Titel: | Ueber den Mehlthau und einige andere Krankheiten an Obstbäumen. Von Hrn. Joh. Robertson F. H. S. |
Fundstelle: | Band 14, Jahrgang 1824, Nr. LXI., S. 238 |
Download: | XML |
LXI.
Ueber den Mehlthau und einige andere Krankheiten
an Obstbäumen. Von Hrn. Joh.
Robertson F. H. S.
Aus den Transactions of the London Horticultural
Society im Repertory of Arts, Manufactures and
Agriculture. Junius 1824. S. 40.
Robertson, über den Mehlthau und einige andere Krankheiten an
Obstbäumen.
Die Hoffnung, einiges zu den bisherigen Erfahrungen
uͤber die Krankheiten der Obstbaͤume
beizutragen, veranlaßte mich die Gesellschaft mit einigen Bemerkungen uͤber diesen wichtigen Zweig
der Gartencultur zu behelligen, indem ich der Meinung bin, daß die verschiedenen
Formen, welche diese Krankheiten unter verschiedenen Umstaͤnden annehmen, es
nothwendig machen, Erkundigung von allen Seiten hieruͤber einzuziehen, um auf
diese Weise vollstaͤndige Kenntniß der Natur derselben zu erhalten, und in
den Stand gesezt zu werden, solche Regeln uͤber die Behandlung derselben
festzusezen, die allgemein anwendbar seyn koͤnnen.
Da der Pfirsichbaum ein Hauptgegenstand der Gartencultur ist, so will ich vor jezt
meine Aufmerksamkeit vorzuͤglich auf denselben wenden. Die Krankheiten,
welche in unserem Klima demselben vorzuͤglich gefaͤhrlich sind, sind
der Mehlthau, das Vertroknen der Blaͤtter und das
Gummischwizen.
Was den ersteren (den Mehlthau, mildew) betrifft, so hat
man uͤber die Natur desselben eine Menge verschiedener Meinungen aufgestellt,
und man war ungewiß, ob er thierischen oder vegetabischen Ursprunges, oder ein
zufaͤlliges Produkt ist: gegenwaͤrtig betrachtet man denselben
allgemein als einen Schmarozer-Pilz, und sieht diejenigen Theile desselben,
welche sichtbar sind, als die Fruͤchte an. Wenn die Samen desselben reif
sind, so werden sie in Folge ihrer Kleinheit und Leichtigkeit nach allen Richtungen
in bedeutender Entfernung zerstreut, und diejenigen Samen, welche irgendwo unter
guͤnstigen Umstaͤnden abgesezt werden, fangen schnell an sich zu
entwikeln, und verbreiten sich gleichfalls wieder sehr schnell umher. Die Art von
Mehlthau, welche den Pfirsichbaum ergreift, scheint sich bloß auf diese Art von
Baͤumen allein zu beschraͤnken, und ist offenbar von jenen Arten,
welche man auf den Blattern der Aepfel, Birnen, des Hagedornes und anderer Pflanzen
findet, durch seine Groͤße und durch seinen uͤppigen Wuchs
verschieden. Dem freien Auge erscheint der Mehlthau in den fruͤheren Perioden
seines Wachsthumes als ein haariger Flaum, welcher, unter einem gewoͤhnlichen
Vergroͤßerungs-Glase, aufrecht und krystallinisch sich zeigt.
Spaͤter sind die Struͤnke desselben, wie ein Gewebe, auf das Blatt
hingeplaͤttet, an dessen aͤusserer Flaͤche sie sich vor der
Entfaltung desselben anheften, und auf welche sie sich spaͤterhin
vorzuͤglich beschraͤnken, da diese mehr zart und schwammig ist, als die innere und
obere, und ein bequemeres Nest darbietet, in welchem die keimenden Samen sich
einnisten koͤnnen. Das von diesem Mehlthaue angegriffene Blatt entwikelt sich
nie vollkommen, und daran erkennt ein erfahrenes Auge sehr bald diese Krankheit in
ihrem ersten Entstehen: von den Blaͤttern laͤuft der Mehlthau auf die
zarten Ende der jungen Schoͤßlinge und auch auf die Frucht hin, und
zerstoͤrt endlich den ganzen Baum, wenn er nicht durch fruͤhe
Aufmerksamkeit in seinem Fortschritten aufgehalten wird. Die Pfirsichbaͤume
zerfallen in zwei Abtheilungen, wovon die erstere mit Druͤsen ausgestattet
ist, und die andere keine derselben hat: erstere wird in unserem
(„englischen“) Klima nur wenig, wenn jemahls, vom Mehlthaue
befallen; wahrscheinlich weil die Baͤume dieser Abtheilung eine dichtere und
festere Oberhaut besizen, welche fuͤr den Samen des Mehlthaues nicht so
leicht durchgaͤngig ist; von lezterer sind einige dem Mehlthaue mehr
ausgesezt, als die anderen, was vorzuͤglich bei einer unserer besten Sotten,
der rothen Magdalene, der Fall ist.
Ich hatte immer Ursache zu vermuthen, daß diese Krankheit anstekend ist; um jedoch
diese Vermuthung mit mehr Bestimmtheit zur Thatsache zu erheben, befestigte ich im
vorigen Sommer einige junge angestekte Zweige an zwei entfernt stehenden Zweigen
eines rothen Magdalenen Pfirsichbaumes, der vollkommen gesund und gegen Osten
hingekehrt gepflanzt war: das Wetter war warm und troken, und der Wind
Suͤd-Ost. Nach einiger Zeit kam der Mehlthau an jenen Theilen des
Baumes zum Vorscheine, an welchem die angestellten Schoͤßlinge befestigt
waͤren, und fuhr fort sich uͤber dieselben auszubreiten den ganzen
uͤbrigen Sommer durch: ich wiederholte den Versuch mit eben so viel
Aufmerksamkeit in jeder Hinsicht an einem gen Westen gepflanzten Baume an der
entgegen gesezten Seite der Wand, aber ohne allen Erfolg, weil, wie ich verwuchs,
das Wetter zu kalt und feucht geworden ist, und ein Westwind kam, der das Ausreifen
und die Verbreitung des Samens hinderte.
Ich habe im laufenden Jahr, 1821, denselben Versuch an der Westseite wieder
wiederholt; es zeigte sich aber keine Spur von Anstekung, außer erst nach vier bis fuͤnf
Wochen; dann erst sah ich Spuren von Mehlthau an einem unter den
aufgehaͤngten angestekten Schoͤßlingen befindlichen Zweige, der damit
in Beruͤhrung kam. Diese verschiedenen Resultate beweisen, wie sehr die
Erscheinung dieser Krankheit von zufaͤlligen Umstaͤnden
abhaͤngt.
Folgendes Beispiel scheint mir noch einen Grund zur Vermuthung zu gewaͤhren,
daß der Same des Mehlthaues nicht eingesogen wird, und nicht in den Saͤften
der Pflanze kreislaͤuft, um sich in einer kuͤnftigen schiklichen
Jahreszeit zu entwikeln, sondern bloß auf der Oberflaͤche sich anheftet, und
daselbst bis zu einer fuͤr seine Entwikelung schiklichen Gelegenheit
aufbewahrt wird. Im vorigen Herbste wurde ein Theil meiner Pfirsichbaͤume,
die noch nie getragen hatten, an den obersten Spizen hart vom Mehlthaue mitgenommen;
da sie aber in jeder anderen Hinsicht vortrefflich waͤren, verpflanzte ich
sie, nachdem ich sie sehr niedrig hatte schneiden lassen, an eine neue Wand von
allen anderen entfernt. Sie haben zeither sehr gut getrieben, und unter allen (es
mochten ihrer beilaͤufig 50 seyn) zeigte sich die Krankheit nur an einem oder
an zweien, obschon im vorigen Jahre alle gleich angestekt waͤren.
Auch folgender Fall mag als neuer Beweis dienen, daß diese Krankheit sich nur durch
Ausstreuung des Samens mittheilt, und daß diejenigen Pfirsichbaume, welche
Druͤsen haben, der Anstekung nicht so ausgesezt sind, wie die anderen. Ich
pflanzte dieses Jahr eine Sammlung von Pfirsichbaͤumen, die ich aus
Frankreich erhielt (ungefaͤhr 30 Sorten) in eines meiner Haͤuser; sie
wuchsen auffallend gut, bis Ende Sommers, wo ich zufaͤllig ein Fenster am
Ende desselben oͤffnete, in dessen Naͤhe außen an der Wand ein vom
Mehlthaue angegriffener Pfirsichbaum stand. Einige Zeit hierauf zeigte sich die
Krankheit an einem oder an zweien druͤsenlosen Pfirsichbaͤumen im
Hause, die einzigen, die ich von dieser Art hatte: alle uͤbrigen in diesem
Hause befindlichen und mit Druͤsen versehenen Pfirsichbaͤume blieben
unangestekt.
So kommt nun der Mehlthau bei uns vor; in heißeren Klimaten wird er mehr
boͤsartig, und greift, mit wenigen Ausnahmen, mehr oder minder alle Abarten
von Pfirsichbaͤumen an. Waͤrme trokne Luft scheint zum Wachsthume und
zur Verbreitung desselben nothwendig: kalte und feuchte Luft hingegen haͤlt
seinen Wachsthum und seine Entwikelung zuruͤk.
So gefaͤhrlich und verderblich diese Krankheit auch fuͤr den
Pfirsichbaum ist, so troͤstlich ist es auf der anderen Seite zu wissen, daß
man ihn durch fruͤhe Anwendung des Schwefels, das einzige Mittel, das ich
dagegen kenne, und das als ein Specificum gegen diese Krankheit gelten mag, durchaus
unschaͤdlich machen kann. Ruß und Kalk habe ich nur mit sehr geringem Erfolge
versucht; Schwefel hingegen, den man sich so leicht verschaffen kann, macht jedes
andere Mittel uͤberfluͤßig. Man mengt ihn gewoͤhnlich mit
Seifenlader, und sprizt ihn dann mit Gewalt mit einer mit einer Brause versehenen
Sprize gegen den Baum und gegen die Wand, so, daß kein Blatt unangesprizt bleibt.
Die Klebrigkeit der Samen haͤlt den Schwefel auf den Blaͤttern des
Baumes sowohl, als auf der Wand, und, da der Schwefel in den Rizen der Wand liegen
bleibt, gibt er, einige Zeit uͤber, kraͤftige Ausduͤnstung
genug, um, wie es wahrscheinlich, ist, nebst der unmittelbaren Beruͤhrung,
durch seine Schaͤrfe zur Zerstoͤrung der zarten Samen des Mehlthaues
beizutragen.
Wenn Baͤume stark von dieser Krankheit ergriffen gewesen sind, muͤssen
sie bei dem ersten Entfalten der Blaͤtter, und waͤhrend des ganzen
uͤbrigen Sommers hindurch haͤufig, wenigstens ein Mahl in der Woche,
besprizt werden. Wenn man mit dieser Behandlung fleißig fortfahrt, und die
angestekten Triebe kurz ausschneidet, wird man diese Krankheit leicht bezwingen und
vollkommen ausrotten koͤnnen. Der Schwefel, weit entfernt dem Pfirsichbaume
zu schaden, scheint vielmehr das Wachsthum desselben zu befoͤrdern. Da die an
den Seiten austreibenden Herbst-Schoͤßlinge der Anstekung
vorzuͤglich ausgesezt sind, so muͤssen sie, so wie sie zum Vorscheine
kommen, sorgfaͤltig abgeknikt werden.
Das Vertroknen der Blaͤtter, (blight). Man verwechselt unter dieser Benennung
haͤufig zwei verschiedene Arten von Krankheiten, die ihrem Ansehen nach
wesentlich verschieden sind, und welche ich durch die Namen Blattern (blisters) und Kraͤuseln (curls) unterscheiden will:
die ersteren beschraͤnken sich gewoͤhnlich auf jene
Pfirsichbaͤume, welche mit Druͤsen versehen sind, und gewoͤhnlich im
April und Mai davon angegriffen werden, wo sie sich dann nicht ehe, als gegen das
Ende des Sommers, wieder erholen, und gesund werden. Die Blaͤtter der
Baͤume, die an dieser Krankheit leiden, sind kraus, und bekommen ein
geschwollenes, runzeliges und saftiges Ansehen; die Schoͤßlinge selbst werden
auf gleiche Weise davon ergriffen, und erzeugen nie weder gute Bluͤthen, noch
gesundes Holz. Wahrscheinlich entsteht sie durch ploͤzliche Zusammenziehung
oder Zerstoͤrung der Gefaͤße und Austretung des Saftes, wenn kalte
frostige Winde oder Froste unmittelbar auf warmen Sonnenschein folgen, oder auf
warme freundliche Witterung. In diesem Falle muͤssen die kranken
Schoͤßlinge, wo man sie noch erhalten kann, abgerieben werden, und wo dieß
nicht mehr moͤglich ist, muͤssen die Spizen bis zu dem gesunden
Theile, welcher gewoͤhnlich der untere ist, abgekneipt werden. Aus den noch
uͤbrigen Augen werden frische Zweige noch fruͤhe genug treiben, um
vollkommen auszureifen.
Das Kraͤuseln kommt vorzuͤglich uͤber
jene Pfirsichsorten, welche tief gesaͤgte und druͤsenlose
Blaͤtter besizen. Wahrscheinlich entsteht es aus derselben Ursache, welche
die Blattern erzeugt, wenn troknende Winde hinzukommen. Die Blaͤtter und die
Spizen der Schoͤßlinge kraͤuseln sich auf, und schwizen eine
zukerhaltige Materie aus, welche die Blattlaͤuse herbeilokt, die, durch das
Aussaugen des Saftes aus den Blaͤttern und Schoͤßlingen, diese
zerstoͤren, und dadurch den Baum ganz zu Grunde richten. Schutt um den Stamm
gelegt und diesen, wie den Gipfel des Baumes, durch Begießen feucht halten, wird
theils als Vorbeugungs-Mittel dienen, theils die Gesundheit des Baumes wieder
herstellen. Die Insecten muͤssen entweder durch Raͤucherung mit Tobak,
oder durch Waschen der Spizen mit Tobakwasser, oder durch Bestreuen mit Schnupftobak
nach dem Besprizen zerstoͤrt werden.
Ausschwizen des Gummi. Dieses Uebel kommt haͤufig
vor, und entsteht, aus verschiedenen Ursachen. Es ist eine weit
gefaͤhrlichere Krankheit, als der Mehlthau und das Vertroknen der
Blaͤtter, und in den meisten Faͤllen unheilbar. Man erkennt es bei
seinem Entstehen an den braunen und rostfarbenen Fleken auf den jungen
Schoͤßlingen, die oͤfters Gummi ausschwizen, und noch in demselben Sommer sterben. Wenn
sie noch am Leben bleiben, so werden diese Fleken im naͤchsten Sommer
Blaͤschen, brechen auf, und bluten, die Wunden erweitern sich, und die Jauche
frißt nach und nach die nahe gelegenen Theile an, bis sie endlich den ganzen Zweig
umfaßt, und denselben zerstoͤrt. Wenn man den krebsartig gewordenen Theil
quer durchschneidet, zeigt er das Mark, den Splint und die Rinde ganz
gefaͤrbt von dem verdorbenen Safte, den man durch seine Mißfaͤrbung
von der Wunde, wo er ausfließt und das Gummi bildet, bis zur Stelle, wo er
entspringt, verfolgen kann. Er beschraͤnkt sich selten bloß auf einige
Theile, sondern durchlaͤuft das ganze Sistem, und stekt den Baum bis an seine
aͤußersten Spizen an.
Diese Krankheit, ruͤhrt entweder daher, daß man den Baum von einem kranken
Baume der fortgepflanzt hat, oder daß man ihn, wenn er urspruͤnglich gesund
gewesen ist, in einen unschiklichen Boden oder in eine untaugliche Lage verpflanzte.
Alte, lang bebaute Gaͤrten, wo es dem Boden an jener Frische fehlt, welche
die Pfirsiche so sehr lieben, wo dieser mit dem scharfen und beißenden
Duͤnger gleichsam gesaͤttiget ist, liefern selten gesunde
Pfirsichbaume. Kalte, thonige, die Feuchtigkeit lang zuruͤkhaltende
Gruͤnde, Gruͤnde mit einer sauren und eisenhaltigen Unterlage, welche
die Wurzeln erstarren macht und vergiftet, sind den Pfirsichbaͤumen ebenso
schaͤdlich. Gewoͤhnlich treiben die Baͤume waͤhrend des
Sommers auf solchem Boden starke, schwammige, nicht gehoͤrig ausgereifte
Schoͤßlinge, welche einen Ueberfluß von rohen, waͤsserigen
Saͤften enthalten, im Winter vom Froste leiden, und hierauf im
naͤchsten Sommer Gummi schwizen und zu Grunde gehen.
Auch kalte rauhe Sommer, wo die mittlere Temperatur unter dem noͤthigen
Waͤrmegrade bleibt, welchen der Pfirsichbaum zur Ausarbeitung seiner
Saͤfte noͤthig hat, und wodurch allein die Gefaͤße desselben
ihre Aussonderungen gehoͤrig zu vollbringen vermoͤgen, erzeugen immer
Anlage zum Gummi und zum Krebse.
Wunden oder aͤußere Verlezungen, die den Pfirsichbaum treffen, bringen
gleichfalls diese Krankheit hervor, und nur in diesem Falle leisten aͤußere oͤrtlich
angewendete Mittel, die in jedem anderen nuzlos sind, eine gute Wirkung. Wo man zu
diesen aͤußeren Mitteln greifen muß, muß der Rand der Wunde bis auf das
Lebendige eingeschnitten, und alles Krebshafte beseitigt werden, worauf man die
ganze wunde Stelle mit irgend einer fest anklebenden, und Luft und Feuchtigkeit
kraͤftig abhaltenden, Composition bedekt: denn alle Kraft der aͤußeren
Mittel besteht, wie es mir scheint, vorzuͤglich in dieser Abhaltung der Luft
und der Feuchtigkeit. Eines der besten Mittel, das man sich auch leicht bereiten
kann, ist Theer und Holz-Kohle, in einem hinlaͤnglich fluͤßigen
Zustande, um dasselbe leicht auftragen zu koͤnnen. Vielleicht mag auch die
Holzkohle, die man als ein der Faͤulniß sehr widerstehendes Mittel kennen
gelernt hat, einige Wirkung gegen die Neigung zur Faͤulniß in der Wunde
aͤußern.
Wenn Baͤume, welche vorher gesund waͤren, Symptome von Gummi zeigen,
weil sie in einen unschiklichen Grund verpflanzt wurden, muͤssen sie so
schnell als moͤglich herausgehoben, und es muß ihnen eine bessere Erde
gegeben werden; wenn man sodann die kranken Triebe wegschneidet, und den
kuͤnftigen Nachwuchs des Baumes nur aus den gesunden sich bilden
laͤßt, so kann der Krankheit Graͤnze gesezt und das Leben des Baumes
verlaͤngert werden.
Da aber hoͤchst wahrscheinlich alle Versuche zur Heilung dieser Krankheit,
wenn sie einmahl uͤber Hand genommen hat, fruchtlos bleiben werden, so darf
man kein Mittel unversucht lassen, um der Entstehung derselben vorzubeugen. Daher
muͤssen die Beete, in welche man Pfirsichbaͤume pflanzt,
sorgfaͤltig zugerichtet, und aus milder, frischer Erde bereitet werden; wo
der Grund nicht schon von Natur aus so waͤre, ist der obere Schaufelstich
einer hochgelegenen alten Viehweide der moͤglich beste, den man haben kann.
Waͤre der Grund des Bodens feucht, so muͤßten Abzugsgraͤben
gezogen werden, um alle stillstehende Feuchtigkeit abzuleiten; und wo die Unterlage
naß ist, muß man dafuͤr sorgen, daß die Wurzeln nicht durch den Boden aus
dieselbe durchdringen. Wo man diese und aͤhnliche Vorsichtsmaßregeln nicht
anwenden kann, ist gelegentliches Versezen, wodurch die Wurzeln an der Oberflaͤche erhalten
werden, von dem besten Erfolge.
Wenn man das Opfer bringen kann, sollten die Pfirsich-Baͤume ihr Beet
fuͤr sich allein behalten, und dieses sollte nur mit der Gabel umgestochen
werden, damit die Wurzeln keinen Schaden leiden; da aber das Aufopfern eines so
kostbaren Theiles des Gartens, wie ein gegen Mittag gekehrtes Beet ist, in vielen
Faͤllen nachtheilig seyn wuͤrde, so wird es raͤthlich
Loͤcher unter der Mauer zu lassen, durch welche die Wurzeln des
Pfirsich-Baumes durchdringen, und dann an der Außenseite ungestoͤrt
sich ausbreiten koͤnnen. Mauern aus Baksteinen sind besser, als aus jedem
anderen Baumaterials; sie sind nicht bloß trokener, und behalten eine mehr
gleichfoͤrmige Temperatur, sondern sie verschlingen auch durch ihre Farbe
mehr Waͤrme, und behalten dieselbe laͤnger und haͤufiger, als
die meisten anderen.
Die Mauer sollte immer eine ihrer Hoͤhe angemessene kleine Bedachung bekommen,
indem dadurch nicht nur die Bluͤthe einigen Schuz erhaͤlt, sondern
auch die Wand selbst warm und troken bleibt, wodurch das Ausreifen des Holzes wie
der Frucht befoͤrdert wird. So lang der Pfirsichbaum stark und gesund ist,
sollte man ihm wenig oder gar keinen Duͤnger geben; nur dann erst, wenn er
durch Alter und Tragen geschwaͤcht ist. Bei dem Beschneiden sollte man nicht
auf die Erzeugung staͤrker uͤppiger Schoͤßlinge, sondern
vielmehr auf Gewinnung frundlicher und fruchtbarer Triebe hinarbeiten, welche, da
sie fruͤhe im Sommer ihr Wachsthum vollenden, auch gehoͤrig
ausreifen.
Wenn man den Pfirsichbaum stets so behandelt, so wird man ihn fast immer tragbar und
gesund erhalten.
Auch der Aprikosen-, Pflaumen- und Kirschbaum ist dem Ausschwizen des
Gummi unterworfen: der erstere geht dadurch gewoͤhnlich zu Grunde; die beiden
lezteren leiden weniger dabei. Die Anweisungen, welche in Hinsicht desselben bei dem
Pfirsich-Baume gegeben wurden, lassen sich auch auf diese Baͤume am
wenden.
Unter den uͤbrigen Krankheiten, welchen der Obstbaum unterworfen ist, ist der
Krebs die verderblichste. An dem Apfel- und Birnbaume entsteht der Krebs aus
demselben Grunde, wie das Ausschwizen des Gummi an dem Pfirsichbaume; er ist
demselben in seinem
Fortschreiten aͤhnlich, und am Ende eben so toͤdlich. Aus der
auffallenden Aehnlichkeit der Zuͤge dieser beiden Krankheiten koͤnnen
wir sie als zu derselben Classe gehoͤrig betrachten, obschon die Symptome
nach der verschiedenen Organisation der verschiedenen Baͤume verschieden
sind; dieselben Mittel und Vorbeugungen, die in dem ersten Falle galten, gelten im
Allgemeinen auch in dem anderen. Die Aepfel- und Birn-Baͤume
haben indessen den Vortheil Sorten unter sich zu besizen, die haͤrter und dem
Krebse weniger unterworfen sind, als andere; obschon leztere im Allgemeinen von
geringerer Guͤte sind, koͤnnen sie doch in Ermanglung edlerer Sorten
gepfropft werden, und werden dort gedeihen, wo die anderen zu Grunde gegangen seyn
wuͤrden.
Indem ich der Meinung bin, daß ein großer Theil von Baͤumen deßwegen Gummi
schwizt und krebsig geworden ist, weil diese Baͤume unvorsichtig (denn das
Uebel ist jezt schon sehr weit verbreitet) von Baͤumen fortgepflanzt wurden,
die bereits von dieser Krankheit ergriffen waͤren, und daß dadurch mehrere
sehr schaͤzbare Obstsorten in unverdienten Mißcredit gebracht wurden; so kann
ich den Freunden der Obstbaumzucht die Notwendigkeit, bei Auswahl der Reiser zum
Pfropfen wie zum Aeugeln mit der groͤßten Vorsicht zu Werke zu gehen, nicht
genug an das Herz legen. Nie sollte man ein Reis nehmen, von welchem man nicht
sicher ist, daß es von einem vollkommen gesunden und von allen diesen Fehlern freiem
Baume herkommt; denn sonst wird die Krankheit sicher fortgepflanzt und ohne Ende
verbreitet werden.
Abgesehen von allen diesen Ursachen gibt es auch einige Sorten, welche, in Folge
ihres Baues, von dem Samen aus, krank sind, und welche man durch keine Kunst und
Geschiklichkeit gesund machen kann.
Alter ist zwar eigentlich keine Krankheit an den Obstbaͤumen, aber doch die
lezte Stufe ihres Daseyns, auf welche der Baum so gut wie jedes andere organisirte
Wesen gelangt. Der Baum traͤgt, wie alles, was lebt, den Keim des Verderbens
von der Stunde seiner Geburt an in seinem Innern verborgen. Alles, was die Kunst
vermag, ist, daß sie das Alter, das durch gewisse Umstaͤnde auch fruͤhe schon
herbeigerufen werden kann, spaͤter zum Vorscheine kommen laͤßt.
Wenn ein Baum in seiner Jugend auch noch so gesund ist, und in die guͤnstigste
Lage verpflanzt wird, so muß er doch mit der Zeit Krankheiten bekommen, die, nebst
anderen Ursachen, vorzuͤglich dadurch entstehen, daß die Schwierigkeit, mit
welcher die aͤußersten Zweige seiner Krone Nahrung aus der Wurzel ziehen,
immer in dem Verhaͤltnisse groͤßer und groͤßer wird, als die
Entfernung zwischen den Zweigen und der Wurzel zunimmt, und die Gefaͤße mehr
erstarren und gestopft werden. Wenn man indessen junge Schoͤßlinge auf junge
Aeste pfropft, so laͤßt sich dieser Nachtheil guten Theiles beseitigen; der
Baum erhaͤlt dadurch neue Kraft, und die Lebensdauer desselben laͤßt
sich, verglichen mit jener des Menschen, dadurch auf unbestimmte Zeit hinaus
verlaͤngern.