Titel: | Beobachtungen über strahlende Wärme. Von Wilh. Ritchie, Rector der Academie zu Tain. |
Fundstelle: | Band 16, Jahrgang 1825, Nr. LXVI., S. 296 |
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LXVI.
Beobachtungen über strahlende Wärme. Von
Wilh. Ritchie,
Rector der Academie zu Tain.
Aus dem Edinburg Philosophical Journal. Januar. 1825.
S. 15.
Ritchie's, Beobachtungen über strahlende Wärme.
Die Theorie uͤber strahlende Waͤrme, welche wir
in dem lezten Hefte dieses Journales (October 1824. S. 281) beleuchtet haben, wird
uns in den Stand sezen, mehrere der auffallendsten Phaͤnomene, welche Prof.
Leslie entdekte, und nach der Voraussezung
erklaͤrte, daß Waͤrmestoff von einem Koͤrper zu dem andern
durch Schwingungen, welche in der umgebenden Luft erregt werden, geleitet wird, auf
eine neue Weise zu erklaͤren.
Wenn eine polirte Metall-Flaͤche mit Sandpapier gerieben, oder in feine
parallele Furchen ausgearbeitet wird, so wird die strahlende Kraft der
Oberflaͤche derselben sehr vergroͤßert.
Es sey die Oberflaͤche eines Koͤrpers so gefurcht, daß gleichseitige
Dreieke auf derselben entstehen, wie hier die Figur 13. Tab. VI. zeigt.
Man ziehe auf, AB, die Senkrechte, CD. Es wird dann die Menge des von, AC, ausgestrahlten Waͤrmestoffes in
Parallelen zu, CD, sich zu der Menge des von, AC, ausgestrahlten Waͤrmestoffes in
Senkrechten auf, AC, verhalten, wie der Sinus des
Winkels, ACD, zu dem Halbmesser. Nun ist aber der
Winkel, ACD = 30°, und dessen Sinus = dem
halben Halbmesser. Folglich ist die Menge der Waͤrme, welche von, AC, in parallelen Linien mit, CD,
ausgeworfen wird, gleich der Menge, welche von, AD, aus in derselben Richtung geworfen wird. Da sich dasselbe auch von, CB, beweisen laͤßt, so folgt, daß die Menge
Waͤrmestoffes, welche von beiden Seiten der dadurch entstehenden
prismatischen Furchen ausstroͤmt, = ist der Menge, welche der Raum, AB, der polirten Flaͤche, bei gleicher
Temperatur ausstrahlt. Allein der Waͤrmestoff, welcher von der unteren
Haͤlfte von, AC, unter rechten Winkeln auf
die Flaͤche desselben ausstrahlt, wird auf, CB, stoßen, und in parallelen Linien mit, CD, zuruͤkgeworfen. Da nun dasselbe mit dem Waͤrmestoffe
geschieht, welcher von der unteren Haͤlfte von, CB, ausstroͤmt, so folgt, daß der von, AC, und, CB, ausgestrahlte
Waͤrmestoff, welcher in Parallelen mit, CD,
zuruͤkgeworfen wird, = ist der Menge Waͤrmestoff, welche in derselben
Richtung von der urspruͤnglichen flachen Oberflaͤche, AB, ausgeworfen wird, vorausgesezt, daß nichts von
demselben durch die Seiten der Furchen verschlungen wurde. Da aber eine metallische
Oberflaͤche ein trefflicher Reflector ist, so folgt, daß die Menge des
verschlungenen Waͤrmestoffes verglichen mit der ganzen Masse des
ausgestroͤmten sehr gering seyn, und folglich die auf die Kugel des
Differential-Thermometers hervorgebrachte Wirkung beinahe verdoppelt werden muß.
Diese sonderbare Eigenschaft, welche ich nach den bekannten Gesezen des Ausstrahlens
und des Zuruͤkwerfens zu erklaͤren versuchte, hat Prof. Leslie in seiner Untersuchung uͤber die Natur der
Waͤrme (Leslie's Inquiry into the Nature of
Heat), S. 81 angegeben. „Wenn die Kraft der geschwaͤrzten
Seite einer Buͤchse 100 ist, so ist die der vollkommen reinen Seite 12.
Eine andere Seite, die man etwas truͤbte, und in welche man
unregelmaͤßige glaͤnzende Flaͤchen krazte, zeigte eine
Wirkung, wie 19. Eine andere Seite wurde mittelst eines gezaͤhnten
flachen Eisenstuͤkes, dergleichen man bei dem Einlegen braucht, nach
Einer Richtung hin gefurcht, so daß der Zwischenraum ungefaͤhr 1/30 bis
1/50 Zoll betrug, und die Wirkung stieg auf 19. Die anfangs glatte Seite wurde
nun mit der Spize einer feinen Feile abwaͤrts gerizt; die Wirkung war 23.
Als man das Feilen wiederholte, und die Oberflaͤche mehr mit Rizen bedekt
wurde, war die Wirkung 26.“
Aus diesem Versuche erhellt, daß die Menge des Waͤrmestoffes, welche von der
Buͤchse auf den Reflector geworfen wurde, zunahm, so wie die Seiten der
Furchen mehr geeignet wurden, die von denselben ausgestrahlte Hize zuruͤk zu
werfen. Wenn diese Furchen unter rechten Winkeln von anderen durchzogen wurden, wird
die Menge des zuruͤkgeworfenen Waͤrmestoffes bedeutend vermindert, und
die Wirkung auf die Kugel des Thermometers geringer, als vorher.
Diese Ansicht uͤber die Eigenschaften einer gestreiften Oberflaͤche
wird durch eine andere Thatsache bestaͤtigt, welche derselbe
unermuͤdete Beobachter der Geheimnisse der Natur entdekte. „Die
Wirkung des Glases, Papieres, oder einer schwarzen Tuͤnche wird nicht
merklich veraͤndert, wenn man den Glanz an der Oberflaͤche
derselben zerstoͤrt.“ Wenn die Oberflaͤche eines
Koͤrpers ein schlechter Reflector ist, so wird der Waͤrmestoff,
welcher an die Seiten der Furchen anstoͤßt, großen Theiles verschlungen, und
folglich die Wirkung auf die Kugel des Thermometers im Brennpuncte kaum
veraͤndert, wenn man die Oberflaͤche des erhizten Koͤrpers in
Furchen schneidet. Im Gegentheile aber wird, je vollkommener die Oberflaͤche
des Koͤrpers als Reflector ist, desto groͤßer der Unterschied in der
Wirkung seyn, wenn die Oberflaͤche desselben geglaͤttet oder gefurcht
ist.
Obige Betrachtung leitete uns auf die Entdekung folgender merkwuͤrdigen
Eigenschaft. Wenn in die ebene Oberflaͤche eines Koͤrpers dreiekige
prismatische Furchen gezogen werden, so ist die Menge des von der ebenen
Oberflaͤche in senkrechten Linien auf dieselbe ausgestrahlten
Waͤrmestoffes = der Menge, welche in derselben Richtung von den Seiten der
Furchen ausgestrahlt wird, die Anzahl und Tiefe derselben mag, was immer fuͤr
eine seyn. Denn, da die von, AC, in Parallelen
mit, CD, ausgestrahlte Menge sich zu der von, AC, in Senkrechten auf, AC, ausgeworfenen Menge verhaͤlt, wie der
Sinus des Winkels, ACD, zu dem Halbmesser; der
Sinus des Winkels, ACD, aber sich zu dem
Halbmesser verhaͤlt, wie, AD, zu, AC; so ist die Menge der von, AC, in Parallelen mit, CD, ausgestrahlten Waͤrme = dem Theile,
welcher von, AD, ausgestrahlt worden seyn
wuͤrde, wenn die Oberflaͤche eben geblieben waͤre; und folglich
ist die Menge, welche von beiden Seiten der Furche ausgestrahlt wird, gleich
derjenigen, welche von der ebenen Flaͤche, AB, ausgestrahlt worden seyn wuͤrde.
Aus dieser Eigenschaft folgt offenbar, daß die verstaͤrkte Wirkung auf die
Kugel des Thermometers in dem Brennpuncte, wenn man eine gestreifte
Oberflaͤche braucht, nicht von einer Vergroͤßerung der
Oberflaͤche, sondern von der Menge Waͤrmestoffes abhaͤngt,
welche von den Seiten der Furchen zuruͤkgeworfen wird.
Aus obigem laͤßt sich ferner schließen, daß die von der Oberflaͤche
einer Halbkugel in Senkrechten auf ihren groͤßten Halbkreis ausgestrahlte
Hize gleich ist der Menge, welche in derselben Richtung von der Flaͤche des
groͤßten Halbkreises ausgestrahlt wird. Denn, wenn man die Oberflaͤche
der Halbkugel als aus einer unbestimmten Anzahl flacher Flaͤchen. AC, CD. etc. zusammengesezt sich denkt, und, CE, und, DF,
senkrecht auf, AB, und, CG, zieht; so ist aus den bereits Erwiesenen
offenbar, daß die Menge der von, AC, in Parallelen
auf, EC, ausgestrahlten Hize gleich ist, der in
derselben Richtung aus der ebenen Flaͤche, AE, ausgestrahlten Menge. Eben so laͤßt sich erweisen, daß die von,
CD, ausgeworfene Hize, in derselben Richtung,
– ist der Menge der von. CG, oder dieser
gleichen, EF, ausgestrahlten Menge. Folglich ist
die von der ganzen Halbkugel in Senkrechten auf, AB, ausgeworfene Menge Waͤrme gleich derjenigen, welche von, AB, in derselben Richtung ausgestrahlt wird.
Dieselbe Eigenschaft besizt offenbar jeder andere in eine flache Flaͤche sich
endende feste Koͤrper. Man siehe Fig. 14. Tab. VI.
Wenn man nach dieser Theorie der Ausstrahlung fortschließt, laͤßt sich jene
Eigenschaft ableiten, welche bei den obigen Untersuchungen angewendet wurde. Es sey,
AC, die Oberflaͤche eines geheizten
Koͤrpers in obiger Figur. Man denke sich dieselbe mit einer leichten Deke von
Theilchen des Waͤrmestoffes bedekt. Es ist dann offenbar, daß jene Theilchen,
welche in Parallelen mit, EC, ausstrahlen, durch
die Abstoßungs-Kraft derjenigen abgeschnellt wurden, die unmittelbar unter denselben
liegen. Nun ist es einleuchtend, daß die Zahl dieser abstoßenden Theilchen gleich
ist denjenigen, welche laͤngs, AB, hin
liegen. Hieraus folgt, daß die Menge der von, AC,
in Parallelen auf, CE, ausgestroͤmten Waͤrme gleich ist
der Menge, welche in derselben Richtung, von AE,
ausgestrahlt wuͤrde, wenn die Temperatur von, AC, und, AE, dieselbe ist. Da sich aber,
AC, zu, AE,
verhaͤlt, wie der Halbmesser zu dem Sinus des Winkels, ACE; so ist folglich die Stroͤmung der
Waͤrme von, AC, in Parallelen mit, CE, zu der Stroͤmung der Waͤrme von,
AC, in Senkrechten auf, AC, wie der Sinus des Winkels, ACE, zu dem Halbmesser.
Die Uebereinstimmung dieser Art zu schließen mit dem Versuche ist gewiß einer der
kraͤftigsten Beweise fuͤr die idio-repulsiv
Theorie, die wir hiermit erlaͤutern und verbreiten wollten.