Titel: | Versuche über die Cämentation und Schmelzung des Stahles von Joh. Vismara, Professor der Physik im K. K. Lyceum von Cremona. |
Fundstelle: | Band 18, Jahrgang 1825, Nr. XLI., S. 202 |
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XLI.
Versuche uͤber die Caͤmentation und
Schmelzung des Stahles von Joh.
Vismara, Professor der Physik im K. K. Lyceum von Cremona.Diese Versuche wurden mit den bezuͤglichen Proben dem K. K. Institute im
Jahre 1824 vorgelegt, und auf Befehl desselben bekannt gemacht.
Aus Configliacchi's
Brugnatellis Giornale di Fisica
etc. Dec. II. T. VIII. p. 190, uͤbersezt von J. B. Fischer, C. M.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Vismara's, Versuche uͤber die Caͤmentation und
Schmelzung des Stahles.
Als ich mich mir der Oehl-ThermolampeDie erste Probe der Versuche, die Prof. Vismara
uͤber die Thermolampe anstellte, findet man in diesem Giornale Dec, II. V. I. p. 202. Polytechn.
Journ. Bd. VI. S. 268. in einer langen und geordneten Arbeit beschaͤftigte, die besonders
darauf gerichtet war, dieselbe von ihrer oͤkonomischen Seite kennen zu
lernen, entstand in mir der Gedanke, daß man durch das naͤmliche Verfahren
außer dem Beleuchtungs-Gase ein anderes sehr nuͤzliches Erzeugniß erhalten
koͤnne, naͤmlich die vollkommene Caͤmentirung des Eisens, oder
die Verwandlung desselben in Stahl. Zu dieser Vermuthung leitete mich die allgemeine
Theorie der Caͤmentirung. Man weiß aus der Chemie, daß der Stahl eine innige
Verbindung des haͤmmerbaren Eisens mit Kohlenstoffe ist, was auch vollkommen
mit dem Verfahren der Fabrikanten im Einklange steht. Die Englaͤnder, welche
ganz Europa mit Caͤment-Stahl versorgen, legen das bessere verarbeitete Eisen
schichtenweise mit Holzkohlenstaub in große Tiegel aus feuerfestem Thone, die sie
dann schließen, und in einem Ofen sechs oder sieben Tage lang in
Rothgluͤhhize erhalten; der Kohlenstoff gehorcht bei dieser erhoͤhten
Temperatur seiner Verwandtschaft zum Eisen, und verbindet sich damit; nicht anders
verfaͤhrt man auch, wenn man die verschiedenen Arten Stangen-Stahles (tempre à pachetto) verfertigt, indem man bei
dieser Operation, die bei uns sehr gemein ist, das gluͤhende Eisen,
eingeschlossen und vor dem Zutritte der Luft verwahrt, in Beruͤhrung mit
kohlenstoffhaltigen Substanzen bringt, und so eine oberflaͤchliche
Caͤmentirung erhaͤlt.
Wenn wir die verschiedenen Methoden, nach welchen man den Rohstahl in Steyermark,
Kaͤruthen, im Bergamastischen, im Brescianischen und in anderen verschiedenen
Orten unseres Reiches fabricirt, pruͤfen wollen, so wird man sehen, daß man
auch bei diesen Verfahrungsarten eine innige Verbindung des Eisens mit Kohlenstoffe
erhaͤlt, wodurch das Gußeisen in Stahl umgewandelt wird. Die Theorie, um die
es sich handelt, wurde auch der Pruͤfung der chemischen Analyse unterworfen;
und man hat in jedem Stahle leicht die Gegenwart des Kohlenstoffes entdekt, jedoch
in sehr verschiedenem Verhaͤltnisse. In der That absorbirt nach einigen das
Eisen, um in Stahl umgewandelt zu werden, so viel Kohlenstoff, als ein Sechstheil
seines eigenen Gewichtes betraͤgt; nach anderen ein Sechzehntel, ein
Hundertel, ein Zweihundertel, und endlich ein Tausendtheil. Eine so große
Verschiedenheit der Verhaͤltnisse widerstreitet gewiß nicht der Theorie, von
der man hier spricht, weil das Eisen das Vermoͤgen besizt, sich mit dem
Kohlenstoffe in verschiedenen Verhaͤltnissen zu verbinden, angefangen vom
harten Eisen und durch die verschiedenen Arten des Stahles durch, sowohl des Roh-
als des Caͤmentir-, oder Guß-Stahles bis hinauf zum kohlensauren Eisen,
welches nicht mehr als neun Zehntheile im Gewichte enthaͤlt; deßwegen findet
man in dem kaͤuflichen Stahle so große Verschiedenheit in Bezug auf
Homogeneïtaͤt, auf Cohaͤsion im Allgemeinen, auf Haͤrte,
Elasticitaͤt, Haͤmmerbarkeit, Zaͤhigkeit und
Schmelzbarkeit.
Es scheint daher der Schluß erlaubt, daß das reine Eisen mit dem Minimum von
Verkohlenstoffung ein schwacher Stahl ist, mit dem Maximum ein Kohlen-Eisen,
waͤhrend die verschiedenen Grade der dazwischen liegenden Carbonisation die
verschiedenen immer besseren Arten des Stahles liefern, bis man zu einem solchen
Verhaͤltnisse kommt, in welchem wegen Uebermaßes des Kohlenstoffes der Stahl
nicht mehr haͤmmerbar, sondern zerbrechlich, glasig und ungemein hart
fuͤr Feile und Schleif-Muͤhle ist, und also von keinem Nuzen bei
Anwendung in mechanischen Kuͤnsten. In den lezteren Zeiten fand man im Stahle
Phosphor, und man behauptete auch, man muͤsse den Stahl als Metall-Legirung
des Stahles selbst mit irgend einem Metalloide, oder auch Metalle betrachten; man
erhaͤlt daher verschiedene Arren von Stahl, wenn man denselben in
Beruͤhrung mit Calcium, Silicium, Aluminium oder auch mit Silber, Platinna
schmilzt; diese Arten haben Eigenschaften, welche von dem gemeinen Guß-Stahle sehr
verschieden sind, und aͤhneln, wie man versichert, dem indischen Eisen oder
Stahle, Wootz, dessen besondere Eigenschaften von einigen Chemikern so sehr
gepriesen werden.
Indem ich nun die dargestellte Theorie der Caͤmentirung im
Gedaͤchtnisse hatte, schloß ich fuͤr mich selbst auf folgende Weise:
wenn sich Fette oder Oehle bei der Rothgluͤhhize zersezen, entwikelt sich
Wasserstoffgas mit mehr oder weniger Kohlenstoff geschwaͤngert, angefangen
vom oͤhlbildenden Gase bis stufenweise hinauf zu den verschiedenen, immer
weniger verkohlstofften, Gasarten. Wenn nun der Kohlenstoff bei seinem ersten
Entstehen sich in Beruͤhrung mit einer Masse gluͤhenden Eisens in
einem geschlossenen Gefaͤße befaͤnde, wuͤrde er sich damit
innig verbinden, und so das Eisen in Stahl umgewandelt werden. Indem ich nun
uͤber die moͤgliche Verbindung nachdachte, sah ich ein, daß die
erhoͤhte Temperatur des Eisens, der Zustand der groͤßten Feinheit des
Kohlenstoffes bei seinem ersten Entstehen, und die geringe Verwandtschaft, die ihn
an das entwikelte Wasserstoffgas bindet, die Veranlassung, die ihn antreibt, sich
mit dem Eisen zu verbinden, daß, sage ich, alles dieses die Caͤmentirung des
Eisens selbst leicht und vollstaͤndig machen muͤsse. Ueberdieß erwog
ich die merklichen Varietaͤten, welche man, in Wirklichkeit, am Kohlenstoffe
in Hinsicht der Bildung des Stahles beobachtet, und uͤberzeugte mich, daß
derselbe Stahl, den man bei der Caͤmentirung in Beruͤhrung mit Hohle
von hartem Holze, von weichem Holze, von Steinkohle, mit Ruß, mit Kohlenstoffe, der
sich bei der Zersezung vegetabilischer oder thierischer Oehle, und der verschiedenen
Fette erzeuge, erhalten wuͤrde, verschieden seyn muß; und wer weiß,
wiederholte ich bei mir selbst, nach Anleitung des Herrn Fischers, was fuͤr herrlichen Stahl man vielleicht erhalten
wuͤrde, wenn man Demant, als den reinsten Kohlenstoff, in geschlossenen
Gefaͤßen in Beruͤhrung mit Eisen braͤchte! Nach allen diesen
Betrachtungen sah ich voraus, daß der Stahl meiner Caͤmentirung, den ich nun
im Voraus thermolampischen (acciajo termolampico), nennen will, sehr verschiedene Eigenschaften von
dem Caͤmentir-Stahl der Englaͤnder und dem Rohstahle haben
wuͤrde, sowohl nach der wesentlichen Verschiedenheit des Processes, als auch
nach Verschiedenheit der caͤmentirenden Substanz. Allein bei diesen und
aͤhnlichen Nachforschungen haben Schluͤsse und Theorien nur in so fern
einen Werth, als sie zur Thatsache fuͤhren, die allein Gewißheit verschaffen
kann. Ich unternahm daher eine geordnete Arbeit, um die Vermuthungen, die sich in
meinem Geiste hin und her bewegten, aufzuklaͤren, und zu bestaͤtigen,
indem ich die Caͤmentirung mittelst der Thermolampe in's Werk sezte, und die
Producte derselben vergleichungsweise mit den verschiedenen Arten des Stahles, die
im Handel vorkommen, untersuchte. Indem ich nun diesen Weg einschlug, wuchs, wie es
oͤfters bei solchen Versuchen zu gehen pflegt, meine Arbeit unter den
Haͤnden so merklich an, daß ich bereits zwei Jahre mich ununterbrochen damit
beschaͤftige, und weit entfernt bin zu glauben, daß der Gegenstand
erschoͤpft sey; indessen schmeichle ich mir, eine neue Straße
eroͤffnet, und zum Theile betreten zu haben; andere werden die Untersuchungen
weiter verfolgen, zum großen Nuzen, wie ich hoffe, fuͤr Manufacturen und
mechanische Gewerbe.
Indem ich die Reihe meiner Arbeiten und Ideell darlegte, bezeichnete ich auch die
Ordnung dieser meiner Abhandlung. Ich werde daher damit beginnen, meine Versuche mit
der thermolampischen Caͤmentirung auseinander zu sezen; den von mir
ausgedachten Apparat, um dieselben mit Sicherheit vorzunehmen, zu beschreiben, und
dann die Producte dieser meiner Untersuchungen im Vergleiche mit dem Rohstahle und
englischen Caͤmentir-Stahle, und ihre Tauglichkeit oder Zwekmaͤßigkeit
zu verschiedenem Gebrauche und Instrumenten pruͤfen. Nachdem nun das ganze
Verfahren der Caͤmentirung dargestellt ist, werde ich zu den
Schmelz-Versuchen uͤbergeben, die oͤfters mit verschiedenem Erfolge
angestellt wurden, und da ich viele Muͤhe bei Einrichtung einer
Schmelzhuͤtte und Verfertigung der Schmelztiegel hatte, werde ich die
Darlegung einer Arbeit uͤber den groͤßeren Widerstand der Erden gegen
das Feuer, und uͤber die Art, die pyrometrischen Cylinderchen zur Messung
sehr hoher Temperaturen einzurichten, vorausschiken. Wenn ich dann zu den
Schmelz-Versuchen komme, muß ich die verschiedenen von mir angewandten Methoden und
die verschiedenen von mir versuchten Flußmittel beschreiben, indem ich bei den
glasigen anfange, und dann zu den erdigen uͤbergehe, die in Qualitaͤt,
Quantitaͤt und in den Verhaͤltnissen der Zusammensezung verschieden
sind, und endlich die vergleichenden Versuche auseinandersezen, die ich zur
Bestimmung der Guͤte der verschiedenen bei den verschiedenen Schmelzungen
erhaltenen Stahlarten anstellte.
Versuche mit der thermolampischen
Caͤmentirung.
Meine ersten Versuche mit der thermolampischen Caͤmentirung waren die, daß ich
Naͤgel und Klingen eiserner Messen und Federmesser in die Retorte der
Thermolampe brachte; dieses Eisen wurde voͤllig caͤmentirt, oder in
Stahl von guter Qualitaͤt umgewandelt. Ein Federmesser, das ich auf diese Art
erhielt, verdient besondere Erwaͤhnung; denn ich bediene mich desselben seit
zwei Jahren taͤglich, und fand es immer trefflich beim Gebrauche; eben dieß
gilt von einigen Scalpellen, Bohrern, und groben Messern, von mittelmaͤßiger
Qualitaͤt Nach diesen vorlaͤufigen Erfahrungen, die meine
theoretischen Ansichten uͤber diese neue Methode der Caͤmentirung
voͤllig bestaͤrckten, beschloß ich sie zu studieren und unmittelbar
auszufuͤhren, und ersann und verfertigte mir in dieser Absicht einen Apparat,
der zugleich zur Caͤmentirung und als Thermolampe dient. Mein Apparat zur
thermolampischen Caͤmentirung besteht aus einem Reverberir-Ofen, der mit Holz
geheizt wird, innerhalb welchem nach der Laͤnge, ein Recipient aus
geschlagenem Eisen sich befindet, welcher durch zwei dike und starke hohle
Eisenstangen gestuͤzt ist, die quer durch die Breite des Ofens laufen; auf
diesem Recipienten befindet sich das Eisen, welches caͤmentirt werden soll.
Die caͤmentirende Materie wird in den cylindrischen Recipienten, der unter
dem gluͤhenden Eisen sich befindet, mittelst einer senkrechten Roͤhre
eingebracht, die oben in einen messingenen Hahn endet; die Gasproducte treten aus
einer anderen verticalen eisernen Roͤhre, aus, die an den entgegengesezten
Ende angebracht ist, und durchlaufen dann das gange System der Thermolampe bis zum
Gasometer, in welchem das gereinigte Beleuchtungs-Gas sich sammelt. Die
beigefuͤgte Tafel mit der entsprechenden Erklaͤrung zeigt den ganzen
Apparat, und jeden seiner Theile. Mit dem beschriebenen Ofen, den man mit weichem
Holze, das in duͤnne Stuͤke geschnitten und troken ist, heizet,
erhaͤlt man eine hinlaͤnglich hohe Temperatur, welche die
gewoͤhnliche Temperatur, bei der man in den gemeinen Glasoͤfen Glas
macht, betraͤchtlich uͤbersteigt; denn in den lezteren steigt die
Temperatur, die ich oͤfters gepruͤft habe, auf 54 Grade des
Wedgwood'schen Pyrometers, und geht nie uͤber den 60sten Grad hinaus,
waͤhrend ich in meinem kleinen Ofen nach 6 oder 7 Stunden leicht eine
Temperatur von 70° und noch mehr erhalte. Es ist vielleicht nicht
unnuͤz hier zu bemerken, daß die Dimensionen des Ofens, der
Rauchoͤffnung und des Kamines, durch verschiedene Versuche, wie
gewoͤhnlich, bestimmt wurden, um die groͤßte Wirkung zu erhalten;
indessen ist der Ofen, von welchem die Rede ist, schon bekannt, und von den
Glasmachern zur Verfertigung der großen Tiegel angewendet, die das Glas aufnehmen
sollen, und auch beschrieben, und fuͤr die Caͤmentation nach Art der
Englaͤnder vorgeschlagen von den Herren Monge, Vandermond und Berthollet in
ihrer Anleitung fuͤr's Volk. Die angedeutete Tafel wird den ganzen Apparat
deutlicher kennen lernen. Weil nun der Apparat zur Caͤmentirung bereits
ersonnen, und mit Huͤlfe einer Zeichnung beschrieben ist, aus der man leicht,
wie es mir scheint, die Theile desselben selbst und ihren wechselseitigen
Zusammenhang erkennen und ersehen kann, gehe ich zu den unternommenen Versuchen
uͤber, und waͤhle zu diesem Zweke aus meinem Tagebuche den mehr in's
Große getriebenen Versuch. Ich brachte in den Recipienten 67 Pfunde und 3 Unzen
hartes Eisen von Bergamo zu Kutschen-Federn, in Stuͤken von ungefaͤhr
2 Zoll Breite, 2–3 Linien Dike; 6 Pfund gewoͤhnlichen
Kaͤrnthner Stahl, in vierekige Stuͤke von 4 Linien Breite geschnitten;
2 Pfunde weiches Eisen von Dongo in aͤhnlichen Dimensionen mit dem harten
Eisen von Bergamo; in allem also 75 Pfunde und 3 Unzen Eisen und Stahl, um sie zu
caͤmentiren; und da es noͤthig war, zu erfahren, ob aus dem Resultate
ein Unterschied zwischen der neuen Caͤmentirungs-Methode und der Englischen
sich ergaͤbe, brachte ich in einen Tiegel 6 Stuͤke von hartem Eisen in
reggia,Wir finden hier den Ausdruk: ferro duro in reggia,
ferro dolce in reggia, den wir in keinem Woͤrterbuche
erklaͤrt sahen. A. d. Ueb. das im Ganzen demjenigen aͤhnlich war, welches sich in der thermolampischen
Retorte befand, umgab und bedekte sie von allen Seiten mit Kohlenpulver, und sezte
den Tiegel in den Ofen.
Das Feuer wurde nun angezuͤndet, 9 Stunden lang unterhalten, und die Hize bis
auf 60° Wedg. gebracht, waͤhrend welcher Zeit in die Retorte 2 Pfunde
und 3 Unzen geschmolzenes Schweinfett eingetroͤpfelt wurden. Am folgenden
Tage, nachdem man die Zusammenfuͤgung etwas ausgebessert, und den Zustand des
Eisens untersucht hatte, welches eine oberflaͤchliche Caͤmentirung
zeigte, wurde das Feuer neuerdings angefacht, und 16 Stunden lang unterhalten,
waͤhrend man 7 Pfunde Schweinfett in die Retorte brachte, und die Temperatur
auf 64° Wedg. erhoͤhte. Endlich nach einigen Tagen, nachdem man zuvor
den Grad der Caͤmentirung des Eisens untersucht hatte, wurde von Neuem 16
Stunden lang Feuer gemacht, wobei die Temperatur auf 70° Wedg. stieg, und man
ungefaͤhr 3 Pfund Schweinfett eintrug. Wenn man nun die Versuche zusammen
nimmt, so geht daraus hervor, daß das angegebene Eisen in Allem ungefaͤhr 40
Stunden im Feuer war, welches von 60 bis auf 70° Wedg. gebracht wurde, und
daß man in dieser Zeit 12 Pfunde Schweinfett in die Retorte eintrug. Um nun die
durch die ganze Operation hervorgebrachte Wirkung kennen zu lernen, oͤffnete
ich den Recipienten, nahm das Eisen heraus, pruͤfte genau den Zustand
desselben, und fand nun: Erstens, daß das harte Eisen von Bergamasco
gaͤnzlich caͤmentirt war; auch bemerkte ich an einigen Stuͤken
desselben eine anfaͤngliche Schmelzung. Zweitens: das weiche Eisen von Donge
zeigte im Bruche einige weiße und glaͤnzende Puncte, und war folglich nicht
gaͤnzlich caͤmentirt; es wurde daher zur weiteren Caͤmentation
10 Stunden lang wieder hineingebracht, woraus die Caͤmentation vollendet
schien.
Drittens: der gewoͤhnliche Stahl aus Kaͤrnthen gewann bedeutend an
Korn, Haͤrte und Zaͤhigkeit, so daß er fuͤr feinen Stahl gelten
kann.
Viertens: das harte Eisen, welches in einen Tiegel in Beruͤhrung mit
Kohlenpulver gebracht, und im naͤmlichen Ofen die ganze oben angegebene Zeit
hindurch erhizt wurde, war caͤmentirt, aber in einem betraͤchtlich
geringeren Grade als das naͤmliche Eisen, welches auf meine neue Art
caͤmentirt wurde.
Dieses Urtheil uͤber die Qualitaͤt der verschiedenen Producte meines
Versuches gehen aus einer genauen Pruͤfung eines jeden derselben, verbunden
mit entsprechenden vergleichenden Versuchen, hervor, wovon ich die
vorzuͤglichsten nun auseinander sezen will:
Der Stahl meiner Caͤmentation, der von dem harten Eisen von Bergamasco kommt,
zeigt, ehe er im Feuer bearbeitet wird, ein grobes, glaͤnzendes und
uͤberall gleiches Korn; er zerbricht sehr leicht, wenn er nur etwas
geschlagen wird, und ist besonders und außerordentlich klingend; im Feuer bearbeitet schließt er sich,
erlangt ein feines sehr gleiches Korn von aschgrauer Farbe; gehaͤrtet ist er
sehr hart, von einem noch feineren Korne und vieler Zaͤhigkeit und
Widerstande. Ich ließ aus diesem Stahle verschiedene schneidende Instrumente, und
insbesondere Scalpelle, Feilen, Messer, Scheren, Federmesser und auch Rasirmesser
verfertigen. Aus den großen Stuͤken erhielt ich vortreffliche Instrumente,
und solche erhielt auch das k. k. Institut, als ich mit diesem Stahl Versuche
anstellte, und beurtheilte sie guͤnstig. Die Scalpelle und Grabstichel,
welche die Commission, die abgeordnet wurde, um diesen Stahl kennen zu lernen und zu
beurtheilen, daraus verfertigen ließ, wurden von ausgezeichneter Guͤte
befunden; was die kleinen und feinen Instrumente, als Feder- und Rasier-Messer
betrifft, so fand sie dieselben gut, aber nicht schoͤn von Aussehen, da sie
mit Fasern und verschiedenen Fleken besaͤet sind; ziemlich besser gelangen
mir die kleinen feinen Instrumente mit thermolampischem Stahle, der zuvor gesotten,
und dann neuerdings zehn Stunden lang caͤmentirt wurde; denn diese waren
sauber, nahmen eine schoͤne gleiche Politur an, und hatten eine zugleich
harte und elastische Schneide. Um diese meine Pruͤfung der Arbeiten und
Instrumente zu vollenden, ließ ich von dem naͤmlichen Kuͤnstler zwei
Taschenmesser verfertigen, das eine aus thermolampischem Stahle, das andere aus
unserem besseren Rohstahle, naͤmlich aus dem Bildhauer-Stahle; der Gebrauch
entschied zu Gunsten des ersten; dieß Naͤmliche war auch der Fall mit
Federmessern und Scalpellen, die nach derselben Idee der Vergleichung gefertigt
waren; eben dieß mit Scheren und groben Kuͤchen- und Tafel-Messern; und so
ergab sich mir denn aus Versuchen und Arbeiten, die uͤber ein Jahr fortgesezt
wurden, daß der Stahl meiner Caͤmentirung betraͤchtlich besser ist,
als unser Stahl erster Qualitaͤt, der sogenannte Grabstichel- oder
Bildhauer-Stahl (da punta o da scultore.) Es ist nicht
uͤberfluͤßig, hier zweier vergleichenden Versuche zu erwaͤhnen.
Der wakere Kuͤnstler dieser Stadt, Joh. Ceruti,
verfertigte eine Gartenschere nach einem zierlichen und neuen englischen Modelle;
die schneidende Klinge dieser Schere wurde aus meinem thermolampischen Stahle
gemacht, und gelang so gut, daß diese Schere, obgleich klein, die Zweige
gruͤner Pflanzen und harten Holzes bis zu einem Durchmesser von Einem Zolle
rein durchschneidet: der naͤmliche Kuͤnstler machte verschiedene
Klingen fuͤr andere aͤhnliche Scheren aus Feilenstahle, und unserem
besseren Stahle, die schlecht ausfielen. Endlich ließ ich aus thermolampischem
Stahle eine Spize fuͤr den Meißel eines Bildhauers verfertigen, und
uͤbergab sie Steinmezen, damit sie an den haͤrtesten Steinen, und
namentlich am Granite hiesingen Landes versucht wuͤrde;Im Vergleiche naͤmlich mit den Spizen aus gewoͤhnlichen
Stahle. ich ließ sie ihm auf acht und mehrere Tage zum Gebrauche, und wurde dann von dem
Kuͤnstler versichert, daß diese Spize um ein Gutes besser sey, als die
unsrigen, die man gewoͤhnlich anwendet. Ich hatte bei diesem Versuche die
Vorsicht, nicht zu sagen, daß dieser Stahl von mir verfertigt sey, damit man nicht
etwa aus Gefaͤlligkeit gegen mich davon vorteilhaft urtheilte. Soviel von der
Guͤte des Stahles meiner Caͤmentation aus dem harten Eisen. Auf
gleiche Weise untersuchte ich auch die anderen verschiedenen Arten von Stahl und
Eisen, die der Pruͤfung der Caͤmentation unterworfen worden waren. Um
zuerst von dem weichen Eisen aus Dongo zu sprechen, so wurde dasselbe feiner und von
dichterem Korne als der Stahl, von dem ich zulezt sprach, gleich hart, und noch
reiner. Jedoch bemerkte ich im Bruche dieses Stahles noch einige weiße und
glaͤnzende Puncte, die mir die Gegenwart einiger Eisen-Theilchen verriethen,
und mich uͤberzeugen, daß das weiche Eisen laͤngere Zeit braucht, als
das harte, um vollkommen caͤmentirt zu werden; und so mußte es seyn, da das
harte Eisen zu Federn schon zum Theile kohlenstoffhaltig, oder ein schwacher Stahl
ist; waͤhrend das weiche Eisen dasselbe weniger, oder gar nicht ist. Der
Kaͤrnthner Stahl, welcher der thermolampischen Caͤmentation
unterworfen wurde, wurde ein guter und feiner Stahl, wie der beste Steyrische, und
vorzuͤglich geeignet zu Schneide-Instrumenten. Einige Scheren, die daraus in
Brescia verfertigt wurden, dienen ein volles Jahr zum taͤglichen Gebrauche,
und wurden noch nie geschliffen.Der Verfasser beschenkte uns gefaͤllig mit verschiedenen, aus dem
Stahle von seiner Caͤmentation verfertigten Instrumenten, und unter
anderem mit einem Barbiermesser; und wir fanden diese Instrumente nach
verschiedenen Versuchen von bester Qualitaͤt.A. d. Red. d. Giornale.
Mir bleibt zulezt noch uͤbrig, von dem vergleichenden Versuche der
thermolampischen und englischen Caͤmentation, den ich eben andeutete, zu
sprechen. Bei diesem Versuche sind vorzuͤglich zwei Umstaͤnde zu
bemerken; erstens der Grad der Caͤmentation bei gleicher Zeit und Temperatur;
zweitens, die Qualitaͤt der zwei Producte, und ihre Tauglichkeit zum
Gebrauche. Der Grad der Caͤmentirung wurde nun betraͤchtlich geringer
befunden, bei uͤbrigens vollkommen gleichen Umstaͤnden; denn
waͤhrend das harte Eisen mit der Thermolampe voͤllig caͤmentirt
wurde, wurde das Eisen, welches in einem geschlossenen Gefaͤße in
Beruͤhrung mit Kohlenpulver gebracht wurde, dieß nur unvollstaͤndig.
In der That, wenn man den Bruch des einen Stahles mit dem des anderen vergleicht,
und das Korn und die in der Masse zerstreuten glaͤnzenden Puncte untersucht,
ergibt sich ein auffallender und sehr großer Unterschied. Um daher den
naͤmlichen Grad von Caͤmentirung zu erhalten, mußte ich das Verfahren
nach Art der Englaͤnder 20 Stunden lang und noch laͤnger wiederholen, so daß dasjenige, was
man mit der thermolampischen Caͤmentation in 30 Stuͤnden
erhaͤlt, mit der englischen 50 Stunden erfordert. Aus diesem Versuche ginge
eine große Ersparung zu Gunsten der thermolampischen Caͤmentation hervor; aus
anderen Versuchen ferners, die dahin zielten, die Guͤte der zwei Arten des
Stahles, unter sich verglichen, kennen zu lernen, ergibt sich, daß der
thermolampische Stahl bei gleichem Grade der Caͤmentation auch
betraͤchtlich besser ist, als der nach der englischen Caͤmentation.
Ich ging dabei von dem Grundsaze aus, daß derjenige Stahl besser sey, der in einem
ausgezeichneten Grade zwei Eigenschaften in sich vereinigt, welche sich zu
widerstreiten scheinen, naͤmlich Harte und Zaͤhigkeit. Auch der
haͤrteste Stahl, der beim Gebrauche springt und bricht, kann nicht zu
schneidenden Werkzeugen verwendet werden, wenn man nicht seine Haͤrte
vermindert, indem man ihn bei einer hoͤheren Temperatur wieder schmilzt. Man
muß daher jenen Stahl fuͤr den besten halten, der eine hinlaͤngliche
Haͤrtung annimmt, und dabei viele Zaͤhigkeit behaͤlt; denn dann
biegen sich Schneide-Instrumente beim Gebrauche nicht, weil sie hart, und brechen
nicht, weil sie zaͤhe sind. Nach diesem einleuchtenden Grundsaze
pruͤfte ich die verschiedenen schneidenden Werkzeuge, die aus Stahl von
thermolampischer Caͤmentation verfertigt, und jeder Art von Haͤrtung
unterworfen wurden, indem ich sie in einem Bade von Leinoͤhl bei einem
mittelst des Thermometers bestimmten Waͤrmegrade kochen ließ. Mein Stahl, bei
212° R. gekocht, ist hart genug, und so zaͤhe, daß er gute
Schneide-Instrumente liefert; waͤhrend der englische Stahl, und noch mehr der
Rohstahl der Bildhauer, eine weit groͤßere Erwaͤrmung fordern, um eine
ausdauernde Schneide zu erhalten. Fuͤr kleine Instrumente, die eine noch
feinere Schneide fordern, wandte ich eine groͤßere Haͤrtung an, indem
ich das Stuͤk bei 185° bis 190° R. wieder kochen ließ, und die
Schneide wurde fein und ausdauernd. Diese Pruͤfung wurde auf das Aeußerste
getrieben, indem ich feine Schneide-Instrumente bei jeder Haͤrtung
verfertigte, ohne sie nachher im Geringsten wieder zu kochen, oder zu
erwaͤrmen, und sie behielten eine ausdauernde Schneide.
Zur Vollendung der vergleichenden Pruͤfung dieses meines Stahles bleibt mir
noch uͤbrig, einige Untersuchungen uͤber Dichtheit oder specifische
Schwere desselben im Vergleiche mit anderen Stahlarten hinzuzufuͤgen; das
Ergebniß derselben ist in folgender kleinen Tabelle verzeichnet, aus welchem man die
Dichtheit der verschiedenen Caͤmentir- und Gußstahl-Arten ersehen kann, indem
ich im Folgenden fortfahre, vom Zweiten zu handeln.
Indessen glaube ich nicht, daß man aus der Pruͤfung der specifischen Schwere
irgend etwas Wichtiges in Bezug auf Guͤte des Stahles ableiten koͤnne,
weil sowohl oftmahls der Stahl aus einer Verbindung von vielen Grundlagen entsteht,
die unter sich in
specifischem Gewichte verschieden sind, und die man weder kennen, noch quantitativ
durch Beobachtung der Dichtheit bestimmen kann, als auch, weil diese wahrscheinlich
bei der Zusammensezung in einen neuen Aggregations-Zustand uͤbertreten, der
ihre mittlere Dichtheit aͤndert. Ueberdieß entstehen bei Bestimmung des
specifischen Gewichtes des Stahles leicht Ungleichheiten durch einige Risse oder
Spalten im Innern, welche die Dichtheit vermindern, und das Volumen
vergroͤßern muͤssen. Auch der feinste Stahl, namentlich der englische
Guß-Stahl, genannt Huntzmann, zeigt betraͤchtliche Verschiedenheiten im
specifischen Gewichte, selbst an der naͤmlichen Stange. Ich untersuchte ein
vierekiges Stuͤk von Huntzmann, das noch nicht gehaͤmmert war, und
fand es auf dem Bruche voll von Loͤchern und betraͤchtlichen
Hoͤhlungen, die sich unter dem Hammer durch gehoͤrige Lage und
Beruͤhrung schließen. In jedem Stahle ist wenigstens die Continuitaͤt
hier und da unterbrochen, was das specifische Gewicht mehr oder weniger
aͤndern kann.
Tabelle der
specifischen Gewichte der verschiedenen Caͤment- und Guß-Stahl-Arten
bei einer Temperatur von 10 Graden Reaum.
Gemeines Eisen
7,7880
Hartes Eisen
7,7667
Bildhauer-Stahl
7,8119
Englischer Caͤment-Stahl
7,7643
Thermolampischer Stahl
7,7665
Englischer Gußstahl, genannt Huntzmann
7,8076
Gußstahl in Beruͤhrung mit Glas
7,6704
Wiedergeschmolzener Stahl
7,6475
Stahl geschmolzen mit gepuͤlvertem Kalke
7,7399
– –
–
Kieselerde, Kalke und Thone
7,6808
– wiedergeschmolzen, in Beruͤhrung mit Glas
gemischt mit 1/5 weichen Eisens
7,6331
– von weichem Guße mit gekochtem Glase
7,7144
Wenn, wie aus meinen wiederholten Versuchen hervorgeht, der thermolampische Stahl
betraͤchtlich besser ist, als der Roh- und Caͤment-Stahl, so
koͤnnte fuͤr den Staat die Errichtung einer Manufactur von
thermolampischem Stahle von Nuzen seyn, die sich fuͤrwahr nicht in einem
physikalischen Kabinette betreiben laͤßt, sondern in einer bereits bestehenden Eisen- oder
Rohstahl-Fabrik Plaz finden muͤßte. Um schneller, und mit groͤßerer
Ersparung einen guten Stahl zu erhalten, wuͤrde es besser seyn, der
thermolampischen Caͤmentirung nur hartes Eisen zu unterwerfen; doch
muͤßte dieses mit groͤßerer Sorgfalt bearbeitet und gegluͤht
seyn, damit es ganz gesund und ohne Blaͤtter und Fasern wird. Man
koͤnnte auf viele und verschiedene Arten das Gefaͤß zur
Caͤmentirung einrichten, indem man die naͤmliche Materie anwendete,
aus der man die großen Tiegel zum Schmelzen des Glases verfertigt; oder gute
Baksteine, untereinander mittelst feuerfesten Thones wohl verbunden; oder einen
großen Recipienten aus Gußeisen (ghisa); man
muͤßte jedoch im lezteren Falle die Flamme maͤßigen, damit das
Gußeisen geschmolzen wuͤrde. Zur Bedekung dieser Recipienten koͤnnte
man leicht zwei Roͤhren anwenden, die eine zur Eingießung des geschmolzenen
Fettes, die andere zum Ausgange fuͤr das Gas, welches man nuͤzlich
anwenden koͤnnte, indem man es entweder in einem Gasometer zur Beleuchtung
sammelte, wenn es noͤthig waͤre, oder es mittelst einer eisernen
Roͤhre auf den Feuerherd leitete, und dort zur Ersparung an Brennmateriale
verbrennte. Die Form des Ofens, um die zu caͤmentirende Masse in
Rothgluͤhhize zu versezen, kann verschieden seyn nach der Erforderniß der
Umstaͤnde, der Qualitaͤt des Brennmateriales, welches man anwenden
will; die verschiedene Localitaͤt, die Erfahrung, die Gelegenheit in großen
Eisen-Schmelzhuͤtten ein immer brennendes und sehr lebhaftes Feuer in den
Reductions-Oefen zu haben, und Nachdenken werden viele oͤkonomische Vortheile
und Methoden an die Hand geben, welche man nicht in Voraus berechnen kann, und
welche die Operation gewiß weniger kostspielig machen werden. Ich habe nach dem
Ergebnisse meiner Versuche die Kosten, um auf meine neue Art ein Pfund harten Eisens
zu caͤmentiren, berechnet, und es warf sich auf vier Soldi heraus; bei einer
geordneten Manufactur im Großen mit allen oͤkonomischen Vortheilen
wuͤrden sie gewiß noch weit weniger betragen. Gegenwaͤrtig kostet das
Pfund hartes Eisen sechs Soldi, und es kaͤme daher der thermolampische Stahl
auf zehn Soldi, waͤhrend der Stahl fuͤr Bildhauer das Pfund dreizehn
Soldi kostet.
Bei dieser Berechnung ist vorausgesezt, daß das beleuchtende Gas verloren geht. Wenn
man das Eisen in einer schon bestehenden, und in voller Wirksamkeit begriffenen
Thermolampen-Manufactur caͤmentirte, wuͤrde man bei dieser Operation
ein neues Erzeugniß ohne Vermehrung der Kosten erhalten, und es wuͤrde so die
Caͤmentirung gar nichts kosten, da der Thermolampen-Apparat auch
Caͤmentations-Apparat ist; der Ofen, das Feuer, das Fett, die zur Thermolampe
dienen, dienen zur naͤmlichen Zeit auch zur Caͤmentirung; es
genuͤgte in die thermolampischen Recipienten statt der gewoͤhnlichen
Baksteine, die zu
caͤmentirenden Eisenstangen hineinzubringen, und man wuͤrde auf diese
Weise so viel Stahl erhalten, als man wollte; jedoch ist es wahr, daß man etwas an
erleuchtender Kraft des Gases, da es eines Antheiles Kohlenstoffes beraubt
waͤre, verlieren wuͤrde; aber dieser Verlust ist gewiß unbedeutend
gegen das so werthvolle Erzeugniß der Caͤmentation.
Soviel von der thermolampischen Caͤmentation; uͤbrigens dachte ich, daß
dieser Apparat, außer zu dieser Operation, auch zu anderen Processen und wichtigen
Untersuchungen nuͤzlich seyn koͤnne. Ueberhaupt lassen sich mittelst
desselben die Verwandtschaften der elementarischen Substanzen bei erhoͤhten
Waͤrme-Graden in dem Augenblike studieren, in welchem die Koͤrper, aus
denen sie sich entbinden, in einem Zustande von Zersezung sind. Das Verfahren der
franzoͤsischen Chemiker mit Zersezung des Kali bestaͤtigt vollkommen
diesen meinen Gedanken; denn bei diesem Apparate macht man anfaͤnglich
Eisenfeilspaͤne, die in einer eisernen Roͤhre eingeschlossen sind,
rothgluͤhend, und bringt dann, und nicht ehe, mit einem Mahle die Pottasche
hinein, welche, durch das Eisen zersezt; Potassium liefert, das demjenigen
aͤhnlich ist, welches man durch den elektrischen Funken mit dem Volta'schen
Apparate erhaͤlt. Viele Ideen und viele Entwuͤrfe zu Versuchen bewegen
sich in meinem Kopfe hin und her, die ich bis jezt nicht ausfuͤhren konnte,
da mich andere Arbeiten zu sehr beschaͤftigen; einige zur Probe angestellte
Versuche, lieferten mir jedoch merkwuͤrdige Resultate. Ich brachte in die
thermolampische Retorte einige Bergkrystalle, Feuersteine, Achate, Messingstangen,
Kupfer-Muͤnzen, um die Wirkungen des sich entwikelnden Kohlenstoffes auf alle
diese Substanzen kennen zu lernen; und fand nach vier bis fuͤnf Stunden der
Thermolampen-Operation an denselben betraͤchtliche Veraͤnderungen. Die
Bergkrystalle waren voͤllig und innig vom Kohlenstoffe durchdrungen, indem
sie schwarz und rauchigen Bergkrystallen aͤhnlich waren; die Achate hatten
sich in Schichten geloͤset, und ebenfalls tief schwarz gefaͤrbt; das
Naͤmliche war mit den Feuersteinen der Fall; die Verkohlenstoffung endlich
des Messings und Kupfers machte diese Metalle hoͤchst biegsam und dehnbar,
veraͤnderte ihre Farbe, und gab ihnen außerordentlichen Klang. Diese rohen
Versuche lassen sich aber auf ein genaues Gewicht und Maß
zuruͤkfuͤhren, und auf verschiedene Koͤrper in verschiedener
Weise ausdehnen, und vorzuͤglich wichtig waͤre es, wenn sie bei einer
noch hoͤheren Temperatur angestellt wuͤrden, und man mit der Substanz
wechselte, die in den thermolampischen Recipienten kommt, und zersezt wird. Wenn ich
mich nicht im Reiche der Moͤglichkeiten verliere; so scheint mir, daß eine
aͤhnliche Arbeit nuͤzliche Ergebnisse in Bezug auf Zusammensezung und
Zersezung der Koͤrper geben, und vielleicht neue Arten der Wirkung und neue
Reihen der Verwandtschaft enthuͤllen koͤnne. Ich hoffe mich mit diesen
Untersuchungen meinem Vorsaze gemaͤß beschaͤftigen zu
koͤnnen.
Versuche uͤber die Schmelzung.
Da der thermolampische Stahl so betraͤchtlich verschieden von dem Roh- und
Caͤmentstahle an Haͤrte und Zaͤhigkeit ausfiel, so geziemte es
sich auch die Schmelzbarkeit desselben durch Versuche kennen zu lernen. Ich
unternahm daher meine Schmelzversuche, zwar nicht geradehin mit dem Vorsaze,
Gußstahl zu fabriciren; allein, wie es zu geschehen pflegt, indem ich von einem
Versuche zu dem anderen uͤberging, beschaͤftigte mich diese Arbeit,
die nur zur Probe unternommen wurde, hinlaͤnglich, und wurde mit
verschiedenen Ergebnissen uͤber ein Jahr lang fortgesezt.
Ich gebe hier eine genaue Darstellung dieser meiner neuen Arbeit, in der Hoffnung,
daß daraus irgend ein Nuzen entspringen koͤnne, und spreche zuerst von dem
Schmelz-Herde und den Tiegeln, wie ich mir schon Anfangs vorgesezt habe.
Der Schmelzherd, den ich anwendete, gleicht denen, deren sich gemeiniglich die
Messing-Gießer bedienen, und stellt von innen einen abgestuzten Kegel vor, der 14
Zoll hoch, im Grunde 5 und in der Hoͤhe 7 Zoll breit ist. Der Grund besteht
aus einer diken Lage Eisens, und hat sechs in einem Kreise stehende Loͤcher
von drei Linien im Durchmesser; unter ihm befindet sich eine Kammer, die von allen
Seiten geschlossen ist, und in welche die Luft durch einen Blasebalg getrieben wird,
die dann durch die genannten Loͤcher austritt, und sich uͤber den
Schmelzherd verbreitet. Das Innere dieses Schmelzherdes in Form eines Trichters ist
aus guter feuerfester Erde gearbeitet, und ruht auf den Raͤndern der
erwaͤhnten eisernen Lage. Um diesen Trichter ist eine dike Mauer im Kreise
herum aufgefuͤhrt, um dem Schmelzherde Soliditaͤt zu geben, und die
Zerstreuung der Waͤrme nach Außen zu verhindern: einen Dekel von feuerfester
Erde mit Eisen beschlagen, sezt man auf die Oeffnung des Schmelzherdes am Ende der
Operation, wo man sehr großer Hize bedarf.
Dieser Schmelzherd widersteht zwar gut der Staͤrke der Hize, verzehrt sich
aber nach und nach, und schmilzt dergestalt, daß er haͤufig ausgebessert, und
nach einer gewissen Zahl von Schmelzungen sogar erneuert werden muß; was ich im
Laufe meiner Versuche oͤfters thun mußte. Ich erneuere dann leicht das Innere
des Schmelzherdes selbst; indem ich den ersten Trichter herausnehme, und einen neuen
hineinbringe, den ich gut von allen Seiten mit nassem Moͤrtel und mit
Truͤmmern von Baksteinen sichere und schließe. Diese Art der Errichtung
vereinigt in der Ausuͤbung viele Vortheile, ist schnell, oͤkonomisch
und leistet dem Feuer sehr gut Widerstand; sie kann daher fuͤr Guß von Kupfer
und Messing sehr nuͤzlich seyn.
Die Zusammensezung der feuerfesten Erde, die mir am besten gelang, ist folgende:
Franzoͤsischer
Thon,
roh
1
Theil;
–
–
gebrannt
1
–
Quarz-Pulver
1
–
oder auch Thon und Quarzpulver zu gleichen Theilen; aus dieser
wohl bearbeiteten und gekneteten Mischung macht man den Tiegel ohne Boden, oder den
Trichter, der sich brennen, und auf oben angegebene Art anwenden laͤßt.
Allein, die groͤßte Schwierigkeit, mit welcher man bei diesen Schmelzversuchen
zu kaͤmpfen hat, liegt nicht in der Erbauung des Schmelzherdes oder in dem
Widerstande gegen das Feuer derjenigen Materien, mit denen er inwendig ausgekleidet
ist, sondern darin, gute Schmelztiegel aufzufinden, welche die bei dieser Operation
erforderliche hohe Temperatur aushalten. Herr Faraday,
Lehrer der Chemie an der Universitaͤt zu Edinburg,Gegenwaͤrtig an der Royal Institution zu
London. A. d. Ueb. versichert, viele Jahre gegen diese Schwierigkeit gerungen zu haben, und
spricht dabei nicht von gemeinen Schmelztiegeln, sondern von Tiegeln erster
Qualitaͤt, wofuͤr im Allgemeinen die aus Hessen und Cornvallis gelten.
Bei einigen Versuchen, sagt er, gelang die Schmelzung gut, indem er drei
Schmelztiegel anwendete, wovon einer in dem anderen stekte, und die mit Lehm unter
einander verbunden und caͤmentirt waren, und von welchen der erste und zweite
bei der Operation schmolzen. Die HH. Monge, Vandermonde
und Berthollet geben zu verstehen, daß die groͤßte
Schwierigkeit im Schmelzen des Stahles aus dem nicht hinlaͤnglichen
Widerstande der Schmelztiegel entspringe: die Commission des franzoͤsischen
Institutes, die beauftragt war, die neue Methode der Schmelzung des Hrn. Clouet zu untersuchen, sagt in ihrem Berichte, daß von
zwei Versuchen der eine mißlang, weil der Schmelztiegel brach. Diese und andere
Experimentatoren stimmen alle in diesem Puncte uͤberein; und das, was anderen
begegnete, stieß auch mir, und mehr dann ein Mahl auf.
Ich muß aber zu den besonderen Umstaͤnden dieser Arbeit uͤbergehen,
damit man einsehe, wie es mir gelungen sey, mich zum Theile vor dieser Gefahr zu
huͤten. Ich wandte bei meinen Schmelzversuchen schwarze Schmelztiegel aus
Deutschland an, ferner Thontiegel, von mir selbst fabricirt, die in ihrer
Zusammensezung den großen Glasschmelztiegeln aͤhneln, und endlich von mir
verfertigte Schmelztiegel aus besserem Thone, welcher mit Kohlenpulver zu einem
Teige geknetet wurde. Die schwarzen Tiegel aus Deutschland, die gewoͤhnlich
zum Schmelzen gebraucht werden, wurden bei meinen ersten Versuchen duͤnne, und vom Winde
verzehrt, so daß sie gegen das Ende der Operation durchloͤchert wurden, und
aus manchen Loͤchern drang die geschmolzene Materie heraus, und ergoß sich
uͤber die Kohlen auf dem Aschenherde des Schmelzofens; ein anderes Mahl
kuͤttete sich der Boden des Schmelztiegels so fest an den Schmelzherd an, daß
es unmoͤglich war, ihn von demselben loszumachen, und die Materie in Formen
zu gießen. Damit der Tiegel nicht verzehrt wurde, suchte ich ihn soviel
moͤglich vor der unmittelbaren Einwirkung des Windes zu schuͤzen,
indem ich die Loͤcher verbesserte, durch welche der Wind vom Boden des
Schmelzherdes getrieben wird, und in diesen eindringt; ich sezte daher den Tiegel
auf einen festen Cylinder aus guter feuerfester Erde, der uͤber den Grund des
Schmelzofens ungefaͤhr 2 Zoll erhoͤht ist. Um mich dann zu versichern,
daß der Tiegel nicht an seine Unterlage sich anheftete, brachte ich eine Schichte
Kieselsand, mit Kohlenpulver gemengt, uͤber der Flaͤche der
angegebenen Unterlage an, so daß der Tiegel nicht unmittelbar den Thon
beruͤhrte, sondern uͤber der Schichte selbst ruhte. Durch diese Mittel
brachte ich es dahin, daß der Tiegel nicht mehr an den Schmelzherd, oder an die
Unterlage sich ankuͤttete, und nicht so stark von der unmittelbaren
Einwirkung des Windes angegriffen oder verduͤnnt wurde. Um noch besser die
aͤußere Oberflaͤche des Tiegels zu schuͤzen, breitete ich eine
sehr duͤnne Schichte von gutem Thone uͤber denselben aus, den ich mit
einem geringen Antheile Magnesia gemischt, und mit Gummi-Traganth verbunden hatte.
Ich trug diese Schichte mit einem Pinsel 2 bis 3 Mahle auf, und hatte davon sehr
gute Wirkung, denn die Tiegel kamen aus den: heftigsten Feuer aͤußerlich
unangegriffen heraus, und dienten auch zu zwei bis drei Schmelzungen hintereinander.
Auf diese Methode leitete mich die bekannte Beobachtung, daß die Magnesia den Thon
hindert sich zusammenzuziehen, und daher sich zu spalten, und von dem Grunde, auf
den er aufgetragen ist, sich loszumachen; und daß das Traganth-Gummi in einem
lebhaften Feuer zwar verbrennt, aber den damit verbundenen Erden ihre Form
erhaͤlt. Einige meiner Versuche gelangen auf diese Weise gut; bei anderen,
jedoch wurde der Tiegel nach der Ebene des geschmolzenen Metalles
durchloͤchert, das dann durch diese Loͤcher auf dem Schmelzherde sich
verlor. Ich untersuchte die Tiegel nach dem Versuche genau, und fand sie auf der
aͤußeren Oberflaͤche unangriffen; aber im Innern entdekte ich eine
tiefe Furche, ganz im Umkreise des geschmolzenen Metalles, und sah ein, daß der
geschmolzene Stahl diese Tiegel angreift, sie im Innern duͤnner macht und so
verzehrt, daß sie nothwendig brechen muͤssen: wenn nun der Tiegel
hinlaͤnglich dik ist, leistet er Widerstand, obgleich zerfressen und
durchfurcht; wenn nicht, so wird er durchloͤchert, und der Versuch
laͤuft uͤbel ab. Ich mußte daher groͤßere Tiegel anwenden, die
im Verhaͤltnisse diker waren, und sie zustuzen, um sie zu meinem Versuche
tauglich zu machen. In der Folge belehrte ich mich, daß man dem Uebelstande, von dem
hier die Rede ist, zuvorkommen kann, wenn man nach Vollendung der Schmelzung den
Tiegel schnell wegnimmt; denn wenn das zerschmolzene Metall einige Zeit im Tiegel
bleibt, erhizt es sich ausnehmend, und, auf der Oberflaͤche bestaͤndig
bewegt, schlaͤgt es an die Waͤnde des Tiegels, hoͤhlt sie aus,
und durchbohrt oder zertruͤmmert sie endlich ganz; was, wie ich beobachtete,
vorzuͤglich gern bei Schmelzungen mit erdigen Flußmitteln Statt findet.
Ueberdieß muß man bemerken, daß das Metall, wenn es im Zustande des vollkommenen
Flußes sich befindet, sich einen Weg durch die Poren des Tiegels oͤffnet, und
durch denselben durchschwizt, indem es auf der Oberflaͤche verbrennt, wodurch
es roth gefaͤrbt wird; man muß daher bei dieser Operation immer den Verlust
an Materie in Anschlag bringen. So viel von den schwarzen Tiegeln aus
Deutschland.
Ich haͤtte gern die Hessischen Tiegel und auch die Tiegel aus Steingut, welche
Hr. Rosina fabrizirt, versucht; allein es war mir nicht
moͤglich, solche zu erhalten. Ich gerieth daher auf den Gedanken, mir selbst
aͤhnliche Tiegel zu verfertigen, in der Hoffnung, daß sie besser ausfallen
koͤnnten, als die zuerst von mir gebrauchten schwarzen. Ich verschaffte mir
Thon, wie man ihn gewoͤhnlich zur Verfertigung der Schmelztiegel bei der
Glasmachern anwendet, und den man gewoͤhnlich franzoͤsische Erde
nennt, (denn unter den von mir gepruͤften verschiedenen Thonarten ist dieser
der beste), mischte ihn mit schon gebrannter Thonerde derselben Qualitaͤt,
beide zu gleichen Theilen, und ließ daraus mit aller Sorgfalt Tiegel verfertigen;
ein anderes Mahl machte ich sie aus gepuͤlverten Quarze und rohem Thone zu
gleichen Theilen; endlich auch aus rohem Thone und gepuͤlverter Kohle, wie
man es auch in England, nach Angabe von Parkes, eben fuͤr die Schmelzung des
Stahles zu thun pflegt. Diese Tiegel hielten zuweilen bei den Schmelz-Versuchen aus,
sind aber geneigt sich gegen das Ende der Operation zu spalten, wenn die Temperatur
naͤmlich sehr erhoͤht ist. Besser als die uͤbrigen halten
diejenigen aus, die aus Thon und Kohlenpulver zusammengesezt sind, wann man sie mit
Vorsicht anwendet, und vorzuͤglich anfangs langsam erhizt. Bis jezt ziehe ich
die schwarzen Tiegel aus Deutschland zu diesen Versuchen vor; verzweifle aber noch
nicht die Thontiegel brauchbarer zu machen, die bei einem hohen Waͤrmegrade
gebrannt werden muͤssen, um aus ihnen die Luft oder andere Gasarten bei der
neuen Bildung allmaͤhlig auszutreiben, und es fehlte mir bis auf diese Stunde
die Gelegenheit, dieses zu thun.
Der zur Schmelzung des Stahles erforderliche Hizegrad ist gewiß hoch genug, und
deßwegen findet man mit Muͤhe Tiegel, die ihn auszuhalten vermoͤgen;
indessen ist er noch nicht genau bestimmt; denn nach den verschiedenen
Schriftstellern, die daruͤber geschrieben haben, variirt die Temperatur der
Schmelzung von 160° Wedg. bis 65°, und wurde sogar auf 17°
berechnet nach den Versuchen von Clement und Desormes, welche sie mit dem Calorimeter in Wasser
anstellten; ein ungeheuerer Unterschied, welchen man sich nicht leicht
erklaͤren kann, wenn man annimmt, daß die Angaben der verschiedenen
Schriftsteller sich auf Thatsachen gruͤnden, und wohl beobachtet worden
seyen. Dieser Theil meiner Arbeit, der sich auf Bestimmung des zur Schmelzung des
Stahles erforderlichen Waͤrmegrades bezieht, machte mir viele Versuche
nothwendig, aus denen ich verschiedene Ergebnisse erhielt, indem mir eine
voͤllige und vollkommene Schmelzung bei sehr verschiedenen Graden gelang,
angefangen von ungefaͤhr 70 Graden bis zu 140° hinauf. Ich suchte die
Ursache dieser Verschiedenheit kennen zu lernen, und es duͤnkt mich, man
koͤnne sie der Beschaffenheit des Instrumentes, der Art, dasselbe anzuwenden,
und endlich der Verschiedenheit des Stahles und der bei der Schmelzung
gebraͤuchlichen Flußmittel zuschreiben.
Das Instrument, mit welchem man gewoͤhnlich hohe Temperatur-Grade bestimmt,
ist das Wedgewood'sche Pyrometer, welches dieselben durch eine Wirkung anzeigt,
welche derjenigen schnurgerade entgegengesezt ist, durch welche sie in den
Thermometern und metallischen Pyrometern angezeigt werden; denn das erste zeigt sie
durch Verminderung des eigenen Volumens oder durch Zusammenziehung eines
Thon-Cylinderchens, welchen man den heftigen Flammen aussezet; die anderen zeigen
sie durch Vermehrung des Volumens oder durch Ausdehnung an. Ich wiederhole kurz die
Theorie dieses Instrumentes. Der Thon, aus welchem die Probe-Cylinderchen gemacht
sind, enthaͤlt einen gewissen Antheil Wassers, das mit ihm vermoͤge
der Verwandtschafts-Kraft so innig verbunden ist, daß zu seiner Austreibung die
Einwirkung des Feuers noͤthig ist; und in dem Maße, als dieses Wasser in
Dunstgestalt aus dem Wedgewood-Cylinder herausgetreten wird, vermindert, und zieht
sich dieser nach jeder Dimension zusammen, eben weil er einen Theil seiner
constituirenden Bestandtheile, naͤmlich das Wasser, verliert; und da der Thon
selbst nicht im reinen oder aͤzenden Zustande sich befindet, sondern mit
Kohlensaͤure verbunden ist, so verliert er, wenn er heftigen
Waͤrme-Graden ausgesezt wird, auch einen Theil dieses seines anderen
constituirenden Principes, welches sich in Gasgestalt entwikelt, und dieses ist eine
zweite Ursache der Zusammenziehung des Thones, wenn er dem Feuer ausgesezt wird.
Diese zwei Substanzen machen wenigstens den fuͤnften Gewichtstheil der
Wegwood-Cylinder aus; hierzu kommt noch ein kleiner Theil Sauerstoff und
natuͤrliche Kohle, gemaͤß der Analyse, die Vauquelin mit diesen Cylindern anstellte. Ueberhaupt scheidet die Einwirkung der Waͤrme
auf die in Gas verwandelbaren Bestandtheile in dem pyrometrischen Thone diese aus
demselben, und verursacht so in den Probe-Cylindern eine Verminderung in Volumen und
im Gewichte.
Es ist jezt, nach den Arbeiten Berthollets, in der Chemie
der Grundsaz allgemein angenommen, daß die Verwandtschafts-Kraft in der
Zusammensezung im umgekehrten Verhaͤltnisse der relativen Quantitaͤt
der Bestandtheile steht, so daß die ersten Theile eines Bestandtheiles leicht genug
von dem Ueberreste getrennt werden koͤnnen, die lezten aber mit solcher
Gewalt verbunden bleiben, daß es manches Mahl unmoͤglich wird, sie von dem
Ganzen zu trennen. Die aus diesem Saze entspringende Folge ist an und fuͤr
sich klar. Es entwikeln sich daher die Substanzen, welche in Gas verwandelt werden
koͤnnen, und die in den Probe-Cylindern enthalten sind, bei den ersten Graden
der Hize leichter und in groͤßerer Quantitaͤt, als in den folgenden,
und wenn wir daher an diesem Pyrometer eine bestimmte Zahl von Graden (sezen wir
zwanzig), bei einer bestimmten Quantitaͤt von Waͤrme haben, so werden
wir, bei Verdoppelung der Waͤrme, gewiß nicht wieder zwanzig Grade der
Zusammenziehung erhalten, sondern wenigere, weil bei diesem zweiten Versuche sich
die Entwikelung der in Gas verwandelbaren Substanzen vermindert haben wird; das
Naͤmliche, und zwar mit noch groͤßerem Rechte, gilt von anderen
successiven Graden einer noch groͤßeren Hize. Es steht daher die
Zusammenziehung der Cylinder nicht im Verhaͤltnisse mit der wirklichen
Quantitaͤt von Waͤrme. Zur Verbesserung des Instrumentes, von welchem
hier die Rede ist, muͤßte die Scale desselben nicht aus gleichen Theilen
bestehen, sondern aus ungleichen, die bestaͤndig in dem Verhaͤltnisse
der ungleichen Zusammenziehung abnehmen muͤßte; dieses Verhaͤltniß
koͤnnte durch Versuche gegeben werden, und erfordert daher einen andern
Pyrometer zur Vergleichung. Einige Versuche, die Daniel
in England anstellte, und die man in Frankreich wiederholte, um die Zusammenziehung
des Thones im Vergleiche mit der Erweiterung der Platinna kennen zu lernen,
lieferten bisher noch nicht das gesuchte Gesez; auf der anderen Seite lassen sich
auch viele theoretische Einwendungen uͤber die
verhaͤltnißmaͤßige Erweiterung der Platinna bei erhoͤhten
Waͤrmegraden mit der absoluten Waͤrme-Quantitaͤt machen. Wenn
endlich die Temperatur auf einen sehr hohen Grad gesteigert wird, so erweicht sich
allmaͤhlich der Thon, wird teigig, und verglaset sich auf der
Oberflaͤche; es veraͤndert sich dabei sein Aggregations-Zustand, und
es muß daher auch das Verhaͤltniß der Zusammenziehung verschieden werden.
Alle die dargelegten Reflexionen gelten in Theorie und Praxis fuͤr eine
bestimmte Qualitaͤt von Thon, der auf eine bestimmte feststehende Art
bearbeitet und geformt ist; wenn die Thonarten variiren, ist die Ungewißheit uͤber den
Ausspruch des Instrumentes noch groͤßer.
Bei einigen meiner Versuche fand ich Thonarten, die sich sehr wenig, und andere, die
sich gar nicht zusammenzogen; wieder andere, weit davon ihr Volumen zu vermindern,
vermehrten es betraͤchtlich; endlich wandte ich unter so vielen bereits
versuchten den sogenannten franzoͤsischen Thon der Glasmacher an, und nachdem
ich ihn wohl gewaschen und gereinigt hatte, verfertigte ich aus seinem feinsten
Theile die Cylinder, deren ich mich dann bei meinen Schmelz-Versuchen bediente; wann
ich aber gleichnamigen und sehr aͤhnlichen Thon anwandte, der jedoch nicht
identisch, oder von der naͤmlichen Masse genommen war, beobachtete ich
Unterschiede von 14 bis 15 Graden. Zulezt gluͤkte es mir Cylinderchen oder
Stuͤke fuͤr's Thermometer, die mit „Josiah Wedgwood F. R. S.
A. S.“ bezeichnet, und ohne Zweifel aus England waren, zu erhalten;
diese, vergleichungsweise mit den meinigen gebraucht, stimmten so ziemlich
uͤberein, mit einem Unterschiede von 4 bis 5 Graden, jedoch nur innerhalb der
Graͤnze von 60°; zu hoͤherer Hize gesteigert,
uͤberstiegen sie diese bei weitem, so daß, wenn der englische Cylinder 120
zeigte, die meinigen hoͤchstens 80 andeuteten. Aus dem bisher Gesagten ist es
klar, daß das Instrument, um das es sich handelt, nicht vergleichbar ist, und daß
man deßwegen eine der Ursachen, welche auf die so sehr verschiedene Bestimmung des
Schmelzgrades des Stahles Einfluß haben muͤssen, gewiß im Instrumente selbst
zu suchen habe.
Zweitens hat auch die Art, wie man seine Versuche anstellt, Einfluß; denn wenn man
einen Cylinder auf den Dekel des Tiegels, oder innerhalb desselben, oder genau am
Boden und in Beruͤhrung mit dem geschmolzenen Metalle anbringt, wird man eine
verschiedene Waͤrme, und folglich Verschiedenheit des pyrometrischen Grades
haben; wenn man ferners in einem Reverberir-Ofen arbeitete und, wie bei Cluet's
Versuchen, die Cylinderchen außerhalb des Tiegels im Ofen an verschiedene Stellen
sezte, wuͤrde man ebenfalls verschiedene Ergebnisse erhalten, und die
Temperatur des geschmolzenen Metalles wuͤrde nur abgeleitet und angeschlagen,
aber nicht unmittelbar berechnet. Ich bringe bei meinen Versuchen die
Wedgwood-Cylinderchen, in einem Futterale aus feuerfestem Thone eingeschlossen, am
Boden des Schmelz-Tiegels an, so daß sie mit dem geschmolzenen Metalle in
Beruͤhrung kommen; die Futterale bestehen aus Thon und Quarzsand, sind gut
und sorgfaͤltig bearbeitet, und in: Ofen, wie das Geschirr, gebrannt; sie
halten sehr gut die hohe Temperatur aus, welcher sie ausgesezt werden.
Außer den Anzeigen durch das Wedgwood'sche Thermometer kann in der Praxis, um die
Temperatur beilaͤufig zu bestimmen, auch die Farbe des Tiegels und des
Schmelzherdes dienen, so
wie auch die Zeit, welche erforderlich ist, um eine bestimmte Quantitaͤt
Stahles in Fluß zu bringen, wenn man sich immer des naͤmlichen Ofens, des
naͤmlichen Blasebalges und Kohlen von derselben Qualitaͤt bedient. Ich
schmelze 36 Unzen thermolampischen Stahles in Beruͤhrung mit Glas in
ungefaͤhr vierstuͤndigem Feuer; die naͤmliche Quantitaͤt
schmolz mit erdigen Flußmitteln vollstaͤndig in zweistuͤndigem Feuer,
und auch in Einer Stunde, als ich die Operation in einem Schmelzofen vornahm, der
bereits von einer vorausgegangenen Schmelzung gluͤhend war.
Eine andere Ursache der so großen Verschiedenheit in den Schmelzgraden des Stahles
liegt in der Verschiedenheit der Flußmittel, welche man bei dieser Operation
anzuwenden pflegt, und die entweder glasige oder erdige sind. Bei meinen Versuchen
wandte ich gemeines zerstoßenes Glas an, und gab Acht, daß es kein Blei, und auch
kein anderes Metall enthielt, was auch die Englaͤnder zu thun pflegen. Ich
brauchte auch als Flußmittel Kalk, Thon, Kieselerde fuͤr sich, und auch
verbunden und in verschiedenen Verhaͤltnissen gemischt. Der Grad der
Temperatur fiel bedeutend verschieden mit den verschiedenen Flußmitteln aus. Mit
gemeinem Bouteillen-Glase erhielt ich voͤllige und vollkommene Schmelzung,
die ich in vierekige Form brachte, bei ungefaͤhr 120 Graden Wedg. mit Kalk
und anderen erdigen Fluß-Mitteln bei ungefaͤhr 90°; und mit dem einen
so wie mit dem anderen Flußmittel gelang mir die Schmelzung bei einem
betraͤchtlich geringeren Grade, wenn ich 3 oder 4 Procente Kohlenpulver oder
Thermolampen-Ruß hinzufuͤgte, oder auch den Stahl wieder schmolz, wenn
naͤmlich der Versuch an einem schon ein anderes Mahl geschmolzenen Stahl
gemacht wurde. Endlich bemerkte ich eine Verschiedenheit der Temperatur bei
Schmelzung des Rohstahles, des Caͤment- und des thermolampischen Stahles. Ich
schmolz vollkommen thermolampischen Stahl mit Glas bei 120° Wedg.; bei
140° schmolz der Stahl der Bildhauer unvollstaͤndig mit teigiger
Consistenz, und was wichtiger ist, ich machte die Bemerkung, daß der Stahl, welcher
durch diese verschiedenen Processe erhalten wird, sehr verschiedene Eigenschaften
hat, von denen ich nun deutlich sprechen werde.
Der thermolampische Stahl, welcher in Verbindung mit Glas geschmolzen worden war,
wurde verschiedenen Pruͤfungen unterworfen, um daraus seine Eigenschaften
genau kennen zu lernen; und da man bei solchen Untersuchungen vergleichungsweise zu
Werke gehen muß, so verglich ich ihn mit dem geschmolzenen englischen Stahle,
welcher das Zeichen Hunzmann fuͤhrt, und im Handel fuͤr Stahl von
erster Qualitaͤt gilt. Die Stangen, die ich schmolz, haben 24 bis 36 Unzen an
Gewichte, sind vierekig, und halten 10 Linien in der Breite; bevor sie im Feuer
bearbeitet wurden, sind sie sehr weiß, ausnehmend klingend, leicht zerbrechlich,
wenn sie geschlagen werden, und zeigen dann einen Bruch von glaͤnzendem,
vollkommen gleichem, und etwas erhabenem Korne. Im Feuer lassen sie sich in
vierekige Stangen bis zu zwei Linien Breite arbeiten und formen; jedoch muß man sie
mit vieler Vorsicht erwaͤrmen und schmieden; wenn sie naͤmlich zu viel
oder zu wenig erwaͤrmt werden, spalten sie sich unter dem Hammer; man muß sie
schmieden, wenn sie bloß kirschroth, und nicht mehr gluͤhend sind. Wenn sie
das erste Mahl geschmiedet werden, muͤssen die Schlaͤge wenig, wohl
abgemessen, und immer sachte seyn, und das Stuͤk muß vom Neuen
erwaͤrmt werden, und so fort, bis die Theile des Metalles anfangen, sich zu
verbinden, zusammenzuziehen, und an einander zu schließen; dann hoͤren sie
auf es leicht zu seyn, und gehorchen dem Hammer, und koͤnnen dann
laͤnger und staͤrker gehaͤmmert werden, und auch mit dem
Federhammer (penna). Um aber auf diese Weise
geschmolzenen Stahl zu bearbeiten, muß man einen sehr einsichtsvollen und geduldigen
Kuͤnstler finden, der die Operation beginnt und ununterbrochen fortsezt, auf
das Feuer gehoͤrig Acht gibt, das Stuͤk auf dem Amboße nach der Flache
gestuͤzt haͤlt, es oft und nur wenig erwaͤrmt, und vor allem
keine Eile hat. Was von meinem Stahle gilt, gilt auch von dem englischen Gußstahle,
so daß dieser, wenn er schlecht bearbeitet ist, sich spaltet, und an Feinheit des
Kornes, an Zaͤhigkeit, und an Haͤrte verliert, und der schlechteste
Stahl von der Welt wird, waͤhrend er, gehoͤrig bearbeitet, ganz sicher
der feinste ist. Wenn mein Gußstahl in Stangen oder Platten gut gearbeitet ist, und
man will daraus was immer fuͤr Instrumente fabriciren, so muß man ihn im
Feuer sehr vorsichtig bearbeiten, ihn oft und nur wenig erwaͤrmen, und
maͤßig haͤmmern; sonst laͤuft man Gefahr, daß er sich spaltet.
So und nicht anders wird der beste englische Gußstahl gearbeitet, von dem man
liefet, daß, um ein Rasirmesser zu verfertigen, er wenigstens vierzehn Mahl
erwaͤrmt werden muͤsse. Zuweilen widerstand der Stahl, von welchem
hier die Rede ist, obwohl sorgfaͤltig bearbeitet, dem Hammer nicht; es gelang
mir dann ihn dadurch zu erweichen, daß ich ihm einen Theil seines Kohlenstoffes
entzog, indem ich die Stange in einen Schmelztiegel brachte, mit aͤzendem
Kalke umgab und bedekte, und so einige Zeit in Rothgluͤhhize erhielt.
Soviel von der Manier, meinen Gußstahl erster Qualitaͤt zu bearbeiten. Wenn
man aber lieber einen leichten haͤmmerbaren Stahl zu erhalten
wuͤnscht, darf man nur jenen Theil von Kohle, welchen man dem Schmelzmittel
beisezt, weglassen oder vermindern, indem man den Tiegel vom Feuer wegnimmt, wenn
das Metall kaum im Fluße ist; nimmt man den Tiegel weg, wenn der Guß eine teigige
Consistenz hat, so erhaͤlt man dem haͤmmerbarsten Stahl, den man ohne
so viele Vorsicht bearbeiten kann, wie den gemeinen Roh- oder Caͤment-Stahl; auch kann man
ihn kochen, wie es auch mit dem in Formen gegossenen Stahle, aber weit schwieriger,
gelingt. Endlich ist der Stahl am leichtesten zu haͤmmern, wenn man ihn in
duͤnne Stangen von drei oder vier Linien im Gevierte gießt. Ich habe Alles
das dargestellt, was sich aus meinen Versuchen in Bezug auf Haͤmmerbarkeit
des Gußstahles ergab; indem ich in denselben Versuchen immer vergleichungsweise mit
dem Stahle Huntzmann verfuhr, fand ich meinen Stahl weich, der Feile nachgebend,
sehr weiß, von feinem und gleichem Korne, bevor er gehaͤrtet wurde; nach der
Haͤrtung wurde er hart, ich mochte sagen, haͤrter als der englische,
wenn ich nicht durch die Liebe, die jeder fuͤr seine Sachen hat,
getaͤuscht zu seyn fuͤrchtete; denn er rizt nicht nur, sondern
schneidet auch tief in Glas und Krystall; hat ein sehr feines Korn, welches man mit
unbewaffnetem Auge nicht unterscheiden kann, und ist in dem Maße zaͤhe, daß
er eine widerstehende Schneide annimmt, ohne wiedergekocht zu werden; er gehorcht
dem Schleifsteine, und nimmt eine sehr schoͤne Politur an, die vollkommen
gleich, ohne Fasern und Fleken ist: alle diese Eigenschaften findet man auch am
Stahle Huntzmann. Ich ließ aus diesem Stahle verschiedene feine Schneide-Instrumente
verfertigen, als Federmesser, Rasirmesser, chirurgische Instrumente, und sie fielen
gut aus; insbesondere halten jene, die von dem ungemein geschickten Messerschmide,
Herrn La Forge, gemacht wurden, jeden Vergleich mit dem allerfeinsten englischen
Instrumenten aus, und unter diesen ein Rasirmesser, dessen ich mich selbst vier
Monate hintereinander bediente, ohne des Wezsteines oder Streichriemens zu
beduͤrfen. Die Klinge dieses Rasirmessers wurde in einem Bade von
Leinoͤhl bei 182° R. wieder gesotten, und wurde deßwegen so hart, wie
die englischen Rasirmesser, und vielleicht noch harter; dessen ungeachtet widersteht
die Schneide, und zeigt sich sehr gut.
Der in Beruͤhrung mit erdigen Flußmitteln geschmolzene Stahl hat sehr
verschiedene Eigenschaften, verglichen mit demjenigen, der mit Glas geschmolzen
worden war. Vor allem hat er einen blaͤttrigen Bruch, aͤhnlich dem des
Spießglanz-Koͤniges; eine erdgraue Farbe, bricht sehr leicht, wenn er kaum
und nur leicht geschlagen wird, widersteht, wenn er kalt gearbeitet wird, dem Hammer
ziemlich, spaltet sich unter demselben gern nach jeder Richtung, und es ist daher
hoͤchst schwierig, ihn in ganz saubere vierekige Stuͤke ohne alle
Spalten zu arbeiten. Als es mir gelungen war, einige hinlaͤngliche Vier-Eke
zu erhalten, um das weitere Gerathen zu versuchen, ließ ich daraus verschiedene
Schneide-Instrumente verfertigen, und nahm endlich eine Klinge fuͤr ein
Rasirmesser und eine andere fuͤr ein Federmesser; ich war selbst bei der
Arbeit zugegen, und beobachtete, daß, als das Metall unter dem Hammer sehr verduͤnnt war, es
anfing sich nach allen Richtungen zu spalten; da man indessen mit vieler Geduld
fortfuhr, gluͤkte es endlich zwei ziemlich ganze Klingen zu erhalten: ich
haͤrtete sie und fand sie ziemlich hart, weniger jedoch als den bessern
Gußstahl, von dem ich gesprochen habe; ich ließ diese Klingen quellen, indem ich sie
in einem Leinoͤhl-Bade von 182° R. kochte, und fand, daß sie
maͤchtig der Einwirkung des Schleifsteines widerstanden, so daß es an der
Klinge des Rasirmessers erst nach sechs Stunden und mehr anhaltender Arbeit gelang
die Schneide herzustellen und zu bearbeiten, die dann brach. Ich versuchte diese
Klingen bei einem hoͤheren Waͤrmegrade wieder kochen zu lassen, und
kam bis zu einer Temperatur von 311°, und dann erst ließen sich diese
Instrumente zuschleifen; aber immer mit vieler Muͤhe und Schwierigkeit; sie
hatten eine Schneide, die leicht brach, jedoch sich nicht umlegte, und nahmen eine
genuͤgende Politur an. Ich tauchte ferner, bei verschiedenen Versuchen, diese
Klingen in verduͤnnte Schwefelsaͤure und auch in verduͤnnte
Salpetersaͤure, ein ander Mahl in eine von Rinman angegebene
Fluͤßigkeit, die aus verduͤnnter Salpetersaͤure, Kupfer-Vitriol
und Salmiak bestand. Es kam dann die innere Textur dieses Stahles zum Vorscheine,
indem die Oberflaͤche desselben die schoͤnsten Damastblumen zeigte.
Fast das naͤmliche Resultat gab mir jeder Stahl, der in Beruͤhrung mit
Erden geschmolzen worden war, und die daraus verfertigten Instrumente hatten immer
sehr wenige Staͤrke und Zaͤhigkeit, so daß ihre Schneide beim
Gebrauche leicht sprang und brach. Daher nehmen sie keine feine und dauernde
Schneide an, und die Rasirmesser insbesondere, mit dem besten Aussehen von der Welt,
schneiden nicht; vielleicht koͤnnte man diesen Stahl mit Vortheile zur
Verfertigung der Angeln oder der Lager an Maschinen, welche sich drehen, wegen
seines sehr großen Widerstandes gegen Abreibung anwenden. Um diesen Stahl zu
verbessern, so daß er leichter haͤmmerbar und zaͤher wird, schmolz ich
ihn wieder in Verbindung mit zerstoßenem Glase, welches ich mit einem
Fuͤnftel des Gewichtes weichen Eisens in Stuͤkchen gemengt hatte; ein
anderes Mahl mit Glas, welches mit 1/4 sogenannten Bildhauer-Stahles gemischt war;
ein Mahl mit thermolampischen Stahl im Verhaͤltnisse von 1/4; es
gluͤkte mir auf diese verschiedene Weise den Stahl, von welchem die Rede ist,
weicher zu machen; indessen wurde er nie so haͤmmerbar und zaͤhe, wie
der mir Glas geschmolzene Stahl. Ich fuͤge hier noch das Verhaͤltniß
der von mir angewandten verschiedenen Flußmittel bei, zu hellerer Beleuchtung
dessen, was ich bisher auseinandergesezt habe.
Glasiger Fluß.
Gewoͤhnliches gepuͤlvertes Glas, 1/4 des zu schmelzenden Stahles.
Thermolampen-Ruß 1/100.
Erdige Fluͤsse.
Gepuͤlverter, an der Luft zerfallener, Kalk 1/4. Aezender Kalk 1/4;
Kohlenpulver 1/24.
Quarz-Pulver 1/4.
Aezender Kalk 1 Theil: gebrannter Thon 1/2 Theil. Zu diesem Fluße sezt man nur 1/4
des zu schmelzenden Stahles.
Aus den oben beschriebenen Versuchen uͤber den, in Beruͤhrung mit
erdigen Flußmitteln geschmolzenen Stahl leiten sich natuͤrlich einige
Betrachtungen uͤber die Wirkung der Flußmittel ab. Vor allem muß das
Flußmittel die Stahlstuͤkchen ganz bedeken und rings herum einhuͤllen,
und ihn kraͤftig vor der atmosphaͤrischen Luft schuͤzen, in
deren Beruͤhrung er zum Theile verbrennen, und sich entkohlenstoffen
wuͤrde; wann hernach das Flußmittel schmilzt, schmiegt es sich noch inniger
um den Stahl herum, und verursacht eine bedeutende Vermehrung des
Waͤrmegrades, indem es die Entweichung oder Zerstreuung der Waͤrme
verhindert. Die Wirkung der Schmelzmittel, unter diesem Gesichtspunkte betrachtet,
ist eine physische, die darauf abzwekt, den Stahl zu schuͤzen, und die
Temperatur leichter zu erhoͤhen. Aber außer dem uͤben die Flußmittel
auch eine wahrhaft chemische Einwirkung in Schmelzung des Stahles aus, und verbinden
sich damit in geringem Antheile. Vor allem wirkt chemisch das Kohlenpulver, oder
vielmehr uͤberhaupt der Kohlenstoff; denn er verbindet sich mit dem Stahle,
caͤmentirt ihn in einem noch hoͤheren Grade und macht ihn dadurch
schmelzbarer, haͤrter, und zugleich weniger haͤmmerbar und
zaͤhe innerhalb gewisser Graͤnzen; er wirkt auch, indem er mit dem
Sauerstoffe in Verbindung tritt, welcher im Stahle immer in groͤßerem oder
minderem Verhaͤltnisse vorhanden seyn kann, und dadurch Kohlensaͤure
bildet. Aber, indem ich von den eigentlichen Flußmitteln rede, entsteht Zweifel
uͤber eine andere chemische Wirkung, die faͤhig ist, die
eigenthuͤmliche Beschaffenheit des Stahles bedeutend zu aͤndern. Nach
den Original-Versuchen von Davy sind die Erden und
Alkalien Metall-Oxide.
Daher wandeln sich der Kalk, der Alaun, die Bittererde, die Kieselerde unter der
Volta'schen Batterie in metallische Substanzen um, die den Namen Calcium, Silicium,
Aluminium fuͤhren, um die erdigen Oxide anzudeuten, aus denen man sie
erhaͤlt. Wenn man nun den Stahl in Beruͤhrung mit diesen Erden
schmilzt, ist es moͤglich, daß bei diesen erhoͤhten Temperaturen ein
kleiner Theil derselben in metallischen Zustand uͤbergefuͤhrt wird,
und sich innig mit dem Stahle verbindet, indem sich so eine wahre Legirung aus
Stahl, Silicium, Aluminium und Calcium bildet, und man koͤnnte auf diese
Weise einsehen, wie man mit den erdigen Fußmitteln Stahl-Arten erhaͤlt, die
von dem gemeinen Rohstahle, und auch unter sich so sehr verschieden sind, nach
Verschiedenheit naͤmlich der Beschaffenheit oder des Verhaͤltnisses
des Flußmittels. Bereits seit einiger Zeit glaubt man, der Gußstahl koͤnne
die Eigenschaft sich zu damasciren, in Beruͤhrung mit verduͤnnten
Sauren annehmen, und so das indische Eisen, oder den Stahl Wootz nachahmen, den man
aus einer Metall-Legirung bestehend glaubt; und man kennt in dieser Ruͤksicht
die schoͤnen Arbeiten von Faraday und Fischer. Der erstere schmilzt den
englischen Gußstahl in Beruͤhrung mit einer Zusammensezung aus Aluminium,
Eisen und Kohle im Verhaͤltnisse von 10/100, und auch mit einem 5/100
Silbers; und erhaͤlt auf diese Weise einen Stahl, der dem indischen
aͤhnlich ist; der zweite hat die Versuche des ersteren mit gleichen
Ergebnissen wiederholt. Bei diesen Versuchen ist der Waͤrmegrad der
Schmelzung auf 160° Wedgwood bestimmt, aber von keinem eigentlichen
Flußmittel die Rede, entweder weil er wirklich ohne Anwendung von Flußmitteln wieder
geschmolzen wird, oder weil die Entdeker ein Geheimniß daraus machen. Es sind auch
in dieser Beziehung die schoͤnen Erfahrungen des trefflichen H. Professors
Crivelli angezeigt, der schon durch eine sehr ausgezeichnete Arbeit uͤber die
Fabrication von Waffen nach Art der Damascener bekannt ist. Es gelang ihm, den
Rohstahl der Bildhauer zu schmelzen, und er gewann daraus einen Stahl, der alle
Eigenschaften des indischen Wootz besizt. Der Stahl, den ich in Verbindung mit
erdigen Flußmitteln schmolz, zeigte mir bestaͤndig Damascener-Blumen, und
aͤhnelt in diesem Stuͤke dem Stahle Wootz, ohne daß ich jedoch
behaupten konnte, mein Stahl sey wahrer Wootz. Um frei in der vorgesezten
Untersuchung vorschreiten zu koͤnnen, haͤtte ich irgend ein
Stuͤkchen Wootz zu haben gewuͤnscht, und wuͤrde dann durch
entsprechende vergleichende Versuche Dichtheit, Zaͤhigkeit,
Haͤmmerbarkeit, Haͤrte, Tauglichkeit zu Instrumenten oder Arbeiten
kennen gelernt haben, von welcher Sache ich nichts mit Genauigkeit wissen kann.
Ich muß mich daher auf die Eigenschaft, sich zu damasciren, beschraͤnken, die
diesem Stahle uͤberhaupt zugeschrieben wird, und die gewiß weder hinreicht,
um uͤber die IdentitaͤtIdenditaͤt desselben mit dem meinigen zu entscheiden, noch um daraus auf die
Qualitaͤt zu schließen. In der That habe ich oͤfters beobachtet, daß
der Roh- und Caͤment-Stahl, wenn sie unvollkommen mit Kohlenstoff versehen
sind, und der in Beruͤhrung mit fetten Erden gekochte Stahl eine heterogene
und unregelmaͤßige Structur zeigen, die sich leicht dem Auge an
Stuͤken entdekt, die an's Licht gezogen werden, und noch mehr sich durch
Wirkung der verduͤnnten Saͤuren offenbaret, so zwar, daß sie
Damast-Blumen nachahmen; dieses erhaͤlt man auch leicht am Eisen, wie man an
den Flintenlaͤufen zu machen pflegt, die in Brescia verfertigt werden, indem
man sie in Salpetersaͤure taucht, die mit Essig verduͤnnt ist; endlich
bietet selbst der Stahl Huntzmann, wenn er mit verduͤnnter Salpetersaͤure behandelt wird,
eine grauliche veraͤnderliche Farbe dar, die sich der mindesten Damascirung
naͤhert. Ueberhaupt wird jeder Stahl oder jedes Eisen, insofern sie aus
Theilen bestehen, worauf eine Saͤure verschieden einwirken kann, mit dieser
behandelt, Damascener-Blumen darstellen. Hinsichtlich meines Stahles faͤllt
mir noch eine andere wichtige Erwaͤgung ein. Nicht so fast das Calcium oder
Aluminium oder Silicium, sondern der Kalk, die Kieselerde, die Alaunerde vielleicht,
verbinden sich in erdigem Zustande damit in betraͤchtlichen Mengen. Einige
Erfahrungen, die ich gemacht habe, indem ich dieses Metall in Salpetersaͤure
aufloͤste, lassen mich es mit Grunde vermuthen, und es bestaͤrkt mich
in diesem Zweifel der blaͤttrige Bruch und die erdgraue Farbe, die
ausschließlich diesem Stahle eigen sind.
Aus der Darstellung meiner ganzen Arbeit uͤber die Schmelzung des Stahles und
aus den vergleichenden Versuchen, die darauf abzweckten, seine Eigenschaften kennen
zu lernen, geht hervor, daß der am besten gelungene Gußstahl gewiß der erste ist,
von welchem ich sprach; derjenige naͤmlich, welcher in Beruͤhrung mit
Glas geschmolzen wurde; nach diesem kommt jener, der mit erdigen Flußmitteln
geschmolzen wurde. Alles dieses liegt jedoch noch immer innerhalb der
Graͤnzen eines physikalischen Versuches, und es wuͤrde nur noch
manches uͤbrig bleiben, um den Stahl im Großen so schmelzen zu machen, daß er
in Handel kommen koͤnnte, und von jeder Seite den Vergleich mit dem besseren
englischen, und insbesondere mit dem Huntzmann, aushielte. Dieser Stahl besizt hohen
Werth wegen seiner großen Haͤmmerbarkeit und Dehnbarkeit, und zugleich wegen
seiner ungemeinen Haͤrte, die er bei der Haͤrtung annimmt, und ist
deswegen der einzige bis jezt, welcher zu den großen Stempeln bei dem
Auspraͤgen der Muͤnzen und Medaillen dienen kann. Um zu diesem hohen
Grade von Vollkommenheit zu gelangen, den bis jezt keiner erreichen konnte, habe ich
in der That einen weiten Weg noch zuruͤkzulegen, und brauche Mittel, die
nicht zu meiner Verfuͤgung stehen, und vielleicht nie stehen werden. Ich
vertraue jedoch, wenn ich unterstuͤzt werde, weiter vorwaͤrts
schreiten zu koͤnnen. Fuͤr jezt ist mein Gußstahl zu allen Arbeiten
der Messerschmid-Arbeiten und Bijouterie so tauglich, wie der englische Huntzmann,
wie aus den schon beschriebenen Versuchen hervorleuchtet; das Weitere muß man von
den Umstaͤnden, von der Zeit und den Arbeiten so vieler anderer mir
werthesten Physiker und Chemiker erwarten, die in diesem Zeitpunkte sich diesem
Gegenstande mit großen Mitteln widmen.
Beschreibung des Apparates zur thermolampischen
Caͤmentirung.
Figur 1 Tab.
IV. stellt den gesammten Apparat dar. AB, ist der
Ofen, welcher mit Hol; bei ab, geheizt wird. In
M sieht man den Rauchfang gezeichnet, C, ist eine Thuͤre, die man oͤffnet, wenn es noͤthig
ist, die Retorte zu fuͤllen, oder zu leeren, und welche auch dazu dient, sich
von dem innern Zustande des Ofens Einsicht zu verschaffen. In F, und G, sieht man zwei scheitelrechte
Roͤhren, von denen die erste oben in D, mit einem
messingenen Hahne endet, welcher dazu dient, Oel oder geschmolzenes Schmeer jedes
Mal, wenn er sich dreht, einzugießen; die zweite dient zur Aufsammlung der erzeugten
Gase und zur Hinuͤberleitung derselben zur Thermolampe; oben endet diese
Roͤhre mit dem Hahne R, der geoͤffnet
wird, wann es noͤthig ist, die Roͤhre selbst zu puzen, wenn die
Circulation des Gases naͤmlich durch Ruß gehemmt oder verzoͤgert wird.
Unter dem messingenen Hahne in M, ist ein Recipient
gezeichnet, der mit kaltem Wasser gefuͤllt ist, und zur Abkuͤhlung der
Roͤhre F, dient. Die uͤbrige Figur stellt
die verschiedenen Roͤhren und Vorlagen vor, durch welche das Gas circulirt,
bis es dann abgewaschen und im Gasometer gesammelt wird.
Fig. 2. zeigt
den Grundriß des Kochoͤfchens.
Fig. 3. stellt
einen Durchschnitt desselben nach der Linie AB,
vor; in dieser Figur sieht man die Retorte OP, mit
ihrem Dekel, und die zwei Roͤhren F, C, sind mit
den naͤmlichen Buchstaben, wie in Figur 1. bezeichnet.
Die Fig. 4.
stellt die Retorte OP, mit ihrem Deckel G, fuͤr sich dar; an lezterem sind die zwei
Schrauben, die zum Schließen desselben dienen, mit c, d,
bezeichnet.