Titel: | Ueber den Gebrauch des Eichenlaubes bei dem Gärben. Von dem hochw. Hrn. G. Swayne. |
Fundstelle: | Band 16, Jahrgang 1825, Nr. XLVII., S. 212 |
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XLVII.
Ueber den Gebrauch des Eichenlaubes bei dem
Gärben. Von dem hochw. Hrn. G.
Swayne.
Aus dem X. B. der Transactions of the Society of
Arts, in Hrn. Gill's technical Repository. December 1824. S.
411.
Swayne, über den Gebrauch des Eichenlaubes bei dem
Gärben.
Da alle Theile der Eichen, eben so gut wie die Rinde
derselben, Gaͤrbestoff besizen, so muß die Idee natuͤrlich scheinen,
daß auch die Blaͤtter mit Vortheil zu demselben Zweke angewendet werden
koͤnnen. Es wurden bei mir eine Menge Blaͤtter wegen der
Gallauswuͤchse gesammelt; ich wollte sehen, wie viel Gaͤrbestoff sie
in Vergleich mit der Rinde enthielten. Ob die Methode, die ich bei dieser
Untersuchung befolgte, die geeignete ist, muß ich bessern Chemikeren
uͤberlassen, als ich bin.
Bekanntlich wird der Gaͤrbestoff durch Eisen-Oxid schwarz niedergeschlagen.
Ich zog daher den Gaͤrbestoff durch heißes Wasser aus, und saͤttigte
denselben mit einer bekannten Menge Eisen-Oxides, filtrirte, troknete, und wog. Da
ich den Eisen-Vitriol fuͤr sehr geeignet zu diesem Versuche hielt, so suchte
ich den Eisen-Gehalt in demselben zu bestimmen Ich wog 5 Pfennig schwer
Eisen-Vitriol, loͤste denselben in Wasser auf, und sezte eben so viel
Pottasche zu, wodurch das Eisen augenbliklich niedergeschlagen wurde. Ich gab die
Mischung auf das Filtrum, das aber nicht gewogen wurde, und nachdem ich den
Niederschlag hinlaͤnglich mit heißem Wasser ausgesuͤßt hatte, troknete und wog ich
denselben. Er wog 2 Pfennig und 13 Gran. Diese Menge Eisens in Eisen-Vitriol weicht
von jener, welche Prof. Neumann in seiner Analyse angibt,
sehr ab; mein Eisen-Vitriol war aber an einem sehr trokenen Orte frei aufbewahrt,
und hatte viel von seinem Krystallisations-Wasser verloren. Ich bediente mich bei
den folgenden Versuchen immer eines Eisen-Vitrioles von demselben Stuͤke.
Ich fand aber bei den weiteren Versuchen, daß die Farbetheilchen mit durch das
Filtrum liefen, was ich der Verbindung derselben mit der Vitriol-Saͤure
zuschrieb. Um diese Verbindung zu zerstoͤren, sezte ich mildes Weinsteinsalz
zu, und die Fluͤssigkeit ging ungefaͤrbt durch das Filtrum.
Ich nahm einen halben, gut eingedruͤkten, PekEin Pek ist der vierte Theil eines Bushel; ein Bushel = 0,573 Wien. Mezen. A.
d. Ueb. getroknete Eichenblaͤtter, von welchen ich alle Gallauswuͤchse
absondern ließ, warf sie in einen kupfernen Kessel, und kochte sie mit einer
hinlaͤnglichen Menge Wassers zwei Stunden lang. Ich goß den Absud von den
Blaͤttern ab, und frisches Wasser auf dieselbe, welches ich wieder eine
betraͤchtliche Weile uͤber sieden ließ, bis ich vermuthen konnte, daß
das Wasser allen Gaͤrbestoff ausgezogen hatte. Beide Absuͤde wurden
dann, in demselben Kessel, auf Einen Gallon eingesotten. In einer gewissen Menge
dieses Extractes loͤste ich 5 Pfennig gruͤnen Vitriol auf, und sezte
dann eben so viel Weinsteinsalz zu; die Mischung wurde auf ein 3 Pfennig schweres
Filtrum geworfen, und nachdem sie mit heißen Wasser ausgesuͤßt wurde,
getroknet und gewogen.
Das Filtrum, mit seinem Inhalte, wog
6 Pfennige u.
14 Gran
Abgezogen das Gewicht des Filtrum
3 –
0 –
––––––––––
––––––
3 –
14 –
Davon das Eisenoxid abgezogen
2 –
13 –
––––––––––
––––––
Bleibt Gaͤrbestoff
1 –
1 –
Zwei Pinten dieses eingesottenen Extractes wurden noch weiter auf Eine Pinte
abgeraucht, und auf obige Weise behandelt.
Das Filtrum, mit seinem Inhalte, wog
7 Pfennige
1 Gran
Abgezogen das Gewicht des Filtrum
2 –
15 –
––––––––
––––––
4 –
10 –
Hiervon das Eisenoxid abgezogen
2 –
13 –
––––––––
––––––
Bleibt Gaͤrbestoff
1 –
21 –
Ein Gaͤrber gab mir 2 Pfund vollkommen trokene Eichenrinde. Nachdem ich sie
mit einem Hobel in Spaͤne schneiden ließ, ließ ich sie in drei Theilen
Wassers einige Stunden lang kochen, bis ich sowohl aus der Farbe, als dem Geschmake
nach urtheilen konnte, daß der Gaͤrbestoff vollkommen ausgezogen ist. Diese
verschiedenen Abkochungen wurden zusammengeschuͤttet, und auf Ein Gallon
abgeraucht. Eben so viel hiervon, als vorher von den Blaͤttern, wog, mit dem
Filtrum,
7 Pfennige
10 Gran
Abgezogen das Gewicht des Filtrums
2 –
19 –
––––––––
––––––
Gibt Rest
4 –
15 –
2 –
13 –
––––––––
––––––
Ruͤkstand an
Gaͤrbestoff
2 –
2 –
Ein Quart von diesem eingesottenen Extracte wurde auf eine Pinte eingedikt, und eben
so viel hiervon auf obige Weise behandelt: das Filtrum mit seinem Inhalte wog
9 Pfennige
12 Gran
Das Gewicht desselben abgezogen
2 –
15 –
––––––––
––––––
6 –
21 –
Abgezogen das Eisenoxid
2 –
13 –
––––––––
––––––
Ruͤkstand des
Gaͤrbestoffes
4 –
3 –
Diese Versuche stimmen nicht uͤberein, indem bei dem zweiten Versuche mit den
Blaͤttern der Gaͤrbestoff nicht das Doppelte, und bei dem ersten
Versuche mit der Rinde nicht die Haͤlfte des zweiten betrug. Wo der Fehler in
dem ersten Falle liegt, weiß ich nicht; bei dem zweiten mag er in dem Waͤgen
oder sonst in irgend einem Versehen seinen Grund finden. Man kann indessen ans
diesen Versuchen doch so viel schließen, daß ein halbes Pek Blaͤtter beinahe
soviel Gaͤrbestoff enthaͤlt, als Ein Pfund Rinde. Die Tonne
Eichenrinde (2000 engl. Pfund) wird in unseren Gegenden mit 5 Guineen bezahlt. Sie
ist uͤberdieß noch naß, und das Troknen und Reinigen derselben kommt,
zugleich mit dem dabei erlittenen Verlust an Gewicht, auf wenigstens 1 Pfund Sterl.;
vielleicht 1 Pfund 16 Shill. Ich hatte ehevor Eichenblaͤtter fuͤr
meine Melonen-Treibbette, zu welchen sie vortrefflich taugen, fuͤr 3 bis 4 Pence
(9–12 kr.) den Sak zu 4 Bushel oder 32 halbe Peks gekauft, welche, nach
obiger Analyse, eben so viel Gaͤrbestoff enthalten, als 32 Pfund Eichenrinde.
Nun kosten aber 32 Pfund Eichenrinde, bei obigem Preise von 6 Pfund Sterl. die
Tonne, 1 Shill 8 1/2 Pence nebst einem Bruchtheile (1 fl. 2 kr. rhein.) Folglich
kommt der Gaͤrbestoff aus den Blaͤttern 5 Mahl wohlfeiler zu stehen.
Die Frage ist nun nur noch diese, ob der Gaͤrber diesen Gaͤrbestoff
eben so gut brauchen kann. Das Troknen und Aufbewahren der Blaͤtter
wuͤrde allerdings Zeit, Raum und Muͤhe kosten, und es waͤre
daher vielleicht am besten, den Gaͤrbestoff aus denselben sogleich dort
auszuziehen, wo sie gesammelt wurden, und sodann in Faͤssern aufzubewahren.
Hieruͤber muͤssen dann auch noch Versuche angestellt werden, und wenn
diese gelaͤngen, muͤßte die Parliaments-Acte zuruͤkgenommen
werden, durch welche der Gaͤrber gehalten ist, lediglich Eichen- und
Eschenrinde bei dem Gaͤrben des Leders zu gebrauchen, ein Gesez, wodurch
wahrscheinlich die Cultur dieser Baͤume gefoͤrdert werden sollte.
Gegenwaͤrtig bringt dieses Gesez aber gerade die entgegensezte Wirkung
hervor; Ausrottung dieser Baͤume. Denn, bei dem hohen Preise der Rinde werden
aͤrmere Besizer derselben verleitet, diese Baͤume umhauen zu lassen,
noch ehe sie ihren ganzen Wuchs erreicht haben und Zimmerholz geworden sind.
Wuͤrde man die Blaͤtter brauchen koͤnnen, so wuͤrde man
das Fallen nicht unzeitig beschleunigen, denn man haͤtte gerade dadurch
jaͤhrlichen sicheren Gewinn, daß man sie stehen laͤßtDieser Aussaz ward bereits im Jahr 1791 geschrieben, und scheint seit dieser
Zeit vergessen worden zu seyn. Vor einigen dreißig Jahren war allerdings die
Pyrotechnik und die Gaͤrberei noch in einem Zustande, in welchem der
Gebrauch der Blaͤtter vielleicht zu umstaͤndlich seyn konnte.
Gegenwaͤrtig hingegen, wo wir mit wenig Feuer-Materiale große Hize
erzeugen, und die Daͤmpfe zum Ausziehen der Pflanzenstoffe
benuͤzen, wo wir den Druk auf die Haͤute zur Beschleunigung
des Gaͤrbens anwenden gelernt haben, waͤre es vielleicht, wo
anders die Forstmaͤnner gegen das Einsammeln der Blaͤtter
nichts zu erinnern faͤnden, der Muͤhe werth, Versuche im
Gaͤrben mit Eichenblaͤttern unter Benuͤzung der
neuesten Fortschritte der Pyrotechnik und der Gaͤrbekunst
anzustellen. A. d. Ueb..