Titel: | Ueber das Abwinden der Seide in Italien (zu Novi). Von Peter Nouailles, Esqu. of Greatneß Kent. |
Fundstelle: | Band 18, Jahrgang 1825, Nr. XVI., S. 96 |
Download: | XML |
XVI.
Ueber das Abwinden der Seide in Italien (zu
Novi). Von Peter Nouailles,
Esqu. of Greatneß Kent.
Aus den VI. B. der Transactions of the Society for the
Encouragement of Arts in Gill's technical Repository. Jun. 1825. S.
365. (Im Auszuge.)
[Ueber das Abwinden der Seide in Italien.]
Hr. Nouailles bemerkt sehr richtig, daß nicht das
Ziehen der Seidenraupen, welches ein Kinderspiel genannt werden kann, sobald
fuͤr Futter, Aufenthalt und Waͤrme, gesorgt ist, sondern das
Abwinden der Seide von den Cocons die Hauptsache ist; daß die sehr achtbaren
Damen, die sich mit der Seidenraupenzucht in England beschaͤftigten, alle
darin fehlten, daß sie die Faden von 18 bis 20 Cocons zusammennahmen, wodurch
eine Seide entsteht, die kaum 20 Shillings das Pfund werth ist, waͤhrend
ein Pfund Seide, deren Faden bloß aus 6 bis 8 Cocon-Faden besteht, wenigstens 30
Shill. werth seyn wuͤrde. Seide aus 4–5 Cocons wuͤrde mit
der besten italiaͤnischen Seide wetteifern koͤnnen, und einen
Preis von 40 Shillings das Pfund werth seyn. Hr. Nouailles sah zu Novi eine erfahrne Seidenwinderin mit
Beihuͤlfe eines Maͤdchens, das ihr den Haspel drehte, und das
Feuer unter dem Kessel unterhielt, in einem Tage Ein Pfund Seide von der
feinsten Qualitaͤt, den Faden aus 4–5 Cocons, abwinden. Damit sie
mit gehoͤriger Aufmerksamkeit arbeiten kann, darf sie nie mehr, als zwei
Straͤhne zugleich auf dem Haspel haben; mit diesen wird sie bis Mittags
fertig, und die Seide wird dann im Schatten auf dem Haspel getroknet.
Nachmittags windet sie auf einem anderen Haspel wieder zwei Straͤhne ab,
die auf aͤhnliche Weise getroknet, und am Morgen von dem Haspel
abgenommen werden. Das Tagwerk einer jeden Winderin wird in einen Buͤndel
zusammengerollt, und der Name der Winderin auf einem Blaͤttchen Papier
auf denselben gehaͤftet, um jeden Betrug oder jeden Fehler desto leichter
entdeken zu koͤnnen.“
„Wenn Seide von geringerer Guͤte aus den Faden mehrerer Cocons
abgewunden werden soll, so kann sie vier, sechs und mehr Straͤhne
zugleich auf dem Haspel haben, und die Haspel koͤnnen dann viel
groͤßer seyn. Offenbar kann sie dann nicht jedem einzelnen
Straͤhne jene Aufmerksamkeit schenken, die nur bei zwei Straͤhnen
moͤglich ist, und so entsteht eine grobe, unreine, ungleiche,
ordinaͤre Seide, wovon sie 6–8 Pfund und noch mehr in einem Tage
abwindet.
„In dem ersten Falle verdient die Winderin, sammt ihrem Maͤdchen,
fuͤr Ein Pfund der feinsten Seide, 1 Shilling; fuͤr die 8 Pfunde
grober Seide erhaͤlt sie aber eben so viel Taglohn. Der Arbeitslohn bei
sehr feiner Seide kommt also um 31 kr. pr. Pfd. hoͤher; der Werth der
Seide hingegen wird um 6 bis 9 fl. pr. Pfd. erhoͤht.“
Hr. Nouailles zeigt am Ende noch die
Unausfuͤhrbarkeit des in England vorgeschlagenen Planes, die Spule der
Spinnraͤder statt des Haspels zum Abwinden der Seide zu verwenden.