Titel: Bemerkungen über die Stärke verschiedener Materialien, nebst einem Berichte über verschiedene Versuche zur Bestimmung der Quer-Stärke des Holzes und des Eisens. Von Georg Buchanan, Baumeister zu Edinburgh.
Fundstelle: Band 18, Jahrgang 1825, Nr. V., S. 27
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V. Bemerkungen uͤber die Staͤrke verschiedener Materialien, nebst einem Berichte uͤber verschiedene Versuche zur Bestimmung der Quer-Stärke des Holzes und des Eisens. Von Georg Buchanan, Baumeister zu Edinburgh. Aus dem Edinburgh Philosophical Journal. N. XXIII. S. 154. Mit Abbildungen auf Tab. I. Buchanan's, Bemerkungen uͤber die Staͤrke verschiedener Materialien. Die Untersuchung der Staͤrke verschiedener Materialien bildet einen sehr interessanten Zweig der Mechanik, dessen Wichtigkeit nicht leicht zu hoch angeschlagen werden kann, wenn man bedenkt, wie haͤufig er in den Kuͤnsten seine Anwendung findet, und wie, ohne genaue Kenntniß der Staͤrke der verschiedenen Materialien, irgend ein Bau zur Zierde oder zum gewoͤhnlichen Gebrauche im Frieden wie im Kriege, ja nicht einmahl irgend eine Maschine von was immer fuͤr einer Form oder Verbindung, mit Sicherheit zu irgend einem Zweke ausgefuͤhrt werden kann. Keines dieser Werke laͤßt sich auf Geradewohl zusammenstoppeln; sie fordern alle moͤgliche Aufmerksamkeit, wenn sie im Stande seyn sollen, den verschiedenen Spannungen und Stoͤßen, welchen sie immerdar ausgesezt sind, zu widerstehen; ohne Kenntniß der Grundsaͤze, nach welchen die Staͤrke verschiedener Materialien, und selbst desselben Materiales unter verschiedenen Umstaͤnden, sich bemessen laͤßt, ist es unmoͤglich diese Werke so auszufuͤhren, daß sie in jedem ihrer Theile eine der Spannung oder dem Druke, welche sie zu erleiden haben, angemessene Staͤrke und Festigkeit aͤußern koͤnnen. Der Bau unserer Wohnhaͤuser, z.B. erlaͤutert die Anwendung dieser Grundsaͤze; die neueren Verbesserungen in Auffuͤhrung der Waͤnde, der Fußboͤden, der Daͤcher unserer Haͤuser beweisen die Wichtigkeit einer verstaͤndigen Benuͤzung jener Ansichten. In der Unwissenheit, in welcher unsere Baumeister ehevor uͤber die gehoͤrige Bemessung der Staͤrke der Baumaterialien sich befanden, begnuͤgten sie sich, Sicherheit und Festigkeit durch eine unsinnige Verschwendung von Materialien, und folglich auch von Arbeitslohn zu erlangen. Wir bauen heute zu Tage eben so sicher, und wieviel haben wir nicht in Hinsicht auf OekonomieDieß ist sehr wahr; nirgendwo baut man wohlfeiler, eleganter und bequemer als in England. Waͤhrend beinahe Alles dort 6 Mahl theurer ist, als bei uns, kommt ein Haus beinahe 4 Mahl wohlfeiler im Verhaͤltnisse zu dieser Theurung, als bei uns, und ist dann noch ein englisches Haus. Man sollte alle Baumeister auf 3 Jahre nach England schiken. A. d. Ueb. und Bequemlichkeit dadurch gewonnen, daß wir unsere Waͤnde weniger dik auffuͤhren, die Balken fuͤr die Fußboͤden weniger breit und dafuͤr lieber etwas tiefer halten, und auf eben diese Weise auch die Sparren an unseren Daͤchern verbesserten. Eine schwere Last von Baumaterialien sichert durchaus nicht vor Unfaͤllen, sie wird, im Gegentheile, sehr oft die Quelle derselben durch die uͤbermaͤßige Gewalt, welche die schwaͤcheren Theile des Gebaͤudes dadurch erleiden muͤssen. Staͤrke eines Gebaͤudes haͤngt nicht so sehr von der bloßen Masse der dazu verwendeten Materialien, als von der geschikten Anordnung derselben, und von dem gehoͤrigen Verhaͤltnisse der verschiedenen Theile derselben gegen einander ab. Auch an unseren Moͤbeln und an anderem Hausgeraͤthe zeigt sich dieselbe Art von Verbesserung:Es ist gewiß sonderbar, daß beinahe alle Instrumente und Geraͤthe der leichten Franzosen weit plumper sind, als die der schwerfaͤlligen Englaͤnder, angefangen von den Geburts-Zangen bis zum hoͤlzernen Sarge. A. d. Ueb. hier muß um so mehr auf die Staͤrke des Materiales Ruͤksicht genommen werden, als hierdurch nicht bloß Ersparung und Bequemlichkeit, sondern zugleich auch Nettigkeit und geschmakvolle Form hervortritt. Man vergleiche nur unsere heutigen Raͤder-Fuhrwerke, die leichten eleganten englischen Kutschen und Gigs mit den unbaͤndigen Rumpelkasten fruͤherer Zeiten. Auch diese Verbesserung entstand lediglich durch verstaͤndigere Anwendung des Grundsazes, daß man vor Allem die Staͤrke eines Materiales kennen muͤsse. An oͤffentlichen Gebaͤuden finden wir zahlreiche Beispiele derselben Art, und hier wird diese Sache noch wichtiger, weil diese Werke alle sehr im Großen ausgefuͤhrt werden. Ein ganz vorzuͤgliches Beispiel liefert uns der Bau der Bruͤken, wo sich ein auffallender Unterschied zwischen der alten und neuen Bauart zeigt. Erschroken uͤber die natuͤrliche Unhaltbarkeit des halbkreisfoͤrmigen Bogens scheinen unsere alten Baumeister in der Enge der Spannung und in der unverhaͤltnißmaͤßigen Dike der Pfeiler Sicherheit gesucht zu haben. Allein, dadurch verengten sieGerade wie Wiebeking am Schleußenbaue bei Landshut und andern Orten. A. d. Ueb. das Rinnsal des Stromes, und erzeugten ein neues Uebel, welches haͤufig ihren Bau zerstoͤrte: die reißende Stroͤmung des Wassers vertiefte das Bett, untergrub die Pfeiler, und dadurch die Grundfesten des ganzen Baues. Man machte also nach und nach die Pfeiler schmaͤler, und ging, so wie man die Grundsaͤze des Gleichgewichtes besser einsehen lernte, langsamen und vorsichtigen Schrittes weiter. Eine ungeheuere Ersparung an Baumaterialien war die Wirkung dieser Verbesserungen, durch welche man zugleich Leichtigkeit und Kuͤhnheit im Aufrisse erreichte, welche in den neueren Werken so sehr die imposante Wirkung dieses edleren Styles erhoͤht. Es bleibt indessen noch immer vieles zu thun uͤbrig, wenn man diese Grundsaͤze weiter und bis an ihr Ende verfolgen will. Wenn wir die ungeheuere Masse und Soliditaͤt mancher dieser Werke mit ihrer wirklichen Staͤrke und der Spannung, die sie zu ertragen haben, vergleichen; so erhellt, daß wir noch weit davon entfernt sind, das gehoͤrige Verhaͤltniß zwischen Kraft und Last, dessen der Bogen seiner Natur und seinen Eigenschaften nach faͤhig ist, erreicht zu haben: ich meyne jene genaue Anpassung des Widerstandes gegen den zu ertragenden Druk, welcher die Vollendung der Wissenschaft und der Kunst in ihrer wechselseitigen Verbindung bezeichnet. Faͤlle von solcher Groͤße und so hohem verschiedenen Interesse fordern, ohne Zweifel, die hoͤchste Vorsicht, und eine wohl erwaͤgende Ueberlegung, ehe man sich irgend eine noch unversuchte Abweichung von den feststehenden Regeln erlaubt. In dieser Hinsicht muͤssen auch unsere Fortschritte zur Verbesserung nothwendig langsam geschehen, wenn man auch nicht zweifeln darf, daß Grundsaͤze, welche an und fuͤr sich richtig sind, am Ende, wie es bisher immer der Fall war, unsere natuͤrliche Furchtsamkeit besiegen, und praktische Anwendbarkeit finden werden. Nichts kann aber sicherer zu diesem Ziele fuͤhren, als richtige und genaue Kenntniß der Geseze des Gleichgewichtes und der Staͤrke. Hierauf muͤssen wir unsere Blike kehren, wenn wir jene hoͤhere Vollkommenheit menschlicher Unternehmungen erreichen wollen, die Dr. Young andeutete und verkuͤndete, wo Grundsaͤze die Arbeiten des Kuͤnstlers leiten, und nicht „sclavisches Aufpassen auf das Fortschreiten derselben.“ An allen anderen verschiedenen oͤffentlichen Werken und Unternehmungen, durch welche unser Land sich so sehr auszeichnet, finden wir uͤberall denselben Grund, die Anwendung des Grundsazes berechneter Staͤrke und ein Streben nach auffallenden Verbesserungen, zu bewundern. Eine Sphaͤre jedoch, welche unsere Aufmerksamkeit vorzugsweise verdient, und an und fuͤr sich schon dem Mechaniker ein weites und unerschoͤpfliches Feld fuͤr seine Talente darbiethet, ist der Maschinen-Bau, und sind die verschiedenen Arten bewegender Maschinen. Professor Robison bemerkt in seinem schaͤzbaren Aufsaze in der Encyclopaedia Britannica) einem Werke, das vielleicht mehr, als jedes andere, dazu beitrug das Studium dieses Gegenstandes zu befoͤrdern, daß man nicht leicht irgendwo „Mangel an Kenntniß wissenschaftlicher Grundsaͤze so haͤufig wahrnimmt, als in den unverstaͤndigen Verhaͤltnissen der Theile der Maschinen, und in anderen mechanischen Vorrichtungen, Verhaͤltnissen und Formen der Theile, wo Kraft und Stellung derselben in keiner Ruͤksicht nach der Spannung berechnet ist, die sie zu ertragen haben, und wo wiederholtes Mißlingen die einzige Lehre war, die man erhielt.“ Seit Robison diese Bemerkung machte, ist zwar vieles geschehen; allein es bleibt noch vieles fuͤr die Zukunft zu thun uͤbrig. Die Gewalt, welche man durch Maschinen zu uͤberwinden hat, ist oft sehr verwikelter Art, und fordert daher viele Aufmerksamkeit und Geschiklichkeit, theils um die Groͤße derselben gehoͤrig zu wuͤrdigen, theils um derselben mit der gehoͤrigen Wirkung entgegen arbeiten zu koͤnnen. Auch bei den Maschinen muß jede uͤberfluͤßige Schwere des Materiales vermieden werden, nicht bloß um die dadurch entstehenden Kosten zu ersparen, sondern auch um die Bewegungen der Maschinen nicht zu erschweren; es gibt Faͤlle, in welchen diese Ruͤksicht doppelt wichtig ist. So bildet z.B. bei jenen Transport-Maschinen (locomotive engines), welche auf den Eisenbahnen in der Nahe von Newcastle eingefuͤhrt wurden, die große Schwere und der unbehuͤlfliche Bau derselben schon an und fuͤr sich einen schweren Zug, welcher einen sehr materiellen Abfall an der Triebkraft verursacht; weßwegen auch diese Maschinen nicht allgemein eingefuͤhrt wurden. Man kann sie gegenwaͤrtig nur als einen ersten rohen Versuch einer Erfindung von Dampfwagen betrachten, welche, fruͤher oder spaͤter (und aller Wahrscheinlichkeit nach, bald) das allgemeine Verbindungs-Mittel zwischen entfernteren Plaͤzen werden muͤssen. Die jezigen Dampfwagen sehen den ungeheueren und schweren Rumpelkasten aͤhnlich welche man anfangs auf unserer Insel als Reisewagen hatte,Und in Holland noch jezt hat. A. d. Ueb. und werden bald durch eine verbesserte Vorrichtung ersezt werden, die den leichteren, und doch sicheren, heutigen Wagen naͤher verwandt ist. Die Verbesserung dieser Maschinen umfaßt zugleich einen anderen hierher gehoͤrigen Gegenstand, welcher ein neues und ausgedehntes Feld fuͤr fernere Untersuchungen oͤffnet; naͤmlich den Bau der Dampfkessel, bei welchen Staͤrke unerlaͤßlich ist, bei welchen aber auch zugleich in einigen Faͤllen Leichtigkeit wesentlich nothwendig wird. Dieser Gegenstand wird desto wichtiger, je haͤufiger und schrecklicher die Unfaͤlle geworden sind, die sie veranlaßten. Diese Ungluͤksfaͤlle entstanden aber in vielen Faͤllen nicht so sehr aus irgend einem Mangel an Staͤrke oder Dike des Materiales an dem Kessel, als vielmehr aus Versehen bei der zwekmaͤßigen und gehoͤrigen Anwendung desselben, von welcher, wie wir schon so oft sagten, die Staͤrke eben so sehr, als von dem Materiale selbst, abhaͤngt. Man koͤnnte noch viele andere Beispiele dieser Art anfuͤhren, die die Wichtigkeit dieses Gegenstandes beweisen; denn wo wir immer in die praktische Mechanik hinbliken, finden wir so viele neue und kraͤftige Beweise der Nuͤzlichkeit desselben, daß nicht bloß Baumeister und Mechaniker, sondern das Publicum uͤberhaupt Interesse daran gewinnen muß: man darf nur bedenken, welche bedeutende Ersparungen wir durch unsere, in dieser Hinsicht vervollkommneten, Kenntnisse in unserem gegenwaͤrtigen Zeitalter gemacht haben. Waͤren unsere Haͤuser, Bruͤken, und die uͤbrigen zahlreichen oͤffentlichen und Privat-Anstalten, die in unserer großen Gemeinde zur Foͤrderung der Industrie und des Wohlstandes nothwendig sind, alle nach dem alten Fuße errichtet, welcher ungeheuere Verlust an Capital wuͤrde dadurch nicht fuͤr uns entstanden seyn, und welchen Ersparnissen koͤnnen wir nicht, auf der anderen Seite, entgegen sehen, wenn wir fortfahren diese Grundsaͤze weiter auszufuͤhren, und ihre Anwendung zu vervollkommnen?So mag man in England rechnen; wir kennen aber in einer beruͤhmten Stadt des ci-devant Deutschland einen Baumeister, der, die Staͤrke und Schoͤnheit der Baukunst nach der Klafter-Dike seiner geschmaklosen Mauern mißt. A. d. Ueb. Unsere Gebaͤude koͤnnen allerdings in vielen Faͤllen so kostspielig werden, wie sie ehemahls gewesen sind; sie werden aber bequemer, uͤppiger werden: und dadurch muß offenbar der Wohlstand uͤberhaupt wesentlich gewinnen. Die Staats-Oekonomen sprechen, und mit Recht, von den Vortheilen, welche die Staats-Papiere dadurch erzeugen, daß sie eine Masse von baarem Gelde außer Umlauf bringen, und dadurch die Geld-Menge des Landes uͤberhaupt vermehren. Auf dieselbe WeiseWenn irgendwo das Bekannte: omnis similitudo claudicat,“ jemahls gelten konnte; so gilt es hier, wo Hr. Buchanan imaginaͤre Groͤßen mit wirklichen vergleicht, und Passiv-Schulden zum Activ-Capitale in jener Caffe erhebt, die sie fruͤher oder spaͤter zu bezahlen hat, oder Bankerott machen muß. Wir haben Staaten mehrmals in Zahlungs-Unfaͤhigkeit gesehen, und werden aber noch weit groͤßere Verlegenheiten in kurzer Zeit erleben; Verlegenheiten, die um so empfindlicher werden muͤssen, als sie mitten im Frieden kommen. Die Gewitter-Wolken ziehen bereits, und die dem Sturme vorausgehende Stille ist eingetreten. Es ist ein maͤchtiger Unterschied zwischen dem Credite eines Staates, der auf den lezten Pfennigen von Millionen, und jenem eines Finanz-Planes, der auf den Papieren eines Einzigen beruht: jenen vermoͤgen die Truͤmmer des Staates selbst oft nicht zu begraben; diesen vertilgt oft ein rauhes Luͤftchen, wie eine kalte Fruͤhlings-Nacht die Bluͤthen eines Gartens. „Es ist“, sagt ein alter deutscher Staatsmann, „ein wichtiger Unterschied zwischen Staatsbeamten uͤberhaupt, und insbesondere zwischen Finanz-Maͤnnern, und zwischen Staatsbuͤrgern, zu welchen auch, der Bauer gehoͤrt. Die Ersteren beziehen große Renten, meistens ohne ein eigentliches Capital zu besizen; die Lezteren besizen hingegen Capitale, ohne dieselben auf nuͤzliche Zinsen bringen zu koͤnnen. Wo die Ersteren sich im Ansehen erhalten wollen, muͤssen sie alles Moͤgliche versuchen, die Lezteren um ihre Capitale zu bringen, oder wenigstens zu veranlassen, daß diese ihnen so geringe Zinsen tragen, als die Finanz-Kunst nur immer bewirken kann; und die Lezteren muͤssen, wo sie ihre Zinsen hoͤher treiben, oder nicht gaͤnzlich zu Grunde gehen wollen, versuchen das Capital der Ersteren auf irgend eine Weise nahmhaft zu erhoͤhen.“ Die Folgen dieser eben so gegruͤndeten als schneidenden Bemerkung lassen sich, fuͤr unsere Zeiten, leicht berechnen.A. d. Ueb. bringen die Verbesserungen, welche aus einer ausgebreiteten Anwendung des Grundsazes, daß man die Staͤrke der Materialien berechnen muͤsse, hervorgehen, immer ein todtes Capital in thaͤtiger Umlauf, und oͤffnen Quellen, welche ehevor in den rohen und unfoͤrmlichen Massen unseres taͤglichen Verbrauches eingemauert waren. Man kann sagen, daß jede Entdekung, jede neue Idee, durch welche wir mittelst einer besseren Anordnung der Materialien, die wir taͤglich brauchen, denselben eine hoͤhere Staͤrke zu ertheilen vermoͤgen, bei der ausgebreiteten Anwendung derselben und bei der ungeheuren Capital-Masse, die darauf liegt, dem National-Reichthume einen Zuschuß von Millionen gewaͤhren muß.Zu dieser Ansicht sind bisher noch nicht die Finanz-Maͤnner aller Laͤnder gelangt. A. d. Ueb. Da dieser Gegenstand so wichtig ist, so scheint es etwas sonderbar, daß wir noch in vielen Hinsichten auf denselben ganz unwissend hieruͤber geblieben sind, und daß man erst in den neuesten Zeiten wirklich, wenn wir viel sagen duͤrfen, zu einigen genaueren Begriffen gelangt sind. Die Grundsaͤze lagen ohne Zweifel klar vor Augen, obschon sie auch selbst noch einiger Berichtigungen faͤhig waren; es fehlte aber an genauen Versuchen um diese Grundsaͤze geltend zu machen, welche, ohne jene, nur todte Buchstaben in den Werken bleiben, in welchen sie geschrieben stehen. Hier, so wie in verschiedenen anderen Faͤllen, bemerken wir (was in einem Lande, in welchem Wissenschaften und Gewerbe in einem so bluͤhenden Zustande sich befinden, nicht wenig merkwuͤrdig ist), einen Mangel an jener Verbindung zwischen beiden, wodurch beide wechselseitig so sehr gefoͤrdert werden. Die Physiker blieben bisher, im Allgemeinen, in ihren Begriffen etwas zu abstract, und treiben ihre Theorien oͤfters so sehr auf das Aeußerste, daß sie die Wissenschaft selbst dadurch in Mißcredit bringen; waͤhrend der praktische, Kuͤnstler, ohne Muße sich zu unterrichten, der ungewissen Leuchte seiner eigenen beschrankten Erfahrung uͤberlassen ist. Gluͤklicher Weise faͤngt dieses Unheil jezt an abzunehmen, und taͤglich werden die Vortheile einleuchtender, welche durch Verbindung der Praxis mit einer genauen und gesunden Theorie entstehen koͤnnen. Der beruͤhmte Galileo war der erste Physiker, welcher die Geseze der Staͤrke gewisser Materialien mit Genauigkeit studirte. Die ungeheuren Werke, die er auf der Werfte und im Arsenale zu Venedig auffuͤhren sah, scheinen sein feines und pruͤfendes Genie aufgeregt zu haben, und, nachdem er reiflich uͤber den Gegenstand nachgedacht hatte, gelang es ihm endlich die Wirkungen zu erklaͤren, welche durch Langen, und durch Quer-Druk entstehen, er gelangte durch einige einfache Betrachtungen auf jene merkwuͤrdigen Geseze, welche nicht nur Licht uͤber die Oekonomie der Natur verbreiten, sondern auch noch immer, mit Beihuͤlfe von Versuchen, die sichersten Regeln zur Berechnung der Staͤrke der Materialien, welche man in verschiedenen Faͤllen anwendet, darbiethen. Waͤhrend die Staͤrke der Cohaͤsion der Laͤnge (direct. strength) sich verhaͤlt, wie die Flaͤche des Bruch-Durchschnittes, zeigte Galileo, daß die Quer-Staͤrke (transverse strength) eines Balkens zugleich von seiner Laͤnge und von seiner Tiefe abhaͤngt, durch erstere vermindert, durch leztere vergroͤßert wird. Auf dieser einzelnen Thatsache beruht die ganze Theorie des Quer-Drukes. Seine Ansichten uͤber den inneren Mechanismus eines Balkens, uͤber die Wirkungen der Theilchen innerhalb des Durchschnittes des Bruches sind ohne Zweifel unrichtig, und die spaͤteren Physiker haben sich viele Muͤhe gegeben, die Theorie in dieser Hinsicht zu berichtigen. Allein, so lange die Hauptsache unbestritten bleibt, und unsere Erfahrung sie taͤglich bestaͤtigt, ist hieran eben nicht viel gelegen. Sobald diese zugegeben wird, wird es nur weniger Versuche beduͤrfen um sie in der Praxis anzuwenden; genauer Versuche aber an Balken oder Stangen aus verschiedenen Stoffen, von verschiedener Durchschnitts-Form, und unter allen Umstaͤnden, welche verschiedene Resultate erzeugen koͤnnen. Der innere Vorgang beim Bruche mag allerdings ein Gegenstand seyn, welcher der Untersuchung eines Physikers wuͤrdig ist, und die Resultate, welche Hr. Barlow zu Woolwich in seinem schaͤzbaren Versuche uͤber die Staͤrke des Bauholzes (Essay the strength of timber) in dieser Hinsicht erhalten hat, sind hoͤchst interessant und lehrreich. Seine Beweise sind klar und buͤndig und im acht geometrischen Geiste, waͤhrend seine Versuche einfach und so durchgefuͤhrt sind, daß sie seine Ansichten sowohl erlaͤutern, als bestaͤtigen. Indessen scheinen diese Speculationen fuͤr das Leben doch immer zu abstract. Der innere Bau der Koͤrper ist so verschieden, daß sich keine allgemeine Regel hieruͤber festsezen laͤßt. Er ist auch so wenig bekannt, und fuͤhrt zu so verwikelten Untersuchungen, daß der Gegenstand dadurch nur noch mehr verwikelt wird. Es scheint daher einfacher, dieses Element gaͤnzlich aus der Berechnung wegzulassen, und sich mit dem urspruͤnglichen Geseze Galileo's zu begnuͤgen, welches bisher von jedem seiner Nachfolger aufgestellt wurde.Es wuͤrde jedoch gut seyn, in gewissen Faͤllen auf die specifische Schwere der Koͤrper Ruͤksicht zu nehmen, deren Staͤrke man pruͤfen will, um wenigstens einiger Maßen der Gediegenheit derselben sicher zu seyn. A. d. Ueb. Auf diese Weise wird der ganze Gegenstand in einen geringen Umfang zusammengedraͤngt, und begreift in Einer Regel von bewundernswerther Einfachheit alle verschiedenen Faͤlle, welche in der Praxis vorkommen koͤnnen. Nichts fehlt, um diesem Geseze alle Kraft zu ertheilen, als eine Reihe von Versuchen in einem so großen Maßstabe, und mit so vielen und genauen Mitteln zur Beobachtung, daß nicht der mindeste Zweifel uͤber die Resultate, auf welche wir uns dann mit Sicherheit, als auf Grundpfeiler in der Anwendung, stuͤzen koͤnnen, uͤbrig bleibt. Es waͤre demnach sehr zu wuͤnschen, daß man solche Versuche unternehmen koͤnnte, und der Gegenstand selbst waͤre einer oͤffentlichen Unterstuͤzung nicht unwerth. Die Versuche, die man bisher angestellt hat, sind, so weit sie reichen, hoͤchst schaͤzbar; das bereits angefuͤhrte Werk des Hrn. Barlow gewaͤhrt in dieser Hinsicht reichliche Belehrung, und enthaͤlt, außer seinen eigenen Versuchen, auch noch jene verschiedener anderer Beobachter; einen Auszug aus jenen, die Buͤffon auf Veranlassung der franzoͤsischen Regierung uͤber die Staͤrke des Eichenholzes anstellte, und die bei weiten die groͤßte und lehrreichste Reihe von Versuchen bildet, die jemahls hieruͤber angestellt wurde; eine Nachricht uͤber eine interessante Folge von Versuchen, die Hr. Telford mittelst der hydrostatischen Presse uͤber die Cohaͤsion des Eisens, und eine andere wichtige Reihe von Versuchen, die Caritas Brown, von der k. Flotte, mittelst einer durch zusammengesezte Hebel erzeugten Kraft, ungefaͤhr wie an einer Waͤge-Maschine, angestellt hat. Ueberdieß hat auch Hr. Rennie sehr genaue Versuche uͤber die Staͤrke verschiedener Materialien angestellt, deren Resultate man in den Philosophical Transactions vom Jahre 1818 findet. Auch Hr. Tredgold hat einige Versuche uͤber die Biegung und Querstaͤrke des Gußeisens in seinem nuͤzlichen Werke uͤber dieses leztere bekannt gemacht. In einem anderen Hefte dieses Journales werde ich trachten, aus diesen verschiedenen Quellen einige einfache Regeln zur Berechnung aufzustellen, und die Anwendung derselben durch einige Beispiele zu erleichtern, mit staͤter Hinweisung auf Hrn. Leslie's Natural Philosophy. Ich will jezt auch die Resultate einiger Versuche angeben, die ich hier an der Kunst-Schule, (School of Arts) mittelst eines Apparates anstellte, den ich fuͤr dieses nuͤzliche Institut verfertigte. Er besteht aus einem walzenfoͤrmigen hydrostatischen Geblaͤse vom 17 Zoll im Durchmesser, welches einen verschiedenen Druk aͤußert, je nachdem das Wasser oder die Luft stark in demselben druͤkt. Dieser Druk kann bis auf 2000 Pfund gebracht werden, wie der angebrachte Queksilber-Maßstab zeigt. Man kann dieses Instrument auf verschiedene Weise brauchen; ich fand es aber am bequemsten, den Druk dadurch zu erzeugen, daß ich die Luft aus dem Geblaͤse mittelst einer Luftpumpe auszog, und die aͤußere atmosphaͤrische Luft auf den Dekel und auf die Seiten wirken ließ. Dann richtete ich zwei Stangen senkrecht, eine zu jeder Seite des Gestelles des Geblaͤses, auf, und ließ die Stange, deren Staͤrke gepruͤft werden soll, mit ihren Enden oben auf denselben ruhen: in der Mitte ward diese Stange an dem Dekel des Geblaͤses befestigt, und mittelst einer Klammer und eines Bolzens hinabgezogen, so wie das Geblaͤse niedersank, und auf diese Weise gebogen, oder bei staͤrkeren Druke zulezt gebrochen. Wie die Luft aus dem Geblaͤse ausgezogen wird, stuͤrzt die aͤußere Luft mit Gewalt durch die Poren des Leders hinein, und wuͤrde die Wirkung gaͤnzlich zerstoͤren: um diesem Nachtheile vorzubeugen, wird es nothwendig das Instrument in ein zinnernes Gehaͤuse, das rings umher um Einen Zoll weiter ist, einzuschließen, und dieses mit Wasser zu fuͤllen, um die Luft vollkommen auszuschließen. (Siehe Fig. 5. auf Tab. I.) Um die Luft mit groͤßerer Genauigkeit auszuziehen, bediente man sich noch eines großen zinnernen Gefaͤßes, welches an dem Institute zu Versuchen mit verduͤnnter Luft bereits vorraͤthig war. Dieses Gefaͤß bildet, nachdem es vollkommen luftleer geworden ist, eine Art von Vorrathskammer von leeren Raume, wodurch, wenn man kleine Gefaͤße mit demselben in Verbindung bringt, diese beinahe in einem Augenblike luftleer gemacht werden koͤnnen. Wenn man daher mittelst eines Sperrhahnes eine Verbindung zwischen dem Gefaͤße und dem Geblaͤse herstellt, so kann jeder verlangte Druk alsogleich erzeugt werden. Das hydrostatische Geblaͤse ist einfach, und leidet nicht viel durch Reibung; und obschon die Seiten eben so gut niederziehen, als der obere Theil desselben, jedoch mit einer Wirkung, die nach der Krummen, in welcher sie gespannt sind, verschieden ist, so hat man diese Unregelmaͤßigkeit durch einen vorlaͤufigen Versuch mit einem Hebel und einem schweren Gewichte verbessert, wodurch der Maßstab fuͤr die Gewichte gebildet wurde. Ich fand, daß man auf diese Weise den Druk auf die Stange zwischen 20 und 30 Pfund mit Sicherheit bemessen kann, und dieses ist fuͤr viele praktische Zweke hinreichend. Da dieses Mittel das leichteste war, das mir zu Gebothe stand, um die Wirkungen des Quer-Drukes zu bestimmen, und dieselben den Studierenden an der Kunst-Schule (School of Arts) zu demonstriren; so benuͤzte ich die Gelegenheit, um folgende Versuche mit aller Sorgfalt anzustellen. Ein genauerer Apparat koͤnnte indessen auf eine aͤhnliche Weise dadurch gebildet werden, daß man eine Art Gasometer mit einem Sumpfe anbringt, wodurch die Reibung beinahe gaͤnzlich verschwinden wuͤrde, und der Druk durch das Aufsteigen des Wassers, so wie die Luft aus dem Gasometer ausgeleert wird, mit aller Genauigkeit gemessen werden koͤnnte. Man seze z.B. ein Gasometer von 4 Fuß im Durchmesser und 6 Fuß Tiefe; dieses koͤnnte einen Druk von ungefaͤhr 2 Tonnen erzeugen, welcher, durch einen einzigen Hebel, leicht bis auf 20 oder 30 Tonnen vermehrt werden koͤnnte. Ich hoffe diesen Versuch in Baͤlde anstellen zu koͤnnen, und bin uͤberzeugt, daß dieser Apparat einen sehr bequemen und genauen Maßstab zur Bemessung solcher starker Druke gewahren wird. Versuche. Erstens: an Balken aus Foͤhren-Holz von Memel, die an beiden Enden gestuͤzt, und in der Mitte beladen waren. Abstand der Stuͤzpuncte: 5 Fuß. 1. Ein Balken von 2 Zoll im Gevierte bog sich bei einer Last von 170 Pfund um 1/2 Zoll, bei 357 Pfund um 1 Zoll. Als die Last weggenommen wurde, hob sich der Balken wieder in der Mitte, und ward vollkommen gerade; zeigte also, daß der Druk nicht so stark war, um dem Balken eine andere bleibende Haltung mitzutheilen, und daß daher, fuͤr kurze Zeit, ein solcher Druk mit aller Sicherheit angebracht werden darf. Unter einem Druke von 442 Pfund bog die Stange sich um 1 1/2 Zoll, kehrte aber, als die Last abgenommen wurde, nur bis auf 1/8 der vorigen geraden Linie zuruͤk; sie war also jezt schon uͤberladen, und fing an nachzugeben. Bei 510 Pfund bog sie sich um 1 7/10 Zoll, und brach bei 595 Pfund. 2. Ein anderer Balken von 2 Zoll im Gevierte bog sich unter 170 Pfund um 1/2 Zoll; unter 344 Pfund um 1 Zoll, und ward, nach Abnahme dieses Gewichtes, wieder gerade. Bei 450 Pfund bog er sich um 1 1/2 Zoll, und kehrte, nach abgenommener Last, bis auf 1/8 in die gerade Linie zuruͤk. Bei 510 Pfund brach er. 3. Ein Balken von 3 Zoll Breite und 2 Zoll Tiefe bog sich, auf die Seite gelegt, bei 255 Pfund um 1/2 Zoll; bei 527 Pfund, um 1 Zoll; bei 680 Pfund fing er an zu krachen, und an der unteren Seite sich zu laͤhmen: bei 850 Pfund brach er. 4. Ein aͤhnlicher Balken, jezt aber auf die Kante gelegt, bog sich, unter 357 Pfund, um 1/2 Zoll; bei 722 Pfd. um 1 Zoll, und ward, nach abgenommenem Gewichte, wieder gerade; bei 1045 Pfund bog er sich nm 1 1/2 Zoll, und stieg wieder bis auf 1/15 zur geraden Linie empor; bei 1190 Pfund bog er sich um 2 Zoll, und brach. 5. Ein Balken von 4 Zoll Breite und 2 Zoll Tiefe bog sich, unter 340 Pfund, um 1/2 Zoll; bei 654 Pfund um 1 Zoll; bei 1037 Pfund um 1 1/2 Zoll, und brach. 6. Ein Balken von 2 Zoll Breite und 3 Zoll Tiefe brach bei 1020 Pfund. Zweitens: An Stangen aus Gußeisen. Entfernung der Stuͤzpuncte: 32 Zoll. 7. Eine Stange von 1 Zoll im Gevierte bog sich, bei 357 Pfund, um 1/4 Zoll; bei 765 Pfund um 1/2 Zoll, und kehrte, nach abgenommenem Gewichte, um 1/16 zur geraden Linie zuruͤk; sie brach unter 770 Pfund. 8. Eine Stange von 2 Zoll Breite und 1 Zoll Tiefe, auf die Seite gelegt, bog sich unter 714 Pfund um 1/4 Zoll; unter 1062 Pfund um 0,37 Zoll, und kehrte auf ein 1/16 Zoll zuruͤk; sie brach bei 1530 Pfund. Aus diesen Versuchen ergeben sich verschiedene wichtige Umstaͤnde hinsichtlich der Staͤrke der Materialien. Sie bestaͤtigen Galileo's Gesez, daß die Querstaͤrke sowohl von der Laͤnge und Tiefe des Balkens, als von dem Durchschnitte des Bruches abhaͤngt, vermindert wird, in dem einfachen Verhaͤltnisse der Laͤnge, und vermehrt in dem einfachen Verhaͤltnisse der Tiefe. Sie zeigen ferner, daß die Biegung der Balken genau im Verhaͤltnisse zu dem Druke steht, welchen sie zu ertragen haben; wenigstens so lang, bis sie uͤberladen werden, wo die Biegung unregelmaͤßig wird, weil der Balken nachgibt. Sie zeigen ferner, daß es, in Bezug auf die Foͤhre von Memel, immer unsicher ist den Balken mit mehr, als mit der Haͤlfte der Last zu beladen, unter welcher er bricht. Die demnaͤchst mitzutheilende Reihe von Versuchen wurden in dem darauf folgenden Jahre gemacht.

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