Titel: | Ueber die Gährung des Zukers (und über Essigbereitung). Von Hrn. Colin, Professor an der k. Militär-Schule. Vorgelesen an der Académie des Sciences. am 31. Jänner 1825. |
Fundstelle: | Band 18, Jahrgang 1825, Nr. XLIX., S. 239 |
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XLIX.
Ueber die Gaͤhrung des Zukers (und
uͤber Essigbereitung). Von Hrn. Colin, Professor an der k. Militaͤr-Schule. Vorgelesen an der Académie des Sciences. am 31. Jaͤnner
1825.
Aus den Annales de Chimie. T. 28. S. 128.Die Naturgeschichte, und daher nothwendig auch die Theorie der Gaͤhrung,
ist, ungeachtet der voluminoͤsen Abhandlungen uͤber dieselbe, noch
so mangelhaft, daß wir jedem Beitrage zur genaueren Kenntniß der ersteren der
Aufmerksamkeit derjenigen werth halten, die mit uns die Ueberzeugung theilen,
daß wir noch aͤusserst wenig uͤber Gaͤhrung wissen. A. d.
Ueb.
(Mit einem
Anhange.)
Colin's, Abhandlung uͤber die Gaͤhrung des
Zukers.
Ach will meine Abhandlung mit gedraͤngter Aufzahlung desjenigen beginnen, was
man den Chemikern, die in den neuesten Zeiten den Gegenstand, welchen ich hier
betrachte, behandelt haben, zu verdanken hat.
Hr. Fabroni hatte zuerst die sinnreiche Idee, eine
Weinbeere anatomisch zu untersuchen, und er sah, sagt er, daß der Zukerstoff und der
Gaͤhrungsstoff einzeln von einander abgesondert, in einer Art von Zellen
gelagert ist, und daß die Weingaͤhrung nie Statt haben koͤnnte, wenn
nicht, aus was immer fuͤr einer Ursache, die Scheidewaͤnde
durchbrochen wuͤrden. Hieraus erklaͤrt es sich, wie es moͤglich
wird, daß sich in der Weinbeere wenig oder gar kein Alkohol bildet, wenn man
dieselbe sich selbst uͤberlaͤßt, und sie nicht zerquetscht. Sie wird
dann welk, vertroknet oder zersezt sich; der Gaͤhrungsstoff und der
Zukerstoff, wenigstens großen Theiles, verderben einzeln, und es entsteht nur eine
Art von Faͤulniß (blétissure ou
pourriture), und nicht eine regelmaͤßige und vollkommene
Alkohol-Gaͤhrung, wie sie bei inniger Vermischung dieser beiden
Koͤrper Statt hat. Derselbe Chemiker ließ den Weinstein eine Rolle bei der
Gaͤhrung spielen, wie Bullion es vor ihm auch
gethan hat, und erkannte eine Gaͤhrungsfaͤhigkeit an dem Kleber (Gluten). Hr. Taddei hat
zeither gefunden, daß der Kleber sich durch Alkohol in Gliadine, die sich in demselben aufloͤst, und in Zymom
Die Italiaͤner schreiben consequent, die Franzosen faͤlschlich
Zimom. A. d. Ueb. zersezt, welches sich in demselben nicht aufloͤst. Diese beiden, von
ihm mit obigen Namen bezeichneten, Stoffe verhalten sich gegen den Zuker beinahe wie
Kleber; durch das Zymom wird jedoch, wie er sagt, die
Gaͤhrung vorzuͤglich charakterisirt. Der Kleber ist das Resultat der
Verbindung dieser beiden
Grundstoffe. (Vergl. Journal de Pharmacie V,
Année. Décembre. 1819. S.
565.)
Hr. Thénard stellte seiner Seits den Grundsaz auf,
daß alle Fruͤchte, deren Saft einer geistigen Gaͤhrung faͤhig
ist, Zuker und Gaͤhrungsstoff, (firment) enthielten, dessen Typus, nach ihm, Bierhefen
ist; daß sie alle ein Uebermaß des lezteren enthielten, welcher sich zum Theile
waͤhrend der Alcoholisation des Zukers niederschlaͤgt, und welcher
Bodensaz endlich, wenn man ihn neuerdings mit einem Ueberschusse von Zuker mengt,
nach dieser Beimischung nicht mehr im Stande ist, Gaͤhrung zu erzeugen; daß
er sich dann dem Holzstoffe naͤhert, waͤhrend er vorher auf einem
solchen Grade gestikstofft war, daß er durch Destillation eine bedeutende Menge
basisch kohlensauren Ammoniums gab; daß es ihm schien, daß durch einige Minuten lang
anhaltendes Kochen dem Gaͤhrungsstoffe seine Gaͤhrung erregende
Eigenschaft entzogen wird, und das mit demselben gekochte Wasser nicht im Stande
ist, den Zuker in Alkohol zu verwandeln. Hr. Thénard hat ferner die zwekmaͤßigsten Verhaͤltnisse
bestimmt, nach welchen Gaͤhrungsstoff, Wasser, und Zuker gemengt werden
muͤssen, um Alkoholisation zu erzeugen. Er hat den Alkohol und die
Kohlensaͤure (das einzige gasartige Product bei dieser Operation) gemessen,
und endlich den Gaͤhrungsstoff als einen Koͤrper betrachtet, der sich
immer gleich bleibt, und die Eigenschaft besizt, den Sauerstoff in
Kohlensaͤure zu verwandeln, und dieß bei der gewoͤhnlichen Temperatur
in dem Zeitraume von einigen Stunden.
Hr. Armand Séguin versichert uͤberdieß, daß
der Gaͤhrungsstoff der Fruͤchte aufloͤsbar, jener des Bieres
aber unaufloͤslich ist, wodurch er sich bestimmen ließ, den
Gaͤhrungsstoff bald als aufloͤslich, bald als unaufloͤsbar zu
betrachten. Ersterer geht in den Zustand des lezteren durch das Fortschreiten der
Gaͤhrung uͤber. (Chaptal, Art de faire le vin, p. 113.)
Hr. Gay-Lussac hat endlich bemerkt, daß, außer den oben
angegebenen Bedingungen, und einer gehoͤrigen Erhoͤhung der
Temperatur, noch die Gegenwart irgend einer Menge Luft oder Sauerstoffes
noͤthig ist, damit sich unter diesen Stoffen eine freiwillige Bewegung
erzeugt. Er hat, mit Erfolg, diese Einwirkung der Luft durch einen galvanischen
Strom ersezt.
Gaͤhrungsstoff ist also ein Stoff, durch welchen geistige oder weinige
Gaͤhrung veranlaßt wird, und ohne welchen sie nicht Statt haben
wuͤrde. Man glaubt auch, daß er zur Erzeugung der Essiggaͤhrung
noͤthig ist; denn, nach Hrn. Chaptal, wird ein
guter Wein aus dem suͤdlichen Frankreich fuͤr sich selbst nie sauer,
und der sel. Hr. Cadet-Gassicourt fand, daß eine Mischung
aus Wasser, Zuker und Sauerteig, in gehoͤrigen Verhaͤltnissen, einen
vortrefflichen Essig liefert. Man behauptet selbst, daß man in Schweden den
Branntwein mittelst Hefen allgemein in Essig verwandelt. Hr. Chaptal gibt eine Mischung aus einem Liter Weingeist von 12 Graden, 15 Gramm Bierhefen, und
etwas weniger Starke als ein sehr bequemes Recept zu vorzuͤglich gutem Essige
an.Gleiche Theile Essig und bis auf 3 Grade Baume mit Wasser verduͤnnter
Branntwein, geben bei einer Temperatur von 18–20° R. in kurzer
Zeit den besten Essig. A. d. Ueb. (Chaptal, Art de faire le
vin, p. 266.) Indessen bedient man sich in Orleans in dieser Hinsicht
keines anderen Gaͤhrungsstoffes, als des Essiges selbst, so daß, wenn dieser
einen solchen alten Wein, wie jener, von welchem wir oben sprachen, in saure
Gaͤhrung versezen kann, man schließen muß, daß der Essig und der
Gaͤhrungsstoff, jeder fuͤr sich, essigerzeugende
Gaͤhrungsmittel sind, wenn man anders nicht die nothwendige,
natuͤrliche Gegegenwart der Hefen in dem Essige zulassen will. Die Entstehung
dieses lezteren macht dieß außerordentlich wahrscheinlich; denn die Hefen, welche
der Wein absezt, indem er alt wird, verwandeln den Zuker in Alkohol. Wir haben alten
geistreichen Wein durch bloße Essigsaͤure in saure Gaͤhrung zu
versezen gesucht, und es ist uns, selbst nachdem wir den Versuch ein ganzes Monat
lang fortsezten, nicht gelungen. Wir muͤssen hinzufuͤgen, daß, nachdem
wir diesen Wein, der fuͤr sich nicht sauer werden wollte, nach Chaptal's Rache, auf Weinblaͤtter gegossen haben,
derselbe sehr bald anfing sauer zu werden. Duͤrfen wir aber annehmen, da dieß
nun wirklich so ist, daß es lediglich deßwegen so ist, weil der Wein hier Hefen
fand? Wenn ein Versuch des Hrn. Chaptal, welcher den
Zuker durch Weinblaͤtter alkoholisirte, (Art de faire
le vin, p. 126.) uns zu dieser Annahme geneigt machte, so ist er noch kein
unumstoͤßlicher Beweis, wie wir im Verlaufe dieser Abhandlung erweisen
werden.
Die Tataren bereiten sich allgemein Branntwein aus Kuhmilch, und noch besseren aus
Stutenmilch. Es ist, im Sommer, nichts anderes, noͤthig, als daß die Milch
sauer wird: dieser Umstand ist aber wichtig, indem, nach Hrn. Vogel, der Milchzuker
ohne Saͤure sich nicht in wahren Zuker verwandeln kann. Hieraus
erklaͤrt sich ein Versuch des Hrn. Macbride, in
welchem er suͤße Molken mit Kohlensaͤure schwaͤngerte,
dieselben dann ein ganzes Jahr uͤber sich selbst uͤberließ, und sie
nach dieser Zeit in Weingeist verwandelt fand. Wenn also die saure Milch fuͤr
sich allein, ohne Zusaz gaͤhrt, so sind die Hefen nicht der einzige
Gaͤhrungsstoff, welcher den Zuker in Alkohol zu verwandeln vermag. Da ferner
der Honig ohne allen anderen Zusaz, als Wasser, in Gaͤhrung geraͤth;
was ist hier der Gaͤhrungsstoff, der ihn in den weinigen Meth
verwandelt?In dem von mir angestellten Versuche nahm ich vier Gewichttheile Wasser auf
den Honig; der Versuch dauerte einen Monat. Es geschieht
oͤfters, daß der Honig gaͤhrt, auch ohne zugeseztes Wasser; es
ist aber auch dann mehr Zeit zur Entwikelung dieser Art von Bewegung
noͤthig. A. d. O. Man koͤnnte, in der That, glauben, daß der Honig aus den Pflanzen,
aus welchen er genommen wurde, den ihm nothwendigen Antheil von Hefen mit sich nahm, und daß
der Kaͤsestoff und der Gaͤhrungsstoff einerlei sind: allein, diese
Annahme, die, wenigstens gegenwaͤrtig noch, grundlos ist, erklaͤrt
folgende Resultate, die nicht minder wahr sind, durchaus nicht auf eine
genuͤgende Weise.
1) Weizenteig aus feinem Weizenmehle und ohne alle Hefen bekam waͤhrend 36
Stunden einen Geschmak nach Zuker; sich selbst uͤberlasten ward er nach
einigen Tagen, sauer, und diente bei frischem Teige als Sauerteig, und nachdem auch
dieser frische Teig schnell saͤuerlich wurde, konnte man ihn verwenden, um
100 Gramm Zuker in 400 Gramm Wasser aufgeloͤst in Alkohol zu verwandeln.
Diese lezte Verwandlung, die waͤhrend eines Monates Statt hatte, veranlaßte
mich uͤber den Kleber folgende Versuche anzustellen.
2) Man wird sich ohne Zweifel erinnern, daß Hr. Vauquelin
Alkohol in dem Sauerwasser der Staͤrkmacher fand, und daß die HHrn. Berthollet, Fabroni und Taddei den Kleber als Gaͤhrungsstoff betrachten. Wirklich habe ich,
waͤhrend des Verlaufes eines Monates, 100 Gramm Zuker in 400 Gramm Wasser
frisch und vollkommen aufgeloͤst, durch Beimischung von 40 Gramm gewaschenen
Klebers, in Alkohol verwandelt. Dieser Versuch wurde in den heißesten Sommertagen
angestellt. Er verlief in der Haͤlfte der Zeit, nachdem der
Gaͤhrungsstoff, im frischen Zustande abgewogen, und ehe er mit dem Zuker
gemengt wurde, acht Tage lang einer Faͤulniß unterzogen wurde, die durch das
Wasser, von welchem er durchdrungen und mit welchem er uͤbergossen war,
herbeigefuͤhrt wurde. Wenn also der Kleber den Gaͤhrungsstoff ersezen
kann, so hindert nichts, daß man sie nicht fuͤr einerlei halten sollte. Nun
folgen aber andere Thatsachen, wegen welcher diese Hypothesen, denen ich mich so
eben hingegeben habe, abgeschmackt und ungereimt sind.
3) Frisches Rindfleisch, in demselben Verhaͤltnisse, wie oben der Kleber, mit
Zuker und Wasser gemengt, verwandelte den Zuker in drei Wochen in Alkohol. Die
Fluͤßigkeit wurde von dem Fleische abgesiehen, das Fleisch mit der Hand
ausgedruͤkt, dann leicht gewaschen, und man konnte sich desselben noch ein
Mahl bedienen, um eben so viel Zuker, wie vorher, zu alkoholisiren. Der Gang der
Gaͤhrung war derselbe, nur etwas langsamer.
4) Eyweiß von einem Eye wurde mit 500 Grammen Wasser verduͤnnt, und mit 100
Grammen Zuker gemengt; man brauchte mehr als 2 Monate, bis der Zuker in Alkohol
verwandelt wurde, es wurde jedoch Alkohol gebildet.
5) Quark-Kaͤse (fromage à la pie) aus etwas
weniger als ein Liter Milch, die man drei Tage lang sich selbst uͤberließ wurde, nachdem er
gehoͤrig abgetroͤpfelt hatte, mit einer Aufloͤsung von 100
Gramm Zuker in 400 Gramm Wasser verduͤnnt, und die Gaͤhrung ward in
drei Wochen vollendet. Nach den HHrn. Thénard und
Gay-Lussac sind Kaͤse-, Faser- und Eyweißstoff
ganz verschiedene Stoffe, wie die genauen, von diesen Chemikern angestellten,
Versuche beweisen. Ich nahm Molken statt des Kaͤses, und der Versuch gelang
bei weiten nicht so gut; ich bin daher geneigt zu glauben, daß die Molken nur
insofern wirkten, als sie etwas Kaͤse aufgeloͤst erhielten.
6) Etwas weniger als ein Liter am Morgen von einer gesunden Person gelassener Harn
wurde mit 100 Grammen Zuker gemengt. Die Gaͤhrung stellte sich ein, und ward
in einem Monate vollendet. Man mag nun diese Veraͤnderung dem Schleime oder
dem Harnstoffe in dem Harn zuschreiben, so ist doch immer hier ein neuer
Gaͤhrungsstoff. Der Versuch wurde zwei Mahl abwechselnd mit Harne von beiden
Geschlechtern angestellt.
7) Endlich wurden 30 Gramm Fischleim in einer hinlaͤnglichen Quantitaͤt
Wasser aufgeloͤset, und 100 Gramme Zuker nebst soviel Wasser zugesezt, daß
die Menge der gesammten Fluͤßigkeit etwas weniger, als ein Litr. betrug.
Dieser Versuch waͤhrte 4 Monate.
Bei allen diesen Versuchen entwikelte sich Kohlensaͤure; sie gingen auch
allerdings langsam vor sich. Alle, bis auf den Lezten, den man auf dem Ofen vornahm,
wurden in der Sommerhize angestellt. Aus allen diesen Fluͤßigkeiten erhielt
man durch die Destillation Alkohol, und alle Ruͤkstaͤnde derselben
nach der Destillation gingen fuͤr sich selbst neuerdings in geistige
Gaͤhrung uͤber, zum deutlichen Beweise, daß der Alkohol die
Gaͤhrung unterdruͤkt, und das Kochen zwar dieselbe aufzuhalten, die
Ursache derselben aber nicht zu zerstoͤren vermag. Hiervon habe ich mich
durch zwei Versuche unmittelbar uͤberzeugt: in einem derselben vertrat das
Fleisch die Stelle des Gaͤhrungsstoffes, in dem anderen weicher Kaͤse.
Nachdem ich die Gaͤhrung durch Sieden aufhielt, und beide
Fluͤßigkeiten 10 Tage lang in diesem Zustande erhielt, brachte ich sie wieder
durch Zutritt der Luft in Thaͤtigkeit, und zwar beinahe in derselben Zeit,
welche sie anfangs noͤthig hatten, um in Gaͤhrung zu gerathen.
Diese Versuche gelingen nur unter einer Temperatur von 25 bis 26 Graden am
100gradigen Thermometer; man braucht selbst 35 bis 40°, um in einem Gemenge
aus Zuker und Fischleim Gaͤhrung zu erregen; sie brauchen gewoͤhnlich
zwei Monate zu ihrer Vollendung; einige, wie der lezte, brauchen noch
laͤnger; andere vollenden sich fruͤher, wenn sie die gehoͤrige
Temperatur treffen, und diese gehoͤrig unterhalten wird. Ich habe diese
Versuche wiederholt, und dieselbe Menge Alkohols von beinahe demselben Grade nach vollendeter
Gaͤhrung erhalten, ich mochte Hefen oder irgend einen der angezeigten
Gaͤrbestoffe genommen haben, naͤmlich Eyweißstoff, weichen
Kaͤse, Harn, und vorzuͤglich Kleber mit Weinstein gemengt, geronnenen
und faulen Eyweißstoff, Gliadine, und besonders Eyweißstoff mit Weinstein. Ich habe
nicht gefunden, daß Zymom in dieser Hinsicht besser waͤre, als Kleber, und
bin uͤbrigens weit entfernt dasselbe fuͤr einerlei mit den Hefen zu
halten, oder selbst zu glauben, daß es diese in Hinsicht auf Erzeugung einer
schnellen Gaͤhrung ersezen koͤnnte. Ich habe zeither aͤhnliche
Versuche uͤber den reinen Faserstoff angestellt, uͤber Blutwasser,
uͤber den gerinnbaren Bestandtheil und den Faͤrbestoff desselben,
uͤber das Osmazom, und ich habe analoge Resultate erhalten. Die Versuche mit
dem Blute und dem Faserstoffe haben mir Folgendes dargebothen. Blutwasser, und
vorzuͤglich Faserstoff, erzeugte nur sehr langsam Gaͤhrung in dem
Zuker: diese entwikelte sich jedoch mit einiger Schnelligkeit, wenn das eine oder
der andere mit dem Farbestoffe des Blutes geschwaͤngert waren. Die
Gaͤhrung verlief noch schneller, wenn der gerinnbare Bestandtheil des Blutes
(les caillots du sang), stark
zusammengedruͤkt, und zwei Mahl gewaschen wurde, um ihn soviel
moͤglich von allem Blutwasser zu reinigen, und wenn man dann noch etwas
Wasser zusezte, und dieses Leztere, mit etwas Farbestoff beladen als
Gaͤrbestoff zusezte. Bei dem Versuche, wo der Faserstoff als Erregungs-Mittel
diente, und die Mischung, die einen Monat spaͤter, als alle uͤbrigen
in Gaͤhrung gerieth, uͤberdestillirt wurde, gab der, 6 Wochen lang
unter einer schiklichen Temperatur sich selbst uͤberlassene Ruͤkstand
ohne irgend einen anderen Zusaz durch neue Destillation eben soviel und eben so
starkes Product, als bei der ersten Destillation: ein wichtiger Umstand, ohne
welchen es unmoͤglich ist die Menge Alkohols zu schaͤzen, welche eine
bestimmte Menge aͤhnlicher Mischung durch Destillation zu liefern vermag.
Eben dieß gilt auch von allen anderen aͤhnlichen Versuchen, und
vorzuͤglich von jenen, wo die Gaͤhrungsstoffe beinahe gar keine Kraft
besizen.
Ich hatte gewuͤnscht, eine Tabelle uͤber die Grade der Staͤrke
entwerfen zu koͤnnen, mit welcher diese verschiedenen Stoffe den Zuker
alkoholisiren. Diese Vergleichung biethet aber Schwierigkeiten dar, und ich bin noch
nicht im Stande dieselbe anzustellen. Ich kann jedoch nach Versuchen, die sich recht
gut vergleichen lassen, weil sie zu gleicher Zeit begangen, denselben Abwechselungen
der Temperatur unterlagen, zu gleicher Zeit destillirt wurden, und auf dieselbe
Weise, weil dasselbe Volumen des Productes aufgesammelt wurde, und nicht ehe
aufgehoͤrt wurde, als bis bloßes Wasser abging, ich kann, sage ich, nach
Versuchen versichern, daß der mit Weinstein gemengte Eyweißstoff staͤrker
wirkt, als der geronnene und faule Eyweißstoff; daß dieser leztere starker wirkt,
als das fluͤßige Eyweiß, und dieses leztere starker, als das geronnene. Man kann,
auf dieselbe Weise, auch behaupten, daß die Gliadine in dieser Hinsicht starker ist,
als das Zymom, und der mit Weinstein gemengte Kleber staͤrker wirkt, als der
bloße Kleber. Andere Erfahrungen lehren uns, daß, gehoͤrig gefaulter Kleber
starker wirkt, als frischer.
Ich habe vergebens den Eyweißstoff mit Essigsaͤure, Ammonium etc.
gequaͤlt, und ich habe nie gefunden, daß etwas aus demselben hervorgebracht
werden kann, welches besser, als er selbst, als Gaͤhrungsstoff dienen kann.
Weit entfernt, seine Starke zu vermehren, habe ich dieselbe vielmehr gefesselt oder
zerstoͤrt. Es gelang mir um nichts besser, als ich die hier
angefuͤhrten Stoffe zu zwei und zwei, drei und drei verbunden habe.
Wenn es erlaubt ist, einige Schluͤsse aus den hier angefuͤhrten
Thatsachen zu ziehen; ist es nicht offenbar, daß mehrere verschiedene thierische
Materien in dem Zuker die Alkohol-Gaͤhrung erzeugen koͤnnen, und
scheint es nicht, daß ihre Wirkung in dem Verhaͤltnisse weniger langsam
fortschreitet, als sie einen gewissen Grad von Aufloͤsung erlangt haben?
Sollte man nicht voraussezen duͤrfen, daß eben dieß von allen
stikstoffhaltigen organischen Materien gilt? Und waͤre es nicht gut zu
beobachten, ob gewisse organische, nicht stikstoffhaltige, Materien aͤhnliche
Bewegungen in dem Zuker zu erzeugen vermoͤgen? Ich will also durch
Erfahrungen zu bestimmen versuchen, ob jeder organische, von selbst sich zersezende
Stoff, wenn er mit Zuker und Wasser gemengt wird, in demselben geistige
Gaͤhrung hervorzubringen vermag. Ich habe bisher nur einen Versuch dieser Art
mit einem nicht stikstoffhaltigen Stoffe vorgenommen: er fiel verneinend aus. Ich
werde endlich mit der Erinnerung schließen, daß man einen Gaͤhrungsstoff als
Etwas betrachten muͤsse, was das Gleichgewicht zu brechen vermag. Da nun die
Hefen, welche man anwendet, gewoͤhnlich in sehr geringer Menge angewendet
werden, wird man diese Unterbrechung des Gleichgewichtes sich nicht anders, dann als
das Resultat einer Kraft denken koͤnnen, deren Wirkungen sich dadurch
fortpflanzen, daß sie nach und nach alle Grundbestandtheile (Molécules) des gaͤhrungsfaͤhigen Koͤrpers in
einen besonderen Zustand versezt, ungefaͤhr wie eine elektrische Kraft.
Zwei merkwuͤrdige Beobachtungen des Hrn. Gay-Lussac
bestaͤtigen mich in dieser Hinsicht: 1) diese, daß ohne Beitritt der Luft,
oder vielmehr des Sauerstoffes, keine Gaͤhrung Statt hat. 2) daß man den
Abgang derselben durch einen galvanischen Strom ersezen kann. Da nun eine einzige
Luftblase den Anfang zur Gaͤhrung gruͤnden kann, so schließe ich, daß
die chemische Wirkung dieser Luftblase nur dadurch Gaͤhrung erzeugt, daß sie
eine Ausdehnung aͤhnlicher Art hervorruft. Ich sehe in der That nicht ein,
warum die Oxidation des Gaͤhrungsstoffes oder seiner Grundbestandtheile
nicht Elektricitaͤt erzeugen sollte, indem sie nothwendige Bedingung der
Wirkung der Saͤule ist. Hr. Gay-Lussac sagt (Annales di Chimie, B. 76. S. 255.): „Man sieht
nicht ein, warum Gaͤhrungsstoff und Zuker, wenn sie innig mit einander
verbunden sind, nicht mit mehr Heftigkeit auf einander wirken sollten. Man
sollte glauben, daß dieß zum Theile von einem galvanischen Processe
abhaͤngt, und daß hier einige Analogie mit dem wechselweisen
Faͤllen der Metalle Statt hat.Es ist gewiß sonderbar, daß man den Einfluß der Elektricitaͤt aus
die Gaͤhrung fruͤher, als die Elektricitaͤt kannte.
Die Brauer des 15ten Jahrhundertes legten eiserne Stangen uͤber
die Kuͤhlbottiche, wenn ein Gewitter am Himmel stand, um das
Umschlagen des Bieres dadurch zu verhindern. A. d. Ueb.
Die schoͤnen Arbeiten des Hrn. Becquerel
unterstuͤzen hier noch meine Ansicht; denn, wenn jede chemische Einwirkung
elektrische Phaͤnomene erzeugt; so muß dieß auch von der Einwirkung der Luft
gelten. Ich wollte mich hiervon durch einen unmittelbaren Versuch
uͤberzeugen; er gelang aber nicht, und ich schreibe dieses dem Umstande zu,
daß die Gase sehr schlechte Leiter sind.
Wenn also die Bier- und Traubenhefen des Zutrittes der Luft nicht beduͤrfen,
um den Zuker in Alkohol zu verwandeln, so ruͤhrt dieß daher, daß sie bereits
eine Aufregung dieser Art erhalten haben, die sich von selbst fortsezt. Wenn man
diese Hefen sich selbst außer Beruͤhrung mit der atmosphaͤrischen Luft
uͤberlaͤßt, so entwikelt sich noch immer einige Zeit uͤber
Kohlensaͤure; sobald aber diese Bewegung aufhoͤrt, entweder weil die
chemische Einwirkung durch Niederschlagung des Gaͤhrungsstoffes
erschoͤpft ist, oder weil das Kochen die Hefen zusammengezogen, und folglich
erhaͤrtet hat, oder aus was immer fuͤr einer anderen Ursache, so kann
die Gaͤhrung sich nicht wieder herstellen, wenn nicht vorher der Zutritt der
Luft eine innere Thaͤtigkeit erzeugte, und folglich das elektrische
Phaͤnomen wieder hergestellt hat. Eben dieß gilt auch von allen anderen in
Faͤulniß begriffenen Stoffen, die die langsame Alkoholisation des Zukers
veranlaßten.
Indessen reicht der bloße Zutritt der Luft nicht immer hin, und dann wird die
Einwirkung der Volta'schen Saͤule nothwendig. Und dieß rechtfertigt, wie es
scheint, meine Meinung hinsichtlich der Natur der Kraft, die diese Phaͤnomene
veranlaͤßt, so ziemlich. Ich hatte Bierhefen auf eine gewisse Weise
Zubereitet; ich nahm einen Theil derselben, und mengte ihn in den vorgeschriebenen
Dosen mit Zuker und Wasser, und sezte ihn bloß den Sonnenstrahlen aus. Die Wirkung
derselben auf das Thermometer wechselte waͤhrend des Versuches zwischen 18
und 35, ja selbst zwischen 40; indessen zeigte sich doch nach 12 Tagen noch keine
Spur von Gaͤhrung. Nach zwei Monaten war die Fluͤßigkeit noch immer
sehr suͤß. Es hatte sich ein Bodensaz und Schimmel gebildet, und es zeigte
sich selbst einige Saͤure: ich bemerkte aber nichts Alkohol Aehnliches,
nichts Aetherisches. Ein anderer, eben so großer, Theil dieser Mischung gab, unter
gleichen Umstaͤnden, nachdem er vorlaͤufig einige Stunden uͤber
der Einwirkung der volta'schen Saͤule ausgesezt wurde, ganz andere Resultate;
er gerieth nach und nach in große Thaͤtigkeit, und als ich nach 14 Tagen die
Fluͤßigkeit genau untersuchte, war die Gaͤhrung vollstaͤndig.
Aller Zuker war verschwunden und hatte dem Alkohol Plaz gemacht; der Geschmak war
nicht sauer.
Man wird es fuͤhlen, wie nothwendig es ist, in seiner Meinung uͤber
einen solchen Gegenstand behutsam zu seyn. Koͤnnte es, z.B., nicht
moͤglich seyn, daß dieser Eyweißstoff, dieser Kleber, dieser Kaͤse,
dieser Harn etc. die Alkoholisation des Zukers nur insofern bewirkten, als sie,
durch ihre freiwillige Zersezung einen Stoff erzeugten, in welcher allein die
Gaͤhrung erregende Kraft wohnt, so daß das Daseyn mehrerer
Gaͤhrungsstoffe nur ein Schein waͤre, waͤhrend es nur einen
einzigen Gaͤhrungsstoff gibt? Diese Meinung ist nicht sehr wahrscheinlich;
sie kann indessen nur in der Analyse ihre Widerlegung oder Bestaͤtigung
finden.
Die Sache mag sich wie immer verhalten, ich habe mit dem Zuker beinahe alle in den
oben angefuͤhrten Waͤhrungen gebildete Niederschlage versucht, und
alle zu den Versuchen dieser Art mehr geeignet gefunden, als die Koͤrper, aus
welchen sie entstanden sind, namentlich den Eyweißstoff, den geronnenen und faul
gewordenen Eyweißstoff, den geronnenen Eyweißstoff, die Gliadine und das Zymom. Die
fuͤnf lezteren sind in der That Arten von Hefen, nicht bloß weil sie auf den
Zuker mit weniger Langsamkeit wirken, als die Koͤrper, aus welchen sie
entstehen, sondern, weil auch eine Temperatur von 18, 17, zuweilen 15 Graden
hinreicht, um sie in Thaͤtigkeit zu sezen. Die Niederschlaͤge sind
hier in der Ordnung des Grades ihrer Thaͤtigkeit aufgefuͤhrt; indessen
ist doch unter allen hier als Hefen aufgefuͤhrten Niederschlaͤgen
jener, der durch Gaͤhrung des fluͤßigen Eyweißes entstand, der
einzige, der seiner Intensitaͤt nach, diesen Namen vollkommen verdient. Alle
anderen stehen ihm nach; man kann aber dieselben, durch Erhoͤhung der
Temperatur, in hohe Thaͤtigkeit bringen.
Es gibt also eine Menge thierischer Koͤrper, welche den Zuker in Alkohol
verwandeln, und zwar desto leichter, je mehr sie durch einen gehoͤrigen Grad
von Faͤulniß hierzu vorbereitet wurden. Hieraus entstehen
Niederschlaͤge, welche auf den Zuker noch kraͤftiger wirken:
derjenige, welcher auf diese Weise aus dem Eyweißstoff erhalten wurde,
verhaͤlt sich wie Hefen; indessen wirkt der Zuker auf den Eyweißstoff nur
aͤußerst langsam: die Hefen werden also waͤhrend der Gaͤhrung erzeugt. Die
Elektricitaͤt spielt dabei eine Rolle; sie stellt die Thaͤtigkeit in
todtgewordenen Hefen wieder her; indessen ist nicht jede Entbindung der
Elektricitaͤt zur Erzeugung dieses Phaͤnomenes geeignet. Der Alkohol
haͤlt die Gaͤhrung, in dem Maße, als er sich entwikelt, auf, und wenn
das Kochen sie unterdruͤkt, so zerstoͤrt es nicht die Ursache. Gut
gereinigter Weinstein beguͤnstigt traͤge Gaͤhrungsstoffe, indem
er die Alkoholisation vollkommner und langsamer macht.
Man hat also den Bierhefen und den Hefen zukerhaltiger Fruͤchte die
Eigenschaft den Zuker in Alkohol zu verwandeln zu ausschließlich zugeschrieben, und
man muß gestehen, daß das Phaͤnomen der Gaͤhrung mehr Thatsachen
umfaßt, als man nicht vermuthete.
Anhang.
Wir muͤssen bei dieser Gelegenheit unsere Leser auf ein Wert aufmerksam
machen, welches vor Kurzem unter folgenden Titel erschienen ist:
Ueber das Wesen und die Erscheinung des Galvanismus. Von
August Koelle, Doktor der Philosophie und Koͤnigl. Preuß.
Finanzrath. Stuttgart und Tuͤbingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.
1825. (Preis fl. 2. 42 kr.)
Das Werk selbst besieht aus drei Abhandlungen, welche jedoch unter sich einen
genauern innern Zusammenhang haben, und wovon die erste, die Theorie des
Galvanismus, die zweite, die Theorie der geistigen Gaͤhrung, und die dritte
Andeutungen uͤber den materiellen Zusammenhang der Naturreiche zum
Gegenstande hat.
Es ist dem Verfasser gelungen, die bisherige Hypothese, daß die geistige Gaͤhrung das Resultat eines galvanischen Actes sey, zu
einer durchgefuͤhrten und nachgewiesenen Theorie
zu erheben, wodurch er sich um die Technik nicht weniger, als um die
Naturwissenschaft uͤberhaupt, verdient gemacht hat. Wir entlehnen daher aus
seiner Abhandlung uͤber diesen Gegenstand auszugsweise und vorzuͤglich
in Beziehung auf die zuvor mitgetheilte Arbeit Colin's die unten folgenden
Bemerkungen.
Der Verfasser hat durch seine Arbeit uͤber die Theorie des Galvanismus den
Naturforschern gewiß einen sehr wichtigen Beitrag geliefert, und es muß ihm das
Verdienst bleiben uͤber den materiellen Zusammenhang der Naturreiche die
ersten Aufschluͤsse von factischer Gewißheit gegeben zu haben.
In technischer Beziehung haben wir von ihm demnaͤchst uͤber die geistige
Gaͤhrung ein besonderes Werk unter folgenden Titel zu erwarten:
Die Branntwein- und Weingeistbereitung, insbesondere mittelst
Anwendung der Wasserdaͤmpfe. Auf Wissenschaft und Erfahrung
gegruͤndet. Mit Kupfern etc.
Der Verfasser hat sich darin die Aufgabe gesezt, die Beschreibung des vollkommensten
Apparates und der zwekmaͤßigsten Methode, mit demjenigen Grade
wissenschaftlicher Behandlung zu verbinden, welchen unser jeziger Standpunkt
gestattet.
––––––––––
Ferment, Zuker und Wasser
stellen sich uns bei der Gaͤhrung als thaͤtige Potenzen dar, von deren
Daseyn alle Erscheinungen bedingt sind.
Ueber die Natur des Ferments verdanken wir dem Verfasser
vorzuͤglich schaͤzbare Untersuchungen. Besonders erschien es
raͤthselhaft, daß man bei allen Analysen der Getreidearten keinen Stoff
finden konnte, welcher der Natur des Ferments entsprach, und daß doch gerade durch
die Getreidearten die groͤßte Menge desselben gewonnen wird. Man sah sich
deßhalb gezwungen, es fuͤr eine Substanz zu halten, die erst durch die
Gaͤhrung erzeugt werde. Fabroni fand Aehnlichkeit
zwischen ihr und dem glutinoͤsen Bestandtheil des Kaͤses. Wegen ihrer
Verwandtschaft mit thierischen Stoffen, nannte er sie vegeto-animalische Substanz. Unser Verfasser fand durch mikroskopische
Beobachtungen, daß es der Kleber im Getreide ist, der das
Ferment als einen seiner Bestandtheile schon wirklich formirt enthaͤlt. Als
er voͤllig reinen, mit Wasser ausgewaschenen Kleber unter das Mikroskrop
brachte, bemerkte er sogleich zwei verschiedene Substanzen, naͤmlich eine
große Masse ganz derselben Kuͤgelchen, aus welchen das Ferment besteht, und
zweitens eine zaͤhe, gelblichbraͤunliche, an mehreren Stellen
durchscheinende Substanz, welche die Kuͤgelchen umhuͤllt hatte, und
dem Ansehen nach mit Harz verglichen werden kann. Am besten kann man sich eine
Vorstellung davon machen, wenn man sich einen Haufen dicht
zusammenhaͤngender, durchsichtiger, oder vielmehr durchscheinender
Hefenkuͤgelchen von Honig durchdrungen denkt, auf der Oberflaͤche mit
mehreren schmuzigen Stellen versehen. Es ergab sich daraus das wichtige Resultat,
daß der Kleber wirklich kein einfacher Koͤrper ist; ferner, daß die Hefen
kein Product der Gaͤhrung sind, sondern in dem Kleber verschlossen liegen,
und daß endlich bei der Gaͤhrung des Malzextracts die Hefenkuͤgelchen
nur von ihrer harzartigen Verbindung befreit werden, also als ein Educt zum
Vorschein kommen.
Nach den angestellten Versuchen hielt er die Taddei'sche
Zerlegungen des Klebers fuͤr unvollkommen. Auch erhielt er durch die Behandlung dieses
Koͤrpers mit Alkohol eine milchigte Fluͤßigkeit, und es war ihm nicht
moͤglich, durch das sorgfaͤltigste und wiederholteste Auswaschen mit
Alkohol das Zymom frei von Gliadin darzustellen. Die Trennung der beiden
Bestandtheile des Klebers hat. uͤberhaupt viele Schwierigkeiten, da man durch
die anzuwendenden Mittel entweder den Koͤrper selbst, oder wenigstens die
gaͤhrungserregende Kraft des Zymons zerstoͤrt, und doch beide so fest
zusammenhaͤngen. Die Natur bewirkt aber diese Befreiung des Zymoms von dem
harzartigen Koͤrper durch die Vegetation auf dem Wege der Zukerbildung. Die
suͤßen Saͤfte enthalten das Zymom in einem wirksamen Zustande, und es
ist bekannt, daß auch das Malzen, bei dem gleichfalls Zukerstoff erzeugt wird, nicht
nur auf die Gaͤhrung im Allgemeinen, sondern auf die Hefenerzeugung
insbesondere einen guͤnstigen Einfluß hat.Obgleich die Taddei'sche Zerlegung des Klebers unvollstaͤndig ist, und
die von demselben angegebenen Eigenschaften des Gliadins großen Theils
berichtigt werden muͤssen, so glaubt doch der Verfasser fuͤr
den harzartigen Koͤrper den Namen Gliadin beibehalten zu
duͤrfen.
Judessen ist doch das Zymom in den natuͤrlichen Zukersaͤften nicht als
wirklicher Gaͤhrungsstoff, d.h., der Gaͤhrung erregen kann, enthalten,
sondern es wurde durch Gay-Lussac's interessante Versuche dargethan, daß ohne
Sauerstoff keine Gaͤhrung in ihnen statt findet. Der Verf. hat nachgewiesen,
daß die Wirkung des Sauerstoffs auf eine Oxydation des in ihnen enthaltenen Zymoms
hinauskommt, so daß das wirksame Zymom ein Oxyd ist. Wir kennen es also schon in
zwei verschiedenen Zustaͤnden. In beiden ist es nach den Untersuchungen des
Verf. ein unaufloͤslicher Koͤrper.
Weitere Beobachtungen lehrten ihn, daß das Zymom auch in dem Leime enthalten sey und
einen gewoͤhnlichen Begleiter der Gallerte abgebe. Betrachtet man den Leim
unter dem Microskop, so findet man eine durchscheinende, helle gelbe Substanz, die
gaͤnzlich mit Zymomkuͤgelchen angefuͤllt ist. Hauseblase stellt sich eben so dar, nur daß die
durchscheinende zweite Substanz darin (die eigentliche Gallerte) weißlich, mit
schnulzigen Stellen erscheint. Bei allen diesen und andern Faͤllen sind die
Kuͤgelchen uͤbrigens nicht bloß in der durchscheinenden Masse
vertheilt, sondern sie befinden sich darin in so großer Anzahl, daß man sagen kann,
sie liegen an einander an, und die Gallerte durchdringt bloß die durch die
sphaͤrische Gestalt entstandenen Zwischenraͤume, welches auf ein sehr
inniges Verwandtschaftsverhaͤltniß deutet.
Fabronis Versuche, durch den glutinoͤsen Bestandteil des Kaͤses
Gaͤhrung zu erregen, leiteten den Verfasser darauf, die Milch gleichfalls
unter dem Microskop zu betrachten. Sie zeigte sich gaͤnzlich mit den
Zymomkuͤgelchen angefuͤllt, eben so der Kaͤsestoff, nur daß lezteres sich auf aͤhnliche Weise
darstellte, wie die Hausenblase, mit einer weißlichen zaͤhen Substanz auf das
Innigste verbunden. Die Blutkuͤgelchen verhalten
sich nach dem Verf. unter dem Microskop gleichfalls vollkommen wie Zymom.Der Verfasser bemerkt selbst, daß das in so vielen Faͤllen vorkommende
Zymom wohl nicht in allen in demselben chemischen Zustande befindlich sey,
es sey sogar das Gegentheil zu vermuthen, und es koͤnne insbesondere
das in den Thieren vorkommende, so wie dasjenige, welches die
Gaͤhrung schon uͤberstanden hat, hoͤher oxydirt seyn,
als das eigentliche Ferment, woruͤber genauere Untersuchungen
bestimmen muͤßten.
Außer dem Zymom und dem Wasser, dessen Natur keinem
Zweifel unterliegt, ist noch der Zuker zur
Gaͤhrung nothwendig, dessen Beschaffenheit durch die Chemie hinreichend in's
Klare gesezt worden ist.
Zuker, Wasser und Ferment geben ein merkwuͤrdiges
Verwandtschafts-Verhaͤltniß zu einander zu erkennen, welches besonders Thénard durch mehrere Versuche hervorzuheben
bemuͤht war. Auf die Verwandtschaft des Zukers und Ferments wurde man
vorzuͤglich durch Doͤbereiners Entdekung
des von ihm so genannten Hefensyrups aufmerksam. Als
derselbe 1 Loth mit vielem Wasser ausgewaschene und stark ausgepreßte Spundhefen in
einer Reibschale mit 1 Unze gepulvertem Zuker zusammenrieb, bemerkte er die
merkwuͤrdige Erscheinung, daß der Zuker ploͤzlich deliquescirte, und
sich beide zu einer homogenen, syrupartigen Fluͤßigkeit vereinigten, die in
kleinen Massen vollkommen durchsichtig erschien, und welche er fuͤr eine
chemische Mischung hielt. Doͤbereiner bat die
Eigenschaften dieser Verbindung in Schweiggers Journal
(neue Reihe Bd. XII. S. 234.) beschrieben. Unser Verfasser hat die Versuche dieses
Chemikers bestaͤtigt, und außerdem die interessante Beobachtung gemacht, daß
weder Staͤrke noch Milchzuker, welche sich beide durch Hefen nicht zur Gaͤhrung
bringen lassen, beim Zusammenreiben mit denselben, Erscheinungen darbiethen, welche
auf ein solches Verwandtschafts-Verhaͤltniß derselben schließen lassen
wuͤrden, indem keine homogene Verbindung damit zu Stande zu bringen ist, eben
so wenig, wie zwischen Zuker und Kleber, oder Kaͤsestoff. Der Verfasser
ermangelte nicht, diese Verbindung, welche Doͤbereiner mit Recht Hefensyrup nannte,
auch unter dem Mikroskop zu betrachten, um der Beschaffenheit des darin befindlichen
Zymoms nachzuforschen. Hier zeigte sich nun die hoͤchst interessant
Erscheinung, daß zwischen beiden Stoffen keineswegs eine wirkliche chemische Durchdringung Statt findet, sondern daß die
Zymomkuͤgelchen noch unveraͤndert darin vorhanden sind, und der Zuker in
einem deliquescirten Zustand sich auf das gleichartigste mit ihnen verbunden hat.
Das Experiment spricht sonach aus, daß allerdings zwischen diesen beiden Stoffen ein
entschiedenes Verwandtschafts-Verhaͤltniß vorhanden ist, daß aber dem
Resultate dieser Verwandtschafts-Aeußerung etwas entgegensteht, das ihre chemische
Durchdringung nicht zulaͤßt.
Die neuern Fortschritte der Chemie haben dargethan, daß alle
Verwandtschafts-Aeußerung auf Polaritaͤt der Stoffe zuruͤkkommt,
sonach wird es geeignet seyn, zu untersuchen, welches das polarische Verhalten
dieser Koͤrper ist.
Es leuchtet von selbst ein, daß der Zuker, der mehr als 50 Pct. Sauerstoff
enthaͤlt, der negativ elektrische Koͤrper,
in der gewoͤhnlichen Bedeutung des Wortes, sey, so wie es auch aus der Lehre
von der Elektricitaͤt bekannt ist, daß er zu den Nichtleitern
gehoͤrt.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Ferment ein positiv
elektrischer Koͤrper ist, denn der uͤberwiegende Bestandtheil in den
Hefen ist der Kohlenstoff (nach einer Analyse Thénards von dem Verfasser zu 47 Pct. berechnet), und auch der
Wasserstoff betraͤgt einen ansehnlichen Theil (nach derselben Analyse
berechnet ihn der Verfasser zu 14 Pct.), so daß sonach die Negativitaͤt des
Sauerstoffes darin von der Positivitaͤt der uͤbrigen Stoffe
unterdruͤkt wird. Damit stimmt auch das chemische Verhalten des Ferments
zusammen, indem es bekanntlich nach Saͤuerung strebt, und in feuchtem
Zustande in Beruͤhrung mit der Luft den Sauerstoff absorbirt, und damit
Kohlensaͤure bildet.
In diesem entgegengesezt polarischen Verhalten der Koͤrper haben wir daher den
Grund ihrer Verwandtschaft zu suchen. Da sie sich aber nicht chemisch durchdringen
koͤnnen, so moͤchte der Vergleich nicht unpassend seyn, daß sie sich
wie zwei im Contact begriffene
heterogene Metalle verhalten, die wohl ein elektrisches Verhaͤltniß
zu einander haben, das aber nicht zum chemischen Proceß ausschlagen kann.
Die beiden entgegengesezt elektrischen Koͤrper, Zuker und Zymom, beduͤrfen zur
galvanischen Wirkung noch des indifferenten Wassers. Dadurch, daß Zuker und Wasser,
und Zuker und Ferment, nicht aber Wasser und Ferment, sich verwandt sind, ist die
Moͤglichkeit des Galvanismus gegeben, weil nun eine elektrische Spannung
eintreten kann, waͤhrend außerdem Ausgleichung Statt faͤnde.
Es ist nun zweierlei noͤthig, einmahl durch das Experiment nachzuweisen, daß
wirklich eine galvanische Thaͤtigkeit bei der Gaͤhrung Statt findet,
und zweitens darzuthun, auf welche Weise sie im Stande ist, die Erzeugung der
Gaͤhrungs-Producte zu veranlassen, da dieses Leztere aus der bloßen Annahme
der galvanischen Action keineswegs hervorgeht.
Die Construction eines galvanischen Gaͤhrungs-Apparates, der wie die
voltaische Saͤule, nach der Linie wirkt, also mit einem Gas-Apparat verbunden
werden kann, hat ihre besonderen Schwierigkeiten, und es hat auch noch nicht
gelingen wollen, durch Action der galvanischen Saͤule Gaͤhrung zu
erregen. Ja es wuͤrde, wie der Verfasser bemerkt, selbst im
guͤnstigsten Falle auf diesem Wege schwer zu entscheiden seyn, ob nicht die
Wirkung von den drei Stoffen selbst entspringe. Ein entscheidendes Resultat kann nur
dadurch erzielt werden, daß man aus Ferment, Zuker und Wasser unmittelbar einen
galvanischen Kettenapparat zu errichten sucht. Da indessen das Ferment in den Hefen
aus lauter einzelnen Kuͤgelchen besteht, die sich nicht leicht zu einer
festen, als ein ungetheiltes Ganzes wirkenden Masse zur Construction einfacher
Ketten verbinden lassen, zugleich aber auch die, die einzelnen Kuͤgelchen
umgebende Feuchtigkeit den entstehenden Galvanismus sogleich wieder indifferenzirt,
so hat auch dieß seine Schwierigkeiten. Zu Folge der oben mitgetheilten
mikroskopischen Untersuchungen kam der Verfasser auf den Gedanken, sich des Leims,
der ganz mit Zymom angefuͤllt ist, und den man (uͤberhaupt als
Gallerte) schon oͤfters als Surrogat der Hefen anzuwenden versuchte, zu
diesem Zweke zu bedienen, obgleich wegen der Hize, die das Zymom im Leime schon
ausgestanden hat, auch im guͤnstigsten Falle keine starke Wirkung zu erwarten
war.
Er construirte einen Becherapparat, der aus der sechsfachen Kette von Leim, Zukerwasser (einer Aufloͤsung von
Zukersyrup), und Wasser bestand. Die Paare der, mit den
warmen Fluͤßigkeiten (26–28° R.) angefuͤllten Glaser,
wurden abwechselnd mit LeimbogenMan verfertigt sie sich nach dem Verfasser am besten selbst, indem man Leim
mit wenig Wasser aufloͤst, und ihn dann in Form von schmalen
Streifen, auf Glas ausgießt. Nach einer halben Stunde kann man die Streifen
abnehmen. Sie sind ganz biegsam, werden uͤber ein Holz gespannt und
getroknet. und feuchten Flanellstreifen verbunden, die beiden Enden der Kette aber mit
kurzen, spizigen und blanken Messingdraͤhten versehen, und in Wasser
geleitet. Zur Erhoͤhung der galvanischen Thaͤtigkeit wurde dem frisch
ausgekochten Wasser etwas Salpetersaͤure zugemischt. Die Kette war also
folgende
L
L
L
L
L
L
L
ZW
ZW
ZW
ZW
ZW
ZW
Z
L zur Linken stellte also, da das Zymom der positiv
elektrische Koͤrper ist, den Zinkpol, Z, zur rechten aber den Silberpol vor. Die Kette wurde mit der moͤglichsten Schnelligkeit
zu Stande gebracht.
Es fand nicht sogleich Gasentbindung Statt, aber nach und nach schwaͤrzte sich
der Draht des Minuspols, darauf begann an demselben ein lebhaftes Ausstroͤmen. Die
Blaͤschen waren ganz klein, wie zerstiebt. Diese Erscheinung hatte etwa schon
3 Minuten lang gedauert, ohne daß das geringste Blaͤschen am Pluspol
entstanden war. Endlich fing auch der Draht dieses Pols an, Gasblasen zu entwikeln,
die aber merklich groͤßer und in viel geringerer Zahl waren, sich auch
langsamer entbanden, denn sie stroͤmten nicht mit Lebhaftigkeit in die
Hoͤhe, sondern loͤsten sich nur nach und nach einzeln vom Drahte ab.
Die Aufloͤsung der Leimbogen machte die Unterbrechung des Experiments
nothwendig.
Bei diesen Erscheinungen ist also nicht im Geringsten an der galvanischen Wirksamkeit
dieser Kette zu zweifeln. Auch wurde das Experiment vielmals
wiederholt, und jedesdmahl zeigten sich galvanische Wirkungen.
Es kann nicht befremden, daß die galvanischen Wirkungen der angegebenen Kette keine
lange Dauer haben, da die Leimbogen gar bald ihre Festigkeit verlieren, und in der
Fluͤssigkeit zergehen, diese leztere auch bald erkaltet. Da bei dieser Kette,
und uͤberhaupt solchen, die aus organischen Koͤrpern gebildet werden,
erst nach und nach soviel Elektricitaͤt entwikelt wird, als zur Zersezung des
Wassers noͤthig ist, so gehoͤrt es deßhalb zur Erleichterung des
Gelingens des Versuches, daß man zum Gasapparat nur wenig Wasser nehme (ein kleines
Uhrglas ist dazu sehr zwekmaͤßig), auch daß die Draͤhte sehr blank und
duͤnn sind. Die Elektricitaͤt der Pole ist indessen dennoch so
schwach, daß sie ohne Zusaz von Salpetersaͤure keine Gasentbindung
hervorbringt, und dieser Zusaz erklaͤrt auch die dabei Statt gehabten
Phaͤnomene. Die Saͤure verstaͤrkt bekanntlich die Kraft des
Pluspols, es bildet sich also fruͤher ein Oxyd, ehe sich Wasserstoffgas
entwikelt, das Oxyd (Kupferoxyd), geht aber an den Minuspol, und schwaͤrzt
sich daselbst durch theilweise Reduction. Da dieß nur vermoͤge des
Wasserstoffs geschehen kann, so findet die Schwaͤrzung auch eher Statt, als
die Gasentbindung. So lange die Elektricitaͤt der Kette starker ist, als die
Kraft der Saͤure, kann sich kein Gas am Pluspol entwikeln, so wie sie aber
vermindert wird, bekommt die Saͤure relativ das Uebergewicht, und bei diesem
Kampfe beginnt die Gaserzeugung auch von diesem Pol, aber nicht in gleicher
Staͤrke. Ueber die galvanische Thaͤtigkeit bei der Gaͤhrung ist
sonach kein Zweifel mehr. Der Vorgang im Einzelnen bei der Gaͤhrung, ist nun
dieser:
Zuker und Zymom haben ein entgegengesezt elektrisches Verhalten gegen einander, das
auf der Neigung des Zymoms sich mit Sauerstoff zu verbinden, und umgekehrt, auf der
Neigung des Zukers zum Wasserstoff beruht. Kommen beide zusammen, so gleicht sich in
der Verbindung die elektrische Differenz aus, ohne daß das wechselseitige chemische
Beduͤrfniß befriedigt wird. Bei zwei Platten heterogener Metalle stellt sich dieß als
Contact-Elektricitaͤt dar. Nun kommt das Wasser hinzu. Indem es sich mit dem
Zuker mischt, hebt es dessen Verbindung mit dem Zymom, mit dem es sich selbst nicht
vereinigt, auf, und erregt nun den urspruͤnglichen Gegensaz. Zugleich aber
enthaͤlt es in sich die Moͤglichkeit zum chemischen Processe, und nun
befriedigen Zymom und Zuker auf Kosten des Wassers, das sich (galvanisch) zersezt,
ihr chemisches Beduͤrfniß.
Die Untersuchung wohin, da das Zymom bei diesem Processe oxydirt wird, der
Wasserstoff des zerlegten Wassers komme, fuͤhrt uns nun auf die zweite oben
aufgestellte Frage: Auf welche Weise durch diesen, wann auch zugegebenen Galvanismus
die bekannten Gaͤhrungsproducte erzeugt werden koͤnnen. Offenbar sind
sie erst das Resultat der galvanischen Action, und durch die Qualitaͤt der
zukerigen Materie bedingt.
Die Zersezung organischer Theile nach der Zerstoͤrung ihres Lebensbandes
besteht darin, daß die Factoren nun ihre eigene Polaritaͤt geltend zu machen
suchen, die zuvor einem hoͤheren Geseze untergeordnet war. Der
Maͤchtigste darunter wird uͤber die Richtung, welche die Zersezung
nehmen wird, den Ausschlag geben. Nun uͤberwiegt im Zuker der Sauerstoff die
uͤbrigen Bestandtheile, er ist negativ polarisch, und seine Richtung wird
also nach dem positiven Pole hingehen, und in dieser wechselseitigen Verwandtschaft zwischen Zuker und Zymom ist
uͤberhaupt der Grund der Vereinigung beider zu Hefensyrup zu suchen. Der
Sauerstoff des Zukers sucht hier nach Außen seine Befriedigung. Das Zymom wird aber
durch die galvanische Thaͤtigkeit in der Gaͤhrung oxydirt, und dadurch
fuͤr den Zuker unwirksam.
Nehmen wir darauf Ruͤksicht, in welchem Zustande sich der Zuker zu dieser Zeit
befindet, so finden wir, daß durch die Gaͤhrungswaͤrme und seine
galvanische Thaͤtigkeit seine Negativitaͤt hoͤchst aufgeregt
ist, so daß er nun in sich selbst die Befriedigung sucht, die er von außen nicht
erhalten konnte. Die erste Erforderniß dazu wuͤrde seyn, daß fuͤr
seinen Sauerstoff die Moͤglichkeit vorhanden waͤre, sich mit dem
Kohlenstoff in dem bestimmten stoͤchiometrischen Verhaͤltnisse zu Kohlensaͤure zu vereinigen. Der Rest der
Bestandtheile gibt dieß aber nicht eher zu, bis auch fuͤr ihn die
Moͤglichkeit gegeben ist, eine neue Individualitaͤt zu erlangen. Dieß
geschieht dadurch, wie sich aus stoͤchiometrischer Berechnung ergibt, daß er
den Wasserstoff des zersezten Wassers an sich nimmt, und nun jener Kohlensaͤure gegenuͤber Alkohol bildet.
Nach der Analyse von Berzelius besteht der Rohr-Zuker
aus:
41,26 Kohlenstoff, 6,97 Wasserstoff,51,77
Sauerstoff,
Nach der noͤthigen Correction der von mehreren Chemikern erhaltenen, Resultate
sezt der Verfasser als Producte der Gaͤhrung fest:
44,5 Kohlensaͤure,54,0 Alkohol, 1,5
vegetabilische Saͤure.
Wir wollen nun sehen, in wie fern diese Producte mit den Verhaͤltnißzahlen des
Zukers zusammenstimmen.
Nach der von Lavoisier und Guyton-Morveau gemachten Angabe besteht die Kohlensaͤure aus:
28 Kohlenstoff,72 Sauerstoff.
Die 44,5 Prozente Kohlensaͤure sind also zusammengesezt aus:
12,46 Kohlenstoff,32,04 Sauerstoff.
Zieht man sie von den Bestandtheilen des Zukers ab, so bleibt ein Ruͤkstand
von
28,80 Kohlenstoff, 6,97 Wasserstoff,19,73
Sauerstoff.
––––––––––––––55,5
Procente
Diese auf 100 berechnet, geben:
55,89 Kohlenstoff,12,56 Wasserstoff,75,55 Sauerstoff.
Die Verhaͤltnißzahlen des Alkohols aber sind nach der Angabe von Saussuͤre's, der genauesten, welche wir
besizen,
51,98 Kohlenstoff,13,70 Wasserstoff,34,32 Sauerstoff,
sie geben also eine groͤßere Zahl des Wasserstoffs, und
eine geringere des Sauerstoffs an, als in jenem Reste enthalten ist. Nimmt man dazu,
daß auch die vegetabilische Saͤure, der auf jeden
Fall jener Ueberschuß an Sauerstoff, (der sich im Trauben- und Schleimzuker noch
vermehrt) zu Theil wird, Wasserstoff in ihre Bestandtheile aufnimmt, so ergibt sich
aus dieser Berechnung genauer, als man es selbst erwarten darf, die Zersezung des Wassers bei der Gaͤhrung, und die
daraus erfolgende Hydrogenisation des Zukers.