Titel: | Neue Taucher-Maschine. |
Autor: | Dr. Julius Hermann Schultes [GND] |
Fundstelle: | Band 18, Jahrgang 1825, Nr. XXXVI., S. 176 |
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XXXVI.
Neue Taucher-Maschine.
Schreiben des Hrn. Hofrathes, M. Dr. und Prof.
J. A. Schultes, an den
Herausgeber.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Neue Taucher-Maschine.
Euer Wohlgebohrnen habe ich die Ehre hier einen Beitrag zu Ihrem trefflichen Journale
zu senden; wenn Sie denselben als Luͤkenbuͤßer brauchen
koͤnnen, wird es sehr angenehm seyn fuͤr Ihren, Sie verehrenden
Landshut, den 23. Sept. 1825.
J. A. Schultes,
M. Dr. u. Prof.
––––––––
Ich fand gestern im Mechanic's
Magazine, N. 96. Juni, 25, 1825. S. 185. folgenden Artikel:
Neue Taucher-Maschine.
„Mein Herr! Da ich mir schon oͤfters dachte, daß man eine wohlfeile
und einfache Methode erfinden koͤnne, mittelst welcher man bis in
bestimmte Tiefen unter Wasser tauchen kann, ohne der kostbaren Tauchergloke zu
beduͤrfen; so nehme ich mir die Freiheit, Ihnen eine Beschreibung eines
Verfahrens zuzumitteln, durch welches dieses geschehen kann. Sie werden mich
sehr verbinden, wenn Sie dieselbe in Ihr weit verbreitetes Blatt
einruͤken.“
„Verdichtung der Luft in einen engeren Raum, als sie im
natuͤrlichen Zustande einnimmt, kann auf die einfachste Weise geschehen,
und laͤßt sich leicht zu mehreren Zweken benuͤzen, als bisher noch
nicht geschehen ist. Auf ihr beruht auch gegenwaͤrtiger Plan. Wenn ein
Taucher oder irgend Jemand, der sich unter die Oberflaͤche des Wassers
auf eine bedeutende Zeit hinablaͤßt, unter derselben Luft von eben derselben Dichtigkeit,
wie uͤber dem Wasser, athmen kann, und wenn ein Mittel ausgefunden wird,
diese Luft hinlaͤnglich rein und zum Athemholen tauglich zu erhalten, so
kann dieses Individuum so lange unter Wasser bleiben, als diese Wirkung
anhaͤlt.“
„Folgende Beschreibung eines Apparates, der einen Vorrath von Luft
enthalten, und zugleich rein erhalten kann, wird, wie ich glaube, Ihren Lesern
nicht ganz uninteressant seyn.“
„Ich bin, m. H.! Ihr gehorsamster Diener,
Leicester.
T. B.
„N. B. Im
Durchschnitte braucht ein Mensch bei einem Athemzuge ungefaͤhr 40
Kubikzoll Luft; das gibt 800 Kubik-Zoll in Einer Minute, wenn er alle drei
Secunden athmet, und folglich 48,000 Kubikzoll in Einer Stunde. Anderthalb
Kubikfuß Luft, oder 2592 Kubikzoll lassen sich in einem Gefaͤße von
ungefaͤhr 17 Zoll im Durchmesser zusammenfassen, und, wenn diese Luft
zwanzig Mahl verdichtet wird, so wird dieses Gefaͤß mehr als 50,000
Kubikzoll halten, so daß ein Mann Eine Stunde lang athmen kann, und dann wird
das Gleichgewicht kaum hergestellt seyn. Die Weite der Oeffnungen laͤßt
sich genau nach demselben Grundsaze bestimmen, wie bei den Argand'schen
Gas-Lampen.“
Beschreibung.
„A, ist ein kugelfoͤrmiger Helm von
starkem Kupfer, und weit genug, daß man mit Kopf und Hals in denselben hinein,
und sich darin frei bewegen kann.“
„BB, sind zwei starke Glaslinsen, damit
der Taucher Form und Lage der Gegenstaͤnde wahrnehmen kann.“
„C, ist das Halsstuͤk des
Helmes.“
„D, ist ein an dem Halsstuͤke C, befindliches Leder, welches luftdicht
uͤber Brust und Ruͤken gezogen wird, und mit Aermeln versehen ist,
die dicht an dem Handgelenke anschliessen, und gegen alles Wasser
schuͤzen, so wie gegen alle Verlezung an Felsen etc. Dieser Anzug muß
uͤberfirnißt seyn, um alle Feuchtigkeit abzuhalten.“
„E, ist eine starke Kugel aus Kupfer, die der
Taucher an irgend
einer Stelle seines Anzuges, wo es am bequemsten fuͤr ihn ist, so wie an
dem Sperrhahne, E, mittelst einer Schraube und einer
biegsamen Roͤhre befestigen kann. In dieser Kugel werden nun mittelst
eines Drukwerkes, 10, 15 bis 20 Atmosphaͤren gemeiner Luft eingepumpt.
Die Kugel kann, als einzelner Theil, nach Belieben abgenommen, und Kugeln von
verschiedener Groͤße koͤnnen dafuͤr angeschraubt werden, je
nachdem man naͤmlich langer oder kuͤrzer unter Wasser bleiben
will.“
„F, ist ein Sperrhahn mit einem Kopfe, in
welchem eine Menge sehr kleiner, mit einer Klappe bedekter, Loͤcher
angebracht sind.“
„Wenn man sich dieses Apparates bedienen will, ist nichts weiter
noͤthig, als den Helm A, mit seinem
Halsstuͤke C, aufzusezen, und den Taucherrok,
D, anzuziehen; die Kugel E, zu laden, und auf dem Sperrhahne, E, an
dem unteren Theile des Helmes aufzuschrauben; die Sperrhaͤhne, E und F, zu drehen; und
es ist alles geschehen, was noͤthig ist, um ohne alle Gefahr unter Wasser
zu tauchen. Der Taucher kann, mittelst angehaͤngter Gewichte, sich in
jede Tiefe hinablassen, und mittelst eines Seiles sich wieder in das Boot
hinaufziehen lassen. Der ununterbrochene Strom frischer Luft aus der kleinen
Oeffnung des Hahnes E, wird ihn in den Stand sezen,
frei zu athmen, waͤhrend die verdorbene Luft immer bei dem Sperrhahne,
F, ausgetrieben, und seine Atmosphaͤre
folglich rein und athembar erhalten wird. Wenn er bemerken sollte, daß der
Luftstrom aus dem Hahne, E, schwaͤcher wird,
so weiß er, daß er das Gleichgewicht beinahe hergestellt hat, und aufsteigen
muß, waͤhrend die Klappe uͤber den Oeffnungen in F, dem Wasser den Eintritt verwehrt.“
Ich sezte mich alsogleich, und schrieb an den Herausgeber des Mechanic's Magazine folgenden Brief:
Mein Herr!
Erlauben Sie mir, in Ihrem sehr achtbaren Journale ein altes franzoͤsisches
Sprichwort zu commentiren: „Les beaux esprits se
rencontrent toujours.“
Die Zeichnung einer neuen Taucher-Maschine in N. 96. S. 185. Ihres Mechanic's Magazine sieht der Skizze einer
Taucher-Maschine, die ich im Jahre 1792 ausdachte, und mehreren meiner Freunde, mit
welchen ich von derselben sprach, auf einem Stuͤkchen Papier verkrizelte, so
sehr aͤhnlich, daß Ihr verehrter Correspondent zu Leicester gewiß eben so
sehr erstaunen wuͤrde, wenn er dieselbe saͤhe, als ich erstaunte, da
ich seine Zeichnung sah. In der That, wenn meine Freunde diese Zeichnung, die Hr. T.
B. mitgetheilt hat, sehen werden, werden sie glauben, daß ich, ihr alter Freund, sie
demselben zugesendet habe. Es ist ein wahres Fac
Simile.
Die Frage ist nun, wenn anders Geschichte der Erfindungen zu etwas dienen soll: ob
Hr. T. B. oder meine Wenigkeit die hoͤchst einfache Idee dieser neuen
Taucher-Maschine zuerst hatte. Hr. T. B. hat allerdings das Verdienst, dieselbe
zuerst (am 25. Junius 1825) oͤffentlich bekannt gemacht zu haben. Ich hatte
aber dieselbe schon im Jahre 1792, und schrieb im December 1796 aus Arau in der
Schweiz einen Brief uͤber dieselbe an den sel. Grafen Fourcroy zu Paris. Wenn der Graf meinen Brief (er war in
franzoͤsischer Sprache), der Aufbewahrung werth fand, so wird meine
Handschrift sowohl, als die Abschrift, die ich noch von diesem Briefe besize, die
Wahrheit meiner Behauptung beurkunden.
Erlauben Sie mir. Ihnen hier einen Auszug aus diesem Schreiben mitzutheilen:
„Die Theorie der Taucherkunst haͤngt nicht bloß von Hydrostatik und
Hydraulik, sondern auch von der Theorie des Athemholens und der
gasfoͤrmigen Fluͤßigkeiten ab. Das Licht, welches die neuere
Chemie uͤber die gasfoͤrmigen Fluͤßigkeiten, so wie
uͤber die Theorie des Athencholens verbreitete, wird vielleicht die
Dunkelheit, die bisher eine fuͤr den Handel und den Seekrieg so wichtige
Kunst noch umhuͤllte, aufzuhellen vermoͤgen.
Der Plan meiner Maschine beruht auf folgenden Versuchen:
I. Borelli fand in seinen Versuchen, daß man zu Einem
Athemzuge 15 Kubikzoll Luft bedarf, und 1200 Mahl in Einer Stunde athmet. Man
braucht demnach nach ihm 18,000 Kubikzoll in Einer Stunde; oder, im Gewichte, 1 Pfund, 5 Quent, 34 Gr.
II. Sales, (Haemast. Exp. 6.) sagt, daß er in 2 1/2 Minute 522 Kubikzoll
Luft, also in Einer Stunde 12,528 Kubikzoll brauchte: dem Gewichte nach 8 Unzen, 6
Quent, 41 Gr.
III. Derselbe (Veget. Stat. Exp. 108) brauchte in
Einer Minute 148 Kubikzoll, wobei er jedoch etwas schwer athmete. Hiernach kommen
auf eine Stunde 6 Unzen, 2 Quent, 6 Gr.
IV. Halley (Phil. Trans.) lebte Eine ganze Stunde in einer Tauchergloke,
die eine Tonne Wasser hielt, und haͤtte noch langer darin athmen
koͤnnen. Wenn man nun die absolute Schwere des Kubikfußes Wasser zu 88 Pfund,
und die eines Kubikfußes Luft zu 585 Gran nimmt; so brauchte er in Einer Stunde
39,273 Kubikzoll, oder, dem Gewichte nach, 1 Pfd. 3 Unzen, 5 Quent, 35 Gran.
V. Désaguliers (Phys.
exp.) behauptet, daß man in den gewoͤhnlichen
Taucher-Maschinen Ein Gallon Luft auf Eine Minute rechnet, und einen Scheffel (muid) auf Eine Stunde. Dieß gaͤbe, nach Gallons
berechnet, 6 Unzen, 5 Quent, auf eine Stunde.
VI. Nach desselben Berechnung im Scheffel, 7 Unzen, 2
Quent., 12 Gran.
VII. Fontana (Phil Trans. V.
69. N. 4.) athmete 40 Mahl an 350 Kubikzoll Luft, die
sich in einer Blase befanden. Er athmete also 3 Minuten an dieser Luft, wenn man
nach Goodwyn, 14 Mahl in Einer Minute athmet. Er brauchte
folglich in Einer Stunde 4 Unzen, 7 Quent., 20 Gr.
VIII. Lavoisier (Mém.
de l'Acad. d. Sc. 1780. p. 404. et Annal. d. Chimie T. VII. §. 10 und 32.) behauptet, daß ein
Mensch in Einer Stunde 5 Kubikfuß Luft verzehrt. Dieß gibt 6 Unzen, 45 Gran.
IX. Goodwyn (verband tusschen leven
en ademhaling 1790.) rechnet 14 Athemzuͤge auf Eine Minute, und 14
Kubikzoll Luft auf Einen Athemzug. Es kommen folglich 196 Kubikzoll auf Eine Minute,
oder 8 Unzen 2 Quent. auf Eine Stunde.
X. Menzies (Tent. physiol. inaug. de respirat. Edinb. 1790 extr. par Adet Ann. de Chim T. VIII. p. 211.)
fordert 720 Kubikzoll fuͤr die Minute, wovon aber nach ihm nur 194 Kubikzoll
durch das Athemholen zersezt werden. Dieß gibt 11,640 Kubikzoll fuͤr Eine
Stunde, oder, dem Gewichte nach, 8 Unzen, 5 Quent.
XI. Einer meiner Freunde, Hr. Handschky, J. U. D. zu Wien, brauchte bei einem Versuche, den wir im Bade mit einander
anstellten, unter einem pneumatischen Apparate, 157 Kubikzoll in Einer Minute; folglichfolzlich 6 Unzen 5 Quent. in Einer Stunde.
Nach diesen XI Versuchen ergibt sich demnach im Durchschnitte fuͤr Eine Stunde
der Bedarf an Luft zum Athemholen = 8 Unzen, 2 Quent. 32,1 Gran.
Ich haͤtte mich zwar mit dem Resultate meiner in Baͤdern oft
wiederholten Versuche begnuͤgen koͤnnen, um so mehr, als sie so
ziemlich genau mit jenen der angesehensten Physiker (Hals,
Désaguliers, Lavoisier) stimmten; ich beruͤksichtigte jedoch
auch die Versuche anderer, um jedem Einwurfe zu begegnen.
Man seze nun, ein Taucher befinde sich in dem gewoͤhnlichen Taucher-Panzer,
oder in dem Taucher-Faße, in welchem man einst in England tauchte, oder unter der
Taucher-Gloke, oder unter was immer fuͤr einer Vorrichtung, die Laune oder
Erfahrung fuͤr die bequemste halten lehrte. Man seze ferner, daß diese
Vorrichtung durchaus in keiner Verbindung mit der aͤußeren
atmosphaͤrischen Luft sich befinde. Es ist dann offenbar, daß er nur eine
gegebene Zeit, solang naͤmlich, als die athembare Luft in der Vorrichtung
zureicht, in derselben wird leben und athmen koͤnnen. Wenn wir nun an dieser
Maschine 6 bis 12 Luft-Magazine, ungefaͤhr wie jene an einer
Windbuͤchse, anbringen, wovon jedes nur 2 Unzen Luft haͤlt, und diese
Magazine so vorrichten, daß der in der Maschine eingesperrte Taucher, nachdem er die
durch das Athemholen verdorbene Luft durch den an Taucher-Maschinen
gewoͤhnlichen Hahn entweichen ließ, neue Luft aus seinen Vorrathskammern
mittelst eines Feder-Drukes herbeistroͤmen lassen kann; so wird er mit diesen 12
bis 24 Unzen eine Stunde oder zwei Stunden lang, und noch laͤnger leben
koͤnnen, wenn einige dieser Magazine mit Lebenslust gefuͤllt sind, und
wenn die Luft in seiner Maschine sehr zusammengedruͤkt ist. Es ist ferner
klar, daß, wenn der Taucher mit einer Tauchergloke tauchen will, er soviel von
diesen Luft-Magazinen mitnehmen kann, als er als Ballast braucht, und damit solang
unter Wasser aushalten kann, als er will; ja er koͤnnte sogar, wie man sagt,
daß Drebbel es that, mit solchen Luft-Magazinen versehen,
unter Wasser in einem Boote eine Reise von Calais nach Dover machen.
Ich uͤbergehe die Beschreibung der gewoͤhnlichen Taucher-Maschinen; ich
habe selbst nie getaucht, und besize keine Erfahrung in der Taucher-Kunst: Taucher
von Profession werden die beste unter den bisher bekannten Taucher-Maschinen zu
waͤhlen wissen, und an dieser meine Vorrichtung leicht anbringen
koͤnnen. Die Taucher-Gloke mit den Verbesserungen des gelehrten schwedischen
Tauchers, Teichmeyer, scheint mir, auf einem Kahne
angebracht, zu einer Fahrt unter Wasser am einfachsten. Solche Boote konnten im
Seekriege so wichtig werden, wie die Luftballons es im Landkriege bereits geworden
sind.
Die Unbequemlichkeiten eines hoͤheren Drukes von der uͤber dem Taucher
befindlichen Wassermasse werden hier, außer man taucht muͤßig unter, so
ziemlich dieselben bleiben.
Wenn jedoch dieser Druk nicht so groß ist, daß der Taucher dadurch gehindert wird,
unter Wasser zu gehen und zu arbeiten, so wird ein Helm aus verzinntem Eisenbleche
oder Kupfer, in welchen der Taucher Kopf und Hals stekt, und der mit einer
hinlaͤnglichen Menge von Luft-Magazinen aus: geruͤstet ist, besser
seyn, als die kleine Taucher-Gloke, die man gewoͤhnlich uͤber dem
Kopfe hat, wann man sich von der großen Taucher-Gloke entfernt. Dieser Helm wird
mittelst gut geoͤhlten Leders auf dem Kopfe festgehalten, und das Leder
mittelst Riemen am Leibe gehoͤrig befestigt. Man seze dieser Helm halte einen
Kubikfuß Luft oder 585 Gran; so wird der Taucher wenigstens 10 Minuten lang dann
leben koͤnnen.
Man seze, daß er 6 Luft-Magazine, jedes zu 2 Unzen Luft, fuͤr seinen Helm
habe; so wird er bequem damit eine ganze Stunde ausreichen, und noch 6 Mahl
laͤnger, wenn diese Luft Lebenslust ist, und noch laͤnger, wenn die
Luft in dem Helme mehr verdichtet ist. Boyle fand
naͤmlich in seinen Versuchen, daß eine Maus in einer Luft, die nur um das
Doppelte dichter ist, 15 Mahl laͤnger lebt: sie muß demnach in einer 7 bis 8
Mahl verdichteten Luft nothwendig noch weit laͤnger leben koͤnnen.
Indessen scheint eine Verdichtung um das Sieben- bis Achtfache das Maximum der
bequemen Respirabilitaͤt der Luft zu seyn, obschon Halley in einer zehn Mahl dichteren Luft, als die atmosphaͤrische,
noch gut athmen konnte. In einer 20 Mahl dichteren Luft, als die
atmosphaͤrische, sterben die Thiere. Wenn man nun annimmt, daß die durch die
Dichtigkeit der Luft verlaͤngerte Dauer des Athemholens nur im
fuͤnffachen Verhaͤltnisse zur Verdichtung steht, so wird man in einer
5 Mahl dichteren Luft wenigstens 25 Mahl langer leben, als in der
gewoͤhnlichen atmosphaͤrischen.
Ingenhouß, Priestley, Fontana haben oͤfters ohne
Nachtheil bedeutende Mengen Sauerstoffgas geathmet; Lavoisier,
Bucquet, Fourcroy, Chaptal behaupten indessen, daß das Einathmen dieses
Gases in dem thierischen Koͤrper, wenn es lang fortgesezt wird, ein
Entzuͤndungsfieber erzeugen wuͤrde. Allein, dieses Sauerstoffgas wird,
wo es in die bereits verdorbene Luft zustroͤmt, nicht lang in seiner
urspruͤnglichen, der thierischen Oekonomie schaͤdlichen, Reinheit
bleiben; es wird zersezt werden, indem es sich mit der irrespirablen Luft verbindet,
und waͤhrend es diese verbessert, wird es seine verderblichen Eigenschaften
verlieren.
Die Einrichtung der Luft-Magazine an Windbuͤchsen ist allgemein bekannt. Man
kann sie an dem Helme mittelst sehr genau passender Schrauben befestigen. Die
Federn, die sie entladen, muͤssen sowohl gegen den wandelbaren Druk des
Wassers in verschiedenen Tiefen geschuͤzt, als nach dem Druke der
verdichteten Luft in dem Helme selbst berechnet seyn. Man kann ferner diese Magazine
so anbringen, daß das unterste zuerst geleert wird, und dann zur Aufnahme des Wassers dient, welches
waͤhrend des Athemholens gebildet wird, und welches man auf ungefaͤhr
4 Gran in Einer Minute, oder 245 Gran in Einer Stunde berechnet hat.
Die erwaͤrmte und verdorbene Luft muß ehe ausgelassen werden, als man neue
Luft nachstroͤmen laͤßt; denn sonst verliert man von lezterer zuviel,
was um so leichter geschehen kann, als das Stikstoffgas immer oben in dem Helme seyn
wird.
Es scheint mir, daß man, nach einer Reihe von Erfahrungen, eine solche Vorrichtung an
dieser neuen Taucher-Maschine anbringen kann, daß die Luft-Magazine, wie durch ein
Uhrwerk, sich von selbst entladen, und der Helm zu gehoͤriger Zeit
geluͤftet wird, ohne daß der Taucher darauf Acht zu geben braucht.
Da ich weder Blech- noch Kupferschmid bin, so konnte ich diese Maschine nicht
verfertigen, und auch nicht verfertigen lassen, da ich keinen Arbeiter hierzu bei
uns fand.
––––––––
Der selige Graf Fourcroy ließ mir durch meinen Freund,
Hrn. J. Beer, der ihm diesen Brief uͤberreichte,
schreiben, daß er die Idee gut faͤnde, und Versuche wird anstellen lassen;
ich habe aber, als ich im Jahre 1811 zu Paris war, nichts von angestellten Versuchen
erfahren. Ich habe vielmehr das Vergnuͤgen gehabt, zu sehen, daß verschiedene
Personen, die ich daruͤber sprach, mich auslachten. Ob Hr. T. B. gleiches
Schiksal mit mir haben wird, wird die Zeit lehren. Wir koͤnnen uns beide
damit troͤsten, daß wir mordo jactamur eodem.
In einem Zeitraume von 30 Jahren hat man indessen, wenn man auch noch so
beschaͤftigt ist, Muße uͤber einen Lieblings-Gegenstand nachzudenken,
und Sie werden Sich vorstellen, daß ich zeither vieles zu
berichtigen und zu verbessern fand, was ich im Jahre 1796 schrieb.
Da ich bei meinem kurzen Aufenthalte zu London, Anfangs Septembers des vorigen
Jahres, Baron H. Davy nicht zu Hause fand, schrieb ich
ihm von hier aus, ob es ihm nicht gefaͤllig waͤre, eine Abhandlung
uͤber Taucher-Kunst und Schiff-Fahrt unter Wasser ohne Verbindung mit der
aͤußeren Atmosphaͤre durchsehen und pruͤfen, und die
nothwendigen Versuche anstellen zu lassen; ich erhielt aber keine Antwort.
Ich habe ferner Hrn. Church, der fuͤr den großen
Foͤrderer der deutschen Industrie und Cultur, Baron von Cotta, Dampfbote erbaute, zu Versuchen eingeladen, die ich aus Mangel an
Arbeitern (den Niemand weiß bei uns einen Cylinder zu verfertigen, aus welchem stark
zusammengedruͤkte Luft wie bei den Cylindern der Portable-Gas-Company, still und langsam ausstroͤmen kann), an dem
Orte meines Aufenthaltes nicht anstellen konnte; er ließ mir aber sagen, daß man in
America lang schon gelernt habe, eine beliebige Zeit uͤber unter Wasser zu
bleiben. Ich habe daher an den Hrn. W. H. James, Coburg
Place, Winson-Green, near Birmingham, der am 31. May 1825 ein Patent auf gewisse
Verbesserungen im Tauchen, die auch zu anderen Zweken taugen, genommen hat, vor
einigen Wochen die Mittheilung meiner Verbesserungen angebothen, um dieselben in
Ausfuͤhrung gebracht zu sehen, und erwarte seine Antwort.
Ich nahm mir die Freiheit, Ihnen gegenwaͤrtige Notiz nur deßwegen zu
uͤbersenden, damit Sie im Stande sind, uͤber die Prioritaͤt der
Erfindung zwischen Ihrem verehrten Correspondenten, Hrn. T. B. zu Leicester, und mir
zu urtheilen. Wenn Hr. T. B. auch das Verdienst der oͤffentlichen
Bekanntmachung vor mir voraus hat, so hatte ich doch schon 30 Jahre fruͤher
daruͤber geschrieben; so sprach er doch nichts von Anwendung des
Sauerstoffgases und der verdichteten Luft an und fuͤr sich als
Verlaͤngerungsmittel des Athemholens in einem gegebenen geschlossenen Raume,
und nichts von der Anwendung dieser Vorrichtung auf Fahrzeuge unter Wasser. Er wird
Ihnen sagen koͤnnen, wie und wann er zuerst zu dieser Idee kam.
Wenn Hr. James nicht antworten sollte, und Sie
koͤnnten meine Abhandlung uͤber Taucher-Kunst
mittelst einer neuen Vorrichtung brauchen, so steht sie Ihnen unter der
Bedingung zu Diensten, daß Sie die noͤthigen Versuche, die zu London kaum
einige Pfunde kosten koͤnnen, mir aber an meinem Aufenthaltsorte durchaus unmoͤglich
sind, anstellen lassen. Man kann in der Mechanik, wie in der Medicin, uͤber
nichts mit Sicherheit urtheilen, außer nach wiederholten Erfahrungen; der Mechaniker
hat aber vor dem Arzte das voraus, daß er uͤberall Versuche anstellen kann
und muß, waͤhrend der Arzt dieß nicht immer darf. Also, um mit Ihrem
Landsmanns Milton zu schließen:
„Let us try advent'rous work.“
Ich habe die Ehre mit aller Hochachtung zu seyn.
Ihr gehorsamster Diener, J. A. Schultes,
M. Dr. u. Prof.