Titel: | Auszug aus einer Notiz über die zur Troknung des Getreides bestimmte Darre zu Bern. Von Hrn. Fournier de Faye. |
Fundstelle: | Band 14, Jahrgang 1824, Nr. XXII., S. 80 |
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XXII.
Auszug aus einer Notiz über die zur Troknung des
Getreides bestimmte Darre zu Bern. Von Hrn. Fournier de Faye.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. N. 231. S. 250.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Fournier de Faye über die zur Troknung des Getreides bestimmte
Darre.
Diese Darre (uͤber welche Graf de
Lasteyrie im Bulletin Februar 1823. p. 43 einen
sehr vortheilhaften Bericht erstattete) war bereits im J. 1775 erbaut.
Fig. 1. ist
ein senkrechter Durchschnitt einiger Bogengaͤnge der westlichen Seite der
Berner Getreide-Halle; eines ungeheueren, vier Stokwerke hohen,
Gebaͤudes. Man sieht hier 1tens eine doppelte Frei-TreppeAuf dieser vor den Oefen angebrachten Frei-Treppe wird das Getreide
gemessen, welches man in den hohlen Pfeiler, g,
schuͤttet, der zwoͤlf Berner Viertel faßt. Die in der Mitte
des Pfeilers angebrachte Fallthuͤre aus Eisenblech o bewirkt durch ihr Hinaufsteigen die Entleerung
des Kornes und Ueberfuͤllung desselben in Sake. A. d. O., auf welcher sich drei Thuͤren befinden, wovon die zur linken Seite zur Treppe
fuͤhrt, welche vorzuͤglich zum Dienste der Darre bestimmt ist, und in
deren Hoͤhe sich ein eingetheilter Halbkreis befindet, der einen Theil des
Feuer-Messers, (Pyrometer) bildet; 2tens eine an der Ostseite niedergerissene
Mauer, abcdefgh, die den vorderen Theil des
Inneren der Darre in seiner ganzen Breite zeigt.
Fig. 2. ist
ein senkrechter Durchschnitt, der ganzen Laͤnge nach, durch die Puncte AB der 1. Fig.
Fig. 3. ist
ein horizontaler Durchschnitt nach der Linie CD,
Fig. 1,
sowohl der Darre als der Stiege.
Fig. 4. ist
ein aͤhnlicher Durchschnitt durch die Puncte EF, Fig.
1, wo beinahe das ganze Gewoͤlbe dieser Darre eingerissen ist, mit
Ausnahme des Streifens uvu.
Die Darre ist ein bogenfoͤrmig gewoͤlbtes Stuͤk, haked, Fig. 1, welches zwei
Trokenstuben enthaͤlt, deren jede von zwei Scheidwanden aus senkrecht
stehenden, und mittelst geneigter Schiefer-Plaͤttchen, deren Enden in
die Mauer eingesezt sind, unter einander verbunden sind. Jede Scheidewand, von 11
Centimeter Dike, ist zum Theile oben und unten ausgefuͤllt, in der Mitte aber
(im Perimeter, akedih, Fig. 1, welcher
rautenfoͤrmig ist, mit kleinerer senkrechten Diagonale und abgestuzten
horizontalen Winkeln) mit rhomboidalen Oeffnungen durchbrochen, deren kleinere
Diagonale gleichfalls senkrecht ist. Alle diese Oeffnungen bilden zusammen genommen
ein Nez, dessen Maschen von acht Ziegelreihen erzeugt werden, deren jede aus den
unteren Seiten der Raute aufsteigt, und die sich durchkreuzen.
Ueber jeder oberen Seite einer jeden kleinen Raute ist ein Tifelchen in schiefer
Flache aufgestellt. Zwei solche Tafelchen, die sich an ihrem oberen Rande genau
aneinander anschließen, bilden mit einander einen Winkel von ungefaͤhr
15° dessen Scheitel von dem unteren Rande der beiden unmittelbar
daruͤber stehenden und gegen diesen Punct sich zusammen neigenden
Taͤfelchen 3–4 Centimeter weit absteht.
Zwei kleine gewoͤlbte Aushoͤhlungen, mit Thuͤrchen pp versehen, und mit starkem Eisenbleche
ausgefuͤttert, sind unter der Darre angebracht. In jedes dieser kleinen
Gewoͤlbe wird ein auf Roͤllchen laufender Wagen g, Fig.
2 und 4, mit Buchen-Kohlen, welche auf der Frei-Treppe
angezuͤndet werden, eingefahren; die erwaͤrmte Luft steigt in die
Woͤlbung empor, wo sich die beiden Leitungen, rs und tu, Fig. 1, befinden, die sich
in der Darre zwischen den beiden Troken-Stuben bei den Puncten, ii, Fig. 2 und 3 enden, von hieraus
verbreitet sie sich uͤber jede Flache der schiefen Flaͤchen, indem sie
durch das Nez der Ziegel durchzieht.
Dieses Feuer wird 3 Katze lang (72 Stunden) unterhalten, ehe man das Korn aus die
Taͤfelchen bringt. Diese Zeit ist noͤthig um alle Feuchtigkeit zu
verjagen, und die Mauern und schiefen Flaͤchen hinlaͤnglich mit
Waͤrmestoff zu durchdringen.
Sobald das Korn in die Darre kommt, werden die Wagen nur alle 3 Stunden, jeder mit 20
Litres Kohlen, versehen, und diese Operation wird ununterbrochen fortgesezt. Die
feuchten Daͤmpfe entweichen durch vier kreisrunde Oeffnungen, 11, Fig. 4, welche
oben in dem Bogen des Gewoͤlbes der Darre angebracht sind, und mit
hoͤlzernen Stoͤpseln nach Belieben geschlossen werden
koͤnnen.
Der Feuer-Messer (Pyrometer) H, Fig. 1, mit seinen
Raͤdern, mit seinem Zeiger und seinem graduirten Halbkreise, vw, wird selten von den Arbeitern consultirt; sie
urtheilen uͤber den Grad der Hize nach dem Eindruke, den die Luft bei ihrem
Ausgange aus den Leitern U und aus den zwei Oeffnungen
am Fuße der Seiten-Mauern auf sie hervorbringt.
Drei andere Oeffnungen v, Fig. 2 und 4, in derselben Linie mit
den Ausduͤnstungs-Loͤchern, befinden sich auf jeder
Trokenstube, und nehmen drei Roͤhren von Eisenblech auf, die den Einsaz
fuͤr den Rumpf bilden, durch welchen man das Korn einschuͤttet.
Man sieht in Fig.
1 das Korn aus einer dieser Roͤhren V
auf den Scheitel des Winkels fallen, welcher von den beiden oberen Tafelchen des
Feldes N. 1. gebildet wird, und sich
gleichfoͤrmig auf der Oberflaͤche derselben verbreiten. Nachdem
dasselbe unten an den Taͤfelchen angekommen ist, faͤllt es 4 bis 5 Centimeter hoch auf den
Grath, welchen die beiden oberen Taͤfelchen des Feldes N. 2 oder N. 3 bilden, nach der
urspruͤnglichen Richtung naͤmlich, u.s.f. auf die Scheitel der Felder
N. 4, 5, 6, bis endlich, nachdem es auf U, Fig. 1, auf den beiden
untersten Flaͤchen gelangte, die Schichte Kornes die Schieber-Klappe
L geschlossen findet. Hier bleibt es liegen, und
haͤlt sich auf der ganzen Hoͤhe der schiefen Flaͤchen in einer
mittleren Dike von 5 bis 6 Centimeter. Wenn die Klappe, deren mit Einschnitten
versehener Stiel M mittelst eines Triebstokes und einer
Kurbel N gezogen wird, sich oͤffnet, so
laͤßt sie aus jeder Trokenstube 3 Saͤke Korn, ungefaͤhr 590
Liter, auslaufen. Dieses Korn faͤllt in einen gemeinschaftlichen Rumpf mn, Fig. 1, dessen unteres
Ende sich auf der großen Stiege der Halle oͤffnet. Es wird daselbst in
Saͤke gefuͤllt, und hierauf neuerdings in die oberen Ruͤmpfe
v, Fig. 2,
geschuͤttet, damit es neuerdings uͤber die Tafelchen
laͤuft.
Diese Umfuͤllungen geschehen von 3 Stunden zu 3 Stunden in jeder Trokenstube;
es wird dadurch die ganze Korn-Masse durchgeruͤttelt, und die Lage
eines jeden Kornes dabei so geaͤndert, daß eine gleichfoͤrmige
Troknung entsteht.
Es bleiben demnach 55 bis 60 Hektoliter 24 Stunden lang auf der Darre, nach welcher
Zeit man dasselbe gaͤnzlich herausnimmt, und eine gleiche Menge frischen
Kornes aufschuͤttet. Das gedarrte Korn wird auf dem Boden eines daran
stoßenden Magazines ausgebreitet, dadurch abgekuͤhlt, und endlich in das
Aufbewahrungs-Magazin gebracht.
Das gedarrte Korn wird in einer großen hoͤlzernen Kiste, welche mit drei
Abtheilungen und mit einem Dekel versehen ist, aufbewahrt. Diese Kiste ist 2 Meter
hoch und 6 breit, und befindet sich in einem der Saͤle zu ebener Erde. Zur
Zeit, wo Hr. Fournier diese Halle besuchte, hatte man daselbst dreierlei Arten Korn
aufgespeichert: Weizen von Odessa vom J. 1818, Spelz, und Roken. Die Koͤrner
waren mehr oder minder glaͤnzend mit einem leichten Stiche in's Braune;
viele, vorzuͤglich vom Roken, waren runzelig oder kraus, und fuͤhlten
sich etwas rauh an. Obschon sie 20 Monate lang 3 Fuß hoch uͤber einander lagen, und ungeachtet
Insekten und Feuchtigkeit sie vor der Darre verdorben hatten, zeigten sie sich doch
im September 1822 in der Tiefe von einem Meter wie an der Oberflaͤche der
Kisten gleich frisch.
Die Kosten fuͤr Arbeitslohn und Brenn-Material betrugen im J. 1820
fuͤr 100 Kilogramme 1 Franken 35 Cent.
Das Korn verlor ein Zehntel am Umfange; aber jedes Maß ward um 4 bis 5 der Cent
schwerer, wodurch der Abgang sich auf ungefaͤhr 5 1/2 der Cent reducirte.
Das aus diesem Korne erhaltene Mehl ist etwas schwaͤrzer, als das
gewoͤhnliche, was einer wahren Roͤstung des Oberhaͤutchens
zuzuschreiben ist: diesem Nachtheile laͤßt sich aber leicht dadurch abhelfen,
daß man das Mehl, wie man es sonst in großen Staͤdten zu thun pflegt, in 3
bis 4 Sorten theilt.Der gegenwaͤrtige Zustand der physischen Wissenschaften laͤßt
uns annehmen, daß es leicht seyn wuͤrde eine, sowohl in Hinsicht auf
Zeit als Brenn-Material vortheilhaftere,
Erwaͤrmungs-Methode anzuwenden. Eine, von allem diken
Gemaͤuer entfernte, und dem Feuer naͤher stehende, Darre
wuͤrde zwekmaͤßiger seyn. Es waͤre auch sehr leicht,
die Faͤrbung der Koͤrner durch das bei Verbrennung der Kohlen
entweichende Gas zu verhindern, und statt der Schiefer-Platten
Metall-Platten zu nehmen. A. d. V. (Am geeignetsten hiezu
wuͤrde die Anwendung der erhizten Luft seyn, deren wir zu diesem
Behuf in Bd. 13. S. 114.
erwaͤhnten, und wovon wir spaͤter noch ausfuͤhrlicher
handeln werden. A. d. Ueb.
Nach den gewoͤhnlichen Beker-Rechnungen gibt das Mehl, welches aus Korn
bereitet wird, das auf die gewoͤhnliche natuͤrliche Weise getroknet
wurde, wenn man Brod von zweiter Guͤte daraus bereitet hat, bei dem Ausnehmen
aus dem Ofen um 3/8 seines Gewichtes mehr Brod, als das angewendete Mehl wog. Dieser
Ueberschuß an Gewicht nimmt aber noch um 5–6 der Cent zu, wenn das Mehl von
Korn ist, das auf obige Weise getroknet wurde: es wird also der Abgang hiedurch
ersezt. Wenn man dieses Mehl zu Teig anruͤhrt, so verschlingt es 5 Maß Wasser, waͤhrend
das Mehl des nicht gedarrten Getreides hoͤchstens nur 4 Maß einsaugt.
Der Roken wird durch diese Art von Darre um ein Bedeutendes besser; sein Mehl geht
besser auf, und das daraus bereitete Brod verliert großen Theils den dem Roken
eigenen sauren und scharfen Geschmak. Wenn man aber dieses Roken-Mehl mit
Spelz-Mehl vermengt, so erhaͤlt man keine vorteilhaften ResultateGeroͤstetes Roken-Mehl gab, bei der Brod-Bereitung,
einen groͤßeren Ueberschuß als eine gleiche Menge Mehles von
gedarrtem Odessa-Weizen; ein Gemenge von gleichen Theilen
geroͤsteten Roken und Spelz-Mehles, von welchem man ein
gleiches Resultat haͤtte erwarten sollen, gab aber, verglichen mit
den Producten, die man erhielt wenn man jede dieser Mehlsorten fuͤr
sich einzeln behandelte, weit weniger Ueberschuß, als Spelz-Mehl
fuͤr sich allein. Es waͤre also, wenn diese Beobachtungen
richtig sind, fuͤr den Consummenten vortheilhafter jede dieser
Mehlsorten einzeln zu behandeln. A. d. Ueb.
Folgende Tabellen wurden nach den Protokollen der Halle zu Bern von Hrn. Fournier abgefaßt. Sie enthalten die Resultate, welche
sich an verschiedenen Arten gedarrten Getreides im J. 1820 auf der Muͤhle,
und im Fruͤhlinge des Jahres 1822 bei dem Baken ergaben. Hr. Fournier hat zugleich auch die Resultate von nicht
gedarrtem Spelze (das einzige Winter-Getreide, das man im Berner Gebiethe im
Großen baut), sowohl auf der Muͤhle, als in der Bakstube
beigefuͤgt.
Auf der Mühle. Erzeugniß und Abfall.
Nro.
Arten des gedarrten
Getreides
Zahl derMaße Ein Maß haͤlt 14 Liter. Ein Liter = 0,7068 Wiener Maß.
A. d. Ueb.
Total-Gewicht des Getreides
Mehl.
Verhältniß desselbenzum Ganzen.
Kleie.
Verhältniß desselbenzum Ganzen.
Abgang.
Verhältniß desselbenzum
Ganzen.
℔. Loth.
℔. Loth.
℔. Loth.
℔. Loth.
1.
Roken
5
–
92 – 16
–
72 – 20 –
20/38 –
20 – 24 –
4/19 –
2 4
– 1/38
2.
Spelz
5
–
94 – – –
83 – 8
–
33/38 –
10 – 24 –
5/38 –
– –
–
–
3.
Weizen v. Odessa
5
–
101 – 16 –
86 – – –
17/20 –
13 – 12 –
1/8 –
2 4
– 1/40 weniger
als
4.
Nicht gedarrter Spelz
5
–
90
– – –
80 – 8
–
17/19 –
16 – 24 –
3/38
–
2 24
– 1/38
Beim Baken.
Textabbildung Bd. 14, S. 87
Arten des angewendeten Mehles;
Gewicht einer jeden Art; Gesammt-Gewicht bei jedem Versuche; Gewicht des
Brodes, 2 Stunden nach dem es aus dem Ofen kam; Ueberschuß des Gewichtes des
Brodes über jenes des Mehles; Verhältniß dieses Ueberschusses; im Gewichte des
Mehles; im Gewichte des Brodes; Roken; Spelz; Roken allein; Spelz allein; Weizen
aus Odessa; Nicht gedarrter Spelz
Allgemeine Bemerkungen.
Das Brod aus dem gedarrten Weizen ist eben so schmakhaft, aber schwaͤrzer, als
jenes von nicht gedarrtem Weizen und von zweitem Range.
Mehl und Brod aus nicht gedarrtem Roken ist weniger gefaͤrbt, als von
gedarrtem; allein das Brod ist weniger matt, und von weit besserem Geschmake, als
von nicht gedarrtenBaiern, nach Ungarn das reichste Kornland in Europa, hat nicht einmal noch in
seiner Hauptstadt eine Getreide-Halle. Da nasse Jahrgaͤnge die
Ernte in Baiern so oft verderben, so waͤre es sehr zu
wuͤnschen, daß man in diesem Lande sowohl auf Trokenplaͤze
fuͤr Garben, als auf Darren fuͤr das Getreide selbst mehr
Ruͤksicht naͤhme. – Wundern mußte es uns, daß gerade
ein Berner, der doch mit der so trefflichen
Troken-Anstalt seiner Paterstadt haͤtte bekannt seyn sollen
bei uns in Baiern einen Versuch auf Aerarialkosten Getreide aufzubewahren in
Vorschlag und Ausfuͤhrung bringen konnte, dessen Mißlingen jeder, der
auch nur den mindesten Begriff von den Bedingungen hat, unter denen die
laͤngere Aufbewahrung des Getreides moͤglich ist, voraussehen
konnte. Es wuͤrde uns zu weit fuͤhren uͤber diesen
mißlungenen Versuch ins Detail zu gehen, zumal auch schwerlich Jemand, der
nicht Augenzeuge davon war, glauben duͤrfte, daß ein solcher bei dem
gegenwaͤrtigen Standpuncte der Kenntnisse dieses Gegenstandes, im
Jahre 1823 in der statt gefundenen Art gemacht worden sey. Da dieser
Gegenstand fuͤr Baiern zu Wichtig ist, so wuͤnschen wir: daß
man sich in der Zukunft nicht mit zu Nichts fuͤhrenden Versuchen,
sondern geradezu mit den. bereits anderwaͤrts sattsam erprobten
Methoden Getreide in großen Quantitaͤten aufzuwahren, befaße, wozu
man in diesem Journal die verlaͤßlichte Anleitungen findet. A. d.
Uebs..