Titel: | Bänderwerk aus Eisen zur Befestigung und Wiederaufrichtung beschädigter und gesenkter Dachsparren und Tragbalken. Von Hrn. M. A. Ainger zu London. |
Fundstelle: | Band 18, Jahrgang 1825, Nr. XXXI., S. 160 |
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XXXI.
Baͤnderwerk aus Eisen zur Befestigung und
Wiederaufrichtung beschaͤdigter und gesenkter Dachsparren und Tragbalken. Von
Hrn. M. A. Ainger zu
London.
Aus den Transactions of the Society for Encouragement
etc. for the year 1824. in Bulletin de la Société d'Encouragement
pour l'Industrie nationale. N. 202. S. 167.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV. (Im Auszuge.)
Ainger's, Baͤnderwerk aus Eisen zur Befestigung und
Wiederaufrichtung beschaͤdigter Dachsparren.
Bei Ausbesserung der Aldermary-Marienkirche zu London, im
J. 1823, einem Werke Wren's, zeigte es sich, daß die meisten
Dachstuhlsaͤulen und Spannriegel von der Troken-Faͤulniß ergriffen
waren, und das Dach nicht mehr stuͤzen konnten. Ein neues Dach wuͤrde
uͤber 125,000 FrankenBei uns wuͤrde man, unseren Erfahrungen zu Folge, eine solche Summe,
sobald sie eine Kirchenreparatur betrifft, nicht zu hoch gefunden haben:
denn, je mehr die Reparatur kostet, desto nothwendiger war sie. Unsere
Kirchenreparaturen erinnern uns immer an jene Bemerkung, die ein alter
Freund Luther's schon zur Zeit der
Kirchen-Reformation, also bereits vor 300 Jahren, machte, und deren Wahrheit
sich noch taͤglich erprobt. Was ist wohl fuͤr ein Unterschied,
fragte der gute Alte die Rathsherren seines Staͤdtchens, die sich
beklagten, daß die Kirchenreparaturen jezt gar so viel kosten, was ist
fuͤr ein Unterschied zwischen einem Storche und einem
Kirchen-Administrator? Nachdem die Raths-Herren nach langen Rathen nichts
erriethen, kam der Alte ihnen endlich mit der Bemerkung zu Huͤlfe,
daß der ganze Unterschied nur darin liege, daß der Kirchen-Administrator die
Kirche von innen, der Storch aber von außen betuͤncht., und die kostbar verzierte Deke gekostet haben. Man durfte, wo man
ausbessern wollte, so wenig als moͤglich ruͤtteln. Man schlug vor, die
faulgewordenen Stuͤke auszuschneiden, und frisches Holz an der Stelle
derselben einzuzapfen; allein, man sah ein, wie sehr die Festigkeit dadurch leiden
muß, wenn alles auf Zapfen, der Laͤnge der Fasern des Holzes nach, zu stehen
kommt.
Man kam vom Holze auf Eisen. Es waren 15 Balken auszubessern; man hatte also 30
Enden. Der Wohlfeilheit wegen waͤhlte man Gußeisen, und zwar so leicht als
moͤglich. Der Erfolg uͤberstieg die Erwartung in Hinsicht auf
Leichtigkeit und Schnelligkeit der AusfuͤhrungVon diesem Verfahren koͤnnte dermal der Handels-Vorstand in Augsburg
zur Fuͤgung des Daches seiner Boͤrse eine nuͤzliche
Anwendung machen. D..
Erklaͤrung der Figuren.
Fig. 10.
zeigt das eiserne Baͤnderwerk im Seiten-Aufrisse; Fig. 11. vom Ende her;
Fig. 12.
von oben herab angesehen. Dieselben Buchstaben bezeichnen dieselben
Gegenstaͤnde.
a, ist der Laͤngenbalken, der auf der Seitenmauer
ruht; man sieht, als
Bruchstuͤk, den Spannriegel, der nicht mehr auf dem Laͤngenbalken
ruht, und so, wie er bei Anlage des Baͤnderwerkes gewesen ist. Dieses
Baͤnderwerk besteht aus zwei vollkommen aͤhnlichen
Seitenbefestigungen, wovon jede aus vier Baͤndern, zwei schiefen und zwei
horizontalen, bc, de (und be und cd, was
im Originale fehlt) zusammengesezt ist, die durch ein senkrechtes Band verbunden,
und alle aus einem Stuͤke gegossen sind. Sie endigen sich in eine Ferse, b, die auf dem Laͤngenbalken ruht. Diese
Baͤnder sind mit drei Ohren versehen, in welchen Loͤcher angebracht
sind, durch welche Bolzen aus geschlagenem Eisen laufen, die die beiden
Seitenbefestigungen zusammenhalten. f, in Fig. 13. zeigt
einen dieser Bolzen einzeln: er ist an einem Ende mit einem Auge zur Aufnahme eines
Vorstekeisens, g, versehen. Unter diesen Bolzen stekt
man Platten von Gußeisen ein, die so lang sind, als das Holz breit ist, und 6 Zoll
in der Breite halten. hi, in Fig. 13. zeigt eine
dieser Platten im Grundrisse und im Durchschnitte. In der in dieser Platte
befindlichen Furche laͤuft der Bolzen, wenn er an Ort und Stelle
eingeschlagen wird.
Man fing die Anlegung dieses Baͤnderwerkes damit an, daß man einstweilen eine
Stuͤze unter dem zu befestigenden Balken an jener Stelle anbrachte, wo das
Holz noch gesund ist. Hierauf schnitt man alles Verdorbene weg, und da auch der
Laͤngenbalken angegriffen war, zog man einen neuen ein. Nun wurden zu jeder
Seite des Balkens zwei Maͤnner am gestellt, die mit einer Hand das
Baͤnderwerk anlegten, mit der anderen den Bolzen durch das Ohr, d, stekten, und denselben mittelst des Vorstekeisens
befestigten. Nachdem das Baͤnderwerk auf diese Weise mittelst des Bolzens
aufgehaͤngt war, brachte der Arbeiter eine der Platten (Fig. 13.) an der unteren
Flaͤche des Balkens, bei e, an, und hielt sie
daselbst so lang, bis der zweite Bolzen eingelassen und mittelst des Vorstekeisens
befestigt war. Dann hob er den Theil d, des
Baͤnderwerkes (wodurch die untere Platte erst recht angezogen wurde), schob
eine aͤhnliche Platte unter den Bolzen d, und
schlug das Vorstekeisen fest ein. Endlich wurden noch unter die Platte d, Keile von sehr hartem Eichenholze eingetrieben, und
dadurch erhielt das ganze System die gehoͤrige Festigkeit. Eben so verfuhr
man auch mit dem Bolzen c, und sezte dann die Ferse, b, auf den Laͤngenbalken, wo sie mittelst starken
Naͤgeln oder Schrauben befestigt, und dann die Stuͤze weggenommen
wurde. Diese ganze Arbeit war in 10 bis 15 Minuten gethan, und brachte nicht die
mindeste Unordnung, weder an dem Dachstuhle, noch an der Deke hervor.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß, in Hinsicht auf Wohlfeilheit, das Eisen dem
Holze vorzuziehen ist. Man brauchte bei jedem Balken-Ende 126 Pfunde Gußeisen, und
12 Pfund Hammer-Eisen, wovon ersteres 14 Shillings (8 fl. 24 kr.) im Zentner,
lezteres 6 Pence (18 kr.) das Pfund kostet. Eichenholz wuͤrde noch ein Mahl
so theuer gekommen seyn, abgesehen von der geringeren Festigkeit, die man durch
lezteres erhalten haben wuͤrde.
Fig. 14.
zeigt einen Seiten-Aufriß, und Fig. 15. einen
Enddurchschnitt eines Baͤnderwerkes nach der Linie, yy, zur Befestigung eines Dachsparrens, der dort,
wo er auf der Mauer aufliegt, beschaͤdigt ist. Da der Sparren oder die
Dachstuhlsaͤule duͤnner ist, als der Spannriegel, so mußte das
Baͤnderwerk diesen verschiedenen Dimensionen angepaßt werden; es waren daher
auch die Arme dort, wo die Bolzen, o und n, durchlaufen, um die Haͤlfte duͤnner,
als die unteren Arme, ohne daß die Festigkeit dadurch gelitten haͤtte. Der
Spannriegel ruht auf einer großen geschlagenen Eisenplatte, unter welcher ein
Schrauben-Bolzen durchlaͤuft. Die Raͤnder, rr, des Baͤnderwerkes sind an ihrer inneren
Seite etwas diker, und dringen auf beiden Seiten in den Sparren ein, wie man in Fig. 16.
sieht, welche einen Durchschnitt von Fig. 14. nach der Linie,
zz, darstellt. Bei q, ist eine Gußeisenplatte und ein Bolzen, unter welchen man, wie oben,
die Keile von Eichenholz eintreibt: diese Keile treiben, wenn sie mit Gewalt
eingetrieben werden, die Platte, q, gegen den unteren
Theil des Balkens.
Die Gußeisen-Platte und die Keile unter den Bolzen o,
dienen zur Befestigung des ganzen Systemes, und zur Stuͤzung des Spannriegels in dem Falle,
daß es noͤthig waͤre, den Sparren wegzuheben, um ihn auszubessern. Der
Bolzen, n, dient vorzuͤglich als Band zwischen
diesem Stuͤke und dem Baͤnderwerke an jener Stelle, wo dieses von der
geraden Linie abweicht.
Fig. 17 und
18.
stellt ein Baͤnderwerk aus Gußeisen vor, um einen Balken zu stuͤzen,
der sich senkte oder brach. Dieses Baͤnderwerk besteht aus zwei einander
aͤhnlichen Stuͤken, deren jedes aus zwei Dreieken und aus einem
Parallelogramme zusammengesezt ist, dessen untere Seite eine gehaͤmmerte
Eisenplatte mit zwei Schrauben an jedem Ende tragt, die man in ss, einzeln sieht. Zwei kleinere Platten, tu, welche gleichfalls mit Schrauben-Bolzen
versehen sind, sind oben auf dem Balken angebracht. Unten ist das Stuͤk
eingeschnitten zur Aufnahme der Platten, ss. Die
Keile, vv, werden zwischen diese Platten und das
Holz eingetrieben, um dem ganzen Systeme die gehoͤrige Festigkeit zu geben.
Ein auf diese Art befestigter Balken haͤlt so fest, als ein neuer.
Hr. Ainger erhielt von der Society die große goldene
Medaille fuͤr diese Mittheilung.