Titel: | Ueber Bereitung der Goldschlägerhäutchen, Drehebank-Schnüre und Darmsaiten für Harfen, Geigen und andere musikalische Instrumente etc. |
Fundstelle: | Band 14, Jahrgang 1824, Nr. CVCIV., S. 439 |
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CVCIV.
Ueber Bereitung der Goldschlägerhäutchen,
Drehebank-Schnüre und Darmsaiten für Harfen, Geigen und andere musikalische
Instrumente etc.
Aus dem Dictionnaire
technologique in Gill's Repository, Mai 1824. S. 330. Juni
1824. S. 419.
Ueber Bereitung der Darmsaiten.
Bei Verfertigung aller dieser Artikel muß vorlaͤufig
die Muskelhaut (tunica muscularis) von den
uͤbrigen Haͤuten, welche den Darm bilden, abgesondert werden. Die
Anatomen unterscheiden an den Gedaͤrmen drei verschiedene Haute: die
aͤußere, von dem Bauchfelle hervorkommende, die Bauchfell-Haut (tunica peritoneatis);
die mittlere oder die Muskelhaut (muscularis), und die innere oder die Schleimhaut (mucosa). Vormahls unterzog man
die Gedaͤrme der faulen Gaͤhrung um die Bauchfellhaut und die
Schleimhaut von der Muskelhaut zu trennen; ein Verfahren, das mit so stinkenden
Ausduͤnstungen verbunden war, daß die Polizei den Fabrikanten befehlen mußte
ihre Werkstaͤtten weit von allen menschlichen Wohnungen entfernt anzulegen.
Im J. 1820 schlug der Polizei-Praͤfect von Paris der Société d'Encouragement vor, einen Preis
auszuschreiben fuͤr denjenigen, der ein Verfahren angeben wird, die
Gedaͤrme ohne faule Gaͤhrung durch irgend ein chemisches oder
mechanisches Mittel zur weiteren Verarbeitung zu obigen Zweken zuzubereitenVergl. dieses Journal B. 7. S. 96.
D.. Der Verfasser dieses Aufsazes war so gluͤklich, den Zwek zu
erreichen und diesen Preis zu erringen.
Nachdem die Gedaͤrme auf die gewoͤhnliche Weise von allem Fette befreit
und umgekehrt wurden, so daß die innere Seite nach außen kommt, werden sie in eine
Kufe gethan, die geraͤumig genug ist, um die Gedaͤrme von 50 Ochsen zu
fassen, und mit zwei Eimery (buckets)Es ist Schade, daß es dem Verfasser nicht beliebte, die Menge Wassers mit
mehr Bestimmtheit anzugeben, als bloß durch unbestimmte Gefaͤße, Wasser-Eimer. A. d. Ueb. Wasser uͤbergossen, deren jedem man 1 1/2 ℔ eau de
Javelle
Eine alkalische Fluͤssigkeit, die in der Nahe von Paris verfertigt und
sehr wohlfeil an die Waͤscherinnen verkauft wird. Gill. Die Bereitung dieser Fluͤßigkeit
(Chlorinkali) ist in diesem polyt. Journ. B. 8. S. 97. beschrieben. D. (von 12 bis 13° am Araͤometer fuͤr alkalische
Aufloͤsungen) zugesezt hat. Wenn sie durch dieses Wasser nicht
hinlaͤnglich befeuchtet worden waͤren, gieße man noch einen Eimer
Brunnen- oder Bachwasser zu, ruͤhre sie gehoͤrig um, und lasse
sie die Nacht uͤber weichen. Man wird hierauf die Schleimhaut eben so leicht
abziehen koͤnnen, als es ehevor nach mehrtaͤgiger fauler
Gaͤhrung geschahDas weitere Detail sehe man in L'art de
Boyaudier, 8. Paris. 1822 chez Mad. Huzard.. In dem Augenblike, wo das eau de Javelle
hinzukommt, verschwindet aller uͤble Geruch gaͤnzlich.
Die uͤbrigen Arbeiten werden in der Folge auf die gewoͤhnliche Weise
vorgenommen.
Bereitung des Goldschlaͤgerhaͤutchens.
Nachdem der Arbeiter die Bauchfell-Haut um den Blinddarm herum abgezogen hat,
nimmt er ein Stuͤk von 2 bis 2 1/2 Fuß Laͤnge, kehrt dasselbe um, so
daß die innere Seite nach auswaͤrts kommt, und laͤßt es troknen, wo es
dann troken einem Bindfaden aͤhnlich sieht. In diesem Zustande wird es dem
Fabrikanten der Goldschlaͤgerhaͤutchen verkauft, der es in einer sehr
schwachen Pottasche-Auslosung einweicht. Nachdem es hinlaͤnglich
eingeweicht und beinahe gallertartig wurde, wird es auf ein Brettchen gelegt, auf
diesem rein geschabt und dann mit einem Messer aufgeschnitten. Wenn nun die
Haͤutchen gehoͤrig gereinigt und von allem Wasser befreit sind, werden
sie in hoͤlzernen, ungefaͤhr 10 Zoll breiten und drei oder vier Fuß
langen, Rahmen ausgespannt, die aus zwei Laͤngenstuͤken und aus zwei
Querhoͤlzern bestehen, welche mit 5 bis 4 Linien breiten Furchen versehen
sind.
Um dieses Haͤutchen auszubreiten, nimmt der Arbeiter dasselbe in seine
Haͤnde, und befestigt das eine Ende desselben an dem oberem Theile des
Rahmens, an welchem es in Folge seiner Klebrigkeit kleben bleibt: er kehrt es hierbei so,
daß jene Seite desselben, welche an dem Darme die aͤußere Flaͤche
bildete, gegen den Rahmen zu liegen kommt. Nun breitet er das Haͤutchen nach
allen Richtungen aus, und laͤßt es an dem anderen Ende des Rahmens ankleben.
Wenn dieß geschehen ist, nimmt er ein anderes Haͤutchen, und breitet es
uͤber das bereits ausgespannte so, daß die Muskelhaͤute beider mit
einander in Beruͤhrung kommen, auf diese Weise leimen sie sich so fest auf
einander, daß sie nur einen einzigen festen Koͤrper bilden.
Diese beiden Haͤutchen werden nun, außer an den beiden Enden, wo sie an den
Querhoͤlzern der Rahmen angeklebt sind, bald troken, und nachdem sie ganz
troken geworden sind, schneidet der Arbeiter sie an jedem Ende mit einem scharfen
Messer quer durch, und nimmt sie von dem Rahmen ab. Diese getrokneten und gestrekten
Haͤutchen werden nun einem zweiten Arbeiter uͤberliefert, der
denselben den sogenannten Grund (le fond) gibt, was die
lezte Zubereitung derselben ist, worauf sie in die gehoͤrige Form geschnitten
werden.
Um den Haͤutchen diese lezte Zubereitung zu geben, nimmt der Arbeiter jedes
Band einzeln, und klebt es auf einem Rahmen auf, welcher dem obigen aͤhnlich,
aber ohne Furchen ist. Er traͤgt den Leim auf den Kanten des Rahmens auf, und
legt das Band, welches das Hautchen jezt bildet, auf dieselben. Nachdem die Hautchen
vollkommen troken geworden sind, waͤscht er sie mit einer
Alaun-Aufloͤsung, die 2 Loth Alaun in 2 Wein-Quart WasserBeinahe 1,24 Wiener Maß. A. d. Ueb. aufgeloͤst enthaͤlt, und laͤßt sie wieder vollkommen
troken werden. Dann uͤberzieht er sie mit mittelst eines Schwammes mit einer
concentrirten Aufloͤsung von Hausenblase in weißem Weine, in welchem vorher
Gewuͤrznelken, Bisam, Ingwer, Kampfer und andere scharfe und aromatische
Koͤrper eingeweicht wurden, damit die Insecten von dem Haͤutchen
abgehalten werdenHiezu hat in Deutschland jeder, der diese Hautchen fertigt, seine eigene
Zusammensezung. Wir kennen deren, welche wohl an 60 verschiedene Wurzeln,
Rinden, Fruͤchte, Gummiharze u.s.f. enthalten. D.. Nachdem nun die Haͤutchen mit dieser Mischung uͤberzogen, oder, wie die Arbeiter
sagen, grundirt wurden, werden sie zulezt mit einer Lage Eyweiß bedekt, und dann in
Stuͤke von ungefaͤhr 5 Quadrats Zoll zerschnitten, hierauf gepreßt, um
sie gehoͤrig zu ebenen, und dann in kleinen Paͤkchen oder
Buͤchern den Goldschlaͤgern verkauft. Diese lezte Zubereitung hat mit
der Verfertigung des sogenannten englischen Tastet (taffetas d'Anglettere, englisch Cour-Plaister)
viele Aehnlichkeit.
Bereitung der Drehebank-Schnuͤre.
Ehe wir von der Bereitung der verschiedenen Arten von Saiten aus Schafdaͤrmen
sprechen, muͤssen wir der Schnuͤre zu Drehebaͤnken, der
sogenannten Lorrains, aus den Gedaͤrmen der
Pferde, Maulthiere und Esel erwaͤhnen. Diese Gedaͤrme erhalten gerade
dieselbe vorlaͤufige Zubereitung, wie jene des Rindes.
Schleifer, Polirer und mehrere andere Mechaniker bedienen sich der Laufbaͤnder
aus den Gedaͤrmen der Pferde etc., die von der Schleim-Membrane
gereinigt sind. Man nimmt den Darm bei einem Ende, und fuͤhrt eine
hoͤlzerne Kugel in denselben ein, die au einem Stabe befestigt ist, der in
einem Bloke stekt. Unter dieser Kugel befinden sich vier schneidende Klingen; oder,
um dieses Instrument noch deutlicher zu beschreiben, es ist ein Messer mit vier
Klingen auf einer hoͤlzernen Kugel aufgezogen.
Man zieht nun den Darm gleichfoͤrmig uͤber diese vier Klingen mit
Heiden Haͤnden nieder, und schneidet so denselben in vier gleiche Streifen.
Vier, sechs oder acht dieser Streifen, je nachdem die Schnur diker oder
duͤnner werden soll, werden an einem Ende mittelst eines besonderen Knotens
mit einem eigens dazu verfertigte Faden, den man das Band nennt, zusammen gebunden,
und das Ende uͤber einen Zapfen geschlagen, der in einem Loche an einem fest
eingerammelten Pfosten wohl befestigt ist.
In einer Entfernung von ungefaͤhr 30 Fuß befindet sich ein anderer Pfosten mit
Zapfen, uͤber deren einen diese Streifen geschlagen werden. In der Nahe des
ersten Pfostens werden diese Streifen alle wieder mit einem sogenannten Bande zusammen gebunden,
welches an dem so eben genannten Zapfen befestigt wird. Dieß nennt der Arbeiter das
„Aufziehen oder Zetteln“ (warping).
Wenn die Gedaͤrme lang genug sind (was gewoͤhnlich der Fall ist),
werden sie auf obige Weise geschnitten und befestigt, wobei man immer dafuͤr
sorgt, daß die Enden, nachdem man sie quer durchschnitten hat, genau in das Band
kommen, damit keine Ungleichheit in der Dike entsteht. Wenn die Gedaͤrme lang
genug sind, wird eine zweite Laͤnge derselben ausgespannt, bis alle Zapfen
voll werden.
Nachdem die Kette oder der Zettel aufgezogen ist, stellt der Arbeiter sein Rad
gehoͤrig, und schlaͤgt den Faden, welcher die Kette zusammen
haͤlt, uͤber den Spinnhaken: wenn das Rad stark genug ist,
schlaͤgt er auch noch einen zweiten Faden auf. Nun dreht er das Rad einige
Mahle mit der Kurbel, und schlaͤgt die bereits gedrehte Schnur uͤber
einen Haken. Eben so verfaͤhrt er mit jeder anderen Kette, und faͤhrt
fleißig mit der Hand von dem Rade aus uͤber die Schnur hin, und schneidet
alle Fasern mit dem Messer weg, welche sich nicht zu einem Koͤrper mit der
Schnur verspinnen lassen. Wenn diese Schnur immer in denselben Laͤngen auf
den Zapfen aufgezogen ist, so verkuͤrzt sie sich durch das Troknen nicht.
Nach einigen Stunden kommen die Schnuͤre wieder auf das Rad, und werden
neuerdings gedreht. 12 oder 15 Stunden daraufnimmt man eine Schnur nach der anderen,
befestigt das Band auf dem Zapfen, und dreht diesen mit der Hand, da das Rad selten
hierzu stark genug ist. Nachdem die Schnur hinlaͤnglich gedreht wurde, reibt
man dieselbe mit einem in Wasser getauchten Strike von Roßhaar, den man zu einem
Knauel zusammen wikelt, und in der Hand haͤlt. Diese Arbeit nennt man das
„Streken.“ Drei Stunden hierauf wird noch ein Mahl gedreht,
und dann so stark als moͤglich gestrekt, worauf die Schnuͤre wieder an
den Zapfen und Pfosten befestigt werden.
Wenn die Schnur, nachdem sie hinlaͤnglich gedreht und getroknet wurde, nicht
vollkommen gleich ist, so wird sie mit einem Stuͤke Hayfischhaut abgerieben,
was selten noͤthig ist, wenn sie mit Roßhaar hinlaͤnglich
uͤbergangen wurde. Zuweilen wird sie auch nach dem Troknen und Streken
geschwefelt. Die
vollkommen getroknete Schnur wird an den beiden Enden nahe an dem Bande
abgeschnitten und in einen Ring zum Verkaufe zusammen gedreht.
Der Arbeiter muß, in dem Augenblike, wo er die Gedaͤrme empfangt, dieselben
waschen, die innere Seite nach außen kehren, und sie in einem Faße weichen, welches
zwei Kufen (pails)Wieder unbestimmte Angabe. A. d. Ueb. Wasser mit einem Pfunde eau de Javelle von oben
angegebener Staͤrke enthaͤlt. Diese Menge Wassers reicht fuͤr
15 bis 20 Daͤrme hin, und macht dem Fabrikanten fuͤr diese Anzahl von
Daͤrmen nur 10 Centimen mehr Ausgabe. Am folgenden Morgen zieht er auf die
gewoͤhnliche Weise die Schleimhaut ab, waͤscht die Daͤrme in
einer großen Wasserkufe, zerschneidet sie in Streifen, bindet dann den Tag
uͤber die Baͤnder um, und gibt die erste Drehung. Am folgenden Tage
vollendet er seine Arbeit.
Sollten die Schnuͤre am folgenden Tage nicht vollkommen troken seyn, so muß
er, der Gesundheit wegen, diese Operationen wiederholen. Spaͤter hin bemerkt
man keinen uͤblen Geruch mehr, und der Arbeiter kann sein Werk nach Muße
vollenden.
Saiten zu verschiedenem Gebrauche.
Saiten zu Raketen.
Die Schafdaͤrme werden, nach dem Eintauchen in die
alkalische Lauge, quer durchschnitten, und, wenn sie kurz sind, zusammen
genaͤht; man gibt sorgfaͤltig Acht, daß die Stuͤke in
entgegen gesezter Richtung zu liegen kommen, damit die Saiten nicht von dem
Saume ungleich werden. Nachdem nun die Gedaͤrme zu einem Stuͤke
vereinigt wurden, werden sie in Ochsenblut geweicht, um die gehoͤrige
Farbe zu erhalten, und dann auf einem eigenen Rahmen gestrekt, worauf ein, zwei
bis vier Darme, je nachdem die Saite stark werden soll, an einem Stuͤke Bandes
befestigt, und an den anderen Enden zwei Mahl um ein Pfloͤkchen gewunden
werden. Das Baͤndchen befestigt der Arbeiter an einem Haken auf der
Spindel und dreht die Kurbel einige Mahle. So wie die Saite durch das Drehen
sich verkuͤrzt, Muß sie gehoͤrig gestrekt werden, und nachdem dieß
geschehen ist, druͤkt der Arbeiter die Saite zwischen dem Finger und dem
Daumen der ganzen Laͤnge nach aus, um alle Feuchtigkeit zu entfernen, und
die Saite uͤberall gleich dik werden zu lassen. Eins Stunde oder zwei
Stunden darauf dreht er die Saite wieder, und reibt sie mit einem nassen
roßhaarnen Seile. Duͤnnere Saiten werden bloß aus Einem Darme auf oben
angegebene Weise verfertigt.
Saiten zu Peitschen-Stoͤken.
Man braucht hierzu Schafdaͤrme mit Pottasche zubereitet. Der Arbeiter
schneidet dieselben quer durch, und naͤht sie zusammen, stets
dafuͤr sorgend, daß sie von gleicher Groͤße bleiben. Er strekt sie
dann, und dreht sie an jedem Ende. Seiten braucht man zwei Daͤrme zu
dieser Art von Saiten. Diese Saiten werden dann mit Schwefeldaͤmpfen ein
oder zwei Mahl gebleicht, und zuweilen auch gefaͤrbt, da sie leicht jede
Farbannehmen. Zur schwarzen Farbe bedient man sich der gemeinen Tinte, zur
rosenrothen der rothen, die man zuweilen durch etwas Schwefelsaͤure
lichter machen kann. Gruͤn werden sie durch eine eigene Mischung
gefaͤrbt, welche von Farbenhaͤndlern den Saitenschlaͤgern
zu diesem Zweke verkauft wird.
Saiten zu Fachbogen der Hutmacher.
Diese Saiten werden aus den laͤngsten und staͤrksten
Schafdaͤrmen verfertigt, welche, nachdem sie mit Pottasche bereitet
wurden, zu 4 bis 12 Stuͤken nach der verlangten Staͤrke
zusammengedreht werden. Man macht sie gewoͤhnlich 15 bis 26 Fuß lang.
Waͤhrend des Drehens kommt die Saite in ein langes Gehaͤuse von in
bis 20 Zoll Breite und einigen Zollen Hoͤhe, um sie rein zu halten, und
zu verhindern, daß sie nicht auf der Erde umher geschleppt werden. Dieses
Gehaͤuse heißt der Erfrischer.
Diese Art von Saiten muß von allen Saͤumen und Knoten rein bleiben, in
dieser Hinsicht befestigt der Arbeiter die Daͤrme an einem Stuͤke
Bandes, haͤngt sie an einen Zapfen, und zieht sie alle gerade, um ihre
anderen Enden an einem anderen Zapfen zu befestigen. Wenn die Daͤrme
hierzu zu kurz waͤren, so macht er ein Loch in ihre Enden, und zieht
einige kurze Stuͤke durch dieselben bis die ganze Laͤnge hinreicht
um auf dem anderen Zapfen aufgezogen werden zu koͤnnen, nachdem die
Daͤrme vorher an ihren Enden mit einem Bande gebunden werden. Hierauf
werden die Darme an dem Drehe-Rade befestigt, und die Saite wird bei
jeder Umdrehung des Rades zwischen dem Daumen und dem Finger ihrer ganzen
Laͤnge nach gerieben, damit sie uͤberall gleiche Staͤrke
erhaͤlt. Wenn sie ungefaͤhr halb troken ist, wird sie zwei Mahl
den Schwefeldaͤmpfen ausgesezt, und jedes Mahl gehoͤrig gestrekt
und mit Pottasche-Aufloͤsung reichlich befeuchtet, zugleich aber
auch mit dem Roßhaarreiber gehoͤrig gerieben. Man laͤßt sie sodann
troken werden, schneidet sie ab, und wikelt sie zum Verkaufe auf.
Saiten fuͤr Uhrmacher.
Diese Art von Saiten muß sehr schoͤn seyn, und fordert folglich die
kleinsten Daͤrme, die gut mit Pottasche zugerichtet seyn muͤssen.
Zuweilen schneidet man die Darme hierzu mit einem besonderen Messer in zwei
Streifen. Das Messer, welches an einem Tische befestigt ist, hat in
entgegengesezter Richtung zwei Schneiden, und uͤber diesen eine bleierne
Kugel, welche in das eine Ende des Darmes eingelassen wird. Waͤhrend man
den Darm uͤber Kugel zieht, schneiden die Hervorstehenden Schneiden
denselben in zwei Streifen, die der Arbeiter, (in jeder Hand einen)
haͤlt, und gleichfoͤrmig an sich zieht, bis der ganze Darm
durchgeschnitten ist.
Die Uhrmacher brauchen aber auch Saiten von verschiedener Groͤße, die aus
mehr dann einem Darme bestehen, und so wie die Saiten an musikalischen
Instrumenten verfertigt werden, die wir sogleich beschreiben wollen.
Saiten fuͤr musikalische Instrumente.
Unter allen Saiten sind diese am schwersten zu verfertigen, und fordern von Seite
des Arbeiters die groͤßte Sorgfalt und Geschiklichkeit. Man weiß, daß vor
vielen Jahren diese Saiten in Frankreich eben so gut als in Italien verfertigt
wurden, nur mit dem Unterschiede, daß die Discant-Saiten fuͤr die
Violinen in den franzoͤsischen Fabriken nie den italiaͤnischen
gleich gebracht werden konnten. Die Ursache hiervon kann entweder in irgend
einer Eigenschaft der Daͤrme, oder in irgend einem anderen unbekannten
Umstande gelegen seyn. Mag dieß nun herkommen, woher es immer wolle, wir sind
fuͤr diese Saiten an Neapel zinsbar, und muͤssen alle
Kraͤfte aufbiethen, um dieser Sclaverei los zu werden. Versuche, mit
Umsicht angestellt, koͤnnen nicht mißlingen, und die Société d'Encouragement pour l'Industrie
nationale mag sich des Ruhmes erfreuen zur Vervollkommnung dieser
bisher so wenig erkannten Kunst dadurch beigetragen zu haben, daß sie die
Aufmerksamkeit der Kuͤnstler auf diesen Gegenstand lenktePolyt. Journal Bd. 7. S. 96.
D..
Die Reinigung der Gedaͤrme von allem Fette und das Abschaben derselben muß
bei diesen Saiten mit weit groͤßerer Sorgfalt geschehen, als bei den
uͤbrigen, und nach dieser Operation muͤssen sie in folgender
alkalischer Lauge eingeweicht werden:
Man fuͤllt einen irdenen Napf, der sechs Quart haͤlt, mit Wasser,
und wirft drei Pfund Pottasche in denselben, die wohl umgeruͤhrt werden
muß, worauf man die Lauge sich sezen laͤßt. In einem aͤhnlichen
mit Wasser gefuͤllten, Gefaͤße, das dem vorigen zur Seite steht,
loͤst man 5 Pfund Perlasche auf, und laͤßt auch diese sich sezen.
Will man diese Aufloͤsung sehr bald brauchen, so muß man derselben etwas
Alaun zu sezen, wodurch sie schnell geklaͤrt wird.
Die geschabenen Daͤrme kommen nun in diese Naͤpfe, so daß sie
dieselben beinahe bis zur Haͤlfte fuͤllen: die uͤbrige
Haͤlfte wird mit obiger, halb mit Wasser verduͤnnter, Pottasche
voll gegossen. Diese Fluͤßigkeit wird zwei Mahl des Tages gewechselt, und
immer dadurch verstaͤrkt, daß man mehr und mehr von der Aufloͤsung der
Perlasche zugießt, und die Menge des Wassert vermindert, so daß die lezten
Aufloͤsungen die staͤrksten sind. Die Daͤrme werden nach
und nach weißer und fangen an zu schwellen. Nachdem man sie drei bis
fuͤnf Tag und noch laͤnger maceriren ließ, nach dem Zustande der
Atmosphaͤre, geht die Arbeit auf folgende Weise fort:
So oft die alkalische Aufloͤsung gewechselt wird, stellt man die
Naͤpfe auf eine Kiste, die man den Erfrischer nennt, welcher schief auf
einem Stoke sieht, so daß das Wasser leicht ablaufen kann. Dieser Erfrischer muß
weit genug seyn, um das Gestell zu fassen, auf welchem die Saiten gestrekt
werden. Die Daͤrme werden mit der Kante eines kupfernen Wuͤrfels
geschoben, den man in der linken Hand haͤlt, waͤhrend man mit der
rechten Hand jeden Darm uͤber die Kante einer Scheibe oder eines
Wuͤrfels zwischen dem Vorderfinger durchzieht.
Nachdem die Gedaͤrme alle auf diese Weise behandelt uns in einen neuen
Napf gebracht wurden, wird eine staͤrkere alkalische Aufloͤsung
zugegossen, als diejenige war, aus welcher fit genommen wurden. Diese Operation
ist noͤthig, um die Daͤrme von allem Fette zu reinigen, und die
Saiten auf den gehoͤrigen Grad von Vollkommenheit zu bringen.
Sobald man bemerkt, daß die Daͤrme anfangen zu schwellen, und einige
kleine Blasen an ihrer Oberflaͤche entstehen (denn in diesem Zustande
fangen sie an im Wasser aufzusteigen) muͤssen sie also gleich gedreht werden, indem sie sonst einschrumpfen, was
vorzuͤglich im Sommer der Fall ist, wodurch sowohl Verlust an
Daͤrmen, als an der Zeit entstehtensteht. Bei heißer Witterung lassen die Daͤrme sich leicht vom Fette
reinigen; der Arbeiter muß aber dann genauer Acht geben, und die verschiedenen
alkalischen Laugen zum Waschen muͤssen staͤrker seyn und
oͤfter gewechselt werden. Im Winter geht alles mehr in Ordnung und das
Gelingen ist sicherer. Die Arbeiter bringen auch immer ihre Werkstaͤtten
an kuͤhlen Plaͤzen an, wo es etwa: feucht ist.
Wenn nun die Darme zum Drehen reif sind, werden sie aus den Laugen genommen.
Einige Fabrikanten tauchen sie neuerdings in frisches Wasser, und waschen sie in
demselben gehoͤrig aus; allein, obschon sie auf diese Weise eine bessere
Farbe erhalten, und
den Schwefel besser annehmen, so laͤuft man doch dadurch Gefahr sie zu
schwaͤchen.
Um die Saiten zu drehen und zu vollenden bedient man sich eines Gestelles von 2
Fuß Hoͤhe und 5 Fuß Laͤnge, an einem Ende desselben befindet sich
eine Reihe von Zapfen, und an dem gegenuͤber stehenden Ende ist, mit
einem großen Bohrer, eine Anzahl Loͤcher gebohrt, die so geneigt stehen,
daß, wenn man Zapfen in dieselben einschiebt, um die Saiten daran zu befestigen,
sie nicht nachgeben und herausschliefen koͤnnen. Die Eingeweide werden
nun nach ihrer Groͤße ausgesucht, zwei bis drei zusammen genommen, und um
einen der ersteren Zapfen mit ihren Enden gedreht. Die anderen Enden werden auf
die entgegengesezten Zapfen geleitet, und an diesen befestigt. Zwei Windungen
der Daͤrme um die Zapfen reichen hin um das Abgleiten derselben zu
hindern. Wenn man sie an den Zapfen befestigt, duͤrfen sie nicht zu fest
angezogen werden, denn sonst wuͤrden sie waͤhrend des Drehens,
wenn ihnen nicht hinlaͤnglich Spielraum gegeben wurde, abspringen.
Wenn ein Darm zu kurz ist um bis auf die gegenuͤberstehende Seite des
Gestelles zu reichen, muß man denselben durch Darmstuͤke, welche von
anderen zu langen Daͤrmen abgeschnitten wurden, verlaͤngern, und
man muß dafuͤr sorgen, daß das Band an dem zunaͤchst befindlichen
Zapfen angelegt wird, damit die Saite ihrer ganzen Laͤnge nach von
gleicher Dike bleibt, denn sonst wuͤrde sie falsch klingen.
Nachdem das ganze Gestell auf die oben beschriebene Weise angefuͤllt
wurde, werden zwei oder drei Zapfen, an welchen die Daͤrme mit einem Ende
befestigt sind, an den Spindeln angebracht, wenn die Maschine deren mehrere
haͤlt, und dann einige Mahle umgedreht, waͤhrend welcher Zeit der
Finger und der Daumen der linken Hand von der Spindel aus oͤfters von
einem Ende der Saite an das andere gefuͤhrt wird. Nachdem alle Saiten auf
diese Weise behandelt und die Zapfen eingestekt worden sind, kommt das ganze
Gestell, zugleich mit mehreren anderen, in die Schwefelkammer, indem es nicht
der Muͤhe lohnte, eines allein einzeln zu schwefeln.
Die Schwefelkammer ist an einem feuchten Orte, soviel als moͤglich mit
Wasser umgeben. Man stellt ein irdenes mit Schwefel gefuͤlltes
Gefaͤß zugleich mit den Rahmen in dieselbe, zuͤndet den Schwefel
an, und schließt die Kammer von allen Seiten, um den Rauch zusammen zu halten.
Nachdem die Saiten eine hinlaͤngliche Zeit uͤber in derselben
geblieben sind, nach Umstaͤnden naͤmlich laͤnger oder
kuͤrzer, werden die Gestelle herausgenommen, auf den Erfrisch er gestellt, und mit Roßhaar abgerieben.
Hierauf kommen sie neuerdings in das Gestell, werden wieder gedreht, und wieder
in die Schwefelkammer gebracht. Wenn der Zustand der Luft es fordern sollte,
wird der ganze Proceß zwei bis drei Mahl wiederholt, worauf man die Saiten
troknen laͤßt.
Nachdem die Saiten vollkommen troken geworden sind, was man daran erkennt, daß
sie nicht mehr auflaufen, wenn ein Zapfen ausgezogen wird, sondern gerade und
steif bleiben, werden sie mit feinem Oliven-Oehl geoͤhlt, und in
Ringe oder Buͤschel zum Verkauf aufgerollt. Sie werden besser, wenn sie
einige Zeit uͤber aufbewahrt worden sind.
Um die Baß- oder irgend andere dikere Saiten, die mit Draht
uͤbersponnen werden sollen, zu verfertigen, bedient man sich des
gewoͤhnlichen Verfahrens.
Das Gelingen dieser verschiedenen Arbeiten haͤngt vorzuͤglich von
der Geschiklichkeit und Erfahrung der Arbeiter bei dem Waschen, Streken, und
Drehen und von verstaͤndiger Anwendung des Schwefels ab. Wenn die Saite
zu stark geschwefelt ist, so springt sie sehr leicht ab, und wenn sie zu wenig
geschwefelt wird, so strekt sie sich zu leicht, und haͤlt den Ton
nicht.
Es gibt uͤberhaupt keine fest stehende Regel, um das Gelingen dieses
Fabrikates zu sichern; wir hoffen aber, daß es, mit Beihuͤlfe der Société d'Encouragement, uns gelingen
wird eben so gute Saiten zu verfertigen, als die Italiaͤner uns
liefern.