr betruͤge, muß der Druk bei der Probe um so
vielmal staͤrker seyn, als jener, den die Maschine waͤhrend ihres Ganges
erleidet, als dieser den Druk der Atmosphaͤre uͤbersteigt.
3tens: Jeder Dampfmaschinen: Fabrikant muß die Mittel, deren er sich bei der Probe
bedient, und alles, was er zur Sicherheit und Festigkeit der Maschinen gebraucht,
vorzuͤglich in Hinsicht auf den Kessel und dessen Zugehoͤr, vorzeigen,
und sowohl der Behoͤrde als dem Publicum den Druk erweisen, unter welchem
seine Maschine spielt. Der Druk muß nach Atmosphaͤren, oder nach Kilogrammen
auf das Quadrat-Centimeter berechnet seyn.
Die Akademie fand es endlich noch noͤthig, um die Nachbarschaft vor aller Idee
von Gefahr zu bewahren, die Kessel der Dampfmaschinen, welche sich zwischen
Gebaͤuden befinden, mit einer eigenen Mauer zu umgeben, wenn naͤmlich
die Dampf-Maschine stark genug waͤre, die Mittelmauer durchzuschlagen,
welche sie von den benachbarten Gebaͤuden trennt. Die Akademie glaubt, daß in
jedem Falle die Entfernung dieser Mauer von der Mittelmauer ein Metre, die Dike
derselben ein Metre, und die Entfernung derselbe von dem Kessel gleichfalls ein
Mette betragen kann.
Bei Maschinen von geringerer Staͤrke, glaubt die Commission, ist weniger
Vorsicht noͤthig; man kann die Mauer um den Kessel duͤnner machen,
oder gaͤnzlich weglassen: bei staͤrkeren hingegen muß alle
moͤgliche Vorsicht, sowohl in Hinsicht der Staͤrke der Mauern als der
Kessel gebraucht werden.
Die Commission ist der Meinung, daß man ein Register uͤber alle, an Maschinen
von allen Sistemen vorkommende Unfaͤlle halten, bekannt machen, Ursache und
Wirkungen derselben angeben und die Fabriken namentlich bezeichnen soll, in welchen
diese verungluͤkten Maschinen verfertigt wurden.
Auf diese Weise, glaubt die Commission, werden die Explosionen der Dampfmaschinen
zwar nicht gaͤnzlich beseitigt werden koͤnnen, was unmoͤglich
ist, jedoch aber weit seltener werden. Jede Anwendung einer mechanischen Kraft ist
mit den ihr eigenen Gefaͤhrlichkeiten verbunden; es ist genug, wenn die
Wahrscheinlichkeit der Gefahr nur so gering ist, daß man, bei aller
Moͤglichkeit derselben, fortfahren kann, sich dieser Kraft zu bedienen.